Die globalen Wertschöpfungsketten und das globale Proletariat

Die Automation, deren Anwendung heute ohne den umfassenden Einsatz von Informationstechnologien allerdings nicht möglich wäre, ist seit den 1980er Jahren eine wesentliche technologische Komponente der neuen internationalen Dynamik der Kapitalakkumulation, wobei weltweit einerseits sogar neue Arbeitsplätze geschaffen (vor allem in Asien), andererseits in den Kernländern des Kapitals massenhaft Arbeiter aus der Produktion ausgestoßen wurden. Diese Diskrepanz manifestiert sich heute auch in der höchst fragilen Integration eines globalen Proletariats in die international vernetzten Wertschöpfungsketten des Kapitals und ihre fluiden Produktionssysteme, womit die Arbeitskräfte für das Kapital auf einem globalen Level verfügbar sind und mit der Intensivierung der Automation und des Einsatzes algorithmischer Software auch zunehmend überflüssig werden. Das digital-finanzielle Kapital hat eine planetarische Arbeiterklasse geschaffen, die sich selbst aus ihren Jobs herausarbeitet, gerade indem sie an immer umfassendere Systeme von Robotern und Netzwerken angeschlossen wird – vernetzte Roboter und robotisierte Netzwerke, womit das menschliche Element zunehmend auf ein variables Restelement reduziert wird ( technologische Grundlage dafür sind Algorithmen, unsichtbare Software-Operationen). (Dyer-Witheford 2015: Kindle Edition, 797) Die beschleunigte Automation gerade derjenigen Produktionsprozesse, die voll in die globalen Wertschöpfungsketten integriert sind, führte in den letzten Jahrzehnten allerdings nur in einigen Bereichen zu höherer Profitabilität, denn oft genug haben sich die an die neuen Technologien geknüpften Erwartungen an das ökonomische Wachstum und an hohe Produktivitätsfortschritte eben nicht erfüllt (vgl. Scherrer 2001).

Roboter wurden in den Kernländern des Kapitals zuerst in der Automobil- und Stahlproduktion und im Maschinenbau eingesetzt, aber die Verkäufe waren auch früh schon in den Bereichen Pharmazie, Lebensmittel und Elektronik hoch. Zusätzlich zu den Industrierobotern ist heute in bestimmten Zentren der globalen Produktion ein Anstieg von Dienstleistungsrobotern zu verzeichnen, die aber nicht vollautomatisch agieren, sondern den menschlichen User eher assistieren. Mit der Verringerung der Kosten zur Herstellung des elementaren technischen Elements der Kybernetik, des Mikrochips, wurde schon in den 1980er Jahren eine generelle Verbilligung der Maschinerie in Gang gesetzt, die bei einer Erhöhung der technischen Zusammensetzung des Kapitals dann eben nicht gleichzeitig zu einer entsprechenden Erhöhung der organischen Zusammensetzung des Kapitals führen muss, vielmehr konnte diese konstant bleiben oder gar fallen, womit die Tendenz zu einer allgemein fallenden Profitrate zumindest zeitweise gehemmt wurde.

Die automatisierten industriellen Investments verweisen derzeit auf folgende Entwicklungen: Maschinen produzieren Maschinen, die ihre Operationen mit immer höheren Geschwindigkeiten ausführen; es gibt Maschinen, die billige Arbeit einsaugen und Maschinen, die die lebendige Arbeit ganz ersetzen – Ballards Kristallwelt, eben das schon angesprochene Konglomerat aus Robotern und Netzwerken, robotisierte Netzwerke und vernetzte Roboter. (Ebd.) Zur Herstellung dieser global funktionierenden Produktionsstrukturen und -prozesse bedurfte es des Einsatzes flächendeckender und umfassender kybernetischer Systeme und Netzwerke. So fand zwar eine Reduktion der Produktionskosten von Mikrochips statt, aber gleichzeitig war ein Anstieg der totalen Kosten für die umfangreichen Systeme, die beispielsweise notwendig sind, um die Chips und andere Produkte überhaupt herzustellen, zu verzeichnen. Die chiproduzierenden Unternehmen wurden immer größer und stärker automatisiert. Im Jahr 1966 kostete eine neue Fabrik noch 14 Millionen Dollar, im Jahr 1995 schon 1,5 Billionen Dollar und heute beläuft sich der Preis auf 6 Billionen Dollar. (Ebd.: 1553)

