MATERIAL FÜR ÖKONOMISCHE ERFAHRUNG – FEMINISTISCHES MANAGEMENT –

KURATION

 

STRATEGISCHE DETERMINATION

 

PRAXIS VON MARKT

  1. TAUSCHHANDLUNG
  2. GEBRAUCHSHANDLUNG

 

REALABSTRAKTION

 

DOPPELCHARAKTER DER ARBEITSKRAFT

  1. CHARAKTER DER WARENPRODUKTION
  2. CHARAKTER DER WARENFÖRMIGKEIT

 

MARKTFIKTIONEN

  1. FINANZMARKT UND KUNSTMARKT
  2. FINANZMARKT
  3. KUNSTMARKT

 

MANAGEMENT

  1. FUNKTIONALE BESTIMMUNG
  2. FEMINISTISCHES MANAGEMENT

 

QUELLENANGABEN

 

 

KURATION

Kuration ist in letzter Instanz determiniert durch Ausschluss. Das heißt, dass Kuration darüber entscheidet, wem oder was etwas nicht zur Verfügung gestellt wird. Die kuratorische Determination dieser Arbeit bestimmt die Anwendung der hier vorgeschlagenen Strategie des feministischen Managements. Die Arbeit soll keiner ästhetischen Praxis zur Verfügung gestellt werden – ganz egal welchen Zielen diese sich vermeintlich zu verpflichten glaubt. Diese kuratorische Entscheidung folgt unserem Interesse, dem Diskurs der ästhetischen Erfahrung kein Material mehr zu liefern.

 

STRATEGISCHE DETERMINATION

I.

Philosophical thought consistently follows the laws of its doctrine, remaining auto-ferential and self-sufficient. For the purposes of dismantling the ossified structures, networks, and other forms of systematization of thought, non-philosophy applies the procedure of the radicalization of the argument arriving to its determination in the last instance.“ (Kolozova 2015, S.57)

Wir argumentieren in dieser Arbeit mit der Funktion der Vergesellschaftung des kapitalistischen Warenverkehrs, die sich in Form des Marktes organisiert. Weil wir so argumentieren, erreichen wir eine Praxis der ökonomischen Analyse, die den Markt aus seinen ökonomischen Determinationen löst, damit er gleichzeitig selbst zu einer ökonomischen Determination erklärt werden kann.

II.

Die Arbeit folgt dem radikalen Konzept von Markt. Sich darauf zu beziehen, wird bedeuten, Markt als jedes ökonomische Verhältnis determinierende Kraft zu beschreiben. Bevor das radikale Konzept von Markt vorgestellt wird, soll eine Erklärung davon gegeben werden, wie die Produktion eines radikalen Konzeptes aufgestellt ist. Dafür muss hier auf die non-philosophische bzw. non-marxistische Praxis generell verwiesen werden.

Radical concepts are those that establish as direct as possible a link with the identity-in-the-last-instance of the explored social-political phenomena, with their „instance of immanence“. In other words, it is conceptual, the transcendental that corresponds with the real.“ (Kolozova 2007)

Das radikale Konzept von Markt ist in letzter Instanz Voraussetzung des kapitalistischen Warenverkehrs. Markt ist in letzter Instanz die Identität des ökonomischen Phänomens des Warenverkehrs. Auf der anderen Seite ist der Warenverkehr die transzendentale Bedingung von Markt. Der kapitalistische Warenverkehr muss aufgrund seiner transzendentalen Konstitution als Totalität beschrieben werden. Das radikale Konzept Markt unterhält innerhalb dieser Totalität eine immanente Beziehung zum Realen. Markt ist die Instanz, die das Reale des kapitalistischen Warenverkehrs (die Realabstraktion) freisetzt. Jede Praxis von Markt reproduziert Ware und damit in letzter Instanz die gesellschaftlichen Verhältnisse des Warenverkehrs. Markt selbst erscheint dabei aber immer nur als Form, Symptom und Effekt der Totalität von Warenverkehr.

III.

Um die Möglichkeit von Markt als Fragmentierung dieser Totalität voranzutreiben und auch, um Realabstraktion freizulegen, werden wir Markt in spezifischen Situationen beschreiben. Dafür stellen wir im folgenden Formfiktionen von Markt auf. Auf diese Weise werden wir konkrete Verhältnisse von Markt bestimmen und damit den jeweils stattfindenden Prozess der Realabstraktion beschreiben. Die in letzter Instanz nur in der Praxis von Markt feststellbare Realabstraktion wird so als konkreter Prozess freigelegt.

The only way to immanently revolt against is in the non-abstract. Revolting against concrete occurrences of subjugation and violence, rather than in the name of ab- straction and in visions of world transformation, is action affected by immanence. I would argue that immanence is also action determined by interests which are real (…), rather than abstract or philosophical.“ (Kolozova 2015, S.25)

In letzter Instanz wird jede Bestimmung von Realabstraktion von dem Doppelcharakter der Arbeitskraft her zu beschreiben sein, weil nur Arbeitskraft ein reales Interesse ihrer Realabstraktion haben kann.

 

PRAXIS VON MARKT

I.

Die Praxis von Markt installiert den gesellschaftlichen Warenverkehr in seinen elementaren Bestimmungen. Sie wird darstellbar in der Syntax ihrer Formelemente; der Gebrauchs- und Tauschhandlung. Diese Syntax kann auch Syntax der Realabstraktion genannt werden, weil Realabstraktion das faktische Ergebnis jeder Praxis von Markt ist. Die Praxis von Markt wird zunächst über seine beiden entscheidenden Modalitäten (Gebrauchshandlung, Tauschhandlung) beschrieben und danach im Sinne der Realabstraktion bestimmt. Dieser Abschnitt soll in erster Linie Beschreibung von Markt liefern, das heißt Vorlage für die spätere Methode der Marktfiktion sein.

