Blackness in Zeiten, in denen jeder das Ende der Welt in der Hand haben will.

Version 1

Black Dada antwortet mit Grausamkeit. Entwickelt einen Geschmack für die Destruktion. Geschmack an der Destruktion einer Welt, die im Nanosekundenbereich heißgelaufen ist. Einer Welt, die mal wieder ihre Kriege hat. Manche Städte werden von Kampfflugzeugen bombardiert, andere von Kunstmessen angegriffen. Der alternative Künstler schwärmt von rhizomatischen Gärten, der kooperativen Selbstproduktion und dem Affirmieren des Affirmativen des Lebens durch die Kunst. Die Welt steckt voller Wirniss, eine der schlimmsten ist die Kunst, die heute geschaffen wird. Die Kunst schenkt uns Dantes Inferno, als sei es das Werk eines hippen Innenarchitekts (Mc Kenzie Wark). Die Kunst will es bunt. Black Dada will es schwarz.

Black Dada interessiert sich nicht nur für die Dunkelheit, Black Dada fragt nach einer profunden Schwarzheit. Es ist die Schwarzheit des Abgrunds, der Leere, des Vakuums und des Kataklysmos. Es ist eine kosmologische Schwarzheit, das Schwarz des absolut Teuflischen, das Schwarz des Nicht-Seins. Black Dada fragt nicht danach, ob die Welt dunkel wird, sondern behauptet, dass die Schwarzheit auf eine Welt ohne den Menschen verweist. Es geht nicht um die Frage des Sterbens oder des Erkaltens, sondern um das Verschwinden des Seins, um die absolute Abgeschlossenheit; in diesem Sinne sind die Schatten des Schwarz kein Teil einer Ontologie, vielmehr konstituieren sie eine Krypto-Ontologie.

Krypten sind Orte der Abgeschiedenheit. Black Dada führt mit der Krypta die Konspiration ein, die von der Negativität angetrieben wird. Die Aufgabe besteht darin, mit Hilfe der Negation „Nein“ zu denjenigen zu sagen, die uns erzählen, man habe die Welt so hinzunehmen, wie sie ist. Black Dada sagt Ja zu einem Leben, das zur Verneinung strebt. Nur in Bezug auf das Schwarz als kruptos, das gegenüber dem Sein abgeschlossen ist, lässt sich verstehen, was für Black Dada das schwarze Universum ist. Nur durch die Subtraktion vom System des Lichts und der Farbe kann man das generisch Reale der Schwarzheit sehen. Black Dada erinnert sich an die Verfassung von Haiti aus dem Jahr 1804, in der festgehalten wird, dass unabhängig von ihrer Hautfarbe alle Bürger schwarz genannt werden. Diese reine Schwarzheit, solch ein Kataklysmos der menschlichen Farbe, setzt die Farbe außer Kraft und verneint die endlose Dynamik des Schwarz als Weiß oder des Weiß als Schwarz. Schwarz verweist nicht länger auf den limitierenden Fall, bezieht sich nicht länger auf die Sklaverei, auf die Armen oder den verschuldeten Arbeiter. Schwarz ist die Bedingung für ein neues Uchromia, eine neue Utopie des Farbigen, die auf dem generischen schwarzen Universum basiert. Es geht um eine neue Form der schwarzen Gerechtigkeit, die unilateral durch das Reale, aber niemals durch eine weltliche Realität determiniert wird. Wenn du deine Augen nur ein bisschen öffnest, wirst du weiß sehen, aber wenn du sie ganz öffnest, wirst du schwarz sehen. Wir sind diese Nacht.

Das schwarze Universum huldigt dem mystischen Subjekt, dem jede Spekulation fremd ist. Es erlaubt eine absolut determinierte und unidirektionale Vision, der selbst die postmoderne Vielheit der Stimmen fremd ist. Black Dada schlägt euch vor, euch vom System der Farbe zu subtrahieren und in ein radikales und unilaterales schwarzes Universum einzutreten. In diesem Universum wird das Schwarz niemals in den Termen des Lichts definiert, es ist mit nichts austauschbar und kann durch Illumination nicht sichtbar gemacht werden. Das schwarze Universum wurde bis heute von niemandem gesehen. Es gibt lediglich die negative Intuition, dass wir es wagen, es die ultimative Farbe zu nennen.

