Fossiles Kapital (1)

Im Jahr 2012 waren die globalen CO2 Emissionen um 58% höher als im Jahr 1990. Dies hatte unter anderem zur Folge, dass die Wirbelstürme aufgrund höherer Temperaturen in den Einzugsgebieten von Ozeanen stärker wurden und die arktischen Ökosysteme eine Reihe von Tipping Points erreichten. Die Grenze, bei dem die Eisdecke in Grönland irreversibel schmilzt und ein Anstieg des Meeresspiegels bis zu 6 Meter erreichwerden kann, liegt heute nicht bei einer Erderwärmung von 3,1 Grad, sondern von 1,6, Grad. Schließlich muss man von sinkenden natürlichen Ressourcen wie Wasser, Nahrungsmittel und Energie ausgehen, an den vom Kapital initiierten Klimawandel – Verringerung der Biodiversität, stratosphärische Abnahme des Ozons, Übersäuerung der Meere, extreme Wetterbedingungen, prekäre Trinkwasserversorgung, chemische Verschmutzung und die Veränderung der Bodenbedingungen, um nur einiges zu nennen. Das Ziel, die Erderwärmung unter 2 Grad Celsius zu halten. rückt in weite Ferne, während ständig in neue Ölfelder, durch Kohle angetriebene Fabriken, neue Flughäfen, neue Autobahnen usw. investiert wird. Im Jahr 1990 lag der jährliche Anstieg der Erwärmung bei einem Prozent, und seit dem Jahr 2000 haben wir es mit einer Rate von 3,1 Prozent zu tun. Je mehr Wissen über die Konsequenzen der Erderwärmung vorhanden sind, desto mehr fossile Brennstoffe werden verbrannt. Wetterbedingungen, Vegetationstypen, ganze Kollektive von Organismen und die Erwärmung der Ozeane sind ein Produkt der Verbrennung von fossilen Brennstoffen. Die Fakten sind reichlich bekannt und können nur in ihrer Totalität bewertet werden. Sie sind das Produkt einer fossilen Ökonomie. Der anthropogene Klimawandel hat seine Ursachen nicht im Bereich der Temperaturen oder des atmosphärischen Niederschlags, sondern in der Sphäre menschlicher Praktiken, die man, so Andreas Malm in seinem Buch Fossil Capital, mit dem Wort »Arbeit« zusammenfassen kann. Dabei muss nicht nach dem Klimawandel in der Geschichte, sondern in der Geschichte des Klimas gesucht werden.

Automobile beruhen auf fossiler Energie, eine Hinterlassenschaft der Photosynthese von hunderten von Millionen Jahren zurück, und wurden im 20. Jahrhundert in weiten Bereichen der Erde durchgesetzt. Ihre Wahl beruht auf der Existenz einer Infrastruktur, die mit Ölterminals, Petroleum Raffinerien, Netzwerken von Straßen, Lobbygruppen etc. ausgestattet ist, Faktoren, die nicht vom Himmel fielen, sondern in längeren Zeiträumen entstanden sind, indem bspw. andere Transportmethoden an den Rand gedrängt oder ausgeschlossen wurden. Es ging in der industriellen Revolution um die Zementierung einer auf fossilen Brennstoffen basierenden Technologie, eine vergiftete Frucht der Geschichte, so Malm. Das gegenwärtige Klima ist ein Produkt von andauernden Emissionen in der Vergangenheit. Wohin man beim Klimawandel schaut, man befindet sich im Würgegriff eines Zeitstroms. Der Transfer des Kohlenstoffs ausgehend von geologischen Reserven hin zu Feuerstellen und dann in die Atmosphäre setzt den Prozess in Gang. Es braucht seine Zeit, bis eine bestimmte Quantität von CO2 Emissionen als ein korrespondierender Wärmeertrag erkannt wird und bevor dieser sich im Ökosystem auswirkt. Für jede neue Emission, die den Emissionen in der Vergangenheit hinzugefügt wird, steigt die Konzentration von CO2 in der Atmosphäre an, das heißt, Emissionen sind kumulativ. Die Emission einer Tonne CO2 wäre nicht so gefährlich, wenn sich nicht schon Billionen Tonnen CO2 in der Atmosphäre befänden; es ist die totale Akkumulation, welche die Temperaturen ansteigen lässt, und je mehr ausgestoßen wird, umso geringer sind die Aussichten den stattfindenden Anstieg zu bremsen.

