Joshua Clovers “Riot.Strike.Riot”: Theorie und Praxis der kollektiven Aktion

Joshua Clovers Theorie des Aufstands ist der eindrucksvolle Versuch einer marxistischen Erklärung der politischen und sozio-ökonomischen Bedingungen, die immer wieder zu Kämpfen führen, wobei von vornherein zu bedenken ist, dass sie nur die voll entwickelten Industrienationen berücksichtigt, im besonderen die USA. Für Clover beinhaltet die Theorie des Aufstands die Theorie der Krise, diejenige einer Community oder Stadt, einer Stunde oder die von Tagen. Es geht um die interne und strukturelle Signifikanz bzw. um die historische Bewegung, die für Form und Substanz des Aufstands verantwortlich ist, und weitergehend um den Bezug zur Krise. Die erste Beziehung zwischen Aufstand und Krise macht Clover im Surplus aus. Gewöhnlich wird der Aufstand im Kontext von Deprivation, Mangel und Defizit begriffen, während er für Clover in sich selbst die Erfahrung des Surplus anzeigt, Surplus-Gefahr, Surplus-Instrumente und Surplus-Affekte (Clover spricht von Emotion, mit Deleuze/Guattari sprechen wir in Absetzung von Affekten). Der wichtigste Surplus ist jedoch die Bevölkerung selbst. Der Moment, an dem der Aufstand das polizeiliche Management der Situation sprengt und er sich selbst vom alltäglichen Leben entkoppelt. Diese Art der aufständischen Surplusproduktion bleibt immer auf sozio-ökonomische Transformationen bezogen, die auf Krisen antworten oder diese konstituieren und die den Surplus des Kapitals als auch den der Bevölkerung inkludieren. All dies zeigt den Aufstand als eine notwendige Form des Kampfes an.

Die Theorie ist den Kämpfen immanent, aber oft genug eilen diese der Theorie voraus, wobei die Theorie von Clover ganz ähnlich wie bei Laruelle als eine der gelebten Erfahrung und Konfrontation begriffen wird (Laruelle setzt hier immer wieder den Begriff des Realen ein), und weniger als Interpretation, Programm oder Deskription. Im leninistischen Konzept der proletarischen Avantgardepartei hat der Aufstand keinen Platz, vielmehr wird er dort oft genug als unpolitische, spasmodische, anarchistisch orientierte Unterbrechung begriffen, als Unordnung, die von der Partei, die eine wissenschaftlich fundierte historische Mission besitzt, zurechtgerückt werden müsse. In diesem Kontext werden auch Aufstand und Streik als Gegensätze erfasst. Mit einer gewissen Melancholie reagieren heute einige Marxisten auf den Tod des klassischen Industrieproletariats, das zudem als weiß und männlich charakterisiert wird, und nun im Zuge der Globalisierung durch ein neues revolutionäres Subjekt, möglicherweise der Multitude, ersetzt werden müsse. Für Clover lassen sich hier durchaus gewisse Bezugspunkte zu seiner eigenen Theorie feststellen, die allerdings zu einem Problem verdichtet werden müssen, das den Aufstand selbst betrifft, wobei der aktuelle Aufstand sich von denjenigen des 17. und 18. Jahrhunderts dramatisch unterscheidet.

Clover bezieht seine Theorie des Aufstands auf die Marx`sche Wert- und Krisentheorie, auf die Akkumulationsrhythmen des Kapitals im globalen Rahmen, auf lokale Zyklen und die Theorie der langen Wellen. Entscheidend für eine Theorie des Aufstands ist hier zunächst die frühe Industrialisierung und später die gegenwärtige Phase der Deindustrialisierung im Westen. Zwar sind diese historischen Phasen nicht privilegierte Orte für den Aufstand, aber sie bezeichnen das Terrain, auf dem sowohl die Logik des Aufstands als auch die des Kapitals in seinem katastrophischen Herbst sichtbar wird. Ganz deterministisch bringt für Clover der Aufstand die globalen Transformationen des Kapitals und deren objektive Bedingungen zum Ausdruck. Dafür bedarf es a) der exakten Definitionen des Aufstands und des Streiks, b) der Begründung der Rückkehr des Aufstands, und c) der Beziehung zwischen der Logik der (zukünftigen) Aufstände und den globalen Transformationen des Kapitals. Clover will dem eine heuristische Theorie der Passagen und Übergänge zwischen dem Aufstand und dem Streik hinzufügen. Während der Aufstand mit gewaltsamer Störung des sozialen Friedens, gesetzloser Extravaganz und Rauschen assoziiert wird, nimmt der Streik, der irgendwann zwischen 1790 und 1842 entstand, bestimmte Aktionsformen des frühen Aufstands auf, steht aber auch in Opposition zu ihm. In gewissen zeitlichen Intervallen koexistieren Aufstand und Streik, bspw. um das Jahr 1968, bis die Krise im Jahr 1973 zu einer Rekomposition der Klasse, der globalen Arbeitsteilung und der Schwächung der Möglichkeiten der militanten Arbeiterorganisationen führt.

Die (historische) Linie Aufstand-Streik-Aufstand bezeichnet eine Form, weniger eine Theorie. Die Food-Riots des 19. Jahrhunderts in England, bei denen verhindert werden sollte, dass Getreide aus dem Land geschafft wurde, wo also Lebensmittelpreise und Aufstand direkt verlinkt waren, ragen insbesondere in den unterentwickelten Nationen bis in die Gegenwart hinein, aber die heutigen Aufstände in den Metropolen finden nicht an den Kornkammern, sondern in der Konfrontation mit der Polizei statt. Paradigmatisch hierfür die Riots 1992 in Los Angeles, als die Misshandlung von Rodney King durch die Polizei aufgezeichnet und verbreitet wurde. Die gegenwärtigen Riots vollziehen sich innerhalb einer Logik der Rassismus und beziehen sich weniger auf die Ökonomie als auf den Staat als direkten Gegner. Und die Aufstände beziehen sich nicht auf einen andere Welt, sondern sie verändern sich selbst. Besser sollte man die Linie Aufstand-Streik-primärer Aufstand ziehen. Der frühe Aufstand besitzt am Marktplatz oder am Hafen seinen primären Ort, der Streik hat seinen Ort in der Fabrik und der gegenwärtige Aufstand besetzt Plätze und Straßen. Clover will Kontinuität und Differenz der beiden Formen des Aufstands untersuchen, den Tumult auf dem Marktplatz und die direkten Praktiken gegen den Staat. Dabei verdunkelt die Gleichsetzung des Aufstands mit Gewalt die systematische, alltägliche und ökologische Gewalt, die für die Mehrheit der Bevölkerung die Norm ist. Auch der Streik lässt sich keineswegs von gewaltsamen Aktionen trennen. Wenn die Gewalt nicht die entscheidende Differenz zwischen Aufstand und Streik ausmacht, dann muss die Differenz woanders gesucht werden. E.P. Thompson hat die politische Ökonomie der Aufstände genauer untersucht. Während die Preise auf den Märkten für die Bevölkerung das wichtigste Maß darstellen, so stellen die Löhne (selbst ein Preis) für die Arbeiter der Fabrik das entscheidende Maß dar. Der Aufstand ist die Kulisse, an der es zu Preisfestsetzungen für Waren kommt, während in den Streiks um die Höhe der Löhne gekämpft wird. Die Aktion schließt beim Aufstand die gesamte soziale Reproduktion ein, während hinsichtlich des Streiks der Konsument und Produzent zwei Rollen einer kollektiven Aktivität darstellen, die notwendig sind, um eine Klasse zu reproduzieren. Die moderne Arbeiterklasse ist im Lohn-Waren-Nexus gefangen.

