Der globale Polizeistaat (1)

In einem knappen thesenartigen, aber doch reichmit Empirie ausgestattetem Buch versucht der amerikanische Professor William I. Robinson das Konzept eines globalen Polizeistaats zu entwickeln, um den Charakter der globalen Ökonomie und des Gesellschaftskörpers als den einer repressiven Totalität zu kennzeichnen, deren Logik ökonomisch, kulturell und politisch ist.

Dabei wirft er drei Argumentationslinien in die Waagschale. Zum ersten ist von einem omnipräsenten System der sozialen Kontrolle, der Repression und Kriegsführung auszugehen, das von den herrschenden Klassen auf globaler Ebene in Gang gesetzt wird, um eine potenzielle Rebellion des globalen Proletariats inklusive der Surplus-Bevölkerung zu verhindern. Dabei kommen Methoden wie die Kontrolle der Surplus-Bevölkerung durch Grenzen und Grenzkontrollen zum Einsatz, Deportations-Regime werden errichtet, es findet eine Massen-Einschließung statt, man kann von einer räumlichen Apartheidspolitik ausgehen und neue staatsfaschistische Entwicklungen halten mit der Einführung privater Überwachungssysteme Einzug. Die neuen Modalitäten der Überwachung werden durch die Applikationen der Digitalisierung und die vierte industrielle Revolution ermöglicht. Der globale Polizeistaat ist das, was im Jargon des Pentagon ein Kampfraum genannt wird.

Zum zweiten basiert die globale Ökonomie immer stärker auf der Entwicklung und Ausbeutung dieser Systeme der Kriegsführung, der sozialen Kontrolle und der Repression, um Profite zu generieren und Kapital unter den Bedingungen der wirtschaftlichen Stagnation zu akkumulieren, und dies nennt Robinson eine militarisierte Akkumulation. Wenn der Krieg und die aus dem Staat hervorgehende Gewalt immer stärker privatisiert werden, dann beziehen sich die Interessen von diversen kapitalistischen Gruppen, wie beispielsweise im Nahen Osten auf die Generierung von sozialen Konflikten und konzentrieren sich auf expandierende Systeme der Kriegsführung, der Repression und der Überwachung. Für Robinson leben wir schon in einer neuen globalen Kriegsökonomie.

Zum dritten findet eine Entwicklung der politischen Systeme statt, die Robinson als Faschismus des 21. Jahrhunderts bezeichnet, im weiteren Sinne sogar als Totalitarismus. Der wachsende Einfluss der neofaschistischen Bewegungen und der rechtspopulistischen Parteien (an vorderster Front der Trumpismus in den USA) wirft die Frage auf, ob der Faschismus eine Lösung der ökonomischen und politischen Probleme für die herrschenden kapitalistischen Klassen sein kann. Das Projekt des Faschismus des 21. Jahrhunderts ist in vielen Ländern der Welt längst ein Projekt, das zunehmend in die Staatsapparate eingesickert ist. Zugleich entwickelt sich eine neofaschistische Kultur, die sich durch Militarismus, Nationalismus und Rassismus auszeichnet.

In Zeiten einer tiefen Krisenhaftigkeit der kapitalistischen Ökonomie, die heute durch die Corona-Pandemie nur noch verschärft wird, ist der globale Polizeistaat ein Projekt der Kontrolle und der Repression gegen die Armen und die Arbeiterklassen.

Wir werden in dieser Einführung und Kritik des Buchs von Robinson eng an dessen Argumentationslinien bleiben, um schließlich zu einer Einschätzung zu kommen, ob wir es angesichts der aktuellen globalen Ökonomie und Politik mit einem neuartigen Imperialismus zu tun haben, oder ob der Begriff die neuen Entwicklungen nicht mehr trifft.



		
		
			
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