Heute verlaufen viele Produktionsprozesse weitgehend auf einer mikroskopischen Skala, für deren adäquate Perzeption der Einsatz von Robotern unbedingt notwendig ist. Dennoch kommt man auch in diesen Bereichen nicht ganz ohne menschliche Arbeitskräfte aus, denn zumindest bei Stillständen und Störungen in der Produktion müssen Techniker und Ingenieure anwesend sein, um jene zu beheben. Allein das Updating der Software kann immense Kosten erzeugen, die selbst die kostensparenden Effekte von Moores Gesetz kompensieren, sodass auch die organische Zusammensetzung des Kapitals wieder ansteigt, wobei dieser Anstieg bis zu einem gewissen Grad durch das Anzapfen von neuen Quellen schlecht bezahlter Arbeit am Ende der weltweit elektronisch koordinierten Lieferketten, durch das Outsourcen der Produktion in Billiglohnländer und durch die Aktivierung unbezahlter Digitalarbeit kompensiert werden kann. George Caffentzis geht in seinem »Gesetz der wachsenden Dispersion der organischen Zusammensetzung des Kapitals« davon aus, dass jede Steigerung der organischen Zusammensetzung des Kapitals durch den Einsatz neuer Technologien zur Entstehung von industriellen Strategien und Bereichen führt, in denen die organische Zusammensetzung wieder sinkt. (Ebd.: 810) Durch das Outsourcing der Produktion erfolgt ein Transfer von Wert, beispielsweise von der Produktion der Iphones bei Foxconn in China hin zu den Fabriken von Apple im Silicon Valley, wo nur noch wenige Menschen beschäftigt sind. 1

Ein wichtiger Ausgangspunkt für all diese Form der sog. Globalisierung war der in Japan entstandene Toyotismus. Nick Dyer-Witheford fasst die wesentlichen Elemente des Toyotismus folgendermaßen zusammen. (Ebd.: 1042ff.):

1) Es kommt zu einer Umprogrammierung der Arbeitskraft im Zuge des Einsatzes von kybernetischen Maschinen, die nun selbst »wissen«, wann sie im Zuge der Effektivierung von Produktionsprozessen ihre Operationen zu stoppen haben. Der Prototyp dieser Entwicklung war eine in der Textilindustrie eingesetzte und sich selbst aktivierende Maschine, die auf dem Feedback-Loop basiert und die menschlichen Arbeitskapazitäten in ihren Rhythmus miteinbezieht. Die Arbeiter können nun auch mehrere Maschinen gleichzeitig bedienen.

2) Es kommt zur Redefinition des Arbeiters, der jetzt nicht nur mehr zu gehorchen hat, sondern vom Management als ein aktiver Teilnehmer in der Produktion angesprochen wird, beispielsweise durch die Möglichkeit, seinerseits eine Veränderung der Geschwindigkeiten der Maschinen (Kaizen System) vorzunehmen, was allerdings nicht dazu dient, die Geschwindigkeiten der Maschinen prinzipiell zu verlangsamen, sondern effektivere Anpassungen des Arbeiters an die Maschinebflüsse zu stimulieren. Eine umfassende Teamarbeit wird eingerichtet, deren Bewältigung an keine fixen Zeiten mehr gebunden ist.

3) Es kommt zur Reduktion des Inventars und der Betriebsmittel durch das Outsourcen an bestimmte Zulieferfirmen, wofür der Aufbau elektronischer Netzwerke und logistischer Strukturen unbedingt notwendig wird, insofern diese es erst ermöglichen, dass die notwendigen Teile für die Herstellung eines Produkts auf Abruf (just-in-time) in die großen Industriezentren angeliefert werden können. Das direkt an die Fabriken in den Zentren gebundene fixe und zirkulierende Kapital wird damit entscheidend reduziert.

4) Die Produktion wird noch exakter an die Erfordernisse der Nachfrage angepasst, womit sie sich als wesentlich heterogener und zugleich als adaptiver als noch im Fordismus erweist. Diese Anpassung bedarf des frequenziell berechneten Einsatzes der Werkzeuge und Maschinen, der Einrichtung flexibler Arbeitsverhältnisse sowie der servomechanischen Automation. Dabei wird der Arbeiter als ein Teil des Feedback-Loops der Maschinen integriert, als ein sensorisches Element in einem zielstrebigen Prozess, der dazu dient, die biologischen und die maschinellen Komponenten des ganzen Systems in einem bestimmten Rhythmus zu halten. Als man begann, die Roboter ab den 1980er Jahren intensiver in der Autoindustrie einzusetzen, erforderte die gleichzeitig wachsende globalisierte kapitalistische Produktion den Aufbau komplexer logistischer Infrastrukturen, die wiederum von den kybernetischen Systemen abhängig waren. Während die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit gegenüber dem Internet nur langsam wuchs, waren die intensivsten Anwendungen der kybernetischen Systeme außerhalb des militärischen Bereichs in den Unternehmen und an der Börse zu verzeichnen.

