10 vorläufige Thesen zum Widerstand

1. Widerstand gegen Trump wird sich zunächst inradikalen Taten der Verneinung äußern.

Sabotiert dieses. Verlangsamt jenes. Unterminiert einen Prozess. Stellt Fragen. Zieht Linien. Überflutet Systeme. Zerstört Aufzeichnungen. Überwältigt Institutionen. Nehmt eure Einwilligung zurück. Verschwendet ihre Zeit. Blockiert alles. Während Trump die Welt um ihn herum abreißt, um seine eigene aus den Trümmern aufzubauen, wird sich Widerstand notwendigerweise in Form von spontanen und verwegenen Verweigerungen formieren. Das, was nicht verdaut werden kann, das, was zu viel wiegt, das, was auf zu viele verschiedene Art zu viel wird, wird das Benzin für die zukünftigen Brände. Reine Negativität wird der ursprüngliche Attraktor, der uns auf die Straßen zieht, dringend zusammen stehend unter Bannern, die schlicht verziert sind mit dem Wort »NEIN«.

2. In kollektiven Verweigerungshandlungen werden vGelegenheiten entstehen ineinander etwas zu finden, was bislang noch nicht präsent ist, es aber sein könnten

Hinter brennenden Barrikaden, in besetzten Vorlesungssälen, auf blockierten Schnellstraßen, angeschlossenen Flughafenterminals, auf aufrührerischen Straßenparties, an zugeschlossenen Bankeingängen, in bestreikten Häfen, online und auf den Straßen und für manche in Gefängniszellen werden sich Leute einer nach dem anderen zu etwas anderem, etwas anderweitigem sammeln und verbinden. Selbst die besten Freunde wird man wieder treffen, als sei es das erste Mal, sich neu begegnend im Tumult und der Turbulenz einer Vielfalt von Kämpfen. Taten der Negation werden die Bedingungen der Möglichkeit neuer Formen der Affirmation eröffnen.

3. Unser Widerstand wird die spielerische Erfindung neuer Repertoires erfordern, immer differential improvisiert gemeinsam mit anderen.

Jede im Jetzt aufgeführte Praxis wird wild spekulative Anpassung, Ausarbeitung und anderes Experimentieren brauchen. Ein Demonstrationsmarsch, eine Besetzung, eine Blockade und eine unendliche Anzahl anderer Techniken, bekannte und unbekannte, werden stetige Neuerfindung erfordern, während die Macht antwortet, sich ändert und reorganisiert. Die Gelegenheit etwas Neues in die Praxis einzuführen muss über komplexe, diverse und unbeständige Koalitionen, Allianzen,Verschwörungen und Menschenmengen kultiviert, vorbereitet und verbreitet werden. Trump zu widerstehen wird neue Formen von Choreografie notwendig machen, die destituierende und konstituierende Kräfte in Bewegung setzen, manövrierend, verteidigend und angreifend, auseinanderreißend, während sie sich neu zusammensetzen. Die einzige Frage, die uns in diesem Moment beschäftigen sollte, ist nicht die singuläre »Was ist zu tun?«, sondern vielmehr die multiple und sich verschiebende »Was funktioniert?«

4. Erfolg wird von der Fähigkeit abhängen, Hinweise vonjenen anzunehmen, die schon am meisten von Macht betroffen sind.

Die Macht ist jenen am vertrautesten, die ihr Leben unter ihr verbracht haben und diese Vertrautheit wird es vnavigiert und leitet. Eine Vereinigung zusammengefügt aus den Erinnerungen von Ferguson, Stonewall, von Standing Rock und Zuccoti Park, von Oscar Grant und Tamir Rice, unter vielen anderen, kann auch als Karte dienen, die mögliche Wege durch die jetzige Katastrophe weist. Jene, die in der Geschichte am meisten von der Macht betroffen gewesen sind, werden die sein, denen der Charakter, die Schwierigkeiten und die Herausforderungen der kommenden Kämpfe am bekanntesten sind.

5. Zwischen Gefährten und Kollaborateuren zu unterscheiden wird einfach eine Sache dessen sein, zbeobachten, wer sich mit euch verweigert.

Die Gegenwart macht aus uns allen Komplizen. Die einzige zu klärende Sache ist, wen ihr euch als Komplizen aussucht. Während die Linien der  Riot-Polizei und der provisorischen Barrikaden die Welt in eine Milliarde unterschiedliche Seiten zerschneiden, fragt sich, auf welcher ihr stehen werdet. Nicht zu wählen bedeutet, dass diejenige Macht, die gerade regiert, die Wahl für euch trifft, und Mitschuld droht aus allem anderem als einer völligen Abblehnung der Mächtigen zu folgen.  Letztlich wird eine Linie zwischen denen sein, die derzeitig regieren (oder danach streben) und jenen, die wünschen unregierbar zu sein und darauf bestehen.