Clover fasst zusammen: Der Streik ist eine kollektive Aktion, die sich um a) den Preis der Arbeitskraft und bessere Arbeitsbedingungen dreht, b) in der sich Arbeiter in der Position des Arbeiters befinden, und c) im Kontext der kapitalistischen Produktion stattfindet, während der Aufstand a) den Kampf um die Preise und die Erhältlichkeit von Marktgütern inkludiert, b) seine Teilnehmer enteignet sind, und c) im Kontext der Konsumtion bzw. der Zirkulation stattfindet. Für den primären Aufstand, der circa 1960 begann und vom Niedergang der großen Streiks begleitet war, kommen neue Bedingungen und Strukturen hinzu, die mit den technischen und sozialen Transformationen des Kapitals zusammenhängen.

Der Übergang vom frühen Aufstand zum Streik ist historisch und logisch mit der Industrialisierung in England im 19. Jahrhundert verbunden, während die Passage vom Streik zum primären Aufstand mit dem Aufstieg und dem Fall der US-Hegemonie in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts korreliert. Clover bezieht sich hier auf die Einteilungen von Giovanni Arrighi: Merkantilismus, Industrialisierung und Finanzialisierung. Märkte gehen dem Kapital voraus und bleiben später integraler Teil der Mehrwertproduktion des Kapitals (dies betrifft den Übergang Aufstand-Streik). Die Periodisierung von Aufstand-Streik-primärer Aufstand kartographiert für Clover die Periodisierung von Zirkulation-Produktion-Zirkulation (des Kapitals). Während Clover die Zeit des produktiven Kapitals für 1784 bis 1973 ansetzt, sieht er ab 1973 den entscheidenden Modus des Kapitals im Westen in der Zirkulation, der Finanzialisierung und der sie begleitenden Deindustrialisierung. In diesem Kontext versucht Clover Relationen zwischen der historischen Selbstbewegung des Kapitals und den gelebten Kämpfen herzustellen, um die synchrone Bindung des Streiks an die Produktion und die der Aufstände an die Zirkulation enger zu ziehen, wobei man die Diachronie zwischen den jeweiligen Phasen nicht unberücksichtigt lassen kann. (In seinem Kurzdurchlauf durch die Marx`sche Werttheorie bezieht sich Clover auf die Schriften von I.I. Rubin zur Wertformanalyse.) Letztlich sieht Clover in der Globalisierung bzw. der Finanzialisierung ganz ähnlich wie David Harvey räumliche und zeitliche Strategien des Kapitals am Werk, das nichts unversucht lässt, um den Wert irgendwo und irgendwann zu internalisieren, aber der Shift des Geldkapitals hin zur Zirkulation lässt tendenziell die Wertproduktion kollabieren, wofür Clover die Troika aus Toyotismus, Informationstechnologien und Finance verantwortlich macht. Der Siegeszug der Containerisierung, Teil sowohl der Valorisierung als auch der Realisierung von Wert, und die Beschleunigung der Umschlagszeiten des Kapitals seit den 1970er Jahren gehen mit dem Niedergang der industriellen Produktion in den entwickelten Ländern einher – Finance und neue Technologien, was Clover im Anschluss an Gilles Chatelet als „Cybermerkantilismus“ bezeichnet, konnten die Stagnation der Profitraten im industriellen Sektor nicht sprengen, obgleich sie immer wieder zu Kostenreduktionen einzelner Unternehmen beitrugen. Clovers kurze Abhandlung der Marx`schen Krisentheorie, die sich wie bei vielen Autoren auf den tendenziellen Fall der Profitrate konzentriert, endet mit der Feststellung, dass die Überproduktion von Waren, Kapital und Arbeitskräften eine Produktion der Nichtproduktion darstelle, die mit der Produktion einer neuen Surplusbevölkerung einhergehe. Clover bezieht sich hier auf das von der Gruppe Endnotes wieder ins Spiel gebrachte Marx`sche Gesetz der kapitalistischen Akkumulation, nach dem sich eine industrielle Reservearmee bzw. Surplusbevölkerung an den Rändern des offiziellen Arbeitsmarktes bewegt, um zu Niedriglöhnen, Sklavenarbeiten, Teilzeitjobs und illegalen Tätigkeiten irgendwie ihre Reproduktion zu sichern. Diese Surplusbevölkerung ist unentwegt rassistischen Attacken ausgesetzt, was die Lohndifferenzen zwischen Weißen und Schwarzen, die Segregation des Arbeitsmarktes und die superfluide Bevölkerung der Slums in den Metropolen betrifft. Dies funktioniert eben auch im Kontext der gegenwärtigen Aufstands, einer Surplusrebellion, die durch die Rasse gekennzeichnet ist, wie sie sie hervorbringt. Die Illegalität des primären Aufstands ist die Illegalität des rassifizierten Körpers.

Die Bevölkerung, deren Möglichkeit zur Reproduktion massiv durch den Shift des Kapitals von der Produktion hin zur Zirkulation gekennzeichnet ist, ist zwar Teil einer Konsumgesellschaft (im Sinne des Baudrillards), aber ihre Exklusion und die Produktion einer Surplusbevölkerung setzen heute den Aufstand jederzeit auf die Tagesordnung, einen Aufstand, der in der letzten Instanz als ein Kampf in der Zirkulationssphäre verstanden werden muss und bei dem Surplusrebellion und Preissetzungen getrennte, aber auch miteinander verwobene Formen darstellen.

Dieses neue Proletariat, das die Surplusbevölkerung umfasst und Ähnlichkeiten mit Guy Standings Prekariat (als Klasse) besitzt, ist heute direkt mit dem Staat und der Polizei konfrontiert (in den frühen Aufständen des 17. Jahrhunderts war die Ökonomie nahe und der Staat weit weg). Während heute die Produktion areosoliert ist, Waren durch globale Logistikketten geschleust werden und in den entwickelten Industrieländern sogar viele Grundnahrungsmittel von anderen Kontinenten kommen, ist die stehende Armee des Staates, die Polizei (inzwischen im Kontext des “Kampfes gegen Drogen und den Terror” hoch militarisiert), immer vor Ort. Der lokale Aufstand muss sich daher zwangsläufig gegen die Polizei richten. Dennoch bleibt der Bezug der Aufstände zu den sozio-ökonomischen Bedingungen erhalten, Plünderung und Destruktion sind als Antwort auf die Logiken des Marktes zu verstehen. Wenn der Aufstand die Frage der ökonomischen Reproduktion ins Spiel bringt, dann als Negation, als Inversion der Arbeitermacht, die auf der Teilnahme am ökonomischen Surplus beruhte, aber heute vollkommen in die Defensive geraten ist, insofern die Erhaltung der eigenen Reproduktion der Arbeiter mit der Stabilisierung des Erfolgs des eigenen Unternehmens einhergeht. Der Aufstand ist die Negation der Falle, in die die Arbeiter geraten sind. Der Aufstand, so resümiert Clover zunächst, sei eine privilegierte Taktik, die für die Kämpfe in der Zirkulationssphäre stehe, der Aufstand, die Blockade, die Besetzung und schließlich am Horizont die Commune.

