Geld gleich Information? Zu den Neuen Büchern von Vogl und Beller (2)

In den “kulturellen” Räumen bieten sich die Repräsentanten derselben (alias Subjekte) heute als Profile oder Marken an, die selbst nicht nur an sich schon, sondern auch als derivative Exposition gegenüber ihren Rezipienten vermarktbar sind, nämlich ihrem Publikum, ihren Netzwerken, ihren Vermögenswerten und Währungen. Ich “befreunde” Sie, um Sie mir hinzuzufügen und um Ihr Netzwerk zu meinem Portfolio hinzuzufügen. Ich bin ein “Influencer”. Kultur, hier verstanden als eine semi-autonome Instanz, angeblich abtrennbar von Materialität und Technologie, kann heute nur noch weiterer Fall von Surrogat der Plattformen sein, weil die Verallgemeinerung des Computing bedeutet, dass die Kultur als Bindeglied und als kommunikatives Gewebe des Soziosemiotischen immer stärker der Granularisierung und Grammatikalisierung der Kommodifizierung auf der “Objekt”-Seite (und ihrem anderen Aspekt, der Fraktalisierung des Faschismus auf der “Subjekt”-Seite) unterworfen ist, was einer rassistischen und soziokybernetischen Biotechnik gleichkommt. So ist für Beller die “Kultur” heute ein Ausdruck einer allgemeinen Informatisierung der sozialer Beziehungen, die durchweg einer historisch erzwungenen Berechenbarkeit unterliegen, sie ist ein Derivat.

Die postmoderne Kultur ist für Beller als Produktion und als Kalkül verstehen, wobei sie stets der maschinellen Vernetzung bedarf, die von Maschinen, einschließlich der diskreten Zustandsmaschinen und der Infrastruktur, die sie unterstützen, etabliert wird (fixes Kapital): Marx’ “riesiger Automat” in Form des Weltcomputers. Kulturelle Praktiken, egal ob sie epistemologische Transformationen beinhalten oder einfach Meinungsäußerungen über Meinungen sind, sind heute sui generis Computer-vermittelt und parametrisch verordnet, wobei die “menschlichen” Eingaben als notwendige und überschüssige Arbeit im Kalkül der ProduktionsZyklen subsumiert werden. Mit dem Computer ist das Schreiben nicht mehr Tippen, sondern Proto-Tippen.

Vogl macht an dieser Stelle eine zugleich berechenbare und unberechenbare Ausweitung des Ressentiments nicht nur als das neue Verkehrsprinzip in allen möglichen Marktmechanismen aus, sondern eben auch als negativ-einigendes Prinzip von Individuen (Kierkegaard) in der Valorisierung der Affektökonomie von Facebook & Co, auf deren Plattformen sich ständig neue Gemeinschaften von Producern herausbilden, bis hin zur globalen und zugleich imaginären Facebook-Community, die sich durch sekundenschnelle Clicks verfestigt und verflüssigt zugleich und deren Existenz Facebook über die technischen Kontrollsysteme seiner Algorithmen eine ganz neue Art der regierungstechnischen Governance ermöglicht.

In diesem Zusammenhang spricht Beller von einer neuen Plattformsouveränität (Bratton), von algorithmischer Governance oder Metadatengesellschaft (Pasquinelli), die anzeigen, dass die Information selbst Wert hat (oder tatsächlich ist) und nur innerhalb des Rahmens der Berechnung wertvoll ist. Eine neue rechnerische Infrastruktur, die primär fixes Kapital ist (wobei Vogl zeigt, dass viele Plattformen gerade das fixe Kapital auslagern und sich dafür nicht verantwortlich zeigen), entsteht in Verbindung mit den zahllosen Phänomenen, die nun informatisch behandelt werden, i.e. das Vorhandensein von “Information” inkludiert die Berechnung als ein Mechanismus der Wahrnehmung und der Organisation, die wiederum das rassistische Kapital als eine Meta-Maschine und als Architektur des gegenwärtigen sozialen Systems der Kontenführung benötigt. Es ist die Berechnung, die Informationen endemisch macht, und es ist die Expansion des Kapitals, die die wahrnehmend-instrumentellen Prozesse endemisch für die Quantifizierung, Digitalisierung und das Rechnen profiliert. Hinter einem Rhizom von scheinbar offenen Beziehungen, so auch Vogl, wird das Netz durch die Plattformunternehmen quantifiziert, in Baumstrukturen hierarchisiert und dadurch valorisiert.