Die just-in-time-Logik des Toyotismus wurde durch die Integration der fluktuierenden Informationsströme in die Datenbanken und Netzwerke noch wesentlich intensiviert. Oft siedelten sich die Zulieferfirmen zunächst in der Nähe der Hauptproduktionsstätten an, aber das war infolge der fortschreitenden Entwicklung der Logistik und der Containerisierung ab einem bestimmten Zeitpunkt meist nicht länger notwendig. Es bedurfte vielmehr des Aufbaus eines weltweiten Systems von Direktinvestitionen und Handelsabkommen und eben des infrastrukturellen Ausbaus der kybernetischen Netzwerke selbst, um speziell den Zugang des Kapitals zu Gebieten mit hohen Ressourcen an billigen Arbeitskräften zu erleichtern, man denke hier an Mexiko, Südostasien, China und Indien. Und auf etwas weiteres ist unbedingt zu hinzuweisen: Im Jahr 2005 produzierte die Automobilindustrie weltweit ungefähr 87 Millionen Autos, Busse und Lastwagen, ein deutlicher Hinweis darauf, dass das Kapital heute keineswegs rein schwerelos, immateriell oder sauber produziert, im Gegenteil, es erhöht ständig die Produktion von Produkten, die aus Metall und Plastik hergestellt werden, angetrieben wiederum von fossilen Rohstoffen, die rund um den Planeten zirkulieren. (Ebd.: 1125)2

Heute wird die internationale Produktion des Kapitals simultan von den Methoden und Systemen des Taylorismus, des Fordismus und des Toyotismus durchzogen. In diesem Zusammenhang sind auch die globalen Lieferketten zu analysieren, innerhalb derer die Mrga-Unternehmen weltweit ihre Warenproduktion organisieren, das heißt jedes betriebliche Element unter geo-ökonomischen Gesichtspunkten so anordnen, dass die Arbeitskosten optimiert, die Zugänge zu den Rohmaterialien effektiv geregelt und die optimale Nähe zu den Absatzmärkten hergestellt wird, wozu die diversen logistischen Ketten zu integrierten, kontinuierlich funktionierenden Sequenzen ausgebaut werden müssen. Ab den 1980er Jahren waren diese Lieferketten vor allem in der zweiten und dritten Welt zu einem hohen Maß auch für die technische Zusammensetzung des globalen Proletariats verantwortlich. Unter technologischen Gesichtspunkten gehen diese Ketten auf die Kybernetik zurück. Im Zuge steigender Computerleistungen, höherer Transmissionskapazitäten und leistungsfähigerer Software wurde gleichzeitig die Telekommunikation immer billiger, so dass es auch von daher Sinn machte, die Fabriken weiter zu zergliedern und auf globaler Ebene neu zusammenzusetzen. Die Transportwege von den global verstreuten Zulieferfirmen zur Zentrale eines Unternehmen, die meistens in den Kernländern des Kapitals angesiedelt ist, werden durch die standardisierten Interfaces zwischen den Zulieferfirmen, der Zentrale und den Kunden immer effektiver gestaltet, und zugleich wird der Datenverkehr durch Standards wie Electronic Data Exchange (EDI) Formate ständig verbessert.

Die logistischen globalen Wertschöpfungsketten führen nicht nur zur Veränderung der technischen Zusammensetzung des globalen Proletariats, sondern sie benötigen heute unbedingt auch das Internet der Dinge. Ein entscheidendes Moment dieser Entwicklung bestand in der Einführung des Barcodes durch das Unternehmen IBM in den 1970er Jahren; später wurden die Transport- und Kommunikationssysteme durch detaillierte kybernetische Trackingsysteme, Inventarkontrolle und bildschirmbasierte Systeme beschleunigt und optimiert. Da die Logistikketten in Länge und Komplexität ständig wuchsen, generierten sie schnell einen eigenen Sektor der Kapitalproduktion (Microsoft, Oracle, SAP, Epicor etc.). (Ebd.: 1690) Es ging darum, auf Weltmarktebene möglichst die billigsten Ressourcen der Arbeit anzuzapfen, Waren mit den geringsten Kosten zu produzieren und diese mit maximalen Geschwindigkeiten von der Produktion über die Lagerung bis hin zu den Verkaufsorten zu bewegen, neue Transportrouten auszubauen und aktuelle und zukünftige Probleme der Unternehmensorganisation möglichst schnell aufzuarbeiten.3 Die tiefgreifenden Veränderungen in der Logistik und in den globalisierten Wertschöpfungsketten ließen die Deindustrialisierung in den nördlichen Ländern des Kapitalismus auf die ländliche Entvölkerung im Süden und Osten des Globus treffen, um in den letzteren Räumen zugleich eine neue Welle der ursprünglichen Akkumulation in den Metropolen in Gang zu setzen In Asien, Lateinamerika und Afrika strömten die Migranten massenhaft in die Metropolen und arbeiteten dort in den neuen informationellen Ökonomien oder wanderten weiter in die führenden Industriestaaten, um dort in den Dienstleistungssektoren der Städte Anstellungen zu finden. Gleichzeitig wurden die nordamerikanischen Arbeiter immer stärker in die Unternehmen der Distribution ausgelagert, wobei Walmart den Automobilkonzern General Motors als beschäftigungsintensivstes Unternehmen in den USA ablöste.

