Assetization (1)

In ihrem Sammelband Assetization beziehen sich Birch/Muniesa auf Lyotards Begriff des technowissenschaftlichen Kapitalismus, den dieser Mitte der 1980er Jahre eingeführt hat. Für die Autoren ist die dominante Form dieses zeitgenössischen Kapitalismus nicht mehr die Ware, sondern das Asset (Wertanlage), wobei dessen finanztechnischen Aspekte sich weniger auf das Marktgeschehen, sondern auf das Investment beziehen. Unternehmen, die sich durch Börsenwerte von Billionen Euro, hohe Rückführungen an die Shareholders auszeichnen und durch Aktienrückkäufe, können nicht länger nur anhand der Kennzahl Produktivität bewertet werden.

Für die Autoren ist das Asset etwas, das als eine Revenue-Strom kontrolliert, gehandelt und kapitalisiert werden kann, wobei eine Bewertung des Assets in der Gegenwart durch das Diskontieren von zukünftigen Einkommensströmen stattfindet, handelt es sich beim Asset nun um ein Stück Land, eine Geldsumme, ein Wissen, ein Patent oder Coypright, ein Lifestyle etc. Das Diskontieren reflektiert die Annahmen über zukünftige Geldsummen, welche durch die Erwartungen über zukünftige Risiken und Unsicherheiten ausgestaltet werden. Die Autoren sprechen in diesem Kontext nicht vom Profit, sondern von einer Rente, die weniger durch gegenwärtige Verkäufe erzielt wird, obgleich Assets gekauft und verkauft werden, vielmehr geht es um die dauerhafte Realisierung von Renten durch Assets. Der Begriff Rente bezieht sich also auf die Extraktion von Wert durch das Eigentum sowie auf die Kontrolle eines Assets, die es ermöglichen soll, Risiken kalkulierbar zu machen.

Die Bedeutung des Wortes Asset ist für Manager und Investoren wohl eine andere als für Marxisten, die den Begriff mit dem des Kapitals in Verbindung bringen. Etwas, das bezüglich zukünftiger Gewinne oder Renten kontrolliert wird, hat sicherlich Konnotationen zum Kapitalbegriff. Asset und Kapital erscheinen in der Literatur oft nur als Substantiv (etwas, das jemand besitzt), wobei es doch um Prozess, Zirkulation, Kondition und Relation geht. Die Autoren bevorzugen den Begriff Asset gegenüber dem des Kapitals zum einen, weil ersterer wegen der vielfältigen Kontroversen weniger belastet ist, zum anderen weil das Asset weniger ein Ding als eine Form ist. Dies trifft allerdings auf das Kapital auch zu, und insofern bleibt diese Begründung ungenügend. Die Autoren räumen dann aber richtigerweise ein, dass der Begriff der Kapitalisierung sowohl Form als auch Prozess des Assets miteinbezieht. Der Begriff des Kapitals wiederum umfasst die Begriffe Geldkapital, Warenkapital, fixes und zirkulierendes Kapital, wobei deren Grundlegung durch die Arbeitswerttheorie zeitgenössische Formen der Kapitalisierung nicht erklären kann.

Die Autoren diskutieren dann den Begriff des Assets unter sieben Aspekten: Zum ersten sind die Assets legale Konstrukte, bei denen Eigentum und Kontrolle auf staatlichen Regelungen basieren. Das kann zum einen die Trennung der Rechte vom Ding, zum anderen die Differenzierung zwischen Eigentum und Kontrolle anhand von Verträgen und Eigentumsrechten beinhalten. Zum zweiten involvieren Assets verschiedene Modi des Eigentums und der Kontrolle. Das Copyright gibt beispielsweise den Eigentümern nicht nur das Recht das Asset exklusiv zu gebrauchen, sondern auch die Derivate des Assets. Dies steht im Gegensatz zur Kommodifizierung, wo niemand dir befehlen kann, wie du eine Jacke zu tragen hast, aber man kann dir befehlen, wie du die Musik, die mit Copyright belegt ist, zu gebrauchen hast.

Zum dritten gibt es eine monopolistische Kontrolle, welche die Extrakation von Renten ermöglicht. Assets lassen sich häufig nicht reproduzieren, beispielsweise wenn es sich um das Asset Land handelt. Zum vierten besitzen Assets gegenüber dem Markt eine andere Angebots- und Nachfrage-Logik, insofern höhere Asset-Preise nicht zu neuen Eigentümern derselben führen, die dann die Preise drücken. Zum fünften kann der Wert eines Assets im Licht zukünftiger Erwartungen auf zukünftige Returns auf Investitionen diskontiert werden, egal ob diese Erwartungen eintreffen oder nicht.

Zum sechsten sind die Bewertungen und Preise der Assets Gegenstand der Aktivitäten von Eigentümern, die Assets in andere Formen bringen, nach Partnern suchen oder die Preise neu kalkulieren. Der Wert des Assets ist also keine diesem inhärente Qualität, sondern das Asset ist temporal und eine Relation, das heißt, es ändert sich aufgrund der Veränderung von ökonomischen, kulturellen und sozialen Strukturen. Damit ist schließlich zum siebten der Wert des Assets und dessen Bewertung dynamisch, und dies unter anderem durch das andauernde Management der ökonomischen Akteure, die sich sowohl in den Organisationen (Manager) als auch außerhalb derselben befinden (Eigentümer).

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