Die von Randy Martin ausführlich untersuchte Finanzialisierung des alltäglichen Leben strukturiert die Repräsentation und die Bewertung und führt zur Informatisierung der Sinne. Ontologie ist hier, ganz im Gegensatz zu Vogl, der mehrmals vom Finanzkapital als einem neuen ontologischen Regime spricht, lediglich noch ein Artefakt der Datenvisualisierung, eine Inschrift, ein Akt des Schreibens und ein Sprechakt und deshalb niemals ein neutrales Unterfangen. Wenn Beller von der Simulation schreibt, die Objekte in Verteilungsmuster dekonstruiert und uns skeptisch darüber werden lässt, wer oder was anwesend ist, sowohl objektiv (wie wir das Wahrnehmbare betrachten) als auch subjektiv (in uns selbst als Bewusstsein), dann verweist dies eher auf die Deontologisierung des Kapitals, die wir ausführlich analysiert haben. Ontologie tendiert dazu, die Kapitaltheorie philosophisch zu überdeterminieren. Wenn etwa Frantz Fanon schreibt, dass die Ontologie es nicht gestatte, das Sein des schwarzen Mannes zu verstehen, so erlaubt es die Ontologie, selbst wenn sie als Dekonstruktion konzipiert wird, in ähnlicher Weise nicht, das „Sein“ des finanziellen Kapitals zu verstehen.

Die Plattformfirmen wie Facebook profitieren heute von allem und jedem, was auf ihnen gesagt oder fotografiert wird, und dies ist nur der offensichtlichste Fall in einem System, in dem repräsentative Medien gekapert und dem Großhandel durch Computerlogistik untergeordnet wurden. Durch eine Umkehrung der Priorität zwischen Welt und Datenvisualisierung zeigt die digitale Simulation der Welt als in Apparate kodierte Konzepte den Eingriff in die Protokollebene der Berechnung auf und wirft die pointierte und möglicherweise immer noch politische Frage auf, was von der sogenannten Menschlichkeit jenseits der Reichweite eines nun vollständig finanzialisierten Wissens noch übrig geblieben ist. Das grenzt vielleicht an Laruelles Frage des Humanen in der letzten Instanz an.

Die Vektoren für die Entwicklung der sozialen Differenz werden von und als Algorithmen formalisiert, die dann als Finanzderivate fungieren: Strategien des Risikomanagements, die es einerseits dem Kapital erlauben, zu verbriefen und auf die Aggregation von Unterschieden in synthetischen Produkten wie Hypotheken, Versicherungen, Wertpapiere und anderen Formen von Schulden und Krediten zu setzen, andererseits es ermöglichen, Militär-, Polizei- und Überwachungstechnologien einzusetzen, die darauf ausgelegt sind, unterschiedlich markierte Bevölkerungen zum Zweck des Kapitalerhalts zu kontrollieren.

Immer wieder weist Beller darauf hin, dass es auch Algorithmen für Rassismus gibt (bei Vogl taucht die Frage gar nicht auf) und die Technik nicht wertneutral ist. Die digitalen Maschinen sind solche der Extraktion und sie sind selbst soziale Beziehungen, und zwar in jedem Aspekt ihrer Funktionalität; ihre Zeichen, sprachliche, numerisch und visuell, sind kodierte Abstraktionen, die auf einem komplexen Satz von vernetzten materiellen Substraten basieren, die unter anderem das technische Bild hervorbringen, feminisierte Arbeit in der Produktion von Schaltkreisen und Geräten, Blutmetalle der Seltenen Erden, die allgemeinen Bedingungen von Kulturen und die vielen Geschichten und Praktiken – einschließlich Volkszählungen und Holocausts -, die notwendig sind zur Konstellation und Inkarnation von Computing.