II.

Die Praxis von Markt ist Voraussetzung für die Bestimmung jedes anderen ökonomischen Verhältnisses. Um diese Konstruktion von Markt als Praxis zu beschreiben, muss von der Produktion und ihren Produkten abstrahiert werden. Daher gelten für die Praxis von Markt lediglich ihre eigenen Formelemente, das heißt Tauschhandlung und Gebrauchshandlung im Verhältnis, bzw. der Prozess der Realabstraktion. Weiterhin für die Beschreibung dieser Konstruktion ist notwendig, Markt als Bedingung für den ökonomischen Prozess der Zirkulation zu bestimmen. Das heißt konkret, die Praxis von Markt als Voraussetzung für die raumzeitlichen Bedingungen des Warenverkehrs zu bestimmen. Die Analyse dieser Bedingungen, kann nicht mit dem Markt als einer „alchimistischen Retorte der Zirkulation“ (Marx 1975, S.127) arbeiten, sondern muss nach dem konkreten Verhältnis, das Markt jeweils instanziiert, fragen. Im folgenden soll daher die funktionale Bestimmung von Markt entwickelt werden. Gemeint ist dabei nicht der Markt, unter den alle Bewegungen der warenproduzierenden Gesellschaft subsumiert würden, sondern Markt im Sinne seiner Bestimmung als spezifisches Verhältnis. Entsprechend muss davon ausgegangen werden, dass unendlich viele Möglichkeiten von Markt, unendlich viele Praktiken von Markt als Verhältnisse einzelner aufeinander bezogener Tausch- und Gebrauchshandlungen existieren. Die Herstellung eines jeden Marktes impliziert die Herstellung eines konkreten Verhältnisses der Register von Tausch und Gebrauch. Ein konkretes Verhältnis nehmen diese beiden Register nur ein, wenn sie explizit als Handlungen, also als eine Praxis von Markt bestimmt werden.

Eine solche einfachste Definition ist: dass als Gebrauchswert der Aspekt einer Ware von Gebrauchshandlungen gelten soll, als Tauschwert ihr Aspekt als Gegenstand von Tauschhandlungen. Das ist weniger tautologisch, als es den Anschein hat. Die Problematik wird von den Dingen in die Handlungen mit ihnen verlegt, also in die Praxis (siehe erste Feuerbachthese). Denn so zeigt sich, dass außer der sachlichen Verschiedenheit beider Arten von Tätigkeit der Umstand ins Gewicht fällt, dass sie einander zeitlich und örtlich in antithetischer Weise ausschließen. Gebrauchshand- lung und Tauschhandlung sind nicht bloß materiell verschieden, sie sind auch in der Zeit essenziell getrennt voneinander.“ (Sohn-Rethel 1971, S.19)

 

GEBRAUCHSHANDLUNG

Der Gebrauch wird in letzter Instanz bestimmt durch das Nichtstattfinden von Tausch. In der radikalen Trennung von Tausch und Gebrauch ist die Gebrauchshandlung daher die Abwesenheit von Tauschhandlung. Weil die Gebrauchshandlung nicht unmittelbar relevant ist für das Gelingen der Tauschhandlung, ist sie private Tätigkeit. Die Gebrauchshandlung existiert nur als Gebrauchsvorstellung innerhalb von Markt. Gebrauchshandlungen umfassen sowohl Handlungen der Produktion als auch der Konsumtion einer Ware.

Jeder Tauschakt impliziert in seinem Geschehen das Nicht-Geschehen von Gebrauch, weil er ohne dieses nicht hätte stattfinden können. Die Abstraktion vom Ge- brauch im Tausch hat faktischen Charakter. Aber die Gedanken der Tauschenden nehmen an dieser Abstraktion keineswegs teil. In ihren Vorstellungen sind die Akteure der Tauschhandlung mit den Gebrauchswerten der Waren und Zwecken ihrer Handlungsweise sehr wohl und sehr rege beschäftigt.“ (Sohn-Rethel 1971, S.67)

Das Interesse für eine Praxis von Markt kann in Bezug auf die Gebrauchshandlung als minimal angesehen werden. Die von der Tauschhandlung vollzogene Abstraktion kann selbst ohne Gebrauchshandlung stattfinden. Wenn allerdings Gebrauchshandlung existiert, so wird im Zuge der Tauschhandlung davon abstrahiert.

 

TAUSCHHANDLUNG

Der Tausch wird in letzter Instanz bestimmt durch das Nichtstattfinden von Gebrauch. In der radikalen Trennung von Tausch und Gebrauch ist die Tauschhandlung daher die Abwesenheit von Gebrauchshandlung. Während der Gebrauchswert der Ware im Tausch für das private Bewusstsein zwar von Bedeutung ist, der Tausch von subjektiven Gebrauchsvorstellungen begleitet sein mag, kann er trotzdem nur unter definitivem Ausschluss von Gebrauchshandlungen vollzogen werden. Damit die Ware auf dem Markt physisch unveränderlich ist, wird vom Gebrauch der Ware und von ihrer materiellen Qualität im Tausch abgesehen. Nur ihre materielle Unveränderlichkeit garantiert der Warenbesitzerin oder dem Warenbesitzer das Gelingen der Tauschhandlung. Was sich im Tausch nur verändert, ist der gesellschaftliche Status der Ware, ihr Besitz.