Das globale Proletariat und die verschiedenen Zonen

Nick Dyer-Witheford untersucht eingehend die Zusammensetzung des globalen Proletariats (in ihrem Verhältnis zur Kybernetik), das er mit Karl-Heinz Roth ein »vielschichtiges Multiversum« nennt (ebd.: 346), das a) aus denjenigen Schichten komponiert ist, die ihre Arbeitskraft an das Kapital verkaufen oder vermieten noch können, um ihre Reproduktion zu sichern, und b) aus einer Surplusbevölkerung besteht, die sich aufteilt in diejenigen, die in den informellen Sektoren der Subsistenzökonomie arbeiten, und denjenigen, denen jede Anstellung verwehrt bleibt und die damit nicht nur für das Kapital, sondern zunehmend für jede Art der Produktion komplett nutzlos geworden sind. Es findet weiterhin ein Anstieg der Surplusbevölkerung in den informellen Sektoren der Wirtschaft und der minimaler Subsistenzwirtschaft statt, währen gleichzeitig in einem diffusen Dienstleistungssektor die prekäre Lohnarbeit sich ausweitet – man kennt die Mobilisierung der Frauen für bezahlte und unbezahlte Arbeit im Reproduktionssektor und die Eskalation von Arbeitslosigkeit, Unterbeschäftigung und unbezahlter oder unsicherer Arbeit. Es gibt in den Peripherien neben den informellen Sektoren, die noch an die Kreisläufe des Kapitals angebunden sind, auch nicht-kapitalistische Produktionsweisen, die mehr oder weniger auf die Befriedigung der elementaren Bedürfnisse der Arbeitenden ausgerichtet sind; Produktionen, in denen die Arbeitskraft in den Kreislauf Ware-Geld-Ware integriert ist, wobei die erste Ware die Arbeitskraft selbst ist, die gegen Geld gekauft und in einen Produktionsprozess integriert wird, dessen Produkte, falls sie denn auf dem Markt realisiert werden, gerade soviel Geld einbringen, dass sie den Kauf der zur Reproduktion der Arbeitskraft notwendigen Waren und einen kleinen Surplus für den Unternehmer ermöglichen. Dies ist ein Kreislauf, der für den Arbeiter rein der Bedürfnisbefriedigung dient, wobei er gleichzeitig einer wenn auch minimalen Akkumulation des Surplus subsumiert wird. (Sayal 2007: Kindle-Édition, 5014) Zugleich setzt das weltweite Outsourcing und Offshoring großer Unternehmen eine Dynamik in Gang, in der schließlich selbst einige logistische Zielorte der ehemaligen Peripherien eine kritische Masse an Industrialisierung erreichen, sodass sie mit den alten Zentren der Kapitalakkumulation in Europa und den USA in Konkurrenz treten können, man denke an einige Städte in den BRICS Staaten.

Das Kollektiv Theorie Communiste (TC) spricht heute von drei Zonen des kapitalistischen Weltmarkts: 1) Die Hyperzonen des Kapitals mit hohen Funktionsleistungen im Bereich der Arbeitsmärkte und der Produktionsorte (Finance, Technologie und Forschung). 2) Sekundäre Zonen mit intermediären Industrien und Technologien (Logistik und Kommunikation). 3) Krisenzonen mit informationellen Industrien, die durch niedrig bezahlte Arbeit charakterisiert sind, oder Zonen, in denen nicht-kapitalistisch oder überhaupt nicht gearbeitet wird. (Dyer-Whiteford 2015: 148) Die nicht-kapitalistische Produktion ist heute weiter am wachsen, wobei hier eben Surpluspopulationen und Surpluskapazitäten nicht aneinander gekoppelt sind, sodass erstere für das Kapital nicht produktiv angewandt werden können. Zum einen beruht das Kapital immer stärker auf der Globalisierung und der Beschleunigung der Zirkulation, auf der anderen Seite werden immer mehr Menschen von den Märkten abhängig, ohne allerdings die Möglichkeit zu besitzen, ihre Arbeitskraft in einem Lohnarbeitsverhältnis überhaupt noch verkaufen zu können. Sie werden in die Zirkulation geworfen, von der ausgehend heute auch immer stärker die Klassenkämpfe und insbesondere die Riots ausgehen. (Vgl. Clover 2016)

Während das Kapital durch die verschiedenen Zonen des Globus gerade über die Konkurrenz hindurch weitgehend unifiziert ist, trifft das keineswegs auf die Zusammensetzungen und Bewegungen der Arbeitskräfte zu. In der ersten Zone treffen sich hochbezahlte Lohnarbeiter mit guter privater Risikoabsicherung mit solchen Arbeitern, die noch an bestimmte Aspekte des Fordismus gebunden sind, während andere Arbeitskräfte längst mit prekären Bedingungen zu kämpfen haben. In der zweiten Zone ist die prekäre, niedrig bezahlte Arbeit die Norm, und zwar gemischt mit Inseln der vertraglich bezahlten Arbeit, der Migration und der fehlenden Absicherung sozialer Risiken. In der dritten Zone hängt das Überleben des Proletariats weitgehend von humanitärer Hilfe, illegalem Handel und mafiösen Strukturen ab, zudem von der Landwirtschaft, aber auch von kleinen Gemeinschaften, in den eine rein auf die Befriedigung der elementaren Bedürfnisse ausgerichtete Produktion stattfindet (Sayal 2007). Diese Entwicklung muss allerdings als ein volatiler und poröser Prozess verstanden werden, der von den ständigen Migrationsbewegungen des globalen Proletariats und den spezifischen ökonomsichen und technologischen Restrukturierungen des Kapitals durchzogen ist. In diesen hier nur kurz skizzierten geo-ökonomischen Arrangements ist die proletarische Klasse heute weitgehend fragmentiert und fraktalisiert, ersteres, insofern die Bedingungen der sozialen Reproduktion sich von einer Zone zur nächsten Zone stark unterscheiden können, und zweiteres, insofern die grundlegenden Relationen zwischen Kapital, intermediären Schichten und Proletariat sich in selbstähnlichen Patterns in allen Zonen manifestieren, obgleich doch in verschiedenen Skalierungen und Mischungen.