Eine weitere wichtige These von Beller besteht darin, dass das moderne Rechnen nicht nur konstitutiv für das Kapital ist, sondern dass das Rechnen, obwohl es charakteristisch für bestimmte Formen des Denkens und als solches erkennbar ist, auch für das Unbewusste des modernen Denkens steht, oder, um es anders zu sagen, das inhaltsindifferente Kalkül des rechnerischen Kapitals prozessiert auch in Abwesenheit einer bewussten, subjektiven Wahrnehmung seiner Operationen. Indifferenz (gegenüber den Inhalten der Produktion und der Art der Produkte) ist daher kein psychologisches Phänomen, sondern eine objektive und zugleich auch subjektive Bedingung für die Operationen des Kapitals. Alle Produktionen scheinen dieselben zu sein, solange sie effizient sind und den Kriterien der Quantifizierung und der Kalkulierbarkeit unterworfen werden können. Es wundert daher nicht, dass Software-Techniker nichts über die Produktionen selbst wissen wollen, die für sie ja keinen Inhalt besitzen, es geht vielmehr nur darum, seinen Job gut gemacht zu haben und den Anordnungen des höheren Managements zu folgen. Lazzarato schreibt in seinem neuen Buch: “The capitalist organization of labor produces potential criminals who, like the Nazis during the Nuremberg trials, won’t feel responsible for the outcome nor for their involvement in the “production,” because for them, as for capital, all productions are the same, so long as they are efficient, rationally organized, and they meet the criteria of quantification and calculability. Like the Nazis, everyone will be able to repeat: “We have done our job,” “We have followed orders.” They act in and for the war machine of which they are both the actors and the victims. This is not a sleep of reason that produces monsters, but the “peaceful” organization of labor crossing another threshold in the social construction of nihilism.”

Als die Domäne des Unbewussten, so schreibt Beller in Anlehnung an Lacan, ist das Rechnen wie eine Sprache strukturiert, genauer als eine Computersprache, die unweigerlich ein ökonomisches Kalkül ist. Auch Vogl spricht an dieser Stelle von der Kapitalisierung von digitalen Technologien und Software, die über objektorientierte Programmsprachen wie Java heute eine neue universalsprachliche Position einnimmt und zur Beschreibung, Erfassung und Valorisierung aller Arten von Objekten dient, indem sie in alle Bereiche der Ökonomie, der sozialen Medien und der Alltagspraktiken diffundiert. Das Computational Unconscious ist fixes Kapital, wird externalisiert und in diskrete Zustandsmaschinen sedimentiert, deren Programme und programmierbare Umgebungen, obwohl sie zahlenmäßig konstituiert sind, aber dennoch Elemente der rassistischen Abstraktion und der geschlechtlichen Abstraktion in sich tragen. Der Computercode der deterritorialisierten universellen Kapital-Fabrik und seine Silizium-getriebenen Bildschirme verwischen die strukturellen Ungleichheiten, die kapitalistische Produktionskategorien und Rasse, Klasse, Geschlechts betreffen, sie sind also operativ verschwunden in unseren Maschinen.

Beller spricht vom Computer als einer abstrakten Maschine, die, wie alle Abstraktionen, sich aus konkreten Umständen und Praktiken heraus entwickelt hat, sie ist eine Idealisierung der realen Abstraktion auf Grundlage eines praktischen Vollzugs. Dies wiederum in Anlehnung an Sohn-Rethels Begriff der Realabstraktion, während Vogl hinsichtlich der Netzarchitekturen und ihrer protokoll-logischen Konstitution, die sich in allen möglichen ökonomischen, politischen und sozialen Assemblagen konkretisieren, in Anlehnung an Deleuze und Guattari von abstrakten Maschinen spricht. Diese abstrakten Maschinen setzen Potenziale frei, die aufgrund der Verbindung von Codierungen mit Materieströmen und dem Kurzschluss von Kommunikation und Kontrolle sich jederzeit in diversen konkreten Maschineanrichtungen aktualisieren können: dabei ist sowohl für Beller als auch für Vogl die abstrakte Maschine keineswegs machtneutral, vielmehr erstellt sie andauernde Potenziale zur Formulierung von Programmen, um die Strukturierung von selbst noch antagonistischen Machtkonstellationen zu betreiben und ihre Aktualisierungen ermöglichen zu können.

Beller verweist dann allerdings weiterführend auf ein Außen, obgleich die historisch materialisierte digitale Infrastruktur des Sozius permanent in und durch uns denkt. Das Ungedachte und Undenkbare als Äußerlichkeit der Berechnung ist nichtsdestotrotz eine notwendige Ergänzung. Das Unmögliche, das Flüchtige, das gesellschaftlich Tote, das kolonial oder informatisch Ausgelöschte spukt weiter in der herrschenden Simulation des Lebens und des Seins.