Die Trennung von Tauschhandlung und Gebrauchshandlung ist dem Austausch (im Sinne eines auf Reziprozität und Vereinbarung gegründeten Besitzwechsels zwischen Wareneigentümern) von Anfang an eigentümlich. Jeder Warentausch setzt voraus, dass die physische Realität der Waren während der Transaktion unaffiziert bleibt. Das hindert nicht, dass die Tauschhandlung selbst ein physischer Vorgang, eine Handlung von raumzeitlicher Realität ist. Nur ihrer gleichen raumzeitlichen Realität wegen schließen Tausch und Gebrauch einander aus.“ (Sohn-Rethel 1971, S.21)

 

REALABSTRAKTION

I.

Die beschriebene Tatsache der Trennung von Gebrauch und Tausch ist Markt. Innerhalb der Praxis von Markt ist die Gebrauchshandlung lediglich Material für die Abstraktion, das heißt für die durch die Tauschhandlung vollzogene Abstraktion von der Gebrauchshandlung. Die in einer Praxis von Markt stattfindende Abstraktion ist damit Realabstraktion. Realabstraktion ist das gesellschaftliche Verhältnis, das Markt in letzter Instanz herstellt.

Quell der gesellschaftlichen Realabstraktion ist der Austausch. Jeder Tauschakt impliziert in seinem das Nicht-Geschehen von Gebrauch, weil er ohne dieses nicht hätte stattfinden können. Die Abstraktion vom Gebrauch im Tausch hat faktischen Charakter. Aber die Gedanken der Tauschenden nehmen an dieser Abstraktion keineswegs teil. In ihren Vorstellungen sind die Akteure der Tauschhandlung mit den Gebrauchswerten der Waren und Zwecken ihrer Handlungsweise sehr wohl und sehr rege beschäftigt. Also nur die Handlung, nicht das Bewusstsein der Handelnden ist abstrakt. Im Warentausch gehen somit Handlung und Bewusstsein, Tun und Denken der Menschen verschiedene Wege.“ (Sohn-Rethel 1971, S.67)

II.

In der Praxis von Markt ist die reale Handlung des Tausches Träger der Abstraktion. Die Abstraktion, die eine Praxis von Markt freisetzt, ist also keine Abstraktion des Denkens, sondern sie ist das Ergebnis einer konkreten Handlung. Eine Praxis von Markt setzt damit die Möglichkeiten und Bedingungen von abstrakten Handlungen frei. Markt konstituiert daher immer auch die Bedingungen, unter denen mit den Prozessen der Realabstraktion Kontakt aufgenommen werden kann. Dieser Kontakt zur Realabstraktion bestimmt die Form der Vergesellschaftung. Er bestimmt, was konstitutiv für den gesellschaftlichen Zusammenhang ist, und damit auch Verhältnisse des Privaten und Öffentlichen.

III.

Aus dem Banne der bloßen Erscheinung in die Realität der gegenständlichen Praxis gelangen die Waren erst durch die Überführung aus der öffentlichen Sphäre des Markts in die Privatsphäre der neuen Eigentümer.“ (Sohn-Rethel 1971, S.21)

Vergesellschaftende Prozesse führen immer durch die Praxis von Markt. Vergesellschaftung setzt Realabstraktion voraus. Die Vermittlung von privater Tätigkeit der Pro- duktion und Konsumtion einer Ware organisiert sich über die Praxis von Markt. Ohne sie sind beide Tätigkeiten frei von jeder politischen Dimension bzw. besitzen die Tendenz, aufzugehen im totalen Produktionszusammenhang. Wenn der kapitalistische Warenverkehr sich als totaler Produktionszusammenhang aufdrängt, wirft er jede vergesellschaftende Bewegung auf Momente privaten Gebrauchs zurück. Wir schließen aus dieser Hegemonie des Gebrauchs auf die strategische Notwendigkeit, ihn zu vernachlässigen. Die Praxis von Markt wendet sich daher dem Tausch der Arbeitskraft, das heißt ihrer Warenförmigkeit zu, bzw. bestimmt die Situation, in der der Charakter der Warenförmigkeit sich befindet.

IV.

Markt reproduziert die Produktionsverhältnisse. Die Produktion reproduziert sich von der Praxis von Markt her als ein gesellschaftliches Verhältnis, wo sie vorher nur private Tätigkeit gewesen ist. Die Praxis von Markt reproduziert die Produktionsverhältnisse also nicht nur, sondern sie allein abstrahiert private Tätigkeit zu einer gesellschaftlichen Tätigkeit.

 

DOPPELCHARAKTER DER ARBEITSKRAFT

I.

In the contradiction of wage labor being both a commodity and the agency that (auto-)sells that same commodity, one not only can identify the moving force of the capitalist machine, but also its impossibility and the source of its downfall.“ (Kolozova 2015, S.59)