Black Dada nennt dies die „Hyperphänomenologie des Realen“, die einer Logik der Auto-Impression, nicht der Expression folgt. Kein klischeehafter Schnappschuss, sondern die immanente Identität des Realen. Simplifiziert die Farbe, seht schwarz und denkt weiß. Seht lieber schwarz als dem Unbewussten Glauben zu schenken. Seht lieber weiß als dem Bewusstsein zu glauben. Seht nicht, werdet Seher. Stoppt das Sehen und werdet Visionäre. Die Gaffer und Sensationshungrigen sehen weiß, sie sehen nur die Dinge, die sie immer sehen. Diejenigen, die schwarz sehen, sind die wahren Hellseher. Der schwarze Seher ist der wahre Vordenker, er ist ein Medium, und insofern muss die Medientheorie das schwarze Universum denken.

Black Dada wirft eine wichtige Frage auf: Was ist eine angemessene kryptische Sprache? Deleuze und Guattari stellen fest, dass „der Krieger das Geheimnis mit sich bringt: er denkt, ißt, liebt, urteilt und kommt im Geheimen, während der Staatsmann öffentlich handelt„. Aber es geht nicht nur darum, engelsgleiche durch geheimnisvolle Botschaften zu ersetzen. Glücklicherweise verbirgt man in der konspirativen Welt des Black Dada kein Geheimnis, sondern vielmehr wird man ein Geheimnis. Black Dada will die Perzeption des Geheimnisses, das sich unter der Hülle der Verschwiegenheit ausbreitet. ,Verschwörungen bleiben nicht auf einige heimliche Briefe beschränkt; ihre (ein)schleichenden Andeutungen sind Teil eines universellen Projekts. Die beste Konspiration ist aber diejenige, bei der es nichts mehr zu verheimlichen gibt.

Die Kunst ist eine Krankheit. Die Psychoanalyse ist eine Krankheit. Die Welt ist eine Krankheit. Alle wollen die Kommunikation. Dada hat alles ausprobiert, um der Kommunikation zu entkommen. Man hat wirklich vieles ausprobiert und wurde letztendlich selbst wieder kommunikativ. Mina Loy wurde Dichterin. Marcel Duchamp wurde zum Wegbereiter der zeitgenössischen Kunst. Hugo Ball wurde strenggläubiger Katholik. Richard Huelsenbeck wurde Therapeut. Emmy Hennings wurde zur protestanistischen Mystikerin (Mc Kenzie Wark). Schöne Kommunikation. Die über Neo-Dada bis zum Retrodada immer nur noch kommunikativer wurde. Und es gibt sogar Theorien dazu. Die Kunsthochschulen sind voll davon.

Deleuze/Guattari schreiben: „Uns fehlt nicht Kommunikation, im Gegenteil: wir haben zu viel davon … Uns fehlt es am Widerstand gegenüber der Gegenwart.“ Bedeutung, immer mehr Bedeutung! Information, immer mehr Information!«, das ist das Mantra der hermeneutisch-logischen Differenz, das unaufhörlich die Terme Wahrheit und Kommunikation miteinander vermischt, das Reale und die Information. In dieser »self-inscribed world« muss tatsächlich noch das letzte Geheimnis aufgedeckt und kommuniziert werden, alles, was bisher noch nicht gesagt wurde, ist nur dazu da, damit man es endlich sagt. Für Black Dada ist die kommunikative Entscheidung noch heimtückischer als die philosophische Entscheidung: Es ist eine Sache, zu sagen, dass alles, was existiert, einen zureichenden Grund besitzt, aber es ist eine andere Sache, zu fordern, dass alles, das aus irgendeinem Grund existiert, kommuniziert werden soll. Wenn die philosophische Entscheidung eine Variante des Prinzips des zureichenden Grundes ist, dann fügt die kommunikative Entscheidung die absolute Kommunizierbarkeit als heimtückisches Aperçu noch hinzu. Es sind das Kapital mit seiner Maßlosigkeit und die Politik seiner Staaten, die das Ziel der vollkommenen Kommunikation und der reinen Transparenz verfolgen und ihm doch nur infinitesimal nahe kommen können, und so erklärt sich denn auch die paranoid-depressive Tendenz dieses Zeitalters, die wie eine unerträgliche Schleimspur alles zu überziehen beginnt. Black Dada antwortet mit einem destruktiven Erguss, als brate man ein Smartphone in der Mikrowelle (Mc Kenzie Wark).