Für Beller ist die Frage der Computation eng mit dem cineastischen Modus der Produktion verknüpft. Dabei bezieht er sich auf Vilem Flusser, der die Kamera als eine Blackbox begreift, die ein Programm ist; folglich stellt die Fotografie oder das technische Bild eine “magische” Beziehung zur Welt her, insofern als die Menschen die Fotografie als ein Fenster zur Welt und nicht als begrifflich organisierte Information,entstanden durch technische Konzepte, verstehen. Das bedeutet, dass das technische Bild selbst, zusammen mit seiner Unterbrechung der linearen Zeit und seiner Auflösung des logischen Denkens als ein Programm für den Bios fungiert, und es legt nahe, dass die Welt schon lange unbewusst durch die Berechnung und das technische Bild wahrgenommen wurde. Wenn dann die rechnerischen Prozesse der Fotografie selbst eine Erweiterung der universellen Digitalisierung der Kapitallogik sind, dann hat dieses Kalkül seine Arbeit in der visuellen Reorganisation des alltäglichen Lebens seit fast zwei Jahrhunderten unbewusst für Menschen getan. Anders gesagt, das Denken – Zahlen in Zahlen ausgedrückt und materialisiert in Maschinen – automatisiert das Denken als Programm. Das Programm, zum Beispiel das der Kamera, funktioniert als eine historisch produzierte Version dessen, was Katherine Hayles “unbewusste Kognition” genannt hat. Technologie (und damit Wahrnehmung, Denken und Wissen) kann vom Sozialen und Historischen – das heißt vom rassistischen Kapitalismus – nur getrennt werden, indem beides durch dessen eigene Operationen eliminiert wird.

Die Zusammenfügung der ökosystemischen Vielfalt von Kulturen, Sprachen, Geschichten und Lebensformen in ein einziges digitales Substrat basiert auf unzähligen Akten der Gewalt. Beller nennt dies die Gewalt der Abstraktion, die das, was früher differenzierbar war, austauschbar macht, und zur Überführung des rechnerischen Kalküls in ein Finanzderivat führt, eine Position auf die Zukunft. In diesem Kontext ist der Humanismus für Beller eine koloniale Software und die Kolonisierten sind und waren seine ausgelagerten Anbieter. Dieser Plattform-Humanismus ist nicht so sehr eine Metapher, vielmehr ist er eine Tendenz, die vom gegenwärtigen Plattform-Posthumanismus des computergestützten Kapitals in vollkommener Weise realisiert wird. Wenn “die Anatomie des Menschen der Schlüssel zur Anatomie des Affen ist”, wie Marx das Telos des Menschen eloquent formulierte, so fragt Beller: “Ist die Anatomie der Berechnung der Schlüssel zur Anatomie des ‘Menschen’?” Gleichzeitig gilt es mit Frantz Fanon festzuhalten, dass die Menschen der sog. Dritten Welt in gewisser Weise die europäischen Metropolen gebaut haben. Beller schreibt: „First reduced to the Wizard of Oz on the gold standard, and now reduced to a naked, Tweeting, orange clown on the digital finance standard, in the digital revolution the human figure has lost its pizzazz.“

Der Mensch ist vielfach selbst zu einem Produktionshindernis geworden; er ist nicht mehr eine nachhaltige Form. Ein Hoch auf das Dividuum, schreibt Beller und wir verweisen hier auf unsere ausführlichen Erörterungen des von Deleuze/Guattari entlehnten Begriffs. Als Zeichen der Zeit zeigt der Posthumanismus auf der einen Seite das Verschwinden vermeintlich ontologischer Schutzmechanismen und des quasi-religiösen legitimierenden Denkens an, und auf der anderen Seite steht er für die Erhaltung einer Modalität der Entmenschlichung und Ausgrenzung, die das weiße Patriarchat legitimierte und normalisierte, indem es seinen Werten erlaubte, sich als technologische (und kulturelle) Universalien darzustellen. Beller geht sogar noch weiter und schreibt, dass die Menschen zum Futter für statistische Maschinen wurden, und dass wie Edwin Black in Bezug auf den Holocaust gezeigt hat, die Entwicklung dieser Technologie untrennbar mit Rassismus und Völkermord verbunden war.