Arbeitskraft muss nach zwei Seiten hin bestimmt werden: Arbeitskraft hat zur Seite der Tauschhandlung hin warenförmigen, auf der Seite der Gebrauchshandlung warenproduzierenden Charakter. Die Ware Arbeitskraft kann sich, wie jede andere Ware auch, nur in der Praxis von Markt reproduzieren. Nur eine Praxis von Markt stellt also den Doppelcharakter der Arbeitskraft sicher, weil nur mit der Tauschandlung die Warenförmigkeit der Arbeitskraft sich einlöst. Der Doppelcharakter der Arbeitskraft determiniert in letzter Instanz, wie Arbeitskraft in ein Selbstverhältnis zu sich treten kann, das heißt sowohl zu ihrer Anwendung in Arbeit als auch zu sich selbst als Ware. Warenproduktion und Warenförmigkeit der Arbeitskraft sind dann zwei Handlungsmodalitäten einer Praxis von Markt. Jede Praxis von Markt setzt Arbeitskraft so in ein Selbstverhältnis. Dabei wird der Doppelcharakter der Arbeitskraft, in einer der je spezifischen Marktpraxis entsprechenden Form verwaltet. In seiner Situation fallen alle anderen ökonomischen Verhältnisse zusammen bzw. der Doppelcharakter der Arbeitskraft und seine Verwaltung determinieren in letzter Instanz jedes ökonomische Verhältnis. Eine proletarische Emanzipation ist in letzter Instanz determiniert von dieser Struktur des Doppelcharakters. Der Doppelcharakter der Arbeitskraft ist daher in letzter Instanz schon ein revolutionäres Verhältnis.

Labor force, the exploitation it entails and its form specifically, as explained by Marx, determines in the last instance the development of the entire theory and points to the practice that should ensue from it.“ (Kolozova 2015, S.58)

II.

Wir gehen davon aus, dass gegenwärtig der Doppelcharakter der Arbeitskraft vom Primat der Lohnarbeit diktiert wird.

Alienation from one’s physical and spiritual needs, as Marx explained, and amphibologically positioning oneself as a commodity that has to be sold on the market of wage labor, is the kernel of capitalist exploitation and subjugation.“ (Kolozova 2015, S.59)

Ein revolutionärer Kampf, der sich ausschließlich auf die von Lohnarbeit instanziierten Doppelcharaktere beruft, also von dort aus intervenieren will, wo die Bedingungen der Reproduktion schon in der kapitalistischen Totalität aufgehen, erweist sich als vergeblich. Kämpfe im Namen der unsichtbaren Arbeitskräfte, denen die Reproduktion ganz und gar abgesprochen wurde und damit auch jeder revolutionäre Kampf, müssen strategisch diese Bedingungen adressieren.

Wages for housework, then, is a revolutionary demand not because by itself it destroys capital, but because it forces capital to restructure social relations in terms more favourable to us and consequently more favourable to the unity of the class. In fact, to demand wages for housework does not mean to say that if we are paid we will continue to do it. It means precisely the’ opposite. To say that we want money for housework is the first step towards refusing to do it, because the demand for a wage makes our work visible, which is the most indispensable condition to begin to struggle against it, both in its immediate aspect as housework and its more insidious character as femininity.“ (Federici 2012, S.81)

Aus dem selben Grund insistieren wir auf der Möglichkeit eines Selbstverhältnis der Arbeitskraft, das sich unabhängig vom hegemonialen Schema der Lohnarbeit organisiert. Der Doppelcharakter der Arbeitskraft wird hier also strategisch (ungeachtet seiner dominanten Erscheinung in Form der Lohnarbeitskraft) als Konfiguration mobilisiert, die nicht auf hegemoniale Momente ihres Inkrafttretens angewiesen ist. Arbeitskraft muss, um ein Selbstverhältnis einzunehmen, sich als doppelter Charakter positionieren. Die Reproduktion dieses Doppelcharakters wird bestimmt über die Realabstraktion, die Arbeitskraft im Markt erfährt. Indem wir den Doppelcharakter der Arbeitskraft freisetzen vom Diktat der Sichtbarkeit und von dessen Instrument, dem Lohn, öffnen wir die Praxis von Markt hin auf die mögliche Aneignung der Realabstraktion auf differente und marginale Praktiken von Realabstraktion innerhalb der Bedingungen der hegemonialen Zirkulation.

 

MARKTFIKTIONEN

I.

Die Formelemente, die konstitutiv für jede Praxis von Markt beschrieben worden sind, gilt es mit Hilfe von Marktfiktionen in ein Verhältnis zu setzen, das heißt als konkrete Marktverhältnisse zu installieren. Auf der Grundlage dieses Kontakts einer jeden Marktfiktion zu Praktiken von Markt lassen sich Marktfiktionen nicht als geschlossene Erzählungen von Marktverhältnissen verallgemeinern. Vielmehr liefern sie eine minimale Beschreibung der Konstellation der Formelemente von Markt, durch die eine konkrete Praxis von Markt ihre spezifische und singuläre Gestalt annimmt. Marktfiktionen ermöglichen so, verschiedene Marktpraktiken voneinander zu isolieren. Wir schlagen hier da- her die Produktion von Marktfiktionen als Instrument der Analyse der kapitalistischen Totalität des Warenverkehrs vor. Das heißt, Marktfiktionen können ausgehend von den Formelementen der Praxis von Markt eine Beschreibung davon liefern, wie diese Form- elemente sich im kapitalistischen Warenverkehr arrangieren. Innerhalb der vereinnahmenden Totalität des Warenverkehrs werden so Finanzmarkt und Kunstmarkt als konkrete Konfigurationen einer Praxis von Markt bestimmt. Finanzmarkt und Kunstmarkt markieren entgegengesetzte Pole, in denen die Totalität des kapitalistischen Warenverkehrs die Praxis von Markt ihren Extremen nach ausrichtet. Insofern erweisen sich Finanz- und Kunstmarkt für die Praxis von Markt unter den Bedingungen kapitalistischer Warenproduktion als paradigmatisch. Alle anderen Markt-Praktiken können dann verstanden werden als zwischen diesen beiden Fiktionen festzulegende Situationen. Wir spannen ein Feld möglicher Marktpraktiken mithilfe der Marktfiktionen von Finanz- und Kunstmarkt auf, um es über seine beide Tendenzen aufzuklären, bzw. um eine Strategie für seine grundsätzlichen Beziehungen hin zu öffnen.