Wenn ein bestimmter Anstieg, sagen wir von 2 Grad Celsius eingehalten werden soll, dann kann logischerweise nur eine bestimmte Menge CO2 ausgestoßen werden. Selbst wenn die fossile Ökonomie mit in einem einzigen Schlag vernichtet würde, so würde sie dennoch ihren dunklen Schatten in die Zukunft werfen. Wenn die Emissionen gegen Null gingen, würde der Meeresspiegel über mehrere 100 Jahre hinweg noch ansteigen. Ein erwärmtes Meer würde das Eis der Antarktis schmelzen, die Permafrostböden auftauen lassen, das Methanhydrat destabilisieren und weitere Feedback Mechanismen in Gang setzen – alles in allem ist der Klimawandel ein schmutziger Mix von Zeitskalen. Die Unternehmen und Personen, die andere Menschen durch die Verbrennung von fossilen Brennstoffen zu schaden kommen lassen, können ihre Opfer nicht sehen, weil sie größtenteils noch nicht existieren. Man könnte diese Prozesse als eine langsame Gewalt in Slow Motion einstufen, die nicht instantan, sondern schrittweise verlaufen. Je länger das Busual-as-usual verfolgt und von den Staaten verwaltet wird, desto schwieriger wird es aus dem Trend auszubrechen. Jede Runde neuer Pipelines, Straßen und Tanker belädt und belastet die nächsten Jahrzehnte mit einer schweren Masse Infrastruktur, in denen Kohlenstoff steckt. Die kausale Macht der Vergangenheit steigt unaufhaltsam an, vielleicht bis zu einem Punkt, an dem es wirklich zu spät ist. In Zeiten globaler Erwärmung forcieren die eisernen Gesetze der Ökonomie und der Geophysik die Vergangenheit. Dabei handelt es sich sicherlich um mehr als nur eine graduelle Progression, so verwandeln extreme Wetterereignisse die langsame Gewalt des Klimas und erzeugen ein fotogenes Spektakel: Man denke an die Wasserfluten in Pakistan oder die Brände im Amazonasgebiet. Der Punkt des »Es ist zu spät« rückt von Tag zu Tag näher, und je näher er rückt, desto schärfer und umfassender müssen die Einschnitte in die Emissionen sein.

Andreas Malm stellt in diesem Kontext die für sein Buch entscheidende Frage: Was muss man unter einer fossilen Ökonomie verstehen? Eine erste einfache Antwort wäre: Eine Ökonomie mit nachhaltigem Wachstum, die auf steigendem Konsum von fossilen Brennstoffen beruht und deshalb einen fortgesetzten Anstieg von CO2 erzeugt. Der hauptsächliche Antrieb dieser »business as usual Ökonomie« entstand während der ersten industriellen Revolution, die ein nachhaltiges ökonomisches Wachstum, das nicht episodisch war, erzeugte. Und im Zuge der Thermodynamik weiß man, dass kein Wachstum sich selbst füttern kann, es beruht immer auf der Dissipation von natürlichen Ressourcen. Das Feuer des modernen Wachstums reproduzierte ein ökonomisches Gas, das nach einem Mehr an Wachstum verlangte, welches das Feedback – und in dieser Hinsicht war es nachhaltig – auf eine immer höhere Stufenleiter setzte. Die fossile Ökonomie war geboren, als dieses Feuer durch das Material fossiler Energien angeheizt wurde.