Die zeitgenössischen Künstler tendieren dazu, die Position der Konnektivisten und Produktivisten einzunehmen. Der Konnektivismus ist die welt-bildende Integration in ein expandierendes Netz der Dinge. Als eine organisatorische Logik ist er die promiskuitive/promiske Inklusion von scheinbar beziehungslosen Elementen in einen einzigen Körper, nur um dessen Kapazitäten zu erweitern. Nicht allein die Künstler billigen den Konnektivismus, sondern dieser treibt auch Googles geopolitische Strategie der globalen Einflussnahme an, die durch das techno-affirmative Begehren sich alles einzuverleiben voranschreitet. Die Künstler und Intellektuellen benutzen verschiedene Bezeichnungen für ihre Netzverbindungen, wie etwa Rhizome, Assemblagen, Netzwerke, materielle Systeme oder Dispositive. Black Dada nennt sie schlicht und einfach „diese Welt“ und plädiert für ihre Zerstörung.

Der Produktivismus schließt sich an die autonome, endlose Autoproduktion des Realen an. Die naivsten Produktivisten schätzen ganz sentimental die Kreation und Neuheit um ihrer selbst willen, entweder als die blauäugige Bewunderung der Komplexität der Natur oder als die standhafte, von Voltaire beeinflusste Verteidigung aller Typen der Diversität. Black Dada denkt, dass man mit der Preisgabe der Macht der Destruktion die Produktion lediglich durch die Logik der Akkumulation und der Reproduktion kapitalisieren kann. Wenn man die neue Welt auf den Termen der alten Welt gründet, dann geht ihr Horizont (wohl) kaum über das hinaus, was bereits existiert. Die Alternative, die Black Dada vorschlägt, besteht in der Entdeckung von Gründen für die Zerstörung dieser Welt.

Black Dada weiß um die Kunst des Hackers. Das englische Wort «hack» bedeutet zerstückeln, schnippeln, umgangssprachlich auch «Pfuscher» oder «Dilettant». Seit ein paar Jahren wird es auch verwendet, um illegale Programmiercodes zu beschreiben. Hacking ist heute aber Normalität. Black Dada weiß das. Black Dada arbeitet mit aller Kraft daran, überall die Konspirativen einzuschleusen. Black Dada ist das Derivat zur Unterbrechung der Kreisläufe. Das ist ein Luxus, den man nicht mit Geld bezahlen kann.

Die Konspiration gegen diese Welt wird man anhand ihrer Kriegsmaschinen erkennen. Das sind die Helden des Black Dada Kleists den Schädel zertrümmernde Kriegsmaschine, die Kriegsmaschine der Migranten, die die Vandalen benutzten, um Rom zu plündern, die Waffe, nach der das Black Panther Mitglied George Jackson auf der Flucht greift, und die queere Kriegsmaschine, die tausend winzig kleine Geschlechter ausscheidet. „Und man kann sagen, das jedes mal dann, wenn man sich gegen den Staat wehrt (Undiszipliniertheit, Aufstand, Guerillakrieg oder Revolution), eine Kriegsmaschine wiederbelebt wird …“. Kriegsmaschinen sind auch die großartigsten Verbrecher, gegenüber denen alle anderen Gefahren „nur geringsind.