II.

Marktfiktionen sind insofern Fiktionen, als dass ihre Aufstellung strategischer Notwendigkeit folgt und ihre Analyse im Rahmen dieser Arbeit letztlich Material für den Vorschlag des feministischen Managements liefern soll. Ausgehend von der Analyse von Finanz- und Kunstmarkt werden Bestimmungen möglich, mit denen die strategische Ausrichtung dieser Arbeit auf den Doppelcharakters der Arbeitskraft hin vorgenommen werden kann.

 

FINANZMARKT UND KUNSTMARKT

Nur, indem wir Finanzmarkt und Kunstmarkt auf ihre entscheidenden Momente reduzieren und sie als konkrete Marktverhältnisse gegeneinander abgrenzen, können wir die Determinationen und Verhältnisse klären. Die Beschreibung von Finanz- und Kunstmarkt muss über das Kriterium der Reproduktion der Arbeitskraft getroffen werden. Beiden Marktfiktionen ist dann gemeinsam, dass sie den Doppelcharakter der Arbeitskraft kollabieren lassen. Die Realabstraktion, die beide Marktfiktionen in paradigmatischer Weise konstituieren, löst die Arbeitskraft hin in ihren warenproduzierenden Charakter auf. Der entscheidende Aspekt, von dem ausgehend die Marktfiktionen auf- gestellt sind, ist daher die Form der Verwaltung des Doppelcharakters. Mit Finanzmarkt und Kunstmarkt sind somit die Pole gemeint, an denen die Reproduktion des Doppelcharakters der Arbeitskraft in der für die kapitalistische Warenproduktion paradigmatischen Form zu Tage tritt. Der spekulative Charakter, den die Reproduktion in der Praxis von Finanzmarkt annimmt, ist charakterisiert durch den Ausschluss der Arbeitskraft aus dem Verwertungszusammenhang. Die Spekulation setzt sich über die Funktion der Reproduktion hinweg, die Markt zukommt, behauptet eine scheinbare Autonomie von der Arbeitskraft (wie auch von allen anderen Waren außer Geld). Kunstmarkt hingegen bringt Arbeitskraft im unmittelbaren Verhältnis zu ihrer Warenförmigkeit zu einem ausschließlich warenproduzierenden Charakter. Arbeitskraft wird dort in Form eines fetischisierenden Selbstverhältnis aufgelöst. Finanzmarkt und Kunstmarkt haben damit eine vergleichbare Auswirkung auf die Verwaltung des Doppelcharakters der Arbeitskraft. Arbeitskraft tritt in Finanzmarkt/ Kunstmarkt daher nicht als Ware auf, sondern wird auf ihr warenproduzierendes Moment reduziert. In letzter Konsequenz geht ihr Doppelcharakter so vollständig im kapitalistischenn Produktionszusammenhang auf.

In our post-humanist era, wage laborers will be reduced to wage labor, without a subjectivity to liberate or emancipate itself. In the middle of the 21st century, one wonders, if in ten or twenty years from now, labor will still be wage labor, or just reduced to labor or organic material used in the universe of cybernetic automation.“ (Kolozova 2015, S.95)

Eine revolutionäre Praxis hingegen ist für uns in letzter Instanz determiniert durch die Möglichkeiten bzw. Mobilisierungen des Doppelcharakters der Arbeitskraft.

 

FINANZMARKT

If capitalism is determined in the last instance by what Marx calls „fetishism“, and if the latter is determined as speculative (hence, philosophical), it is bound to end up (and also end) as a „financial economy“ instead of a „real economy“. (…) Moreover, speculation, and therefore detachment from the real, is the determination in the last instance and the vector of a capitalist economy.“ (Kolozova 2015, S.42f.)

Die für Finanzmarkt elementare Bewegung des sich selbst verwertenden Werts (G-G’) nimmt eine vom Warenverkehr unabhängige Form an. Statt Gebrauch und Tausch ins Verhältnis zu setzen, das heißt Realabstraktionen zu instanziieren, wird im Finanzmarkt der reine Tausch wertbildend. In seiner scheinbaren Unabhängigkeit vom Gebrauch nimmt Finanzmarkt zur Praxis von Markt ein amphibologisches Verhältnis ein. Die Tauschabstraktion des Finanzmarkt ist nicht länger Realabstraktion, sie ist reine Abstraktion. Finanzmarkt installiert also eine Amphibologie von Markt, die kein unmittelbares Verhältnis zur Arbeitskraft unterhält. Wenn dabei keine Ware mehr eine Rolle zu spielen scheint, muss dennoch die Frage gestellt werden, wie Finanzmarkt Arbeitskraft reproduziert. Indem Finanzmarkt nämlich als reiner Tausch operiert, auf keinen Gebrauch mehr referiert, negiert er seine eigenen Voraussetzungen der Realabstraktion. Das Verhältnis, das Arbeitskraft dann zum Finanzmarkt einnehmen kann, beruht von vornherein auf der Autonomie dieses Marktes von der Arbeitskraft. Arbeitskraft wird im Finanzmarkt ausschließlich warenproduzierende Tätigkeit und unterhält zu der hier stattfindenden Praxis von Markt keine Beziehung mehr.