Vom Jahr 1980 bis zum Jahr 2010 ist der Korpus der planetarischen Arbeitskraft von 1,2 Milliarden auf etwa 3 Milliarden Menschen angestiegen. Dies ist keineswegs allein als eine Folge des globalen Bevölkerungswachstums, sondern auch als eine Folge der Expansion und der Vertiefung der globalisierten Kapitalakkumulation und der Märkte zu verstehen. Ohne den Einsatz der kybernetischen Technologien wäre wiederum die systematische globale Organisation der Arbeit, ihre Flexibilität und Granularität, ihre Produktion und Zirkulation nicht möglich gewesen. In Zukunft wird sich die Kapitalakkumulation allerdings weniger um die globale Reproduktion der Arbeitskräfte drehen, sondern um die Reproduktion des kybernetisch-kapitalistischen Systems selbst. Die Verbindung von kapitalistischer Globalisierung und Kybernetik hat hinsichtlich der Konstitution des supranationalen Arbeitskraftkörpers im Zuge der Dynamik der Kapitalakkumulation Folgendes hervorgebracht: Zum einen die Erfassung und Integration der globalen Populationen in die Wertschöpfungsketten die Kapitals und eine bewegliche Produktion, die die Arbeitskraft für das Kapital auf einem planetarischen Niveau verfügbar hält, und zum anderen die Bewegung des Kapitals hin zur Automation, zu Software-Robotern und Netzwerken, die insgesamt die Arbeitskraft redundant halten und eine für das Kapital nutzlose Surplusbevölkerung schaffen. Diese Divergenz schafft Arbeitsplätze, wie sie sie auch zerstört – und dies keineswegs in einem gleichgewichtigen Prozess, sondern in einer spiralförmigen Bewegung, die zu einer immer intensiveren Maschinisierung der kapitalistischen Produktion führt.

Was man heute den globalen Arbeitsmarkt nennt, das fasst Dyer-Witheford in folgenden Tendenzen zusammen. (Dyer-Whiteford 2015: Kindle-Edition, 2426):

1) Das Ende der globalen Landbevölkerung aufgrund einer sich beschleunigenden Urbanisierung und der Einführung von Monokulturen sowie des Einsatzes automatischer Erntemaschinen und genmodifizierten Samens in einer industrialisierten Landwirtschaft, und nicht zuletzt aufgrund der gewaltsamen Landnahmen. Im Jahr 1980 war die landwirtschaftliche Produktion noch für 50% der weltweiten Arbeit verantwortlich, im Jahr 2010 war sie es nur noch für 35%.

2) Es gibt heute ca. 200 Millionen Migranten weltweit, einige sind saisonale Arbeiter an lokalen Orten, andere nomadisieren permanent. Dabei werden diese Wanderbewegungen ganz an die Erfordernisse des Kapitals ausgerichtet; die Grenzen der imperialistischen Länder sind nicht offen, vielmehr werden die Migranten gerade dort mit den neuesten Technologien gescannt und/oder ferngehalten; die Arbeiter wiederum selbst werden nach verschiedenen Differenzierungen reguliert (bezahlt/unbezahlt, qualifiziert/nicht qualifiziert, permanent /temporär).

3) Die Arbeitsnomaden. Nicht alle Teilnehmer des heute ca. 3 Milliarden zählenden Proletariats werden für ihre Arbeit bezahlt oder sie werden eben schlecht bezahlt. Ungefähr die Hälfte des weltweiten Proletariats ist nämlich in Aktivitäten engagiert, die, wenn überhaupt, allenfalls die Subsistenz sichern, und dies reicht von ländlicher Arbeit bis hin zu scheinbar selbständiger Arbeit in informellen Sektoren, die – wenn überhaupt – die Subsistenz sichert. Selbst in den Metropolen des Kapitals impliziert die Selbständigkeit oft nichts weiter als eine prekäre webbasierte Tätigkeit in den verschiedenen Mikro-Unternehmen oder eben unabhängige, vertragsbasierte Arbeit, die aber vollkommen in die globalen Lieferketten oder in die Franchiseunternehmen integriert bleibt; es handelt sich hier um Aktivitäten, die mit Selbstausbeutung und/oder neuen Formen der Mega-Proletarisierung gut umschrieben sind. Im globalen Süden impliziert die informelle Arbeit oft Straßenarbeit, Tagesarbeit, Betteln und billige Werbearbeit.

