Schwarz

Laruelle spricht häufig vom schwarzen Universum und davon, dass die Philosophie nicht dunkel genug sei. Aber was ist schwarz? Ist schwarz eine Farbe und wenn ja, können wir sie sehen?

Reza Negarestani hat in seinem Buch Cyclonopedia einen Mix aus Theorie und Fiction geliefert, wobei er die Erde als eine quasi lebende Kreatur darstellt, in deren Venen Öl zirkuliert. Öl hat natürlich eine schwarze Farbe, aber es ist auch Licht, insofern es eine Transmutation des Sonnenlichts ist. Öl ist das geologische Produkt des Sonnenlichts, zum ersten durch die Photosynthese und zum zweiten durch die Dekomposition der pflanzlichen Materie in der Zeit erzeugt. In diesem Sinne sei Öl, so Negarestani, der schwarze Kadaver der Sonne.

Alexander Galloway hat in seinem Buch Laruelle. Against the Digital die Frage des schwarzen Universums ausführlich behandelt. Wie es zwei Arten des Lichts gibt, so gibt es zwei Arten der Dunkelheit. Nebel und Staub besitzen verdunkelnde Qualitäten, sie strangulieren das Licht und sie interferieren mit den Kapazitäten zu sehen. Zur gleichen Zeit besitzen sie ihre eigene Form der Helligkeit. Der Nebel leuchtet mit einer gewissen Räumlichkeit. Er transformiert einen Raum mit absoluten Koordinaten in eine proximale Zone, die von Schwellen der Intelligibilität regiert wird. Nebel ist ein dioptrisches Phänomen, selbst wenn er Visionen behindert. Es geht darum, wie Licht durch das Material hindurch streut, das heißt der Nebel ist Teil eines Beleuchtungskörpers, obgleich er selbst kein Licht abgibt, selbst wenn er eine eigene Helligkeit aufgrund des Filterns und des Weiterleitens von Licht besitzt.

Diotropik referiert auf das Licht, wenn es bspw. durch ein transparentes Material wie Glas oder Wasser gebrochen wird. Als Teil der optischen Wissenschaften beschäftigt sich die Diotropie mit Prismen und Linsen. Ein diotropisches Instrument kann weißes Licht in farbiges Licht teilen, während unter bestimmten Bedingungen farbiges Licht in weißes Licht zurückverwandelt werden kann.

Die Katoptrik referiert auf Licht, wenn es reflektiert wird. (1) Während die Diotropik mit Linsen umgeht, beschäftigt sich die Katoptrik mit Spiegeln, Bildschirmen und opaken Oberflächen. Es gibt auch in der Katoptrik eine gewisse Kapazität für die Farbigkeit, weil manche Objekte bestimmte Farben reflektieren und andere Farben absorbieren. Um es kurz zu machen, Diotroptik stellt das Problem der Transparenz, die Katoptrik das Problem der Opazität. Die erstere inkludiert die Perspektive (durchsehen), während die letztere einen Aspekt oder den Spiegel inhäriert (reflektieren, anschauen).

Beide optischen Wissenschaften besitzen, so Alexander Galloway, einen Bezug zur Tiefe. Während die Reflexion semiotisch tief ist, das heißt die Frage der Bedeutung aufnimmt, ist die Brechung empirisch tief, das heißt bezüglich der subjektiven Erfahrung. Semiotische Deepness bedeutet, dass die opake Reflexion ein Tiefenmodell schafft, bei dem zwei gegensätzliche Ebenen, eine manifeste und eine latente, zusammenarbeiten, um Bedeutung herzustellen. Freud und manche Marxismen arbeiten in dieser Weise. Empirische Deepness bedeutet, dass die transparente Brechung ein Tiefenmodell schafft, in dem ein volumetrischer Raum entsteht, der einem schauenden Projekt präsentiert wird. Galloway vermutet dieses Modell bei Kant und Heidegger.