At the beginning of the 21th century, the economy is no longer an economy in the proper sense of the word. Instead, it is an instrument of finances that postures an economy in its own right. The „Finance industry“ establishes amphibology with the real economy, which is linked to material production of material consumables (…).“ (Kolozova 2015, S.39)

Der totale Produktionszusammenhang verschiebt die Realabstraktion hin zum reinen Tausch, zur reinen Abstraktion. Der Wertbildungsprozess als Voraussetzung des totalen Produktionszusammenhangs verläuft völlig losgelöst von den Waren. Finanzmarkt ist die Abstraktion des kapitalistischen Warenverkehrs, die jede Warenförmigkeit zur puren Produktion erklärt.

Marx’s M-C-M has turned into M-M-M. Commodities produced by the apparently self- sufficient banking industry are purely financial phenomena because they originate in the register of speculation that produces pure signification (money). Commodities produced by the baking industry bear the names of: securities, derivates, certificates, bonds, equities, etc. The M-M-M cycle is detached from the material and from the primary, secondary, and tertiary economy that continues to satisfy the material needs of human and non-human animals.“ (Kolozova 2015, S.49)

Die Auflösung der Warenförmigkeit gilt in radikalster Form für den Doppelcharakter der Arbeitskraft. Arbeitskraft, als Ware dem Finanzmarkt unterstellt, verliert ihre Warenförmigkeit, wird ihres Doppelcharakters entledigt und geht vollständig im kapitalistischen Produktionszusammenhang auf. Die im Finanzmarkt spezifische Reproduktion der Arbeitskraft stellt letztere daher als pures Material der Spekulation her, dem – unter Entzug der Voraussetzungen seiner Reproduktion – jede Praxis verwehrt bleibt.

 

KUNSTMARKT

I.

Die Reproduktion von Arbeitskraft im Kunstmarkt ist in letzter Instanz determiniert durch die Struktur der ästhetischen Erfahrung. Daher muss das Material zur Struktur der ästhetischen Erfahrung zunächst auf sein konstitutives Moment reduziert werden. Die Struktur ästhetischer Erfahrung wird reduziert auf das elementare Verhältnis seiner Subjekt-Objekt-Korrelation:

Ästhetische Erfahrung ist nichts, was das Subjekt haben kann. Der Begriff Erfahrung verweist auf einen Prozess zwischen Subjekt und Objekt, der beide transformiert – das Objekt, insofern es nur in der und durch die Dynamik seiner Erfahrung als Kunstwerk zum Leben erweckt wird, und das Subjekt, insofern es eine selbstreflexive Form annimmt, seine eigene Performativität.“ (Malik 2015, S.96)

Die Praxis von Kunstmarkt bestimmt diesen Zusammenhang in der Beziehung von Arbeitskraft und Ware. Der prozessuale Charakter macht es unnötig, einen Anfang bzw. ein Ende dieser Konfrontation festzulegen. Vielmehr muss das Verhältnis von Arbeitskraft und Ware als maximal unbestimmt gesehen werden. Arbeitskraft, das Subjekt der Struktur, trifft auf Ware, Objekt der ästhetischen Erfahrung – eine Konstellation für Arbeitskraft, die sie ansonsten in keinem anderen Verhältnis einzunehmen die Möglichkeit hat, bzw. die sich nur im Kunstmarkt einlösen kann.

II.

Was mit einer solchen Erfahrung auf dem Spiel steht, ist nun nicht allein der Zugang des Subjekts zum ästhetischen Objekt, sondern damit zugleich auch das Verhältnis des Subjekts zu sich selbst.“ (Rebentisch 2003, S.68)

Die Struktur der ästhetischen Erfahrung determiniert im Kunstmarkt das Verhältnis, das Arbeitskraft in bezug auf Ware generell und daher in letzter Instanz auch zu sich selbst einnehmen kann. Dieses Selbstverhältnis heißt für Arbeitskraft in letzter Instanz immer ihre eigene Bestimmung als Ware zu erfassen. Der Doppelcharakter von Arbeitskraft wird im Kunstmarkt eliminiert, indem die Warenförmigkeit schon als warenproduzierend gesetzt wird. Weil ästhetische Erfahrung den Charakter der Warenförmigkeit als Warenproduktion aufstellt, also den Doppelcharakter der Arbeitskraft auf sich selber hin ausrichtet, erscheint der Arbeitskraft ihr Warencharakter als ausschließlich waren- produzierend. Infolgedessen fetischisiert Arbeitskraft seine Warenförmigkeit. Sie erfährt sich im Moment der Reproduktion nicht zunächst als Ware, sondern immer schon als potentiell warenproduzierend.

Die ästhetische Selbstreflexion sollte hier allerdings nicht so verstanden werden, dass das Subjekt anlässlich eines ästhetischen Gegenstandes schließlich selbst zum Objekt wird (…). Vielmehr (…) erlebt sich das Subjekt in bezug auf das ästhetische Objekt als performativ, als hervorbringend, ohne dass sich die in ihm wirkenden Kräfte jedoch (…) objektivieren oder überhaupt kontrollieren ließen.“ (Rebentisch 2003, S.71)

Indem die Arbeitskraft in ihrer Reproduktion als Ware sich als verausgabende, produktive erfährt, wird der warenförmige Charakter der Arbeitskraft fetischisiert. Jede Reproduktion der Arbeitskraft ist im Kunstmarkt daher in letzter Instanz determiniert durch den Fetisch. Der Fetisch holt jedes mögliche Selbstverhältnis der Arbeitskraft ein. Das Oszillieren des Doppelcharakters der Arbeitskaft ist in letzter Instanz die Ressource für die ästhetische Erfahrung. Jede ästhetische Erfahrung kann über ihren konkreten Einsatz der Gebrauchs- und Tauschhandlung adäquat beschrieben werden. Überall, wo ästhetische Erfahrung hergestellt wird, das heißt wo Arbeitskraft in Bezug auf Ware sich selbst fetischisiert, findet Kunstmarkt statt. Jede Praxis, die mit dieser Struktur arbeitet, ist Kunstmarkt.

