Assetization (2)

Wenn die Autoren auf frühere Ökonomen zu sprechen kommen, die sich mit den Konzepten der Assetization bzw. Kapitalisierung auseinandergesetzt haben, dann zuerst auf den von Bichler/Nitzan geschätzten Thorstein Veblen, für den das Asset ein monetäre Konzept ist, das mit Eigentum und Wert konnotiert ist, wobei letzterer den kapitalisierbaren Wert repräsentiert. Das Asset ist hier keine Ressource, die in erster Linie und inhärent zur industriellen Effizienz und Produktivität beiträgt, vielmehr ist es eine finanzielle Entität, die die Kapitalisierung, das heißt eine Kalkulation des Werts benötigt. Als kapitalisiertes Eigentum reflektiert das Asset den Zugang zu zukünftigen Einkommen und eben nicht den Anstieg der Produktivität. Immateriellen Assets sind dabei Art und Weisen eigen, Lebensformen wie Vertrauen und Loyalität, Geschmack und Vorlieben zu kapitalisieren.

Auch irving Fisher beschäftigt sich mit dem Asset, für den die Basis des Kapitalwerts die Zukunft ist, i.e. der gegenwärtige Wert resultiert aus zukünftigen Einkommen, die vom gegenwärtigen Kapital abstammen. Die Formalisierung der Rate, mit der zukünftige Einkommen diskontiert werden, um den gegenwärtigen Wert zu erhalten, enthält das Enigma des finanziellen Business, genauer gesagt die Bewertung des Risikos, das entsteht, wenn Geld in das Business investiert wird.

Diese Formalisierung ist in der Finanzökonomie nach dem 2. Weltkrieg immer weiter vorangeschritten, man denke an das Capital Asset Pricing Model (CAPM) oder die Black-Scholes Formel, die wir in anderen Beiträgen auf NON schon ausführlich behandelt haben. Auch die Praktiken der Finanzmärkte bezeugen die Wichtigkeit des Konzepts der Assetization. Begriffe wie discounted cash flow, net present value und weighted average cost of capital stehen für die Praktiken und Techniken der Budgetierung von Kapital, Investmentpolitiken und finanzielle Analysen in allen Bereichen des globalen Business.

Marxistische Analysen haben die Assetization immer wieder auf das Problem des fiktiven Kapitals reduziert, wobei es aber die Ausnahmen von marxistischen Ökonomen wie John Milios, Robert Meister, Tony Norfield und anderen zu vermelden gibt, welche die Logik des fiktiven Kapitals überschritten haben. Die Autoren erwähnen in diesem Kontext auch Bichler/Nitzan,die die neoklassische und traditionelle marxistische Theorie eindringlich kritisiert haben und den Kapitalismus als einen Modus der Akkumulation denken, der auf der Kapitalisierung basiert. Für Bichler/Nitzan können weite Felder der menschlichen Aktivitäten kapitalisiert werden, ausgehend von den Asset Bewertungen zukünftiger Einkommensströme, die dem Risiko ausgesetzt sind. Dabei sind die materiellen Assets leichter zu bewerten als die immateriellen Assets. Neuerdings interessieren sich auf Geographen für das Konzept der Assetization, man denke an die Rekonfiguration von auf den Boden bezogenen Dingen wie Infrastruktur und landwirtschaftliches Land. Hier müssen räumliche und physikalische Komponenten in die Bewertung der Assets miteinbezogen werden.

Zum Abschluss ihrer Einleitung widmen sich Birch/Muniesa den Problemen und offenen Fragen um das Konzept der Assetization. Die Unterscheidung der Kommodifizierung und Kapitalisierung bezüglich der Determination der Wirkungsweisen des Kapitals ist hier zu nennen (Markt versus Finance), oder die Frage, wie die Dominanz der Perspektiven der Investoren sich mit der Unternehmerperspektive deckt oder nicht. Eine brennende Frage bleibt, ob die Form des Assets ganz an der privaten Aneignung orientiert sein muss oder sie öffentlichen Interessen zugeführt werden kann. Die Kritik am Kapital wird von vielen marxistischen Autoren mit der Kritik an Markt und der Kommodifizierung von alles und jedem zusammengeführt. Hier ist zunächst die Standardunterscheidung zwischen dem Wert eines Assets (mithilfe von Discount-Technologien) und seinem Marktpreis anzuführen, der im wesentlichen auf der Dynamik der Strategien und Informationen der Käufer und Verkäufer basiert. Wir kommen auf das Problem später noch zurück. Der wahre Wert eines Assets besteht laut den Autoren in seiner Kapazität Wert zu kreieren. Dennoch ist es für andere Autoren gerade die Marktdynamik, die als wesentliches Signal zur Bestimmung des Werts des Assets dient. Hier geht es um die Unsicherheit, die der Marktdynamik innewohnt (die Autoren nennen dies fälschlicherweise den spekulativen Aspekt), was der kapitalistischen Logik widerspricht, welche stärker die Sicherheit der kapitalistischen Aneignung qua Kalkulation betont.

Hinzu kommt die Ausdifferenzierung des Denkens von Investoren, das mit dem typischen Denken des Unternehmers nicht übereinstimmen muss. In der gegenwärtigen Literatur erscheint letzterer oft als ein moralischer Kämpfer gegen den skrupellosen Investor-Rentier, der einen bloß kurzfristigen Blick auf die finanzielle Verwertung der Dinge hast. Für die Autoren ist die Assetization immer auch der Prozess einer narrativen Transformation bzw. der Verarbeitung der finanziellen Logiken durch die ökonomischen Akteure, seien es Manager, Konsumenten oder Staatsangestellte. Im Mittelpunkt dieser Narrative steht natürlich der Investor. Dabei sind die Manager angehalten eher als Investoren bzw. Shareholder denn als klassische Unternehmer zu denken und handeln, und selbst noch die Bezeichnung Investee, die Michale Feher verwendet, um den Arbeiter als politische Identität zu ersetzen, ist an diese Logik gebunden.

Als der Wettbewerb die herrschende Rationalität in der neoliberalen Politik wurde, wurde die Attraktivität des Investors immer weiter ausgebaut. Die befördert die Assetization auch im öffentlichen Bereich, man denke an den Steuerzahler als Investor, das öffentliche Budget als Investmentfonds, öffentliche Holdings als Kapital-Assets etc.

Es ist zu unterscheiden zwischen materiellen und immateriellen Assets, wobei letztere seit Veblen bekannt sind und heute zunehmend auch als primäre Quelle des Unternehmenseigentums gelten können. Es gibt eine ganze Reihe weiterer Differenzierungen im Asset-Bereich, so sind bei den materiellen Assets bestimmte sozio-technische Strukturen und Systems leichter als Assets anzuwenden als andere; eine Straße mit festgelegtem Eingang und Ausgang ist leichter zu monetarisieren als ein regionales Eisenbahnsystem mit multiplen Ein- und Ausgangspunkten.

Die Assetization bewegt sich heute zunehmend von Regimen des Eigentums zu solchen des Vertrags. Erstere enthalten oft ein Bündel von Rechten, was Ausschluss, Gebrauch und Verkauf anbetrifft und vieles bezieht sich auf materielle Dinge wie Autos, Land, Häuser etc. Vor allem die institutionellen Veränderungen des Eigentums an immateriellen Assets hat zu einem Shift der juristischen Operationen von Eigentumsrechten zum Vertragsrecht geführt, letzteres wird durch verschiedene Licensee Agreements repräsentiert. Immaterielle Assets haben deshalb die vertraglichen Kosten einzubeziehen.

Teil1 hier

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