Beide optische Wissenschaften unterscheiden sich auch bezüglich der Frage der Flachheit. Die Reflexion ist ontisch flach, insofern sie sich in zweidimensionalen Oberflächen manifestiert, während die Brechung ontologisch flach ist. Letzetre ist ihrem Material immanent; es gibt keinen metaphysischen oder transzendenten Grund, der hinter dem Phänomen operiert. Was immanent ist, das muss auch flach sein. Die Brechung bleibt immer in sich selbst.

Dioptrik bezieht auf das Subjekt, insofern eine reale oder klare Erfahrung ins Spiel kommt, wobei ihre Illuminationen einerseits auf die Aufklärung, andererseits auf den Romantiszismus bis hin zu Heidegger und der Phänomenologie bezogen werden. Die Katoptrik mit ihrem Bezug zur Bedeutung steht auf der Seite des pharmakon. Obgleich Subjekte involviert sein mögen, ist der Prozess hier primär niemals subjektiv, vielmehr wird das Subjekt externalisiert. Dieser Prozess endet für Galloway in der Kulturindustrie, dem Spektakel, in der Ideologie aber auch in Kritikverfahren des Strukturalismus.

Illumination bezieht sich auf die Aktionen transparenter Körper in ihrer Luminosität, die Sonne, der Mond, die Menschheit – Körper, die weniger weiß als hell/leuchtend sind. Es ist das Licht des Lebens und des Bewusstseins. Es ist eine Perspektive, verbunden mit der Dioptrik und der Iris.

Im Gegensatz referiert das Licht (Lux) auf die Eigenschaften eines opaken Körpers in Bezug auf sein Sein. Es ist das Licht Gottes, das Licht des Seins, ein kosmologisches Licht, das mit der Katoptrik und Hermes verbunden ist. Es ist singulär und niemals multipel. Weiß ist es nur, insofern sein Weiß eine reine Opazität ist.

Was heißt das nun für die Dunkelheit? Dunkelheit mag düster oder schattig sein. Man denke an den Staub, die Nacht oder die Dämmerung. Körper können dunkel sein. Material mag dunkel sein, als ob es schlafe, unbewusst oder kalt sei. Die Sonne wird durch den Rauch verdunkelt. Es geht hier nicht um eine ontologische Dunkelheit, sondern um die der Welt. Aber es gibt eine andere Dunkelheit, das Tenebrae, die Schatten des Schwarz, die vom Licht (lux) des Himmels in der Entstehung getrennt wurden.

Galloway eruiert zwei Sorten des Lichts – das Lux als eine rein opake Quelle und das Lumen als die Aktion des transparenten Körpers. Und es gibt zwei Arten der Dunkelheit – das Verdunkeln und der Schatten eines schwarzen Seins. Aber all dies – vom Schwarz zum Weiß und vom Dunkel zum Licht – verbleibt noch im Rahmen des Standard- Modells der Philosophie. Wenn schwarz hauptsächlich die Abwesenheit von weiß ist, dunkel die Abwesenheit von Licht, dann bleiben wir in einer Welt der Relationen, der Reflexionen, der Kontinuitäten und der Konvertibilitäten gefangen. Schwarz-als-weiß und weiß-als-hell.

Galloway interessiert nicht nur die Dunkelheit, sondern fragt nach einer profunden Schwarzheit. Dies ist die generische Dunkelheit des Abgrunds, die Leere und das Vakuum, die Dunkelheit der Katastrophe und der Kataklysmos. Es ist eine kosmologische Schwarzheit, das Schwarz des Satans, das Schwarz des absolut Teuflischen, das Schwarz des Nicht-Seins. Wir fragen nicht danach, ob die Welt dunkel wird, sondern die Schwarzheit verweist auf eine Welt ohne uns. Es geht nicht um die Frage des Sterbens oder des Erkaltens, sondern um das Verschwinden des Seins, i.e um die absolute Abgeschlossenheit; in diesem Sinne sind die Schatten des Schwarz kein Teil einer Ontologie, vielmehr konstituieren sie eine Krypto-Ontologie.