Macht das Denken zur Kriegsmaschine“, insistieren Deleuze und Guattari. „Das Denken in eine unmittelbare Beziehung mit dem Außen, mit den Kräften des Außen stellen“. Zwei wichtige Erfindungen folgen: Geschwindigkeit und Geheimhaltung. Diess sind die Affekte der Kriegsmaschine, ihre Kriegswaffen, die „den Körper wie Pfeile durchbohren“. Die daraus resultierende Gewalt ist nicht so vulgär, dass sie zum detaillierten Blutvergießen oder zum augenblicklichen Töten (?) ermutigt, sondern sie führt eine Ökonomie der Gewalt ein, deren Hass grenzenlos und folglich dauerhaft ist. Die Kriegsmaschine ist in den Krieg entlang zweier Pole engagiert: einer formt die Linie der Destruktion, die „bis zu den Grenzen des Universums reicht“, während der andere die Fluchtlinie zieht, um die Bildung eines glatten Raums und die Bewegung der Menschen in diesem Raum“ zu erschaffen. Es ist an der Zeit, Nietzsches Aufforderung mit dem Hammer zu philosophieren, zu akzeptieren: „Ich werde Zeit, (ich bin) der Zerstörer der Welten.“ Wir müssen eine Begierde für die Destruktion erfinden. Dies erfordert die „progressive, besorgniserregende Enthüllung“, dass die Zerstörung der Welten nur eine anderer Weg ist, den „Kapitalismus abzuschaffen, den Sozialismus neu zu definieren und eine Kriegsmaschine zu schaffen, die sich mit neuen Mitteln gegen die weltweite Kriegsmaschine des Kapitals wehren kann.

Version 2

Wilhelm Reich interessierte sich nicht nur für die Dunkelheit, er fragte auch, ohne es zu wissen, gerade als er die Orgonenergie sichtbar machen wollte, nach einer profunden Schwarzheit. Dies ist die Schwarzheit des Abgrunds, der Leere und des Kataklysmos. Für Reich gibt es aber keine Leere, kein Vakuum, sondern ein Kosmos, der mit Äther, mit Energieprozessen, die durch die Bewegung des Orgon existieren, gefüllt ist. Deswegen glaubt er auch, dass man diese Energie sehen und messen könne. Er zweifelt schließlich an der kosmologischen Schwarzheit, dem Schwarz des Nicht-Seins. Dem Äther stellt er folgerichtig nicht Satan, sondern Gott gegenüber. Reich glaubt, dass das schwarze Universum in ein kosmisches Blau-Grau, in mit Orgon angereicherte Nebelschwaden übergeht, die, wenn man sie nur lange genug beobachtet, ganz sichtbar werden, anstatt dass das Grau sich in zwei Hälften teilt und ein Schwarz ergibt, wenn der Schatten gewinnt.

Krypten sind wie der Orgonakkumulator Orte der Abgeschiedenheit. Während der Organakkumulator durchaus ein Ort der Paranoia werden kann, führt eine schwarze Bewegung, genannt Black Bloc, mit der Krypta die Konspiration ein, die von der Negativität angetrieben wird. Die Aufgabe besteht darin, mit Hilfe der Negation „Nein“ zu denjenigen zu sagen, die uns erzählen, man habe die Welt so hinzunehmen, wie sie ist. Nur in Bezug auf das Schwarz als kruptos, das gegenüber dem Sein abgeschlossen ist, lässt sich verstehen, was das schwarze Universum ist. Nur durch die Subtraktion vom System des Lichts und der Farbe kann man das generisch Reale der Schwarzheit sehen. Der Black Bloc erinnert an die Verfassung von Haiti aus dem Jahr 1804, in der festgehalten wird, dass unabhängig von ihrer Hautfarbe alle Bürger schwarz genannt werden. Diese reine Schwarzheit setzt die Farbe außer Kraft und verneint die endlose Dynamik des Schwarz als Weiß oder des Weiß als Schwarz. Schwarz bezieht sich nicht länger auf die Sklaverei, auf die Armen oder den verschuldeten Arbeiter. Schwarz ist die Bedingung für ein neues Uchromia, eine neue Utopie des Farbigen, die auf dem generischen schwarzen Universum basiert. Es geht um eine neue Form der schwarzen Gerechtigkeit. Wenn du deine Augen nur ein bisschen öffnest, wirst du weiß sehen, aber wenn du sie ganz öffnest, wirst du schwarz sehen. Das schwarze Universum wurde aber bis heute von niemandem gesehen. Es gibt lediglich die negative Intuition, dass wir wagen, es die ultimative Farbe zu nennen. Wir sind diese Nacht.