III.

Die Fetischisierung des warenförmigen Charakters der Arbeitskraft macht das Repro- duktionsverhältnis, das Markt ist, unkenntlich.

Die vermittelnde Bewegung verschwindet in ihrem eigenen Resultat und läßt keine Spur zurück.“ (Marx 1975, S.107)

Arbeitskraft muss daher im Kunstmarkt die stattfindende Praxis von Markt als Praxis ihrer eigenen Reproduktion notwendigerweise verkennen. Indem die Reproduktion im Kunstmarkt Arbeitskraft bereits in Produktion investiert, wird sie von der vergesellschaftenden Funktion in eine private Tätigkeit verzerrt, das heißt der Fetisch privatisiert das Reproduktionsverhältnis von Markt. Das bourgeoise Programm von Kunstmarkt wendet die Prozesse der Realabstraktion auf, um ein in letzter Instanz privates Selbstverhältnis der Arbeitskraft zu konstituieren.

IV.

Auf der anderen Seite erklärt sich aus der Praxis von Kunstmarkt die Beziehung, die zeitgenössische Kunst zum Kapital unterhält:

Die heutige Kunst lebt unter post-duchampschen Bedingungen, die jede Form eines vorherrschenden Paradigmas oder sogar die Vorstellung eines kunstgeschichtlichen Fortschritts scheuen. Es handelt sich um Bedingungen, bei denen die kunst- geschichtlichen Hierarchien des Genres, der ästhetischen Kategorien und der for- malen Genealogien eingeebnet wurden und die ein Feld der Produktion schaffen, das nunmehr prinzipiell von den Launen des Kapitalaustausches geordnet sind.“ (Poole 2015, S.110)

Dieses stellvertretende Programm von Kunstmarkt bzw. ästhetischer Erfahrung richtet sich gegen jede Möglichkeit, Arbeitskraft als Doppelcharakter zu reproduzieren.

 

MANAGEMENT

FUNKTIONALE BESTIMMUNG

 

Mit der Formgewinnung der Vergesellschaftung der Arbeit verdichtet sich die Spannung zwischen Arbeitsprozess und Verwertungsprozess zur Widersprüchlichkeit zwischen konträren Formgesetzen, und es ist diese Widersprüchlichkeit, welche die Schaffung einer eigenen Institution zu ihrer Bewältigung nötig macht: das moderne industrielle Management.“ (Sohn-Rethel 1971, S.52)

Die funktionale Bestimmung von Management ist die Betreuung von Marktfiktionen. Management tritt damit in jeder Situation von Markt auf. Das kapitalistische Management ist in letzter Instanz determiniert durch den totalen Produktionszusammenhang. Es richtet in Finanz- und Kunstmarkt die Prozesse der Realabstraktion in einer spekulativen bzw. fetischisierenden Bewegung auf den warenproduzierenden Charakter der Arbeitskraft aus. Realabstraktion geht dabei in die Abstraktion des kapitalistischen Warenverkehrs auf.

Speculations and operations of thought or of the transcendental (Laruelle) are at the heart of technological progress, of contemporary “management” of economy, and the “governance” of society. Speculation is at the core of the political power.“ (Kolozova 2015, S.66)

 

FEMINISTISCHES MANAGEMENT

I.

Ich spreche hier vom kapitalistischen Management, aber Kapital und Management sind nicht dasselbe und nicht notwendigerweise verbunden. Wenn eine Revolution den Kapitalismus aus dem Wege räumte, würde das Kapital beseitigt, aber das Management bliebe bestehen. Es würde dann nach und nach in sozialistisches Management verwandelt.“ (Sohn-Rethel 1971, S.60)

Feministisches Management dagegen radikalisiert die Funktion von Management, die Betreuung. Es radikalisiert die Betreuung von Marktfiktionen, indem es im Doppelcharakter der Arbeitskraft die ultimative Bestimmung von Markt erkennt. Feministisches Management nimmt dieses Moment auf und lässt Realabstraktion zu einer Praxis von Arbeitskraft werden.

II.

Die Praxis von Markt ist ihrer Funktion nach die Praxis gesellschaftlicher Reproduktion. Sich der Praxis von Markt anzunehmen, stellt die Frage nach Prozessen der Vergesellschaftung aus der Perspektive der Reproduktion und ist daher in letzter Instanz ein feministisches Vorhaben. Feministisches Management setzt die Funktion der Praxis von Markt als Determination-in-letzter- Instanz der Praxis von Markt. Das heißt die Praxis von Markt als Praxis der Reproduktion kommt durch die Betreuung des feministischen Managements zu sich selbst.

What is needed is a reopening of a collective struggle over reproduction, reclaiming control over the material conditions of our reproduction and creat- ing new forms of cooperation around this work outside of the logic of capital and the market.“ (Federici 2012, S.111)

III.