Clover interessiert sich nicht für die historische Genealogie des Aufstands, sondern für die (theoretische) Entzifferung der politischen Signifikanz und des Potenzials des Aufstands. Oft genug assoziiert man mit dem Aufstand nur Gewalt, man bezeichnet ihn als den bewaffneten Arm des Streiks oder schlichtweg als illegitim. Entsprechend gilt dann der Streik als pazifistisch und seine Operationen bleiben stets im gesetzlichen Rahmen verankert. Die Gleichsetzung von Aufstand und Gewalt ist ein wichtiges diskursives Instrument, um dem Aufstand seine politische Sprengkraft zu entziehen, seine Abtrennung von einer „sauberen“ Politik zu diffamieren – Clover verweist hier darauf, dass die doppelte Freiheit des des Lohnarbeiters – frei von den Produktionsmitteln und frei in der Wahl, seine Arbeitskraft zu vermieten – auf Gewalt beruhe und diese in das System der Lohnarbeit integriert sei.

In einem ökonomistisch verkürzten Sinn wird der frühe Aufstand oft als spontaner Protest gegen die Erhöhung der Lebensmittelpreise interpretiert, man denke heute auch an die Aktionen gegen den IWF, der die Bedingungen für prekäre Lebensmittelpreise in unterentwickelten Ländern setzt, und dies in einem eher konditionalen Sinn, als ob eine Erhöhung der Preise ab einem bestimmten Punkt zu Reaktionen der Bevölkerung führen könne. Den politizistischen Gegenpart nimmt hier die Alain Badiou ein, der den Aufständigen einen armseligen Spontaneismus unterstellt, zu dem Lenin und Rosa Luxemburg schon alles Notwendige gesagt hätten. Gleichzeitig gesteht er zu, dass die kommunistische Idee dem Ereignis des Aufstands entspringt, die ihm dann einen organisatorische Form und Dauer verleiht. Insofern kann der Aufstand immer nur einen protopolitischen Modus annehmen, der in die revolutionäre Konzeption der politischen Aktion übersetzt werden muss. Es ist aber nicht die Partei, sondern die Idee, die für Badiou hier die Vorgaben macht. So erscheint der historische Aufstand als als eine ziemlich a-kausale Angelegenheit, die sich quasi außerhalb der (sozialen) Zeit befindet. Clover resümiert an dieser Stelle, dass das rein Ökonomistische und das rein politisch Abstrakte sich gegenseitig im Negativen ihre Grenzen aufzeigen würden, jedoch den Aufstand als soziales Phänomen nicht erfassen könnten. Und er stellt sich die Frage, wie man zwischen beiden Positionen navigieren könne, zwischen dem Aufstand als ein Spiel mit dem Hunger und der diaphanischen Struktur eines politischen Gefühls.

Thompson betont hingegen eher die praktischen Aspekte des Aufstands, exakter die lebenserhaltenden Praktiken der Preis-Setzung, die Blockaden, Gewaltandrohung, Inbesitznahme und Gewalt gegen Händler und Transporteure beinhalten. Damit sind es weder der Hunger noch die politische Emotion, die den Aufstand ausmachen, sondern die Dominanz des Marktplatzes. Die Aufständischen organisieren sich beim frühen Aufstand des 18. Jahrhunderts auf den Marktplätzen. Clover betont, dass dieser Aspekt nur einen Teil der gegenwärtigen Aufstände beschreibt, bei denen nicht nur der Bezug auf die Logik der Zirkulation entscheidend ist, die Sphäre der Konsumtion und des Tauschs, sondern das gesamte Feld der sozialen Reproduktion.

Die soziale Reproduktion ist ein zweischneidiges Schwert, einerseits ist sie auf diejenigen bezogen, die ihre Arbeitskraft vermieten und sich um ihre Reproduktion kümmern müssen, andererseits ist sie auf die Valorisierung der Waren in der Produktion und deren Realisierung in der Zirkulation bezogen. Es handelt sich hier um ein und denselben Prozess, der aus zwei antagonistischen Perspektiven betrachtet wird. Reproduktive Arbeit umfasst aber nicht nur die Lohnarbeit, sondern auch die unbezahlte Arbeit der Frauen, die in den Wohnungen und auf auch auf den Marktplätzen stattfindet. Folgerichtig konzentriert sich auf den Marktplätzen der Kampf um die Reproduktion, der jedoch eine heterogene Gruppe von Beteiligten umfasst. Während der Streik ein Kampf um den Preis der Arbeitskraft ist, die Einheit der Arbeiter voraussetzt und sich im Kontext der Produktion entfaltet, ist der frühe Aufstand ein Kampf um die Preise an den Märkten, wobei die Einheit der Beteiligten durch die geteilte Enteignung zustande kommt und sich im Kontext der Konsumtion entfaltet. Streik und Aufstand sind praktische Kämpfe im Bereich der Reproduktion, der erstere im Bereich der Produktion, der eetztere im Bereich der Zirkulation. Beide machen einen strukturellen und zugleich improvisatorischen Gebrauch von einem gegebenen Terrain, das sie weder produziert noch gewählt haben. Im Gegensatz zum Streik kann der Aufstand, obgleich er an die Reproduktionsnotwendigkeiten gebunden bleibt, nur politisch sein, da es der Surplusbevölkerung nicht mehr gelingt am ökonomischen Surplus zu partizipieren, was noch eine wichtige Möglichkeit des Kapitals im Fordismus war, den sozialen Frieden zu erhalten. Im gleichen Atemzug ersetzt der Staat seine keynesianische Wirtschaftspolitik durch die direkte polizeiliche Konfrontation gegenüber der Surplusbevölkerung. Polizei und Aufstand bedingen sich daher gegenseitig. Der Aufstand besitzt eine notwendige Korrelation zur gegenwärtigen Struktur des Staates und der Ökonomie, er ist durch das Abjekt gekennzeichnet – diejenigen, die von jeden Produktivitätszuwächsen ausgeschlossen sind. Zugleich erscheint die Polizei als Notwendigkeit und Grenze des Aufstands.

In den Jahren 1740 bis 1820 waren die sog. Food-Riots die paradigmatische Form des sozialen Konflikts. Wird der Tausch eine pure soziale Natur (Sohn-Rethel), dann wird der Preis ein dringlicher Aspekt des Antagonismus, der die soziale Reproduktion durchsetzt, obgleich die Plünderung in gewissem Sinn auch einen Preis darstellt. In der goldenen Epoche der Aufstände kommt es in diesem Kontext auch immer wider zu sog. Export- Riots, der physischen Unterbrechung oder Intervention in den Transport, eine direkte Antwort auf die entstehenden nationalen und internationalen Märkte, auf die Fianzialisierung derselben, auf die Kapitalisierung der Landwirtschaft und die Zerstörung der Kommunen. Von Anfang an war der Aufstand ein Kampf in der Zirkulationssphäre. Die Blüte der Aufstände enthält jedoch auch die Samen seines Niedergangs, so Clover. England ist der historische Ort, an dem der Übergang vom Aufstand zum Streik stattfindet. Clover bezieht sich hier auf die Studien von Robert Brenner und Ellen Meiksins Wood, nach denen die Entwicklung des Kapitalismus von der Transformation der Klassenbeziehungen auf dem Land ausging. Die Transformation der Landwirtschaft hat begonnen und die Industrialisierung hat sich noch nicht durchgesetzt, das ist die Passage, die Clover als die goldene Zeit des Aufstands bezeichnet.