4) Die Existenz eines neo-industriellen Proletariats. Im Gegensatz zu den Beschwörungen vieler Theoretiker der Informationsgesellschaft ist die industrielle Arbeit im Weltmaßstab keineswegs zurückgegangen, sodass sich der industrielle Output in den letzten vier Jahrzehnten verdreifacht hat – er ist von 2,58 auf 8,93 Trillionen Dollar angestiegen, während sich die Weltbevölkerung in dieser Zeit noch nicht einmal verdoppelt hat.4

Während in der Tat ein großer Teil der industriellen Arbeit aus den USA und Europa ausgelagert wurde, werden in den ehemaligen Peripherien signifikante Teile der Industriearbeit weiterhin expansiv angewandt, aber eben meist zu niedrigen Löhnen, oft ohne die Existenz von Gewerkschaften und in weitgehend deregulierten Formen.

Seit den 1980er Jahren ist in den wichtigsten Industrieländern ein Rückgang oder eine Stagnation der Reallöhne, die Zunahme der Prekarisierung von breiten Bevölkerungsschichten und die Flexibilisierung der Arbeit auf allen Ebenen der Produktion und der Dienstleistungen zu beobachten; der rasante Anstieg der Einkommensungleichheit, neue Kommodifizierungen der Bedürfnisse und die Reduktion der Löhne führen heute zu neuen Problemen im makroökonomisch orientierten Management der aggregierten Nachfrage und der Regulation der Klassenkämpfe. Die Fragmentierung der Produktionsprozesse und die Verteilung von Teilarbeiten auf rechtlich selbständige Unternehmen (Outsourcing) führt generell zur schwachen Organisation von Arbeitern, zur Senkung der Löhne, der Verschlechterung der Arbeitsbedingungen und zur Erhöhung der Mehrwertrate. Die Risiken schwankender Kapazitätsauslastung werden von den großen multinationalen Unternehmen auf abhängige Zulieferfirmen verschoben, wobei zugleich neue transnationale Produktionsnetzwerke entstehen.

6) Es kommt zur Multiplikation der Arbeit und zum Anstieg der Dienstleistungen, letzteres eine amorphe Kategorie, unter die so verschiedene Tätigkeiten wie hochkomplizierte Buchhaltung, Consulting, Portiers, die Arbeit von Sicherheitskräften und die Tätigkeit in den Fastfoodketten fallen. Viele Arbeiten (Werbung, Marketing, Unterhaltung und Kommunikation) finden heute in der Zirkulationssphäre statt, und zudem haben wir es mit der Feminisierung der Arbeit bezüglich des Einschlusses von immer mehr Frauen in die Lohnarbeitsverhältnisse zu tun, wobei die Unterschiede in Länge und Lohn der Arbeit zuungunsten der Frauen weltweit fortbestehen.5

1 Anhand dessen, was Nick Dyer-Witheford »Chimerica« nennt, analysiert er zunächst die massiven Fluchtbewegungen der aus den ländlichen Gebieten in China stammenden Migranten hin zu den urbanen Endstellen der Niedriglohnproduktion, wo vor allem digitale Geräte hergestellt werden, die wiederum den Konsumenten in den USA als Basis für ihren Gebrauch des Internets dienen, das derzeit immer stärker zu einer reinen Plattform für den Verkauf von Waren umgestaltet wird. (Dyer-Whiteford 2015: Kindle-Edition, 1629ff.) Je mehr es in den letzten Jahrzehnten unmöglich wurde in den ländlichen Gebieten Chinas zu überleben, desto mehr strömten die Migranten in die großen Städte und wurden dort zu billigen Lohnarbeitern und je stärker in den USA die Konsumentenkredite wuchsen, desto stärker stieg auch in China das ökonomische Wachstum. Diese beiden Trends besaßen also eine gewisse Komplementarität. Während die Bürger der USA ihren Konsum qua exzessivem Konsumentenkredit erhöhten, sparten die gewöhnlichen Chinesen, um Krankenhausbesuche, Wohnungen oder generell ihre prekäre Existenz zu sichern. Wenn China heute als die wichtigste Werkstätte des globalen Kapitals gilt, so die USA immer noch als die wichtigste globale Shopping Mall. Ein Teil der steigenden Konsumausgaben in den USA bestand und besteht aus dem Luxuskonsum der Kapitalisten und der neuen reichen Software-Ingenieure aus Silicon Valley, aber auch das nordamerikanische Proletariat konnte seine Konsumausgaben über die Aufnahme von Konsumentenkrediten in den letzten Jahrzehnten erhöhen, während die Frauen immer stärker in die Produktion zu meist jedoch niedrigen Löhnen integriert wurden.