Die fossile Energie ist nur ein Grund für die globale Erwärmung; die Abholzung von Wäldern zeichnet in der Geschichte für ein Viertel des CO2 Ausstoßes seit 1870 verantwortlich und steht derzeit für 8% der Emissionen, während die fossilen Energien für den Rest verantwortlich zu machen sind. Es gibt andere Treibhausgase – Methan, Sulfur, Ozon, Dioxide etc., deren Geschichte auch geschrieben werden müsste. Wenn der Anstieg der CO2 Emissionen gestoppt würde und konstant bliebe, würde die Konzentration in der Atmosphäre dennoch ansteigen, denn für das Klima zählen die absoluten Mengen an CO2 in der Atmosphäre. Es waren die ökonomische Expansion und damit einhergehende Konsumtion fossiler Energien, welche für die Emissionen bis heute verantwortlich sind, und dies auf immer noch steigenden Levels.

Die Fossile Ökonomie besitzt die Gewalt einer Totalität, einer unteilbaren Einheit: Eine sozio-ökologische Struktur, in der ein bestimmter ökonomischer Prozess und eine bestimmte Form der Energie miteinander verbunden sind. Die Unternehmer in England besorgten sich ab einem gewissen Zeitpunkt im 19. Jahrhundert die Energie für ihre Unternehmen vom nächsten Braunkohlenfeld und bauten eben keine weiterern Wassermühle, sie transportierten ihre Produkte auf Handels- und eben nicht auf Segelschiffen und später bevorzugt man das Auto und Flugzeug als Option für Reisen und den Transport. Alles in allem ist die fossile Energie eine historische Substanz. Womit soll man also beginnen?

Die fossile Ökonomie hatte unbestreitbar ihren Geburtsort in England: Es war für 80% der globalen CO2 Emissionen im Jahr 1825 und für 62% im Jahr 1850 verantwortlich. Dabei ist die industrielle Revolution das Archiv für dieses historische Faktum. Zuerst gestaltete sich der Übergang von natürlichen Ressourcen (Wasser) zu den fossilen Energien (Kohle) langsam, und er wurde von Preisen getrieben. Des Weiteren benötigte er eine neue Technologie, Arbeitskräfte, wissenschaftliche Forschung etc. Die fossilen Brennstoffe gewannen das Rennen, weil sie im Endeffekt die billigsten waren und nicht anders sieht es heute mit den erneuerbaren Energien aus, wenn sie gegenüber den fossilen Energien das Rennen gewinnen wollen. Und es waren die Profitmotive der kleinen und mittleren Unternehmen, welche die Innovationen im Energiebereich vorantrieben.

Das Material für den Anstieg der fossilen Energie war die Kohle, die allerdings in Britannien seit Hunderten von Jahren verbrannt wurde, aber es war die industrielle Revolution, bei der es zu einem rasanten Anstieg in der Verbrennung von Kohle in den Fabriken kam, und zwar durch die Transformation von Hitze in Bewegung oder die Konversion von thermaler in mechanische Energie, und dies durch das Produktionsmittel Dampfmaschine. In den ersten Dampfmaschinen wurde Kohle verbrannt, um den Kolben in vertikaler Bewegung auf und ab zu bewegen, sie erzeugt in einem Dampferzeuger, der Bestandteil der Maschine ist, durch Verbrennung Energie, wandelt die im Dampf enthaltene Wärmeenergie mittels Kolben in mechanische Arbeit um. Eine andere Antriebsquelle war die kontinuierliche Rotation von Rädern. Es war James Watts, der die Nutzbarkeit der Verbrennung von Kohle für Räder entdeckte. Der Kolben produzierte nun eine kontinuierliche zirkuläre Bewegung und machte damit seinen Motor brauchbar für die Herstellung von allen möglichen Produkten. Der rotierende Motor einer Dampfmaschine konnte eine Maschine antreiben, welche der erste Dreh- und Angelpunkt eines nachhaltigen Wachstums war, das den Output per capita erhöhte, i.e. die Produktivität der Arbeit verbesserte.