Wilhelm Reich ist dem manchmal ganz nahe. Wenn er das Göttliche und mit ihm das Teuflische verneint, dann weil er über die natürlichen Lebenskräfte, die so sichtbar sind, und ihre Ökonomie hinausgehen will. Während der Black Bloc euch vorschlägt, euch vom System des Kapitals und der Farbe zu subtrahieren und in ein radikales und schwarzes Universum einzutreten, schlägt Reich euch vor, eure Panzer abzuwerfen und euch der Orgonfunktion zu öffnen, der Orgonenergie, die stets von schwächeren oder niedrigeren Systemen zu stärkeren oder höheren Systemen fließt.

Während der Black bloc sagt, seht lieber schwarz als dass ihr dem Unbewussten Glauben schenkt, seht nicht, werdet Seher, stoppt das Sehen und werdet Visionäre, sagt Reich, taucht in den Orgonozean an, seht ihn und werdet Energetiker, stoppt die Panzerung und die Entropie und werdet Visionäre, werdet Negentropiker. Und dann stellt Reich ein außergewöhnliche Frage, wie jene, die Spinoza zu stellen wusste (und die Reich eben wiederentdeckt hat): Warum kämpfen die Menschen für ihre Knechtschaft als ginge es um ihr Heil? Warum gleichen sie Nietzsches wieherndem Esel, der lediglich deswegen Ja sagt, weil er unfähig ist, Nein zu sagen: Heute heißt es, dass alles Gute zu denen kommt, die konstruktiv sind und Ja sagen! Wie weit ist dies doch von Marx` „erbarmungsloser Kritik, all dessen, was existiert“ entfernt. Zu einem Zeitpunkt, an dem die Werbefachleute behaupten, sei seien auf der Erde die kreativsten aller Kreaturen, ist es an der Zeit die Kreativität als das wesentliche Instrument der Befreiung zu ersetzen.

Dazu benötigt man eine andere Sprache: Black Bloc wirft an dieser Stelle eine wichtige Frage auf: Was ist eine angemessene kryptische Sprache? Deleuze und Guattari stellen fest, dass „der Krieger das Geheimnis mit sich bringt: er denkt, ißt, liebt, urteilt und kommt im Geheimen, während der Staatsmann öffentlich handelt.” Aber es geht nicht nur darum, engelsgleiche durch geheimnisvolle Botschaften zu ersetzen. Glücklicherweise verbirgt man in der konspirativen Welt kein Geheimnis, sondern vielmehr wird man ein Geheimnis. Black bloc will die Perzeption des Geheimnisses, das sich unter der Hülle der Verschwiegenheit ausbreitet. Verschwörungen bleiben nicht auf einige heimliche Briefe beschränkt; ihre (ein)schleichenden Andeutungen sind Teil eines universellen Projekts. Reich wiederum will weniger die Sprache, sei sie noch so kryptisch, sondern er fordert die Befreiung des Energieniveaus, der orgonotischen Kapazität, das heißt er fordert die Verbindung mit der Orgonenergie, die überall ist und immer in Bewegung ist. Für Reich ist die heutige Gemeinschaft schrecklich, ihre Energie ist von schlammiger Konsistenz, weil sie keine Ekstase kennt.

Black bloc und Reich teilen zumindest dieselbe Diagnose: Das System ist eine Krankheit. Das Kapital ist eine Krankheit. Die Kunst ist eine Krankheit. Die Psychoanalyse ist eine Krankheit. Die Welt ist eine Krankheit. Und alle wollen die Kommunikation als Krankheit. Die Leute sind fasziniert, weil es so irre ist und sehr gut läuft. Deleuze/Guattari hingenen schreiben: „Uns fehlt nicht Kommunikation, im Gegenteil: wir haben zu viel davon … Uns fehlt es am Widerstand gegenüber der Gegenwart.“ Bedeutung, immer mehr Bedeutung! Information, immer mehr Information!«, das ist das Mantra der hermeneutisch-logischen Differenz, das unaufhörlich die Terme Wahrheit und Kommunikation miteinander vermischt, das Reale und die Information. In dieser »self-inscribed world« muss tatsächlich noch das letzte Geheimnis aufgedeckt und kommuniziert werden, alles, was bisher noch nicht gesagt wurde, ist nur dazu da, damit man es endlich sagt. Für den Black Bloc ist die kommunikative Entscheidung noch heimtückischer als die philosophische Entscheidung: Es ist eine Sache, zu sagen, dass alles, was existiert, einen zureichenden Grund besitzt, aber es ist eine andere Sache, zu fordern, dass alles, das aus irgendeinem Grund existiert, kommuniziert werden soll. Wenn die philosophische Entscheidung eine Variante des Prinzips des zureichenden Grundes ist, dann fügt die kommunikative Entscheidung die absolute Kommunizierbarkeit als heimtückisches Aperçu noch hinzu. Es sind das Kapital mit seiner Maßlosigkeit und die Politik seiner Staaten, die das Ziel der vollkommenen Kommunikation und der reinen Transparenz verfolgen und ihm doch nur infinitesimal nahe kommen können, und so erklärt sich denn auch die paranoid-depressive Tendenz dieses Zeitalters, die wie eine unerträgliche Schleimspur alles zu überziehen beginnt. Black Bloc antwortet mit einem destruktiven Erguss, als brate man ein Smartphone in der Mikrowelle.