Es ist bekannt, dass Claude Shannon eine allgemeine Theorie der Kommunikation vorschlug, die inhaltsindifferent war – ein statistisches, mathematisches Modell der Kommunikation, während gleichzeitig alle spezifischen Inhalte als irrelevant für die Übertragungs-Methode selbst gelten. Wie der Gebrauchswert unter der Verwaltung der Warenform, so wurde die Nachricht eine Ergänzung zum Tauschwert des Codes. Beller besteht darauf, dass die Regeln für inhaltliche Gleichgültigkeit sowohl von einem bestimmten Inhalt als auch einer bestimmten Form der Indifferenz abgeleitet wurden, und dass die Sprache, die als Standardreferent verwendet wurde, immer ein kulturspezifischer Einsatz von Sprache war. Shannons Entprivilegierung des Referenten des Logos als Referent und seine Aufmerksamkeit nur auf Signifikanten, bedeutete eine Intensivierung des Abgleitens des Signifikanten vom Signifikat (Shannon entwickelte eine Rekonzeptualisierung der Sprache als Code (Zeichensystem) und als mathematischer Code (numerisches System). Diese Auslöschung des Realen (des Seins, des Subjekts und der Erfahrung) aus der Kodifizierung ermöglichte es Shannon, die mathematische Abstraktion von Regeln für die Übertragung beliebiger Nachrichten zum Industriestandard zu machen, auch wenn s die Entmenschlichung der Kommunikation bedeuteten – ihre Abtrennung von der Geschichte der Menschen. Die Geschichte eines Volkes spukt aber weiter in der mathematischen Theorie der Kommunikation – eine weitere Bedeutung des rechnerischen Unbewussten.

Die Bewegung vom Bild zum Code und wieder zu einem transformierten Bild (Bild-Code-Bild′) ersetzt das “W”, das in Marx’ allgemeiner Formel des Kapitals für die Ware stand, wobei die Warenproduktion gegen Lohn die Bewegung vom Geld zu mehr Geld vermittelte. Beller beginnt seine Umschreibung der berühmten Kapital-Formel von Marx G-W-G` mit der Einführung des Selfie. Der dadurch entstandene Aufmerksamkeitsaggregations-Effekt wird von ihm auch als ein Symptom des fraktalen Faschismus verstanden. Das Selfie ist eine Wette, eine Projektion des eigenen Humankapitals (Foucault) als ein digitales Objekt, das auf dem Markt der Aufmerksamkeit angeboten wird. Das Bildschirm-Interface ist dabei entscheidend dafür, was erscheint, und was nicht erscheint. Es zeigt die Umwandlung der eigenen Lebensenergie in Information als Mittel zur Akkumulation von mehr Informationen an, die wiederum durch die Aufmerksamkeit anderer produziert werden. Zusätzlich kann diese totale Beziehung zwischen Bild und Code selbst als Information (I) abstrahiert werden, und damit schreibt Beller die allgemeine Formel für das Kapital in G-I- G′ um.

Ein Ergebnis der wirtschaftlichen und rechnerischen Konvergenz, die den Aufstieg der visuellen Kultur parallel zum Aufstieg modernen Kredits und der synthetischen Finanz belegt, ist für Beller die Finanzialisierung und beispielsweise die derivative Entwicklung namens Selfie: ein spezifischer Modus des Warenkalküls inmitten eines neuen Kalküls der Waren. Für Beller ist die Ware wie eben das Selfie sowie das Bild im Allgemeinen eine kontingente Forderung, ein Derivat, dessen Basiswert der Wert selbst ist.

Ähnlich wie Vogl spricht Beller hier erneut von einer Konvergenz von Kommunikationsmedien und monetären Medien, die beide auf die Kapitalisierung von allem Möglichem aus sind. Für Beller konvergieren sie in ökonomischen Medien (inklusive ihrer Kämpfe), während für Vogl von einer Angleichung der verschiedenen Geschäftspraktiken spricht, wenn digitale Technologien in die Bankgeschäfte und Finanzmärkte eindringen, während umgekehrt Plattformfirmen Finanzprodukte anbieten und neuerdings auch neue Bezahlungssysteme zu installieren versuchen. Wenn Vogl aber davon schreibt, dass die neuen Big-tech-Firmen weniger Produzenten sind, die auf Märkten sich bewegen, sondern selbst Märkte sind, auf denen Produzenten agieren (und damit die Zugänge bestimmen können), dann verweist er doch wieder auf einen der Unterschiede, die nach wie vor zwischen Big-Tech und Finanzindustrie bestehen. Wir kommen darauf zurück.