Als eine Quelle thermaler Energie war die Kohle brauchbar für eine ganze Anzahl von Prozessen, aber nur als Quelle rotierender mechanischer Energie konnte sie die Produktion aller Sorten von Waren vorantreiben. Eine rotierende Maschine konnte auch ein Fahrzeug antreiben, das zweite Moment eines nachhaltigen Wachstums, das die Bewegung der Räder, die Reisen über Land und See ermöglichte, um Waren von und zur Mühle zu transportieren. Hitze konnte auf Materialien mit gewissen chemischen Eigenschaften einwirken, Pumpen konnten Flüssigkeiten bewegen. Maschinen und Fahrzeuge konnten eine Reihe von Waren erzeugen und transportieren und angetrieben von der Verbrennung von Kohle war es eben die Dampfmaschine, die fossile Brennstoffe zur Produktion von Waren ubiquitär machte.

Dabei gilt es zu bedenken, dass thermodynamische Kraft und soziale Macht keine getrennten Bereiche sind. Die Kraft ist eine Rate des Energiestroms oder W=J/s, J für Joule, s für Sekunde und W für Watt, die Einheit der Kraft. So war die Kraft, die von fossilen Brennstoffen ausging, dual in ihrer Bedeutung und Natur vom ersten Moment an; die beiden Bereiche konstituierten sich in einer Einheit, indem sich sich interpenetrierten.

Die globale Erwärmung hat keine natürlichen Ursachen, wie etwa Vulkanausbrüche, verstärkte Sonneneinstrahlung oder andere natürlichen Phänomene. Fossile Brennstoffe sind in erster Linie eine Materialisierung von sozialen Beziehungen. Und die fossilen Brennstoffe benötigen menschliche Arbeit als Bedingungen ihrer Existenz. Es ist die Arbeit, bei der Menschen und der Rest der Natur aufeinander treffen, mit der die biophysikalischen Ressourcen in die Kreisläufe des sozialen Metabolismus eingehen, wo Kohle, Erdgas und Öl extrahiert und transportiert werden und durch Verbrennung mit den Maschinen in Berührung kommen. Die Arbeiter sind das erste Interface zwischen Ökonomie und Natur.

Kommen wir zur industriellen Revolution in England. Es war zuerst das Wasser, das für die Produktion von Baumwolle notwendig war, bevor die Dampfmaschine in den Fabriken eingesetzt wurde. Malm versucht eine historische Erklärung dafür zu liefern, warum und wie die Dampfkraft das Wasser als »prime mover« des aufkommenden Industriezeitalters ersetzt hat. Er unterscheidet dabei drei Formen der Energie: a) Ströme von Energie, die nicht durch Photosynthese eingefangen werden und für den konzentrierten Gebrauch der Maschinerie geeignet sind, aber abhängig von den Landschaften wie Wind und Wasser bleiben, b), Lebenskraft referiert auf Quellen, die in lebenden Kreaturen verkörpert und durch die Imperative des Metabolismus geprägt sind, und c) Energie als Bestand besteht aus den Relikten der gespeicherten solaren Energie aus der Vergangenheit, die vom Menschen extrahiert werden muss. Die Geschichte der industriellen Revolution ist die Ersetzung der ersten beiden Energieformen durch letztere, und zwar unter ganz bestimmten ökonomischen Bedingungen und Klassenkämpfen. Die frühe Industrialisierung in England beruhte auf Lebenskraft und Wasser, im speziellen auf Wassermühlen, während die Expansion der Kohleproduktion während dieser Periode darin bestand, Wärme für die Fabriken und Wohnungen bereitzustellen.