Krypten sind Orte der Abgeschiedenheit. Andrew Culp führt in seinem Buch Dark Deleuze mit der Krypta die Konspiration ein, welche von der Negativität angetrieben wird. Die Aufgabe besteht darin, mit Hilfe der Negation „Nein“ zu denjenigen zu sagen, die uns erzählen, man habe Welt so hinzunehmen, wie sie ist. Der entscheidende Schritt ist Deleuzes nichtdialektische Negation, dem Unterschied, der als Abstand zwischen zwei exklusiven Wegen operiert. Man sollte nicht engelsgleiche durch geheimnisvolle Botschaften ersetzen.

Nur in Bezug auf das Schwarz als kruptos, das gegenüber dem Sein abgeschlossen ist, lässt sich verstehen, was Laruelle unter dem schwarzen Universum versteht. Nur durch die Subtraktion vom System des Lichts und der Farbe kann man das generisch Reale der Schwarzheit sehen.Es findet  ein Übergang von der Farbe Schwarz, die man sehen kann, zum Schwarz als einer Nicht-Farbe statt, die man nicht sehen kann, ja mehr noch, ein Übergang zu einem Nichts-zu-sehen, das man wiederum sehen kann. Das Schwarz ist die Nicht-Farbe, die Nicht-Existenz eines Nicht-Universums, das der Möglichkeit des Universums vorausgeht. Diese Idee des Schwarzen ist nach Laruelle ein kosmologisches Prinzip. Schwarz ist für das Denken und seine Grenzen konstitutiv. Getrennt von der Welt, von der wir uns ein menschliches, allzumenschliches Bild machen, und von der Erde, auf deren Oberfläche wir leben, gibt es ein indifferentes, opakes, schwarzes Universum. Das Schwarz, das dem Licht vorausgeht, ist die Substanz des Universums, das, was vor der Welt floh, bevor die Welt in die Welt geboren wurde. Aber wir werden immer dazu verführt, das Universum als etwas zu betrachten, das da draußen ist, die Fabrik des Universums, die man sehen und fühlen kann, oder eine Farbe, eine rein phänomenologische Blackness. Dagegen ist das Schwarz im Nicht-Universum zu denken, das zeitlich nicht vor dem Universum war, noch in einer Art Kataklysmos kommen wird. Es ist immer schon da, aber man kann es nicht sehen, obgleich man es sieht. Das Schwarz steht für die radikale Unendlichkeit oder das Nichts, am besten für die Subtraktion, und ist immer schon Ultra-Schwarz.

Galloway verweist an dieser Stelle auf die Verfassung von Haiti aus dem Jahr 1804, in der festgehalten wird, dass unabhängig von ihrer Hautfarbe alle Bürgerschwarz genannt werden. Diese reine Schwarzheit, solch ein Kataklysmos der menschlichen Farbe, setzt die Farbe außer Kraft und verneint die endlose Dynamik des Schwarz als Weiß oder Weiß als Schwarz. Schwarz verweist nicht länger auf den limitierenden Fall, bezieht sich nicht länger auf die Sklaverei, auf die Armen oder den verschuldeten Arbeiter. Schwarz sei, so Galloway, die Bedingung für ein neues Uchromia, eine neue Utopie des Farbigen, die auf dem generischen schwarzen Universum basiere.

Unser Uchromia: Aus der Perspektive des Schwarzen zu denken lernen, das ist es, was die Farbe in der letzten Instanz eher determiniert als limitiert“ (Laruelle). Die Farbe hat immer eine Position, eine Haltung. Das Spektrum der Farben beinhaltet ein komplexes Feld der Differenzen; die primären Farben behalten dabei ihre determinierenden Positionen, während andere Farben sich als Kontraste gegenseitig komplementieren. Die Stellung der Farbe regiert das Kontinuum des Lichts und der Dunkelheit, insofern die Farbe in eine leuchtende, übersättigte Sichtbarkeit führt oder in der sonnenlosen Finsternis verschwindet.