Wenn das einer in San Francisco macht, kann es sein, dass du es in Frankfurt unverzüglich auch machst. Die Quantenphysik nennt dies die Superluminösität der quantischen Verschränkung (überlichtschnelle Fernwirkung). Für Einstein war das spooky, also geisterhaft. Eine Nicht-Lokalität und die noch ganzheitlich. Was dann die Ökonomie letztendlich zusammenhält, sind nicht-empirische virtuelle Wirklichkeiten oder versteckte Wirklichkeiten. Eine leere, abstrakte und nicht messbare mathematische Struktur waltet in der Quantennatur des Lebens. Reich wollte als Materialist ganz soweit nicht gehen und er wollte unbedingt messen. Trotz seiner Nähe zur Quantenphysik entwickelt er eine eigene Fundamentalgleichung der Orgonenergie: Pulsation ist die Verzweigung von diskontinuierlichen Pulsen und kontinuierlichen Wellen. Das Partikel wird durch den Puls ersetzt. Reich ist eher Energetiker als Mathematiker.

Eins ist auch für Reich klar: Die Erde befindet sich je schon im All. Es muss deswegen ein neues, ein außerweltliches, ein schwarzes Abhören des Raumschiffs Erde geben, eine arkestrale Perspektive. Astro Blackness benutzt dafür die elektronische Musik als Antenne auf die Ionospähre, solange bis die Soundspektren hörbar werden. Astro Blackness empfängt und sendet Satellitensignale, Pulsarfrequenzen und Quasarausstrahlungen, wirft dich ins Tröten von Trompeten, die so hoch werden, dass sie zu Notsirenen werden, verbindet dich mit Nebelhornfluten, Dröhnentexturen, Basshupen und perkussiven Feldern. Du musst aufhören Musik zu hören, du musst schwarz hören. Auf die Frage, was die Macht seiner Maschinen sei, antwortet Sun Ra: „Diese Musik ist Teil eines anderen Morgen. Sie spricht von Dingen, die schwarz sind. Über die Leere, die endlose Leere, den bodenlosen Abgrund rings um euch.“ Dieses Aushalten verlangt nach Energie, vielleicht nach der übermenschlichen Orgonenergie. Allein schon die Lautstärke, aber auch die Stille verlangen nach einer unmenschlichen Energie und sind selbst energetische Macht, Schaltkreise oszillierender Vibratíonen, die das Programm des schwarzen generischen Universums verstärken. Würde Reich heute AstroJazz spielen, so hätte er wie Sun Ra, Alice Coltrane oder Pharaoh Sanders einen Heiligenschein. Würde aber eine Music Box für Blackness spielen, so würde noch der AfroJazz in einem kosmischen Schaltkreisdiagramm kollabieren. TIC-TOC- fuck the clock! heißt das Prinzip der Black Bloc.. Die Macht des Rhythmus ist irreguluäre click music. Schwarze Musik arbeitet mit dem Click, der als inhärenter Stress zu verstehen ist, wenn er auf bestimmte Metriken fällt. Wenn schwarze Musiker der Uhr zuhören, dann hören sie nicht das gleichförmige tic tic, tic tic, sondern sie hören “tic – toc – fuck the clock.“ Jeder Beat wird unter Stress gestellt und dieser sich wiederholende Stress ist das Click Clock in der Musik. Ähnliche Effekte lassen sich durch das erzielen, was Kodow Eshun „Alien-Artifaktualisierung“ nennt. Die Stresseffekte werden hier durch Maschinenrhythmen hergestellt, die die Schwerlosigkeit des Alls in ein „Trauma nullten Grades“ verwandeln. Eshun schreibt: “Mit X-102 von underground Reistnace wird die Schwerelosigkeit der üblichen Ambient-Musik zu Kammer/Krater-Techno. Frequenzen von erschütternder Verzerrtheit, als ob man Basketball mit einer Abrisskugel auf Beton spielen würde.” Der Humanisierung des Alls in etwas Erhabenes, wie es die einlullende Ambient-, Techno- und House-Musik heute zum Klingen bringt, wird das klingende schwarze Universum entgegengestellt. Dies impliziert die Entfernung vom Menschlichen und die direkte Hinwendung zum Realen. Die Schwarze Musik fordert eine radikale Ökologie des Rhythmus. Der Rhythmus, das Inverse des Schweigens, zeigt einen Ort an, in den das Ritornell der Trommel eindringt. Schwarze Musik widersetzt sich den Einschreibungen des Wertes, der die Bedingung für das Geld in all seinen Registern ist, widersetzt sich dem semiotischen Wert oder den Schlägen und Beats der Signifikanten, welche das Tik Tik der schlagenden Differenz als Preis zählen. Sie generiert die Superspur, ist flow an sich oder das Quant, mit dem ihre Generatoren die Metrik des Signifikanten “ding din ding ding” überschwemmen.