Eine stärkere Nachfrage für Dampfkraft seitens der Industrie entstand während einer Überproduktionskrise in den 1820er Jahren. Ure sah darin eine Befreiung der Produktion von der Abhängigkeit von Arbeitern. Als die Spinnerei mechanisiert wurde, blieb das Weben noch Teil einer weit verstreuten Heimindustrie, wobei die Arbeiter niedrige Löhne erhielten und schwer zu disziplinieren waren. Die Ersetzung von Wassermühlen durch Dampfkraft erlaubte die Kreation einer kombinierten Fabrik, einen integrierten Produktionsprozess unter einem Dach, wobei die Disziplinlosigkeit der Arbeiter nachhaltig eingeschränkt wurde. Dampfkraft war von daher gesehen eine Manifestation von Klassenmacht.

Orthodoxe Positionen, die sich auf Ricardo und Malthus bezogen, nehmen den Shift vom Wasser zur Kohle als eine Bewegung an, welche die Knappheit des brauchbaren Wassers reflektiert und zudem die fallenden Kosten von Kohle als Brennstoff, und dies geschieht als das Resultat von Marktkräften. Malm zeigt dezidiert, dass es weder eine Knappheit an Wasser gab, und Wasser auch nicht teurer als die Dampfkraft oder technisch unterlegen war. Motoren, die auf Dampfkraft beruhten, benötigten zu dieser Zeit noch teure Kohle und waren oft wegen desaströser Zusammenbrüche unberechenbar. Jedoch besaß die Dampfkraft gegenüber Wasser ihre Vorteile, insofern das Management der Wasserkraft die Kooperation zwischen konkurrierenden Eigentümern von Mühlen benötigte, während Dampfmaschinen, obgleich sie teurer waren, unabhängig voneinander operieren konnten. Die Eigentümer von Mühlen, die durch den Dampf angetrieben wurden, waren unabhängig von geographischen Bedingungen und dies erlaubte die Konzentration der Produktion in Städten, wo sich auch ein ausreichendes Kontingent an verfügbaren Arbeitern befand. Die Existenz einer voll integrierten Fabrik benötigte eine große Konzentration von Arbeitern, während die Städte die Arbeiter wegen der Verfügbarkeit von »unskilled jobs« anzogen. Zudem konnte ein halbwegs funktionierende Infrastruktur zur Verfügung gestellt werden. Die Städte drückten eine räumliche Kristallisation der Lohnbeziehung aus. Und in diesem Zuge wurde Dampf aufgrund seiner Mobilität im Raum gegenüber der Wassermühle bevorzugt.

Das rasche Wachstum von Manchester, der »Cottonopolis«, war Ausdruck dieser Entwicklung. Das erste Mal in der Geschichte waren Maschine und die Energiequelle – Motor und Minen – räumlich getrennt und erlaubten gleichzeitig die hohe Konzentration von Fabriken in den Städten. Der Strom war stationär und der Bestand war in Bewegung. Dies alles weckte den Widerstand der Arbeiterklasse, insbesondere beim Generalstreik von 1842, bei dem Mühlen und Minen mit den Parolen »Stop the Smoke« angegriffen wurden. Die Emission von Kohlenstoff war also untrennbar mit der Durchsetzung spezifischer ökonomischer Bedingungen verbunden, sie war Ausdruck der Bewegungen eines fossilen Kapitals.

Bevor wir auf weitere Einzelheiten dieses Übergangs eingehen, beschäftigen wir uns mit dem von Marx übernommenen und erweiterten Reproduktionsmodell, das sui generis auch eines des fossilen Kapitals ist.