Auch Lohoff/Trenkle sehen einen wichtiger Indikator, der auf die globale Hegemonie des finanziellen Kapitals hinweist, gerade in den Wirtschaftsbeziehungen zwischen den USA und China. Dem seit den 1980er Jahren stetig wachsenden Handels- und Leistungsbilanzdefizit der USA (höherer Import von Waren und Dienstleistungen als der Export derselben), das durch den Zufluss von Kapital aus dem Ausland finanziert wurde, korrespondierte ein Überschuss in der Kapitalbilanz (Zunahme von Kapitalimporten). Dabei haben die USA zunehmend Waren, insbesondere aus China, eingeführt, während an ihren eigenen Finanzmärkten immer stärker Wertpapiere und Derivate an ausländische Kapitalanleger verkauft wurden (fiktives/spekulatives Kapital). Auch chinesische Privatanleger und chinesische Staatsfonds legten ihre Gewinne bis zur Finanzkrise von 2008 massiv auf den US-Kapitalmärkten an, das heißt, sie kauften in den USA »produzierte« Wertpapiere und Derivate, und dies vor allem seit Ende der 1990er Jahre, zu einem Zeitpunkt, an dem China bezüglich seiner ökonomischen Wachstumsraten noch einmal einen großen Sprung nach vorne machte. Auch an den einheimischen Märkten hat China die Finanzialisierung weiter vorangetrieben, so wuchs die Gesamtverschuldung (Staat, Finanz-, Industrie- und Privatsektor) von 153 Prozent des BIP im Jahr 2008 auf heute 282 Prozent, wobei das Geld vor allem in die Bauindustrie und den Ausbau der Infrastruktur geflossen ist. (Ebd.)

Einen wichtigen Indikator für den hegemonialen Einfluss des finanziellen Kapitals auf die »Realwirtschaft« sehen Lohoff/Trenkle in der zunehmenden Vergabe der Konsumentenkredite in den USA seit den 1980er Jahren aus. Mit Konsumentenkrediten und der Vergabe von Hypotheken ließ sich die zunehmende inländische Konsumtion von Konsumartikeln und Immobilien finanzieren. Dies ist deshalb wichtig, weil der private Konsum plus die Ausgaben für private Immobilien ca 75 Prozent des BIP in den USA ausmachen und damit den wichtigsten Faktor für die konjunkturellen Entwicklung der Wirtschaft darstellen. Der kreditfinanzierte Konsum weist für Lohoff/Trenkle auf eine induzierte Wertproduktion hin, denn die Kaufkraft qua Geld kommt nicht aus vergangener Warenproduktion, die an den Märkten schon realisiert wurde, sondern stellt einen Vorgriff auf zukünftigen Wert dar. Dies betrifft in den USA nicht nur die überwiegend importierten Konsumartikel, sondern auch den inländischen Bausektor und eine ganze Reihe von Dienstleistungen.

2 In einem klassischen Entqualifizierungsprozess wurde durch neue strukturierte Programmiertechniken (Object orientated programming) auch das Schreiben der Software in Module gebrochen oder in relative einfache Schritt-für-Schritt-Aufgaben zerlegt, wobei Führungskräfte die Aufgaben an die Programmierer übertragen, die mehr oder weniger simultan an ihnen arbeiten, während sie von Teamkollegen, dieihre Arbeiten vergleichen und prüfen, in regelmäßigen Kontrollexkursionen beobachtet werden, um Irregularitäten aufzudecken. Hier handelt es sich um ein programmierendes Proletariat, das nicht hackt, sondern seinen proletarischen Status oft durch Zeichen des Hackens zu maskieren versucht. Die Arbeit dieses Proletariats ist wiederum ohne eine Reihe von anderen Typen von Arbeit nicht zu denken. Man findet in den industriellen Prozessen der Computerproduktion die Jobs der Halbleiterproduktion in sauberen weißen Räumen, die Jobs zur Herstellung von Platinen, Druckern und Kabeln in weniger sauberenRäumen (manchmal auch zuhause) und die Jobs von schlecht bezahlten Servicearbeitern. In Silicon Valley gab es im Jahr 2000 ungefähr 65000 elektronische Montagearbeiter, 40000 Arbeiter, die nicht in der Montage beschäftigt waren, und 200000 Servicedienstleistende, wobei letztere oft Frauen und Migranten waren. (Dyer-Whiteford 2015; Kindle-Edition; 1237ff.) Die globale Produktion macht es unmöglich, die Traumfabrik Silicon Valley ohne die Produktionsorte in Bangalore, Delhi, Puna und Hyderabad zu denken, wo beispielsweise Servicearbeiter in der Computerindustrie 30 Dollar im Monat verdienen, 12 Stunden und mehr am Tag ohne jede Jobsicherheit arbeiten und in Zelten oder in den Slums in der Nähe der Cybertower wohnen. Das triadische Pattern von lukrativem High-Tech Kapital, professioneller informationeller Arbeit und niedrig bezahlter Arbeit repliziert sich heute in globalem Maßstab.