Kapitalistisches Management unterwirft die Bedingungen der Reproduktion in seinen Marktfiktionen der Spekulation und der Fetischisierung. Feministisches Management, anstatt die Praxis von Markt einer Determination zu unterwerfen, hat eine immanente Beziehung zur Realabstraktion von Markt. Das radikale Konzept von feministischem Management ist aus diesem Grund ein notwendig schwaches in seiner Beziehung zur Praxis von Markt. Es erfüllt die minimale Voraussetzung der Realabstraktion. Diese minimale Voraussetzung ist Arbeitskraft, weil sie als Ware selbst schon eine Praxis von Markt, das heißt Realabstraktion freizusetzen imstande ist. Feministisches Management schafft so die Bedingungen einer revolutionären Praxis von Markt. Feministisches Management meint dann: Die Praxis von Markt wird Praxis von Arbeitskraft.

IV.

Die Strategie von feministischem Management richtet die Arbeitskraft als universelle Kategorie aus. Die Praxis der Arbeitskraft ist in letzter Instanz determiniert durch die Mobilisierung ihres eigenen Doppelcharakters. Feministisches Management ist somit eine Strategie, den Doppelcharakter der Arbeitskraft als Verhältnis jedem ökonomischen Phänomen zuzuschreiben. Feministisches Management wendet den Doppelcharakter von Arbeitskraft für jede Ware an. Jedes Material, das von feministischem Management betreut wird, muss vom Doppelcharakter der Arbeitskraft determiniert sein. Feministisches Management fängt daher an, wenn sich ein konkretes Verhältnis als Arbeitskraft versteht. Feministisches Management stellt in letzter Instanz ein Material sicher, das nur vom Doppelcharakter der Arbeitskraft hergestellt sein kann. Jeder Warenbesitz erfährt sich in diesem Material nicht mehr als Opfer der Abstraktion.

Die Warenbesitzer sind die getäuschten Opfer der Wirkungen und der Rückwirkungen, in die von ihnen selbst getätigten Abstraktion die Akteure verstrickt.“ (Sohn-Rethel 1971, S.17)

Die Praxis der Arbeitskraft identifiziert jeden Warenbesitz als Verhältnis der Arbeitskraft. Die Wirkungen und Rückwirkungen sind dann das einzige, was diese Arbeitskraft beschäftigt.

Die Tauschabstraktion hat indes mit der Warenabstraktion das gemein, daß sie sich dem Bewußtsein der Akteure in den Handlungen, in denen sie sie bewirken, entzieht. In diesen Handlungen sind die Warenbesitzer von ihren Geschäftsinteressen in Anspruch genommen und können nicht gleichzeitig ein Auge für die formalen Implikationen ihres Tuns haben. Ein Bewußtsein von der Abstraktion im Akte der selben ist eine Unmöglichkeit in sich, da die Abstraktion selbst unterbliebe, falls das Bewusst- sein auf sie statt auf das Tauschgeschäft gerichtet wäre.“ (Sohn-Rethel 1971, S.22f.)

Wenn Realabstraktion bisher nicht auszuhalten war, dann weil sie ihrer Struktur nach keine patriarchale Abstraktion ist.

V.

Feministisches Management richtet sich gegen den Produktionszusammenhang, entlarvt dessen Abstraktion von der gesellschaftlichen Reproduktion. Feministisches Management richtet die Realabstraktion als einzige Möglichkeit aus, der kapitalistischen Abstraktion entgegenzutreten.

Abstraction is a philosophical procedure of creating an auto-referential “universe of meaning”, which is detached from the real of human existence in order to objectify it, master it, and exploit it. Subjects of abstraction and alienation are not only the proletariat and the precariat, but also the exploiters in the capitalist era. Emancipation is possible only if we all are equally called to “give up our abstractions” (Marx). This messianic revolt should be directed against the subject positions which maintain alienation and use the abstraction to exploit, subjugate, and alienate its species.“ (Kolozova 2015, S.29)

Feministisches Management ist determiniert von seinen eigenen Voraussetzungen. Es kann keine autonomen Abstraktionen freisetzen (“to exploit, subjugate, and alienate”) und deshalb kein Signifikant werden. Es betreut uns. Die Betreuung des feministischen Managements richtet sich gegen jeden verklärenden Produktivismus und gegen jede bourgeoise Selbstreflexion, die versucht über ihre (privaten) Produktionsbedingungen nachzudenken.

Betreut euch.

 

QUELLENANGABEN

 

Federici, Silvia: Revolution at Point Zero – Housework, Reproduction, and Feminist Struggle, New York 2012

Kolozova, Katerina: The Project of Non-Marxism: Arguing for “Monstrously” Radical Concepts (2007), unter <http://clogic.eserver.org/2007/kolozova.pdf> (zuletzt aufgerufen am: 27.9.2016)

Kolozova, Katerina: Towards a Radical Metaphysics of Socialism – Marx and Laruelle, New York 2015

Malik, Suhail: “Grund zur Zerstörung der zeitgenössischen Kunst”, in: Avanessian, Armen; Cox, Christoph (Hrsg.): Realismus, Materialismus, Kunst, Berlin 2015

Marx, Karl: Das Kapital. Kritik der politischen Okonomie – Band 1, MEW Band 23, Berlin 1975

Poole, Matthew: ”Das Idiotenparadigma”, in: Avanessian, Armen; Cox, Christoph (Hrsg.): Realismus, Materialismus, Kunst, Berlin 2015

Rebentisch, Juliane: Ästhetik der Installation, Frankfurt am Main 2003 Sohn-Rethel, Alfred: Geistige und körperliche Arbeit, Frankfurt am Main 1970 Sohn-Rethel, Alfred: Warenform und Denkform, Frankfurt am Main 1978

Sohn-Rethel, Alfred: Materialistische Erkenntniskritik und Vergesellschaftung der Arbeit, Berlin 1971

 

Foto: Bernhard Weber

 

 

 

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