Marx geht im Kapital Bd. 2 von drei Kreisläufen des industriellen Kapitals aus, nämlich des Geldkapitals, des produktiven Kapitals (konstantes und variables Kapital) und des Warenkapitals, wobei er den gesamten Kreislauf des Kapitals in der Prozessformel G – W (PM, AK) … P … W’ – G’ fasst (G für Geld, W für Waren und P für Produktion; AK für Arbeitskraft, PM für Produktionsmittel). Fremdes oder eigenes Geldkapital ist der Motor für industrielle Unternehmen, die Waren (Produktionsmittel, Gebäude, Energie, Rohstoffe, Software etc.) kaufen und Arbeitskräfte mieten, damit mit Mehrwert angereicherte Produkte produziert und auch realisiert werden können,sodass es zur Neubildung von Geldkapital kommt. Maschinerie, Energie, Produkte oder Produktionsprozesse sind eben an sich kein Kapital. Marx hat gezeigt, dass die obige Formel der entscheidende Ausdruck aller dem Kapital gemäßen ökonomischen Relationen ist und darin ist selbstverständlich die Produktion mit eingeschlossen, die als ein rein funktionaler Prozess, ein Prozess zur Herstellung des Profits fungiert. Das Kapital bindet den Produktionsprozess je schon an seine monetären Metamorphosen bzw. an die (monetäre) Gesamt-Zirkulation, i. e. die Produktion ist als eine Funktion und Phase der Zirkulation des Kapitals (im zweiten umfassenden Sinne) zu verstehen, dessen allgemeine Form sich in folgender Formel anschreiben lässt: G-W-P-W’-G’. Hierin spannt sich die begriffliche Differenz zwischen Arbeitskraft und Arbeit zur Erklärung des Mehrwerts auf. Nicht die Arbeit, sondern die Arbeitskraft werde gekauft und verkauft, schreibt Marx, und Arbeitskraft werde zu ihrem Wert gekauft und deren Gebrauch im Produktionsprozess als Arbeit resultiere in einem größeren Wert, als sie selbst sei. Dies hält Marx für den springenden Punkt seiner ökonomischen Analysen, die zum Begriff des Mehrwerts führen. Und Arbeit transformiert zur dynamis oder lebendigen Potenzialität bezüglich der Produktion des Surplus erst, wo eine kapitalistische techne oder Technologie u. a. als Verwandlung von Arbeitskraft in Arbeit auf sie zugreift. Und die Ökonomie der Zeit schlägt zu, wenn im Produktionsprozess der Gebrauch der Arbeitskraft größeren Wert erzeugt, als sie selbst kostet. Als Zeit über jene Zeit hinaus, die ihre Reproduktion erfordert, leistet die Arbeitskraft unbezahlte Arbeit, deren Resultat sich in Mehrwert darstellt. Von vornherein ist der Mehrwert daher als das Resultat der Gleichzeitigkeit einer Ungleichzeitigkeit zu verstehen, insofern sich Tausch und Gebrauch der Arbeitskraft als Symmetrie und Asymmetrie verzahnen; Mehrwert entsteht aus der Asymmetrie-in-der-Symmetrie.

Kapitalproduktion ist Produktion von Tauschwerten mittels der Natur, einem Substratum, das unter die Logik des Quantitativen subsumiert wird. Das P steht für die Produktion bzw. für den Stoffwechsel zwischen dem Arbeiter und der Natur. Für das Kapital ist die Produktion eine einfache Vermittlung, eine üble Notwendigkeit, die hinzunehmen ist. Die Kreisläufe des Kapitals sind maßlos, sodass nach der Rückkehr des Profits der Kreislauf auf erweiterter Stufenleiter erneut vollzogen werden muss:

G-W-G`- G`-W`-G“-G“-W“-G“` usw.