3 Walmart ist das klassische Beispiel für eine gigantische Warenkette, die die Logistik mit der just-in-time Produktion verbindet. Im Jahr 2005 hatten die an Walmart angeschlossenen Datencenter ca. 680 Millionen verschiedener Produkte pro Woche getrackt, Barcode-Scanner und punktgenaue Computersysteme identifizierten mehr als 20 Millionen Kunden-Transaktionen pro Tag und speicherten diese Informationen. (Dyer Whiteford 2015: Kindle-Edition; 1767) Die Satellitenkommunikation verlinkte die jeweiligen Geschäftscenter direkt mit dem zentralen Computersystem und und diese wieder mit den Zulieferern, um das automatische Ordering möglichst reibungslos zu gewährleisten. Schließlich wurde das RFID-System eingeführt.

4 Die ökonomische Bedeutung dieser Zahlen ist allerdings noch genauer zu beleuchten. Lohoff/Trenkle weisen in diesem Kontext auf den stofflichen Parameter Arbeitsproduktivität hin. (Lohoff/Trenkle 2012) Sie argumentieren, dass für die relevante Verausgabung lebendiger Arbeit, die sich in der Gesamtwertmasse zu einem bestimmten Zeitpunkt materialisiere, nicht die absolut geleisteten Arbeitsstunden, sondern die gesellschaftlich durchschnittlich notwendige, abstrakte Arbeitszeit auch auf internationaler Ebene entscheidend sei. Wenn man beispielsweise fünf Arbeitsplätze in China durch einen einzigen Arbeitsplatz in den USA ersetzen könne, dann ginge im globalen Rahmen auch nur dieser eine Arbeitsplatz mit seiner relevanten Produktivität in die gesellschaftlich gültige, globale Wertmasse ein. In der Tat wäre dann in empirischen Studien die Produktivitätsunterschiede in bestimmten Industrien in den USA und China zu untersuchen (die Lohoff/Trenkle tatsächlich auch im Verhältnis 5-1 verorten.) Allerdings sind, gerade wenn es um das von Lohoff/Trenkle aufgeworfene Problem des Abschmelzens der lebendige Wertmasse im Zeitalter der Mikroeletronik geht, nicht nur stoffliche, sondern auch preisliche Kategorien zu untersuchen – die organische Zusammensetzung der Kapitale, Profitraten, das Verhältnis von Zinsrate und Profitrate. Zudem kann die geringere Arbeitsproduktivität Chinas Unternehmen gegenüber denen der USA durch niedrigere Löhne (steigende Mehrwertrate) in China bis zu einem gewissen Maß kompensiert werden, und dies ist in Bezug zu den Durchschnittsprofitraten und Produktivitätsdifferenzen im nationalen und internationalen Maßstab zu setzen, wobei letztendlich preisliche und eben keine stofflichen Indikatoren zählen.

5 Man denke auch an das Problem der Mittelklasse, die insbesondere in den Bereichen des Designs der Maschinen und der Ausbildung von Arbeitern, die an die neuen Maschinen gebunden werden, arbeiten und einen vorderen Platz in der Lohnhierarchie einnehmen. Die technologische Entwicklung hat solche Schichten erst neu hervorgebracht wie sie sie aber auch zunehmend wieder zerstört. Dabei erscheint heute die Aufgliederung der globalen Beschäftigung in drei Sektoren – Landwirtschaft, Industrie und Dienstleistung und eventuell die Erweiterung durch den Sektor Information – unangemessen, insofern kaum noch ein Arbeitsplatz vorstellbar ist, der nicht in irgendeiner Verbindung zur Digitalisierung steht. Es gibt eine starke Zunahme von Arbeitern, die extrem stark mit kybernetischen Systemen verbunden sind, man denke an die Programmierer, Softwareingenieure, Netzwerkexperten, Webdesigner, Systemadministratoren in allen möglichen Sektoren (Finance, Unterhaltung, Marketing und Administration) und an die Arbeiter in den neuen kreativen Industrien. Das Wachstum der digital basierten Arbeit wird oft mit der Mittelkasse und ihren gut bezahlten Löhnen und ihrem hohem Status assoziiert, aber auch hier lässt sich dieses vielbeschworene Narrativ inzwischen durch Tendenzen in der Globalisierung, man denke an den »Aufstieg« der relativ schlecht bezahlten Programmierer in Indien, in Frage stellen. Eine große Anzahl der Arbeiten im Zusammenhang mit Netzwerken ist heute standardisiert, prekär und schlecht bezahlt. Dennoch hat das Wachstum des kybernetischen Kapitals eine neue Mittelschicht hervorgebracht, die vor allem überwachungstechnische Aufgaben, psychologsiche Beratung und technologische Verantwortlichkeiten für das Kapital übernimmt, man denke an die Teamleader, Projektkoordinatoren und Consultants, die den Management-Apparat des Kapitals bilden, der im Zuge der Globalisierung auf einem molekularen Level rekonstruiert wurde.

Foto: Bernhard Weber

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