Der Shift vom Aufstand zum Streik sei, so Clover, dem Shift in der Struktur des Kapitals immanent. Der Streik emergiere aus dem Aufstand, enstpreche dem Shift von einem ökonomischen Modus, bei dem der Profit am Markt generiert werde, zu einem Modus der Mehrwertproduktion durch das sich selbst bewegende Kapital in der Produktion. Der Streik emergiert in der neuen Welt der kapitalistischen Produktion, angetrieben von Seeleuten, die auf städtische Handwerker und Händler treffen, um für höhere Löhne zu kämpfen. Ist das Lohnarbeitsverhältnis erst einmal generalisiert, dann verliert der Markt seine zentrale soziale Bedeutung, er transformiert zum sich selbst regulierenden Markt des Kapitals, womit alle kommunalen Werte den Profitmotiven des Kapitals subsumiert werden. Das charakteristische Mitglied der ländlichen Armen ist nun der landlose Proletarier, der von der Lohnarbeit abhängig wird oder Teil der industriellen Reservearmee bleibt. Gleichzeitig gehen die Kämpfe der Arbeiter, inklusive die der Luddisten, um einen Lohn, der das Überleben ermöglicht, sie wenden sich gegen die Arbeitslosigkeit und fordern das Recht Gewerkschaften zu gründen. Die Luddisten können dabei nicht ohne weiteres als Maschinenstürmer bezeichnet werden, insofern die Maschinen, die keine Arbeiter ersetzen, intakt gelassen werden. Clover schreibt, das in diesem Kontext der Streik als eine soziale Formation begriffen werden müsse, die sich auf die Beschäftigung, höhere Löhne und bessere Arbeitsbedingungen und Rechte beziehe, während die sog. Maschinenstürmerei noch den Übergang vom Aufstand zum Streik markiere, wobei der Erstere jedoch nicht auf einen Kampf gegen die Zukunft reduziert werden könne, sondern eine Intervention darstelle, die den Kampf um den Arbeitsplatz antizipiere. Es gab eine kurze Phase des Übergangs, in der sich Food-Riots und die Fabrikkämpfe begegneten. Es sind die Übergange vom Marktplatz zum Arbeitsplatz, vom Preis der Güter zum Preis der Arbeitskraft als Angelpunkt der Reproduktion, die auch den Übergang vom Aufstand zum Streik als wichtigste kollektive Aktion diktieren. Streik und Aufstand werden nicht als gegebene Aktivitäten, sondern im Kontext der Probleme der sozio-ökonomischen Reproduktion diskutiert, die den Massen vom Kapital als einem systemischen Zusammenhang auferlegt werden.

Die Massen und das Politische. Massen, Klassen, Mob, Multitude. Subjekte, Bürger und Leute. Der Sinn der Metamorphosen und der Antagonismen, der Sinn des Politischen. Als dies kann nicht von der Frage der Vielen getrennt werden, der Rekomposition des Klassenkörpers, der sich im Verhältnis zur materiellen Basis transformiert. In diesem Kontext sind Aufstand und Streik keine singulären Ereignisse, sondern Teil und Gestalt der Vielen, die ihnen benachbart sind.

Der Streik ist die dominante Taktik der Arbeiter bzw. die zentrale Form des sozialen Antagonismus in der Blütezeit des globalen industriellen Kapitals; er ermöglicht auch einen Blick auf den Aufstand und umgekehrt, bezogen jeweils auf die Metamorphosen und Transformationen des Kapitals. Der Streik ist ein Kampf um die Höhe des Lohns bzw. den Preis der Arbeitskraft und um die Beschäftigung, geführt von Arbeitern in ihrer Funktion als Arbeiter in der Produktion. Die enge Definition des Streiks charakterisiert ihn als ordentlich, legalistisch, diszipliniert, verwurzelt an einem Ort und als Verweigerung. Allerdings zeigen bspw. die Streiks der Textilarbeiter im Jahr 1831 in Lyon, dass sie durchaus mit Barrikadenkämpfen und Guerillaaktionen einhergehen können. Ein Großteil der Historiker aber leugnet, dass der Streik aus den Aufständen emergiert, und setzt beide in klare Opposition zueinander. Es sind die Gewerkschaften, die bspw. im Jahr 1839 den disziplinierten Streik der Glassarbeiter gegen das Einschlagen von Glasscheiben in Opposition setzen – der Streik ist exakt das, was der Aufstand nicht ist. Die Opposition bezieht sich hier allerdings immer nur auf die Formen der Erscheinung, ohne die Untersuchung des sozialen und politischen Gehalts und Umfelds der Kampfformen genauer zu untersuchen. In diesem Kontext zitiert Clover eine Aussage Walter Benjamins, nach der die technologischen Bedingungen der Produktion, ihr Fortschritt und Erfolg in Beziehung zur Transparenz der sozialen Inhalt stehen, somit Glasproduktion. Industrielle Produktion, Fortschritt und Glasarchitektur – sie stehen für die Welt des Streiks. Die Ideologie der kollektiven Aktion hält an der Idee der Transparenz fest (man denke in Absetzung an den Schwarzen Block, das Unsichtbare Komitee and so on), am Glauben, man könne durch die Wahrnehmung der Oberfläche direkt auf den Grund der sozialen Konflikte sehen. Der Streik wird Streik, indem er gegen den Aufstand formalisiert wird. Er ist die Ordnung selbst, die nicht zerbrochene Fensterscheibe. Entsprechend muss der Aufstand, nun in direkter Opposition, seinen Inhalt in der Form finden. Aber dies bleibt paradox, denn seine Form ist Unordnung, die sein Inhalt wird. Der Aufstand will nichts weiter als sich selbst, seine leuchtende Opazität. Glanz und Scherben des zerbrochenen Glases.

Dennoch bleibt auch für Clover die begriffliche Trennung von Aufstand und Streik notwendig, sie bezieht sich auf die materiellen Veränderungen der ökonomischen Strukturen des Kapitals selbst. Allerdings gehen mit der strikten Entgegensetzung von Aufstand und Streik wichtige Momente des historrischen Übergangs verloren, wie eben auch die Transformationen des Kapitals nicht als ein serielles Phänomen begriffen werden können, bei dem synchrone Zustände aufeinander folgen. Synchron ist das Konzept des Modus der Produktion (Jameson), während in der Historie des Kapitalismus immer verschiedene Modi der Produktion gleichzeitig bestehen.

Der soziale Inhalt von Streik und Aufstand kann nicht auf den kollektiven Willen, den Glauben und die Affekte der Beteiligten reduziert werden. Clover sieht den Streik zweigefaltet, einerseits die Konfrontation mit dem Kapital und der Kampf um die Höhe der Preises der Arbeitskraft, andererseits ist der Streik eine Produktivität in sich selbst. Dennoch bleibt er immer auf die produktiven Phasen des Kapitals und die Kapitalakkumulation bezogen (wobei Produktion und Zirkulation immer in gegensätzlicher Relation stehen). Der Streik, der zwar aus der Zirkulation emergiert, wird erst dann zentral, wenn die proletarische Reproduktion hauptsächlich vom Lohn abhängig wird, der wiederum ein wichtiger Teil der Reproduktion des Kapitals bleibt. Die Einheit von Produktion und Zirkulation des Kapitals verhindert, dass die notwendige Trennung von Streik und Aufstand absolut gesetzt werden kann.