Das Geld muss andauernd neu reinvestiert werden, um die Kapitalakkumulation bzw. die erweiterte Reproduktion aufrechtzuerhalten. Dies erfordert auch eine Produktion auf höherer Stufenleiter, sodass vom Stoffwechsel als einer Spirale auszugehen ist. Für jeden weiteren Kreislauf benötigt das Kapital eine größere Menge an Naturstoffen, oder, um es anders zu auszudrücken, die Akkumulation des Kapitals wird durch eine Erhöhung des Materials realisiert, höhere Reserven und Ressourcen von biophysikalischen Stoffen, die der Natur entzogen werden, um als Müll auf die Müllhalden der Welt zurückzukehren. Und diese Spirale ist nachhaltig: Je mehr biophysikalische Ressourcen der Erde entzogen werden, desto mehr Ressourcen erfordert die nächste Runde der Produktion. Wenn der Output fixiert wäre, dann könnte nicht in neue Maschinen und Arbeiter reinvestiert werden. Die kapitalistischen Eigentumsverhältnisse sind also durch folgende Faktoren charakterisiert: a) die unendliche Potenz zur Profitproduktion, b), der Zwang, sie unaufhörlich zu betreiben, und c) die Notwendigkeit der produktiven Konsumtion von immer mehr natürlichen Materialien. Das Kapital registriert auf der Suche nach den billigen vier (Arbeit, Rohstoffe, Energie, Lebensmittel; siehe Moore) keine Grenzen in der Natur, es zirkuliert wie ein aufsteigendes perpetuum mobile.

Malm kommt nun zur Darstellung der allgemeinen Formel des fossilen Kapitals. Auf einer bestimmten Stufe der Entwicklung der Kapitalakkumulation werden die fossilen Brennstoffe ein notwendiges materielles Substratum für die Mehrwertproduktion, das heißt, sie werden über die gesamte Bandbreite der Warenproduktion als Material eingesetzt, das etwas in Bewegung setzt. Sie werden der allgemeine Hebel für die Mehrwertproduktion. Wenn F für fossile Brennstoffe als ein Teil der Produktionsmittel steht, dann lässt sich anschreiben:

GW…P…F-G`

Fossile Brennstoffe dienen nun innerhalb des Stoffwechsels der produktiven Konsumtion in immer höheren Mengen, und dies mit einem notwendigen Nebenprodukt, dessen sich auch schon Marx und Engels bewusst waren: Das heißt, höhere Mengen von CO2 sind Teil der Produktion. Die Formel lautet nun:

G-W…P (CO2)…G`

Da fossile Energie nun das perpetuum mobile der Kapitalakkumulation füttert, ein Rohmaterial, das scheinbar niemals ausgeht, lautet die Formel auf erweiterter Stufenleiter:

G-W…P (CO2)…G`- G`-W`…P`(CO2´`)…G“ usw.

Das fossile Kapital ist ein erweiterter Wert, der die Metamorphose von fossilen Brennstoffen in CO2 nach sich zieht. Es handelt sich um die triangulare Relation zwischen Kapital, Arbeit und außermenschlicher Natur, und zudem um einen Prozess, der auf jede Stufe die produktive Konsumtion von höheren Mengen fossiler Brennstoffe beinhaltet. Der Kreislauf der individuellen Konsumtion, beispielsweise des Autofahrens, lautet hingegen:

W-G-W(F/CO2)

Das F in den Formeln muss natürlich auch von irgendwo her kommen, es muss sozusagen als totes Ding von einem Kapitalisten am Markt angeboten werden, einem Kapitalisten, für den die fossilen Brennstoffe kein Input, sondern ein Output sind. Das istdas Geschäft mit dem Extrahieren von Gas, Öl und Kohle. Die Formel für diese primitive Akkumulation von fossilem Kapital lautet:

G-W…P… G` (F)

Um die fossilen Brennstoffe als industrieller Kapitalist produktiv zu konsumieren, oder die private Konsumtion der Brennstoffe zu betreiben, bedarf es also eines Kapitalisten, der auf die Herstellung dieser Brennstoffe spezialisiert ist und für den dies ein Prozess der Profitproduktion ist, wenn er denn auch sein Angebot auf den Märkten realisiert. Innerhalb einer fossilen Ökonomie sind die Kreisläufe der produktiven und individuellen Konsumtion der fossilen Brennstoffe mit ihrer primitiven Akkumulation untrennbar ineinander verwebt.

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