Die beschleunigte Mathematik des Kapitals, die seit langem reale Abstraktionen abbildet und dann erzeugt (die grundlegende Geldform, aber auch fortgeschrittenere Formen des Geldes), impliziert die reale Buchhaltung der sozialen Praxis, die die kontingente und doch kontinuierliche Hypostasierung von Netzwerken erfordert. Das Bildschirm-Bild ist zum paradigmatischen Mittel geworden, mit dem das Kapital die Bioprozesse seiner Programme prozessiert, obwohl der von den Unternehmen gesponserte Staat mit seinem Gesetz, seiner Polizei, seinem Militär, seinen Grenzen, Mauern und Banken weiterhin eine Rolle als Medium und Schirm-Infrastruktur spielt.

Das Aufstellen eines Bewertungsfeldes setzt bereits die Entstehung von Metriken voraus und bewirkt im Laufe der Zeit die Entstehung von neuen Metriken sowohl der Messung als auch der Extraktion. In Form von Ratings, “Likes”, finanziellen Finanzderivaten auf Volatilität und von Algorithmen der analysierbaren Metadaten werden Währungen geschaffen und die Messung des “Affekts” ist ein Instrumentseiner Finanzialisierung und Berechenbarkeit. Der transformierte Status der Arbeit, jetzt als Affekt, Aufmerksamkeit, Kognition, somatische Funktion, virtuose Fähigkeit und Metabolismus erfordert eine höhere Ordnung der Abstraktion, die generativ für Information ist. Diese Arbeit wird mit neuen Formen von Währungen – sozialen Währungen – entlohnt.

Der traditionelle Marxismus beharrt weiterhin darauf, dass lediglich das Objekt als eine Ware zu begreifen ist, und dass etwas, das kein Objekt ist, letztendlich die Warenform nicht annehmen kann. Die digital zusammengesetzten Derivate der synthetischen Finanzwirtschaft widersprechen jedoch dieser Idee eines Warenobjekts, und man kann jetzt sagen, dass das Objekt ein Knotenpunkt in einem Beziehungsgeflecht ist, oder eine Schnittstelle mit der Sozialität, die als Objekt erscheint (die Knotenhaftigkeit eines Objekts ist eine komponierte Position) Ähnlich wie Negri spricht Beller vom Übergang des singulären Warenobjekts zur zerstreuten und verteilten Ware (dem digitalen Objekt), dem Übergang von der Bewegung der fabrikmäßigen Produktion hin zur verteilten Produktion der Netzwerk-Ware in der sozialen Fabrik. Die industrielle Produktion schafft kommodifizierte Objekte in der Fabrik, die auf Märkten verkauft werden, während die verteilte (digitale) Produktion digitale Objekte schafft, die effektiv derivative “Objekte” im imaginären und sozialen Fabrik-Netz sind und auf Aufmerksamkeitsmärkten verkauft werden. Die neuen, verteilten Bild-Objekte sind untrennbar mit Franchising, Plattformen, Marken und anderen Modi der assoziativen Übertragung verbunden. Der Besitz eines Teils eines Netzwerks, ob als Aktie, Infrastruktur oder als Token oder sogar als “Ware” kann als ein Netzwerkderivat definiert werden, weil es einen Ertrag auf einen Basiswert liefert, nämlich den Verkehr, der den Nutzen des Netzwerks als Ganzes ausmacht. Eine Ware ist damit ein Teil in einem Netzwerk von Beziehungen – ein Knoten oder, im normalen Sprachgebrauch, ein Objekt. Aber im Lichte der heutigen digitalen Kompositionsfähigkeit ist sogar das traditionelle Warenobjekt ein Derivat, eine strukturierte, zusammensetzbare Position auf den handelbaren Tauschwert, seinem Basiswert auf dem Markt. Der Tofu ist eine Schnittstelle mit der Monsanto-Plattform, sein momentaner Preis eine spezifische Wette auf Ihren positiven Netto-Cash-Flow.