Selbst noch im Modus des Generalstreiks wird die traditionelle Arbeiterbewegung dem Streik eine disziplinierte und disziplinierende Organisationsform geben, eine geordnete Konfrontationsform gegen das Kapital (und nicht gegen den Staat), wobei die angebliche Unordnung der anarchistischen Aktionen, die stets mit Spontaneität umschrieben wird, zu einem Objekt der Antipathie mutiert. Zunächst erscheint die Spontaneität als eine Sklavin des (natürlichen) Stimulus, wobei Clover im Zuge der Bemerkungen der Gruppe Endnotes darauf hinweist, dass Kant die transzendentale Einheit der Apperzeption, den Fakt, dass ich mir selbst meiner eigenen Erfahrungen bewusst werde, durchaus als einen spontanen Akt bezeichnet habe, der nicht natürlich, sondern frei und willentlich gemacht werde. Später wird in der leninistischen Orthodoxie der Spontaneismus nicht nur deswegen verworfen, weil ihn ein Mangel an Organisiertheit auszeichne, sondern weil er angeblich in direktem Gegensatz zur Arbeit und damit zum Proletariat stehe. Marx hatte in seinen frühen Schriften zur Pariser Kommune eine ähnliche Position eingenommen, sie aber später revidiert. Clover zeichnet dann die konfliktuellen Positionen von Engels und Sorel zum Generalstreik nach, wobei letzterer anarchistisch inspiriert den Generalstreik im Kontext eines katastrophischen Übergangs vom Kapitalismus und Sozialismus verortet. Rosa Luxemburg wiederum hat in Absetzung gegen Sorel zwar zugestanden, dass Spontaneität sich unter bestimmten Bedingungen in geordnete Organisationsformen übersetzen könne, aber gerade dies bedeute das Ende des Anarchismus. Oft wird die Taktik des Streiks mit der Organisation der Arbeit assoziiert, einer Art von Ordnung, die die Rationalität des Fließbands in der Fabrik spiegelt, während der Aufstand als Unordnung, a-logisch und nebulös erscheint.

Detroit war wahrscheinlich der Ort, an dem in den 1960er Jahren der Übergang vom Streik zum primären Aufstand am signifikantesten beobachtet werden konnte. Dabei hatte man es einerseits mit Rassifizierungsprozessen im Kontext der Aufstände zu tun, andererseits mit der Koexistenz und Konfrontation von Aufständen und Streiks. Gleichzeitig sind immer die Determination der kollektiven Aktionsformen durch die sozio-ökonomischen Bedingungen des Kapitals zu berücksichtigen – Detremination-in-der-letzten-Instanz, insofern hier Grenzen, aber auch Möglichkeiten ( für die Aktion) gesetzt werden. Der Übergang erfolgt im Räumlichen von der Fabrik hin zum Hafen, zum öffentlichen Platz und zum Markt. Im Kontext des Streiks als einer inzwischen populären und distinkten Taktik erscheint die Wiederkehr des Aufstands zunächst als ein seltsamer und heroischer Versuch, die beiden Formen der kollektiven Aktion in einen revolutionären Prozess zu transformieren, und der Aufstand scheint zwei Fronten eines einzigen Antagonismus zu markieren. In den westlichen Ländern überlebt der Streik als die führende Taktik der Arbeiterbewegung während der 1960er Jahre, er bezieht sich weiterhin affirmativ auf die Wachstumsprozesse des Kapitals, ja er folgt in der Frequenz den Geschäftszyklen und der Beschäftigung (je höher die Arbeitslosigkeit, desto niedriger die Zahl der Streiks). Die Korrelationen der Streiks mit der industriellen Expansion, den Bewegungen des Arbeitsmarktes und der hohen Profitraten sei in der langen Phase von 1830 bis 1973 überdeutlich, so Clover, sie sei sogar logisch notwendig. Während wir es im Fordismus der 1960er Jahre noch mit hohen Profitraten in den índustriellen Sektoren der westlichen Länder zu tun haben und die Arbeiterbewegung ihre Stellung im Klassenkompromiss zwischen Kapital und Arbeit noch beibehält, werden die neuen Aufstände immer sichtbarer, insbesondere in den „long hot summers“. Der historische Übergag vom Streik zum Aufstand hat begonnen. Der moderne Aufstand, obgleich er bestimmte Charakteristiken mit den frühen Aufständen teilt, nimmt in einer völlig veränderten historischen Situation neue Konturen an, in den USA ist er ein rassenspezifischer Kampf, der den Bürgerrechtsbewegungen entspringt und in direkter Konfrontation zur Whiteness der traditionellen Arbeiterbewegung steht. Die Blackness der Aufstände erscheint nicht nur als Kontinuität der Bürgerrechtsbewegung, die sich gegen den staatlichen Rassismus zur Wehr setzt, sondern auch als eine Bewegung gegen die Whiteness des Streiks. Laut Clover gibt es in diesem Kontext ein Paradox zu vermelden: Einerseits steht der Aufstand immer in Konfrontation mit der Gewalt des rassistischen Staates, andererseits erweist sich die Identifikation des Aufstands mit der Rasse als ein Fehler (eine Konfusion zwischen Korrelation und Grund), als ob Blackness der Ursprung der Aufstände selbst sei. Zugleich erweist sich die ideologische Definition der Aufstände als spontaneistisch und undiszipliniert als ein Vehikel, um das rassifizierte schwarze Subjekt als animalistisch, irrational und naturgebunden darzustellen.

Die von Schwarzen getragenen militanten Aktionen in Detroit bewegen sich in einer gewissen Distanz zu den offiziellen Arbeitsmärkten; es sind Kämpfe um bessere Reproduktionsbedingungen außerhalb der Sphäre der Produktion. In dieser Zeit versuchen sowohl die Aufstände als auch die Streiks ihre eigenen Grenzen zu überwinden, während sie miteinander konkurrieren; der eine benötigt den anderen als Erscheinungsbild der Revolution. Clover setzt sich in diesem Zusammenhang intensiv mit der Kontinuität der Black Panther und den Aufständen auseinander. Im Verhältnis zur Ökonomie, Staat und Gesetz erscheint Blackness hier als Surplus, der die Überschreitung der Regulation und der Ordnung verspricht. Neger sind Blackness sind Riot. Der Aufstand ist eine Instanz des schwarzen Lebens als Exklusion, aber zugleich eben auch der Surplus in der rauschigen Atmosphäre der Zirkulation; er kann nur expandieren, er ist eine kollektive Aktion, durch die der Kampf passieren muss, er ist eine soziale Modalität.

Immer wieder weist Clover drauf hin, dass die kollektiven Widerstände an die Transformationen der Politischen Ökonomie des Kapitals gekoppelt sind; so bezieht sich die kollektive Aktion auf den Rückgang der industriellen Produktion in den USA und im globalen Rahmen, auf den Shift der Körper und des Kapitals in die Zirkulationssphäre, und dies entlang den Affekten und Wünschen der am Streik oder am Aufstand Beteiligten, eben aber im Kontext jener ökonomischen Kategorien. Clover resümiert: Aufstand und Streik sind kollektive Verkörperungen der Zirkulation und der Produktion an der Grenze.