Raffen wir uns auf. Die Konspiration gegen diese Welt wird man anhand ihrer Kriegsmaschinen erkennen. Reich war eine Kriegsmaschine, ohne dass er es wusste, gleich neben Kleists den Schädel zertrümmernder Kriegsmaschine, der Kriegsmaschine der Migranten, die die Vandalen benutzten, um Rom zu plündern, der Waffe, nach der das Black Panther Mitglied George Jackson auf der Flucht greift, und der queeren Kriegsmaschine, die tausend winzig kleine Geschlechter ausscheidet. „Und man kann sagen, das jedes mal dann, wenn man sich gegen den Staat wehrt (Undiszipliniertheit, Aufstand, Guerillakrieg oder Revolution), eine Kriegsmaschine wiederbelebt wird …“. Kriegsmaschinen sind auch die großartigsten Verbrecher, gegenüber denen alle anderen Gefahren „nur gering sind.

Macht das Denken und das Hören zur Kriegsmaschine“, insistieren Deleuze und Guattari. „Das Denken in eine unmittelbare Beziehung mit dem Außen, mit den Kräften des Außen stellen. Zwei wichtige Erfindungen folgen: Geschwindigkeit und Geheimhaltung. Diess sind die Affekte der Kriegsmaschine, ihre Kriegswaffen, die „den Körper wie Pfeile durchbohren. Die daraus resultierende Gewalt ist nicht so vulgär, dass sie zum detaillierten Blutvergießen oder zum augenblicklichen Töten (?) ermutigt, sondern sie führt eine Ökonomie der Gewalt ein, deren Hass grenzenlos und folglich dauerhaft ist. Die Kriegsmaschine ist in den Krieg entlang zweier Pole engagiert: einer formt die Linie der Destruktion, die „bis zu den Grenzen des Universums reicht“, während der andere die Fluchtlinie zieht, um die Bildung eines glatten Raums und die Bewegung der Menschen in diesem Raum“ zu erschaffen. Es ist an der Zeit, Nietzsches Aufforderung mit dem Hammer zu philosophieren, zu akzeptieren: „Ich werde Zeit, (ich bin) der Zerstörer der Welten.“ Wir müssen eine Begierde für die Destruktion erfinden. Dies erfordert die „progressive, besorgniserregende Enthüllung“, dass die Zerstörung der Welten nur eine anderer Weg ist, den „Kapitalismus abzuschaffen, den Sozialismus neu zu definieren und eine Kriegsmaschine zu schaffen, die sich mit neuen Mitteln gegen die weltweite Kriegsmaschine des Kapitals wehren kann.

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