Die derivative Ware besitzt, wie die Produkte der synthetischen Finanzwirtschaft, ein Risikoprofil. In der Tat kann man argumentieren, dass das Derivat immer implizit in der Ware enthalten war – von dem Moment an, in dem seine doppelte Identität von Gebrauchswert und Tauschwert vom Kapital postuliert wurde, war sie faktisch eine soziale Beziehung, die eingepreist wurde: Die Produktion und der Kauf einer Ware war zu jedem Zeitpunkt ein kalkuliertes Risiko und ihr Preis war ein Preis auf alles Wissen, das in seiner Information komprimiert ist. Seine Information signalisiert das Potenzial für Transaktionen, und im Prinzip beeinflussen alle Transaktionen seine Information. Die Intensivierung der kapitalistischen Produktion bedeutet die Vervielfachung der Formen des Risikos und der Strategien des Risikomanagements.

In demselben Sinne, in dem in der Newtonschen Mechanik die Verschiebung eines Objekts eine Ableitung seiner Geschwindigkeit ist, ist der Preis der Ware als Objekt selbst ein Derivat der allgemeinen Bewegung der kapitalisierten Objektproduktion. Bei Fisher und Scholes wurde die Volatilität des Preises formalisiert (und selbst bepreist). Man zahlte, um sich einen zukünftigen Preis für x in einem volatilen Markt zu sichern, und der gezahlte Preis war eine Absicherung gegen die Volatilität, eine Liquiditätsprämie.

Wir sprechen nach wie vor von drei Klassen von ökonomische Objekten: Klassische Ware, Kredit und Derivat, wobei man bezüglich der synthetischen Wertpapiere immer noch von abgeleiteten Objekten, von Derivaten, spricht. Wenn die Produktion/Zirkulation eines physikalischen ökonomischen Produkts (klassische Waren wie Kleidung, Nahrungsmittel, Computer etc.) direkt durch einen Kredit affiziert bzw. eingeleitet wird und dieser sich wiederum durch den Preis seines synthetischen Replikanten (Derivate) massiv beeinflussen lässt, kann man dann wirklich die bisherige hierarchische Ordnung der drei Klassen von ökonomischen Objekten beibehalten? Ein Tisch mag ein Ding zur Bereitstellung einer Mahlzeit sein, aber wenn Faktoren wie zu zahlende Zinsen auf die Kredite des Tische produzierenden Unternehmens, Optionen und Versicherungen auf den Holzpreis und schließlich Währungsschwankungen mit den entsprechenden Faktoren in der Produktion übereinander geblendet sind, und dies im Kontext der Produktion weiterer Güter und Dienstleistungen, so wird doch über dem äußerst bescheidenen Tisch (als physikalisches Objekt) ein globales Festgelage des monetären Kapitals platziert. Die Preise von klassischen Waren sind nun eng mit den Preisen der finanziellen Assets korreliert, sodass die Preise der klassischen Waren allein durch das Verhältnis von Angebot und Nachfrage und die notwendige gesellschaftliche abstrakte Arbeitszeit nicht bestimmt werden können. Stattdessen geht die erhöhte Risikobereitschaft zur Anlage finanzieller Assets in die Preisbestimmung mit ein, und dies bezogen auf Investoren, die auf diversifizierte Warenindizes spekulieren.

Richtigerweise hält Beller die strikte Unterscheidung von Zirkulation und Produktion für fragwürdig. Das Netzwerk der Zirkulation vervielfältigt Schnittstellen für die Anlässe von Wertproduktion. Vernetzte Beziehungen haben das soziale Feld längst kolonisiert, die “Digitalität” und die “soziale Fabrik” geschaffen und den Arbeitstag maximal auf eine nahezu totale Besetzung des Lebens verlängert. Dieser Zustand – in dem Netzwerk-Waren als Netzwerk-Derivate funktionieren und in das semantische Feld eindringen, sodass praktisch alle sozialen Aktivitäten der Maximierung der Rendite des Kapitals gewidmet ist, so klein sie auch sein mag – beschreibt die mediologischen Verschiebungen, die notwendig sind, um den Postfordismus der Autonomia Operaia herbeizuführen, Foucaults “Unternehmer des Selbst” und Randy Martins “Finanzialisierung des täglichen Lebens”. Die computergestützte Produktionsweise führt zur “derivative condition”. Eine wichtige Schnittstelle ist dabei das programmierbare Bild.