Wenn sich das alltägliche Leben immer stärker in der Zirkulation bzw. in den informellen Ökonomien abspielt, dann gerät ein Teil der Bevölkerung selbst zum Surplus und wird mit den Bedingungen der Reproduktion am Markt und nicht über den Lohn konfrontiert, und in dieser Situation kann jede Ansammlung an der Ecke, am öffentlichen Platz und in der Straße als ein Aufstand verstanden werden. Ganz im Gegensatz zum Streik ist es schwer herauszufinden, wann der Aufstand startet oder wann er endet. Einerseits ist er ein partikulares Ereignis, anderseits eine holographische Miniatur einer kompletten Situation, ein Welt-Bild. Während der frühe Aufstand sich noch kaum mit der Polizei und dem bewaffneten Staat konfrontiert sah (er fand im ökonomischen Raum statt), hat sich dies beim postindustriellen Aufstand geändert. Einerseits findet er sich mit einem Ensemble von Waren in den lokalen Shops konfrontiert, andererseits entdeckt er, wenn es um die Preissetzung der Waren geht, dass die Ökonomie über eine planetarisches Logistik und eine kaum zu greifende Finanzindustrie verfügt. Nur die Polizei kann an jeder Ecke gesichtet werden. Der Unterschied zwischen dem frühen und dem postindustriellen Aufstand, die sich beide in der Sphäre der Zirkulation abspielen, scheint im ersten Moment der der Differenzen der Preissetzung zu sein, oder einer zwischen den Kämpfen am Marktplatz oder gegen den Staat. Allerdings zeigen gerade die Aufstände in Harlem und Watts in den 1960er Jahren, dass die Schwarzen von der Rezession besonders betroffen waren, und sich der doppelten Konfrontation mit Staat und Kapital ausgesetzt sahen. In diesem Kontext sieht Guy Debord in den Plünderungen keine hyperbolische Realisierung der Konsumideologie, sondern die Unterwanderung der Ware als solche, womit zugleich unmittelbar die unmittelbare Logik des Staates, der Polizei und der bewaffneten Einheiten auf der Bildfläche erscheinen. Die Polizei steht nun ganz augenscheinlich für die Ökonomie, die Gewalt der Ware wird Fleisch, so Clover.

Clover versucht immer wieder einen Zusammenhang zwischen Aufstand und ökonomischer Krise herzustellen, insofern Krisenphänomene ab den 1970er Jahren das Gravitationszentrum des Kapitals in die Zirkulation verlegen und der Aufstand damit in der letzten Instanz als ein Kampf in der Zirkulationssphäre begriffen werden muss, wobei der Kampf um Preisfestsetzungen und die Rebellion sowohl getrennte als auch zusammenhängende Formen bleiben. Die Krise ist für Clover das Ausrufezeichen einer profunden sozialen Reorganisation, worauf der Aufstand antwortet, indem er diese und damit sich selbst abzuschaffen versucht.

Mit dem Historiker Ferdinand Braudel sieht Clover im Jahr 1973 einen Zeitpunkt, der eine neue Epoche der sich jenseits eines konjunkturellen Zyklus entfaltenden ökonomischen Krisenentwicklung anzeige, man denke an die Serien der Ölschocks, dem endgültigen Kollaps des Bretten Woods Systems und dem Rückzug der USA aus Vietnam. Im Kontext der Zyklentheorien von Braudel und Arrighi fasst Clover das Jahr 1973 als ein Metonym für ökonomische Veränderungen, die weit über die Kapazität eines einzigen Jahres hinausreichen. Der Rückgang des Wachstums und der Profitraten steht für eine Phase des Niedergangs, während gleichzeitig die Geldkapitalströme in den Finanzsektor wandern, wo anscheinend höhere Profitraten realisiert werden können. An dieser Stelle setzen wir uns mit Clovers Akkumlations- und Krisentheorie, die eng an Arrighi und vor allem an Brenners Theorie der Überakkumulation des Kapitals anschließt, nicht weiter auseinander. Kurz zusammengefasst lautet die am tendenziellen Fall der Profitrate orientierte Akkumulationstheorie so, dass der Fall der Profitrate das Resultat einer erhöhten organischen Zusammensetzung des Kapitals ist, der Zunahme der toten über die lebendige Arbeit; die durch den Zwang zur Steigerung der Produktivität angetriebene Entwicklung führt zyklisch immer wieder zu einem Zustand, den Clover als die Produktion der Nichtproduktion bezeichnet, der Überproduktion von Kapital, Waren und Arbeitskräften. Während die Akkumulation des Kapitals im 20. Jahrhundert einen Transfer der arbeitenden Bevölkerung von der Landwirtschaft in die Industrie mit sich brachte, so führt sie am Ende des 20. Jahrhunderts umgekehrt zum Transfer des Kapitals aus der Produktion in den Dienstleistungs- und Informationssektor inklusive einer erhöhten Arbeitslosigkeit. Der Zusammenhang von logischer Kapitalakkumulation und historisch zyklischer Entwicklung wird mit Arrighi so gefasst, dass die verschiedenen Phasen des Kreislaufs des Kapitals G-W-G` empirisch gedeutet werden, wobei die Phase G-W der industriellen Kapitalproduktion und die Phase W-G der finanziellen Expansion des Kapitals entspricht. Die zweite Phase dreht sich um die Realisierung des Werts der Waren in der Zirkulation sowie um den Fluss des Kapitals in die Finanzindustrie, die den Zugriff auf zukünftige Verwertung des Kapitals wagt. Es beginnt die Dominanz des fiktiven Kapitals. Das kapitalistische Weltsystem folgt der Linie Zirkulation-Produktion-primäre Zirkulation, wobei letztere zum Niedergang des Streiks führt und eine neue Ära des Aufstands einläutet, und dies im Kontext einer Verräumlichung der Ökonomie und der Rekomposition der antagonistischen Beziehung zwischen Kapital und Proletariat.

Aufstände sind immer auch Kämpfe um die Kontrolle und die Durchgänge durch den Raum; sie sind um Gebäude, Passagen und Plätze organisiert, mit der Ansammlung der Massen auf den Straßen. Es gibt etwas Urbanes in den Aufständen, etwas Architektonisches, um nicht zu sagen Räumliches. Die Barrikade, eines der wichtigen Instrumente des Aufstands, hatte ihren Ursprung in der Abschottung der Nachbarschaften gegen feindliche Angriffe, bis die breiten Boulevards und das industrielle Wachstum diesem Instrument eine Ende bereiteten.

