The 2015 parliamentary elections in Greece and SYRIZA

Kaum ist SYRIZA 2 Monate an der Regierung, schon geht alles drunter und drüber: Krisen- und Gipfeltreffen mit der EU und Euro-Finanzministern, eine nicht mehr mitzählbare Anzahl von deadlines und Ultimaten, Griechenland kurz vor dem Abgrund, usw. usf.

Das Geld der neuen griechischen Regierung ist permanent knapp, Dutzende Milliarden Euros sind aus dem Bankensystem abgezogen, kaum eine Reform lässt sich umsetzen und keiner weiß genau, wie allein die Zeit bis Juni katastrophenfrei überbrückt werden soll. Denn die Gläubiger und SYRIZA kamen Ende Februar zu einer umstrittenen und offensichtlich ganz unterschiedlich interpretierten Einigung, die eine Verlängerung des „derzeitigen Abkommens“ vorsieht und das eigentlich abgelaufene Kreditprogramm bis Juni 2015 verlängert.

Nun wird SYRIZA – und ihr Manövrieren in den Auseinandersetzungen mit den Gläuberinstitutionen in den letzten Monaten – auf der einen Seite hochgejubelt und strukturell wie methodisch als wegweisend für die europäische Linke hochgehalten, der Sieg von SYRIZA als linke Kehrtwende in Europa interpretiert. Auf der anderen Seite wird SYRIZA verstanden als pseudolinke Krisenverwaltung des kapitalistischen Systems, das den Werktätigen Griechenlands (und Europas) Sand in die Augen streut und ergo aus linker Perspektive für schädlich eingestuft und aktiv bekämpft werden muss.

In meinem recht langen – englischsprachigen – Essay versuche ich, SYRIZA im Rahmen einer umfassenden und umfangreichen Analyse entlang ihrer Geschichte, Struktur und Potenziale einzuordnen. Hierfür erachte ich es zuerst für nötig hervorzuheben, unter welchen Bedingungen SYRIZA an die Macht kam. Deshalb erschien es mir auch nötig, die derzeitige Krise in der EU (als Teil der Weltwirtschaftskrise) und die Funktion der EU selbst zu beleuchten. Denn da beides sehr grundlegende Elemente der objektiven Bedingungen von Politik in Griechenland sind, werden Einschätzungen und Taktiken bezüglich Krise und EU die jeweilige Struktur einer politischen Partei und ihrer Potenziale in wesentlicher Hinsicht determinieren.

Auf die Analyse der EU und der Krise folgt die Analyse der Positionen, Ziele und vorgesehenen Methodik zur Erreichung der Ziele von SYRIZA anhand ihrer programmatischen Texte (wie z.B. Kongressbeschlüsse). Zusätzlich versuche ich herasuzuarbeiten, wie SYRIZA selbst die objektiven Bedingungen, die Krise und mögliche Anfeindungen einschätzt.

Aus meiner Analyse geht hervor, dass SYRIZA eine linksreformistisch-sozialdemokratische Kraft ist, der allerdings, aufgrund von Programmatik und Methodik, eine Tendenz zur Versöhnung und Verbürgerlichung innewohnt, was sich folgerecht auch aus ihrer Praxis ersehen lässt.

Jedenfalls sind dies, nach meiner Meinung, die Gründe, warum SYRIZA so schlecht reagieren konnte und nach wie vor schlecht reagiert auf die Angriffe der Gläubigerinstitutionen sowie in die Ecke gezwängt wurde und nach wie vor in die Ecke gezwängt wird. Nach meiner ausführlichen Analyse des ersten Monats der Amtszeit von SYRIZA (der Essay wurde am 7. März fertiggestellt) komme ich schließlich zum Ergebnis, dass SYRIZA aufgrund der von mir untersuchten strukturellen objektiven wie subjektiven Gründe völlig eingeknickt ist vor den Gläubigerinstitutionen – und zwar so sehr, dass sie immer noch nicht wahrhaben will, dass hier ein Kampf gegen einen äußerst starken Feind verloren wurde. Dass es SYRIZA nochmal schafft, gegen die Institutionen anzutreten, halte ich für sehr unwahrscheinlich.

Im Schlußteil versuche ich gewisse Lehren aus dem m.E. gescheiterten SYRIZA-Experiment zu ziehen. Dabei vertrete ich die These, dass es nicht das radikale Reformprogramm von SYRIZA war, was zur Niederlage führte – im Gegenteil erachte ich das radikale Reformprogramm für weitestgehend sinnvoll, da es Übergangsforderungen stellt, die unmittelbar breite Zustimmung vom Volk erhalten. Das große Problem scheint mir zu sein, dass versucht wird, die praktischen Konsequenzen des Antagonismus von Kapital und Arbeit im gegenwärtigen kapitalistischen Weltsystem zu umgehen oder nicht ernst zu nehmen und dass dementsprechend auch die Formen politischer Organisation und Führung dem Zweck einer Stärkung des Volkes und der Werktätigen nicht zuträglich sind.

The 2015 parliamentary elections in Greece and SYRIZA (pdf)

(english version)

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