6. Widerstand wird wie das Leben von Momenten unbeschreiblicher Freude und gewaltiger Verzweiflung bestimmt sein.

In den Gefechten kommender Konfrontationen wird  Inspiration vom Mut der uns Nahestehenden zufließen und ein Hochgefühl wird alle folgenden Siege begleiten. Aber diese werden erscheinen neben dem lauten Klopfen an der Eingangstür spät nachts, dem Schwung des Polizeiknüppels, dem sich drehenden Tränengaskanister, dem Stoß Pfefferspray, der gleitenden Kugel, der kalten Gefängniszelle und der fühlbaren Abwesenheit verlorener Freunde. Weder Freude noch Verzweiflung werden den Widerstand völlig bestimmen, vielmehr wird Widerstand von der Fähigkeit abhängen, diese Dinge zusammen zu erfahren, gemeinsam von Freude und Verzweiflung bewegt zu sein.
7. Unser Durchhaltevermögen als eine Kraft wird darauf bauen, dass wir die Grenzen unserer Verantwortung und unserer Fähigkeit einander zu antworten neu einschätzenbauen, dass wir die Grenzen unserer Verantwortung und unserer Fähigkeit einander zu antworten neu einschä

Kapitalismus als System greift unaufhörlich in jedes Atom auf der Welt ein, um zu sichern, dass das Überleben nur zu seinen eigenen Bedingungen möglich ist, bis zum Punkt, an dem die Möglichkeit des Lebens selbst in Frage steht. Diesen Prozess zu unterbrechen wird weniger von irgendeinem brillanten Manöver noch von taktischem Erfolg abhängen, sondern vielmehr von unserer Fähigkeit die Grenzen von Fürsorge und Mitgefühl neu zu setzen, uns die Form und Verteilung unserer Interdependenzen neu vorzustellen, sodass wir uns auf eine Welt zubewegen können, in welcher es möglich sein mag, anders fortzudauern. In den kommenden Jahren muss unsere Solidarität eine so scharfe Waffe werden, dass sie direkt durch die Käfige, Grenzen und Mauern schneidet, um in den vielfach fernen und unterschiedlichen Anderen die Möglichkeit des Überlebens zu sehen.
8. Während alles zunehmend besetzt, verweigert und blockiert ist, wird schnell die Zeit herankommen, die Infrastruktur des Andersweitigen herzustellen.

Wann immer und wo immer Macht bröckelt, wird es stets Kräfte geben, die darauf aus sind, zu ersetzen, was zerschlagen worden ist. Macht kann niemals ganz zerstört werden, sondern nur von beharrlicher und ausdauernder Verweigerung unendlich abgewehrt werden. Widerstand als Praxis unternommen versteht, dass Macht dauerhaft besiegt werden muss, sodass irgend etwas anderes die Chance hat, zu entstehen. Die Infrastruktur des Andersweitigen, dessen, was uns zu einer anderen Zeit und einem anderen Ort als den gegenwärtigen führen könnte, ist nicht etwas, das wir bauen, sondern etwas, das wir in dauerhafter und geduldiger Wiederholung in Kraft setzen.

9. Die Krise ist bereits angekommen und wer auch immer am besten in der Lage ist, das sich ergebende Chaos zu formen, wird das produzieren, was erst kommen muss.

Es gibt kein zurück, keinen Weg sich auf festen Grund zurückzuziehen, keine Möglichkeit die Zeit zurückzudrehen, außer vielleicht während wir träumen. Die schiere Entropie der Gegenwart bedeutet, dass es kaum einen Halt gibt. Aber sie bedeutet auch, dass es möglich ist, radikaler zu spekulieren als jemals zuvor. Die Welt um uns zu beobachten wie sie sich mit beschleunigter Frequenz erhebt und fällt; jene die bestehen werden, werden jene sein, die begreifen, was es zu riskieren gilt, jene, die in der Lage sind, die Welt wie sie ist und wie sie sein kann, klar und lebendig zu sehen. Was kommen wird, ist keinesfalls vorherbestimmt, hängt aber von einer Reihe von Sprüngen ab, die den Boden erst erschaffen, auf dem zu landen ist.

10. Die größte Tugend unseres Widerstandes ist, dass er ganz ohne Versprechen und Garantien ist.

Traut niemals jemandem, der euch von der Zukunft im Singular erzählt. Die Mächtigsten auf der Welt verwenden all ihre Energie, selbst den leichtesten Anschein von Ordnung aufrecht zu erhalten. Und selbst die am extremsten regulierten und kontrollierten Ecken der Welt sind ständig von einer beliebigen Anzahl von unbekannten, unwahrscheinlichen, aber möglichen Zukünften bedroht. Hoffnung in der Gegenwart entsteht aus der Einsicht, dass die Unwägbarkeit von Zukünftigkeit fortwährend und unauslöschbar ist. Nicht genau zu wissen, wohin es geht, bedeutet offen zu sein für die Möglichkeit dort anzukommen, wo wir es niemals hätten planen können, und in der Ablehnung der Gegenwart laden wir das ein, was gegenwärtig nicht in ihr existieren kann.

 

Übersetzung: Manu

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