Für Clover ist die Logik der Produktion zeitlich, während die Logik der Zirkulation räumlich verankert ist. Er spricht hinsichtlich der ersten von der Valorisierung des Werts qua sozial notwendiger abstrakter Arbeitszeit, vom Streik als einem temporalen Kampf um die Länge der Arbeitszeit und um ihren Preis. In der Ware wird die objektivierte Arbeitszeit verräumlicht. Die Zirkulation zeichnet sich die die Realisierung des Mehrwerts als Profit aus, indem Waren getaucht werden. Die Erhöhung der organischen Zusammensetzung des Kapitals ist für Clover ein Prozess der Verräumlichung, er wird begleitet von der Transformation der zeitlich organisierten in räumlich dominierte Kämpfe. Verräumlichung betrifft Transport, Kommunikation und Finance. Wenn Marx von der Vernichtung des Raumes durch die Zeit spricht, dann wurde das laut Clover oft als eine steigende Irrelevanz der Relation des Kapitals zum Räumlichen interpretiert. Ähnlich wie David Harvey geht Clover hingegen von einer wachsenden Bedeutung des Raumes für das Kapital und seine Kreisläufe aus. Zugleich wird die Zirkulation eine Bedingung der Produktion, wobei Clover keineswegs eine Dominanz der Kämpfe in der Zirkulation gegenüber denen in der Produktion einfordert. Wenn aber das Kapital sich zunehmend in der Zirkulationssphäre befindet, um die Kosten zu senken und gleichzeitig insgesamt die Umschlagszeiten für immer mehr Waren weiter zu erhöhen, dann werden die Kämpfe in dieser Sphäre auch für das Kapital zentral. Die Gegenwart des Kapitals tendiert heute immer stärker zu einer Zeit des logistischen Raumes als eine Serie von innerkapitalistischen und zwischenstaatlichen Wettbewerben. Das finanzialisierte globale Shippment und die Containerisierung signalisieren diesen Wandel, wobei die just-in–time Produktion, die seit den 1970er Jahren stattfindet, den methodischen Aspekt des desselben Wandels anzeigt. Damit hat sich auch in den entwickelten Ländern das Verhältnis der Arbeit zur Kapitalakkumulation verändert, und deswegen kann die Forderung nach alten kollektiven Aktionen wie dem Streik hier nicht mehr weiterhelfen. Eine neue Klassenpolitik sieht sich mit den sozio-ökonomischen Transformationen des Kapitals konfrontiert. Gleichzeitig kann sie nur ein Kampf gegen die Existenz des Kapitals selbst sein, und eben nicht die einer neuen Ermächtigung für die Arbeit. Kapital und Arbeit befinden sich heute in einer Kollaboration, um die Selbstreproduktion des Kapitals zu erhalten bzw. um die Arbeitsziehungen entlang der Verbindlichkeiten der Unternehmen zu sichern. Die Arbeiter müssen ihre eigenen Exploitation affirmieren, um ihre eigene Reproduktion zu gewährleisten. Die Arbeit hat aufgehört die Antithese zum Kapital zu sein. Der traditionelle Marxismus, der die produktive Arbeit als transhistorische Kraft der sozialen Konstitution behandelt, hat endgültig sein Pulver verschossen. Dies ist ein Resultat der Transformation des Kapitals – auch aus der Sicht der Arbeiterbewegung – die Affirmation des Kapitals hängt mit der Affirmation ihrer eigenen Existenz zusammen. Der Kampf um die Löhne behält zwar seine Berechtigung, aber er legitimiert nun immer auch das Kapital.

Der Aufstand scheint nichts zu erhalten oder zu affirmieren, vielleicht einen geteilten Antagonismus, eine geteiltes Elend und eine geteilte Negation. Oft besitzt er nicht einmal die positive Sprache eines Programms oder einer Forderung, sondern nur die negative Sprache des Vandalismus, der Zerstörung und des Planlosen. Aber dennoch mangelt es ihm nicht an Determination; Clover spricht von der Überdeterminierung des Aufstands durch historische Transformationen, die den Antagonismus, im speziellen die Kämpfe in der Zirkulation, notwendig machen. Der soziale Surplus, der die Akkumulation des Kapitals begleitet hat, ist verschwunden, und mit ihm die Möglichkeiten des Kapitals und des Staates soziale Verbesserungen für die Massen zu gewährleisten. Kapital und Arbeit wandern immer stärker in die Zirkulation, aber eben auch die Surplusbevölkerung wandert in die informelle Ökonomie ab. Die Deindustrialisierung wird zudem von spezifischen Rassifizierungen begleitet. Die neuen Aufstände in der Zirkulation müssen nicht unbedingt von Arbeitern getragen werden, denn im Prinzip kann jeder einen Marktplatz befreien, eine Straße schließen oder einen Hafen besetzen. Die Aufständischen mögen Arbeiter sein, aber sie fungieren nicht als Arbeiter, denn die Beteiligten der Aufstände werden hier nicht durch ihre Jobs, sondern in ihrer Funktion als Enteignete unifiziert.

Im Kontext des Aufstands wird oft der Begriff der Ansteckung gebraucht; das Unsichtbare Komitee spricht hingegen etwas zu idealistisch von der Resonanz der revolutionären Bewegungen. Auf jeden Fall leben die sich ausbreitenden Aufstände von der Surplusbevölkerung als der Basis ihrer eigenen Expansionen. Aus der Sicht des Aufstands selbst geht es aber nicht nur um die Beteiligten, ihre kollektiven Aktionen und Visionen, sondern um die Synthetisierung von Krise, Surplusbevölkerung und Rasse. Es sind die brachliegenden Kapazitäten als Begleiterscheinungen der Krisen, der Surplus der Produktion der Nichtproduktion, die im Aufstand ins Visier genommen werden. Die relative Surplusbevölkerung ist hier ein integraler Teil des Aufstands (als Resultat der wachsenden organischen Zusammensetzung des Kapitals und der Fortsetzung der primitiven Akkumulation in der immanenten Bewegung des Kapitals). Die wichtigste Membran mag zwischen der industriellen Reservearmee (Teil des Arbeitsmarktes) und der Surplusbevölkerung, die sich außerhalb des offiziellen Arbeitsmarktes befindet, liegen. Die Surplusbevölkerung wird heute in informationelle, halblegale oder illegale Ökonomien abgedrängt. In diesem Kontext kann die Informationalisierung als eine Art der Strukturierung der ökonomischen Aktivitäten begriffen werden. Deleuze hat in diesem Zusammenhang vom verschuldeten Menschen gesprochen, aber gegen die Ontologie der Verschuldung gleich hinzugefügt, dass für die Kontrollmächte immer wieder die Gefahr der Aufstände erwachse – die Verschuldeten und die Ausgeschlossenen seien eins. Sie sind derselbe globale Surplus. Das Kapital muss zugleich immer neue Agenten finden, die der Verschuldung fähig sind, Studenten, Hausbesitzer und Teilzeitarbeiter. Selbst Marx sprach der Kapitalakkumulation als einer Bedingung, die das Proletariat multipliziert. Wenn der Aufstand nicht nur eine kollektive Aktion, sondern eine Art des Klassenkampfes darstellt, und zugleich die Rassifiizierungsprozesse wichtiger Teil der neuen Aufstände sind, dann muss die Surplusbevölkerung eine vermittelnde und explanatorische Kraft besitzen; sie ist als Teil des Proletariats zu verstehen, dessen konstitutive Funktion in der Negation des Kapitals besteht. Je mehr die Arbeiterklasse das Kapital affirmieren muss, um selbst zu überleben, desto stärker sind wir mit der politischen Signifikanz eines expandierenden Proletariats konfrontiert, das keinen Zugang zu den traditionellen Formen der Reproduktion besitzt.