Mit Hilfe der Photographie will Laruelle intervenieren, insofern das Licht durch eine Öffnung eindringt und sich auf eine Oberfläche schreibt, auf Fotos, die für den Schauenden schwarzes Licht reflektieren. Laruelle plädiert für eine unilateralisierte Dioptrik, insofern er die Reduplikation und die Extension des Auges ablehnt und eine immanente Identität oder Transparenz einfordert. Aber gleichzeitig plädiert er für eine unilateralisierte Katoptrik, insofern er eine reine Opazität bezüglich des Einen einfordert, eine reine Dichte, eine reine Undurchlässigkeit.

Die Philosophen sagen, dass die Menschheit sich immer auf das Sehen beziehen mmüsse, während Laruelle sagt, dass die Entscheidung niemals zwischen Anschauen und Sehen bestehe. Die wahre Entscheidung bestünde darin, in erster Instanz zu sehen – wir entscheiden jedes Mal, wenn wir die Augen aufmachen.

Photographie wurde immer als farbig verstanden, sogar die schwarz-und-weiß Photographie, aber niemals als schwarze Photographie. Nur in diese lässt sich das schwarze Universum einschreiben. Laruelle nennt dies die „Hyperphänomenologie des Realen“, die einer Logik der Auto-Impression, nicht der Expression folgt. Kein klischeehafter Schnappschuss, sondern die immanente Identität des Realen.

Laruelle: Simplifiziert die Farbe, seht schwarz und denkt weiß. Seht lieber schwarz als dass ihr dem Unbewussten Glauben schenkt. Seht lieber weiß als dass ihr dem Bewusstsein Glauben schenkt. Seht nicht, werdet Seher. Stoppt das Sehen und werdet Visionäre. Die Gaffer und Sensationshungrigen sehen weiß, sie sehen nur die Dinge, die sie immer sehen. Diejenigen, die schwarz sehen, sind die wahren Hellseher. Der schwarze Seher ist der wahre Vordenker, er ist ein Medium, und insofern muss die Medientheorie das schwarze Universum denken.

Laruelle schreibt, dass jede philosophische Spekulation auf die Kommunikation ziele, und die Kommunikation immer spekulativ sei. Deleuze/Guattari schreiben: „Uns fehlt nicht Kommunikation, im Gegenteil: wir haben zu viel davon … Uns fehlt es am Widerstand gegenüber der Gegenwart.“ Sie sind sich mit Laruelle einig: Bedeutung, immer mehr Bedeutung! Information, immer mehr Information!, das ist das Mantra der hermeneutisch-logischen Differenz, das unaufhörlich die Terme Wahrheit und Kommunikation miteinander vermischt, das Reale und die Information. In dieser »self-inscribed world«,so Laruelle im Gleichklang mit dem dunklen Deleuze, müsse tatsächlich noch das letzte Geheimnis aufgedeckt und kommuniziert werden, alles, was bisher noch nicht gesagt wurde, sei nur dazu da, damit man es endlich sage. Für Laruelle ist die kommunikative Entscheidung noch heimtückischer als die philosophische Entscheidung: Es ist eine Sache, zu sagen, dass alles, was existiert, einen zureichenden Grund besitzt, aber es ist eine andere Sache, zu fordern, dass alles, das aus irgendeinem Grund existiert, kommuniziert werden soll. Wenn die philosophische Entscheidung eine Variante des Prinzips des zureichenden Grundes ist, dann fügt die kommunikative Entscheidung die absolute Kommunizierbarkeit als heimtückisches Aperçu noch hinzu. Es sind das Kapital mit seiner Maßlosigkeit und die Politik seiner Staaten, die das Ziel der vollkommenen Kommunikation und der reinen Transparenz verfolgen und ihm doch nur infinitesimal nahe kommen können, und so erklärt sich denn auch die paranoid-depressive Tendenz dieses Zeitalters, die wie eine unerträgliche Schleimspur alles zu überziehen beginnt.

Die herkömmliche Medientheorie bezieht die Diskussion in der Frage des Subjekts immer auf zwei Szenarien: entweder die Spekulation in Bezug auf den Anderen oder in Bezug auf sich selbst. Entweder ein liberaler Relativismus im Namen des Anderen oder das Auge-um-Auge des alten Testaments. Stattdessen erlaubt das schwarze Universum ein mystisches Subjekt, dem jede Spekulation fremd ist. Es fordert eine absolut determinierte und unidirektionale Vision, der selbst die postmoderne Vielheit der Stimmen fremd ist. Laruelle schlägt uns vor, uns vom System der Farbe zu subtrahieren und in ein radikales und unilaterales schwarzes Universum einzutreten. In diesem Universum wird das Schwarz niemals in den Termen des Lichts definiert, es ist mit nichts austauschbar und kann durch Illumination nicht sichtbar gemacht werden. Das schwarze Universum wurde bis heute von niemandem gesehen. Es gibt lediglich eine negative Intuition, sodass wir es endlich wagen, es die ultimative Farbe zu nennen. Dies kennzeichnet auch die neue Politik des Black Bloc.

Es geht um eine neue Form der schwarzen Gerechtigkeit, die unilateral durch das Reale, aber niemals durch eine weltliche Realität determiniert wird. Wenn du deine Augen nur ein bisschen öffnest, wirst du weiß sehen, aber wenn du sie ganz öffnest, wirst du schwarz sehen. Wir sind diese Nacht.