Clover zitiert in diesem Kontext Stuart Hall, der von der Rasse als einer Modalität spricht, in der die Klasse gelebt wird. Die Deindustrialisierung hat selbst eine rassistische Komponente, so war die Arbeitslosigkeit der schwarzen Bevölkerung seit den 1960er Jahren in den USA immer höher als die der weißen Bevölkerung. In Regionen, in denen man eine hohe Arbeitslosenrate auch bei Jugendlichen, die durch staatliche Kontrollinstrumente ständig überwacht werden, vorfindet, erscheint die einzige Antwort des Staates auf die Surplusbevölkerung das Gefängnis zu sein. Der Aufstand ist das Andere der Einkerkerung. Er ist die Antwort auf das Regime des Ausschlusses, auf die Superfluidität, den Mangel an Waren und die staatliche Überwachung und Gewalt. In diesem Kontext stellen die schwarzen Bewegungen auch Verbindungen zu den antikolonialen Bewegungen her, wobei die globale Klasse der Gefährlichen, so Clover nicht durch ihre Rolle als Produzenten, sondern durch ihre gemeinsame Relation zur staatlichen Gewalt vereinheitlicht wird. Dies ist die Basis der Surplusrebellion. Dabei ist die Rase nicht der Grund des Aufstands, sondern Teil des Riots als Kampf gegen Rassifizierungsprozesse. Nicht die Rasse macht den Aufstand, sondern der Aufstand die Rasse. Die Rasse ist die Modalität der gelebten Klasse, die sich im Aufstand als ausgeschlossen, ausgebeutet und kontrolliert erkennt: Die Logik eines strukturell rassifizierten Surplus, den das neue Proletariat auszeichnet, durchzieht die angebliche Antinomie zwischen Klasse und Rasse, um den Kampf gegen den Rasssismu als Feature und Werkzeug der Klassenrekomposition zu setzen. Dabei ist der Surplus nicht identisch mit der Rasse zu setzen, noch sind beide ohne weiteres zu unterscheiden. Laut Clover befinden wir uns inmitten eines anhaltenden Exodus in die westliche Welt, der durch die geopolitische Volatilität und durch die Unfähigkeit des Kapitals, adäquat die Arbeitskräfte in den unterentwickelten Staaten zu absorbieren, angetrieben wird – eine Diaspora untrennbar von der expandierenden Superfluidität der Surplusbevökerung. Im Licht der gegenwärtigen Surplusbevölkerung und der Politik des Surplus kommt Clover nun zu folgender Schlussfolgerung: Der Aufstand ist die Modalität, durch die der Surplus gelebt wird. Primäre Zirkulation ist primärer Aufstand, bei dem das Surplusleben er selbst ist, letzeres als Subjekt der Politik und als Objekt der staatlichen Gewalt. Die staatliche Polizeigewalt wird selbst Teil des Aufstands, oder, um es anders zu sagen, die Öffentlichkeit des Surplus existiert in einer Ökonomie der staatlichen Gewalt.

Das Problem der proletarischen Reproduktion liegt nun jenseits des Lohnes, aber auch der Marktplatz, der die frühen Aufstände gekennzeichnet hat, kann die Reproduktion nicht mehr gewährleisten. Die Trennung der Produktion von der Zirkulation und die Präsenz der Polizei demonstrieren die Abwesenheit vorheriger Möglichkeiten. Die Rekomposition der Klasse und die Abstraktionen der Ökonomie sind dasselbe. Zirkulation ist der Wert in der Bewegung zu seiner Realisierung; Zirkulation ist zugleich ein Regime der sozialen Organisation innerhalb des Kapitals. In diesem Sinn ist der Aufstand das Zeichen einer Situation, die sich absolut setzt. Und dies nicht aufgrund der wilden Natur des Aufstands, sondern aufgrund der sich entfaltenden deterritorialisierenden Situation, in der er sich befindet. Der primäre Aufstand ist keine Forderung, sondern ein Bürgerkrieg, schlussfolgert Clover im Gleichklang mit Tiqqun.

Einerseits muss sich der Aufstand absolut setzen, um eine Reproduktion jenseits des Lohns und des Marktplatzes und um hin zur Commune, die vom Bürgerkrieg nicht zu trennen ist, zu finden; andererseits ist er ständig mit der Polizeigewalt konfrontiert, die solch eine Absolutsetzung zu blockieren versucht. Wie der Hafen und die Fabrik die Orte des frühen Aufstands und des Streiks waren, so sind die Plätze und die Straßen heute die Orte des primären Aufstands.

Clover schreibt: “Der Aufstand, die Blockade, die Barrikade, die Besetzung. Dies ist es, was wir in den nächsten fünf, fünfzehn, vierzig Jahren sehen werden.“ Einerseits beziehen sich die Platzbesetzungen im primären Aufstand auf die Kämpfe an den Marktplätzen des frühen Aufstands (und ihren ökonomischen Forderungen), andererseits demonstrieren sie die Unmöglichkeit einer Rückkehr zu diesen frühen Kämpfen. Der heute umkämpfte Platz ist direkt auf die Politik bezogen, und dies erscheint für Clover als das transzendentale Problem des Jahres 2011. Die Population der gegenwärtigen Aufstände erhält ihre historische Funktion nicht durch ein Idee (Badiou) oder durch die todbringenden Fluktuationen der Lebensmittelpreise, sondern aufgrund einer unterliegenden sozio-ökonomischen Struktur, einer materiellen Reorganisation des Gesellschaftskörpers.

Das Reservoir der Aufstände erwächst seit dem Jahr 2006 einerseits aus Jugendlichen, denen der Weg in die Ökonomie versperrt wird, andererseits aus einer Surplusbevölkerung und dem ihr entgegenstehenden staatlichen Krisenmanagement. Die Organisation des Camps, wie man sie im Rahmen der Occupy-Bewegung in Oakland sah, macht die Stärke und Schwäche der Bewegung zugleich aus, was ihre Militanz und die Klassenkomposition der Ausgeschlossen und Abgeschlossen betrifft. Hier spielt auch das Problems in der Beziehung zwischen der Abjektion des Flüchtlingscamps und dem Aktivismus der politischen Camps eine gewisse Rolle, wobei der Kontext zwischen politischem Camp und seinen sozio-ökonomischen Bedingungen nicht übersehen werden darf. Der dominante Diskurs von Occupy – wir sind die 99%- und uns steht damit ein entsprechender Anteil am sozialen Reichtum und Klassenmacht zu, war nicht in der Lage diejenigen zu repräsentieren, die schon lange jenseits der Versprechungen der Institutionen und einer redistributiven Politik leben. Es muss hingegen eine Verbindung zwischen den Lagern der Surplusbevölkerung und den politischen Gruppierungen, die antistaatlich agieren, hergestellt werden, gerade weil die Produktion der Nichtproduktion und die weltweite politische Volatilität fortbestehen.

In diesem Zusammenhang drückt die Blockade des Verkehrs und die Unterbrechung der Zirkulation den Wunsch aus, Alles zum erliegen zu bringen. Dabei gibt es weitere Signale der neuen Aufstände zu vermelden: einen Hang zum Populismus, der nach Sympathien in den Medien und der Bevölkerung sucht, einen Pazifismus, der für eine respektable Politik plädiert. Der forderungslose Aufstand wird so codiert, als sei er die Forderung selbst, wobei die bestehende Ordnung ihn doch anerkennen könnte, wenn sie ihn nur verstehen würde. Der andere Impuls findet im Aufstand etwas, das vor oder nach der Kommunikation kommt, eine Praxis, die in der Plünderung, der Kontrolle des Raumes oder der Erosion der Polizeigewalt bestehen mag, um die Exklusion der Aufständischen zu demonstrieren. Der Erfolg der ersteren, der diskursiven Strategie, die immer auch der Bürgerrechtsbewegung nahe steht, scheint heute angesichts der sozio-ökonomischen Bedingungen des Kapitals mehr als zweifelhaft. Die ihr entgegenstehende Raserei des Aufstands ist zweifelsohne ein Gradmesser für den sozialen Druck, der im Kontext der wachsenden Polizeigewalt auf die Surplusbevölkerung ausgeübt wird. Schließlich ist in den Kämpfen ein Blick auf die Commune zu werfen, die als Horizont aufscheint, als eine soziale Relation, eine politische Form und als ein Ereignis, oder besser gesagt, als eine Taktik der sozialen Reproduktion bzw. als eine Praxis, für die es einer entsprechenden Theorie bedarf. Sie ist die Form des Lebens, wenn die Kämpfe in der Produktion und Zirkulation sich erschöpft haben.

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