  1. Wenn Michel Foucault schreibt, dass ich mich im Spiegel da sehe, wo ich nicht bin, in einem unwirklichen Raum, der sich virtuell hinter der Oberfläche öffnet, wobei der Spiegel mich auch in einem Raum hält, der ganz wirklich ist, während ich mich im Spiegel erblicke, und der mich sogar mit meiner Umgebung verbindet, die aber zugleich wieder unwirklich ist, weil ich sie nur durch den Spiegel wahrnehme, dann erweist sich heute (im Foucault-Speech) der Computer als eine Art (unsichtbarer) elektronischer Spiegel (zwischen mindestens zwei Computern), wo die Utopie des virtuellen Raums – ich sehe mich dort, wo ich nicht bin, nämlich als Text oder als Videobild – und die Heterotopie des realen Raums – der Computer und meine Umgebung existieren real, während ich irgendeinen Quatsch tippe – eine zuweilen zwang- und schmerzhafte Verbindung eingehen. Das Spiegelbild ist ein Kunstprodukt, eine Generierung, sein Gebrauch eine narzisstische, manchmal sogar eine schmerzhafte Selbstinszenierung, wenn z.B. John Cocteau im Film »Das Blut des Dichters» durch den Spiegel geht, ohne ihn zu zerstören, oder man denke da an die Zerr- oder Brennspiegel -, jedenfalls gibt es unzählige Montage- bzw. Fotomontagetechniken, 3D-Simulationen, wissenschaftliche Debatten und Diskurse um den Beobachterstatus à la Einstein oder John von Neumann, die den Status der Selbst- und Welterkenntnis durch (Spiegel-)Reflexion in Frage stellen. Andererseits verlangen die Konsumenten bzw. Medienbenutzer, dass das Medium, egal was kommuniziert wird, als ein nicht verzerrender Spiegel fungiert, der einen Rahmen bietet und keine Nachrichten verfälschen soll, einen Spiegel, der allerdings unsichtbar bzw. hinter seiner eigenen Spiegelung verborgen bleibt. Bilder werden durch invers gesetzte Spiegelbilder hervorgebracht, etwas Nähe trotz der Ferne erzeugt, optische Wirkungen werden in elektrische und elektromagnetische Wirkungen verwandelt und wieder zurückverwandelt, Spiegelung verschwindet ins Unsichtbare. Es geht um den Kampf mit dem Code. Spiegelbilder können zeigen, wie in einem Spiegelkabinett eine Person sich durch die Menge von virtuellen Bildern auflöst. Das reale Objekt reflektiert sich im Spiegelbild wie im virtuellen Objekt, das seinerseits das reale Objekt umgibt und reflektiert. Das Bild, das entsteht, ist ein aktuelles und zugleich ein virtuelles Bild. Das wollte Foucault mit Deleuze sagen: Erscheinung des Bespiegelten zu sein und diese Erscheinung sind doppelt. Das Spiegelbild ist in bezug auf das aktuelle Ding, das es einfängt, virtuell, aber zugleich ist das Ding im Spiegel aktuell, der von dem Ding eine einfache Virtualität zurücklässt und es aus dem Bild verdrängt. Warum ist das so? Die physikalische Theorie der Erscheinung sagt folgendes: Zunächst sind alle nicht selbst strahlenden Körper Spiegel, wobei der vollendeste Körper jener ist, der keine Srahlung absorbiert, sondern diese zurückweist. Der Spiegel ist »unsichtbar« wegen seiner Intransparenz. Anscheinend scheint der Spiegel nur in der Verdopplung des Erscheinungsbildes anderer Körper. Daran macht Lukrez die Unterscheidung von Imago und Simulakrum fest, diese Verdopplung ist jedoch für die Physik nur eine Veränderung der Richtung der Stahlung. Im Spiegel sieht man die Erscheinungen nur in einer anderen Richtung. Was ist Erscheinung, Bild? Differenzierung der Dinge, die in zwei Weisen vorgestellt werden, Reflexion, die die Oberfläche der Körper ausmacht, und Absorption, die aus der Tiefe kommt. Begegnung von Strahlung und Kraft sind die Projektion eines Blicks. Das Wissen von den Erscheinungen soll diese getreu wiederspiegeln, als Anstrengung des Körpers, seine Absorptionskraft zu verneinen, d.h. um gleich dem Spiegel zu werden, d.h. die Dinge so klar wiederzugeben, wie sie seien. Rein reflektierende Oberfläche. Zugleich ist der im Spiegel eröffnete Sichtraum Spiegelbild, das von Täuschungen durchzogen ist, zumindest in bezug auf den Körper. Eine sinliche Einheit wird im Blick vorgestellt, allerdings vom Spiegelbild vereitelt, nämlich die sukzessive und simultane Einheit des Körpers. Der Spiegel provoziert somit die tranzendentale Einheit als Problem, das ich denke, weil er die sinnliche Einheit vereitelt, womit sich allerdings Raum für objektive illusionen öffnen, der faktischen Ununterscheidbarkeit von virtuellem und aktuellem Bild im Spiegelbild, wobei sie de jure unterschieden sind. Die Spiegelung der Kuh im Wasser ist eine Wirkung der Erscheinung der Kuh auf der Wiese. Einerseits kann ich die Kuh auf der Wiese als Erscheinungsbild betrachten, andererseits deren Spiegelung im Wasser als Spiegelbild derselben, deren Darstellung im Medium in meiner Vorstellung wiederum sich in alles Mögliche verwandeln kann, Abbild, Trugbild etc. Das Spiegelbild hebt sich ab von der Spiegelung, d.h., das, was vor dem Bild lag, wird im Bild zum Vorbild, d.h. die Anschauung als Spiegelung verschwimmt. Wir sind im Medium, Medium fungiert hier (scheinbar) als nicht verzerrender Spiegel, der durch seinen Rahmen eine irgendwie bedeutsame Auswahl bezüglich des Gespiegelten inszeniert. Damit optische Erscheinungen als Spiegelungen kenntlich werden, muss der Spiegelkörper in den Blick geraten, damit man annehmen kann, dass die gespiegelte Erscheinung die Wirkung eineroptischen Ursache sei, die man in eine andere Erscheinung, etwa Lichtreflexion der Dinge versetzen kann. Spiegelungen und Echos vermehren den Anblick und Schall von Erscheinungen, erweitern Reichweiten und Streuungen der Botschaften, die ständig das Neue suggerieren müssen, ökonomisch müssen sie es herstellen, um die Unsicherheit und die Angst wachzuhalten. Neugier will das Neue gar nicht erreichen, nach dem sie giert. Ungewissheit soll im Spannungsgefälle gehalten und gelöst werden. Digitale Schnittbilder, Computer-(CT) oder Kernspinresonanz-Tomographie schneiden schmerzlos die Körper, wobei der Computer synthetische Bilder hochrechnet, die auf einer Menge von Daten basieren, in die der Körper technologisch übersetzt wird.

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