Die Entwicklung von Optionen (im Warenhandel, in der Mode und im Finanzwesen) erlaubt es den Käufern, eine „Wette“ auf die Währung ihrer eigenen Lesart des Marktwerts abzuschließen: ihre “Wünsche”. Gleichzeitig integriert die Konstruktion von Optionen den Bereich des Sozialen als einen riesigen Raum der Innovation, einen Raum für die Produktion von neuen Bedürfnissen und für die Arbitrage. Die Raumzeit und die Virtuosität der sozialen Fabrik: Google, Nanotechnologien, Satelliten, Drohnen, Glasfaseroptik, Hedgefonds, Ambient Computing, Algo-Trading, Kryptowährungen, und dergleichen betreiben die unzähligen Optionen, damit die Produkte der sozialen Fabrik effizient verteilt und konsumiert werden können, um weiter Kapital zu produzieren.

Die digitalen Metriken, Medien des Risikomanagements, die auch Modi der Erweiterung der Logistik der Quantifizierung und Bewertung sind, entstehen direkt aus den neuen verteilten Formen der Warenproduktion in der sozialen Fabrik. Sie erweitern nicht nur die Logik des Marktes, sondern auch die kulturelle Logik – Teil ihrer “Bedeutung” ist, dass sie selbst Werkzeuge für die Navigation der kapitalistischen Kultur, i.e. des Risikos sind. Letztlich erfordern sie die Verlagerung der exponentiell komplexeren Bahnen und Berechnungen des Kapitals in die Nano-Sekunden-Operationen von diskreten Zustandsmaschinen.

Marx schreibt, dass Dinge, die an für sich keine Waren sind, wie das Gewissen oder etwa die Ehre, von ihren Besitzern zum Verkauf angeboten werden können und so die Form von Waren qua eines Preises erhalten. Daher kann ein Ding formal gesehen einen Preis haben, ohne einen Wert zu haben. Der Ausdruck des Preises ist in diesem Fall imaginär, wie etwa bestimmte Größen in der Mathematik. Andererseits kann sich hinter der imaginären Preisform auch eine reale Wertzusammenhang verbergen oder eine abgeleitete Preisform. Marx’ Vergleich des Verhältnisses von Preis und Wert mit realen und imaginären Zahlen besagt, dass ein Preis/Wert “real” oder “imaginär” und nach mathematischen Regeln behandelt werden kann; das heißt, er unterliegt mathematischen Operationen, die zu praktischen Ergebnissen führen.

Es lohnt sich, daran zu erinnern, dass die Verwendung von imaginären Zahlen, die von Leonhard Euler im achtzehnten Jahrhundert und von Carl Friedrich Gauß im neunzehnten Jahrhundert entwickelt wurden, die Existenz des Higgs-Teil vorhersagte. Ob da Higgs-Teil real ist oder nicht, ist irgendwie nebensächlich, da die Mathematik vermittelt durch die Technik ihres eigenen Designs die “Natur” inszeniert, um mathematische Effekte zu erzeugen, die in sich konsistent-überprüfbar sind. (Die Ableitung von Wert ist im Finanzwesen sowohl ein Instrument der Messung als auch ein Produktionsmittel). Mathematiker verwenden imaginäre Zahlen, um reale Lösungen zu erzeugen. Zweifellos funktionieren diese Lösungen, aber wie Gödel und Derrida gezeigt haben, ist die interne Konsistenz hier keine “Wahrheit” im klassischen Sinne.

Aber man könnte an dieser Stelle auch auf Laruelle verweisen. Die generische Methode operiert dadurch, dass sie aus den verschiedenen wissenschaftlichen Disziplinen oder Philosophien eine Minimum-Invariante extrahiert, wie etwa die imaginäre Zahl aus der Analysis, die Welle aus der Quantenphysik, das Transzendentale aus der Philosophie, das Kapital aus der Ökonomie etc. Diese Invarianten gilt es zu superponieren, oder, anders gesagt, sie müssen als theoretische Gegebenheiten in den Modus der Superposition eingeführt werden.

Beller schreibt nun die allgemeine Formel für Kapital um als G-I-C-I`-G`. G steht natürlich für Geld, C für Code und I für Image/Information. Der Code ist hier nicht eine stabile Einheit, sondern ein diskretes Moment in den Bewegungen des diskreten Zustands eines Computers – wir könnten sagen, aller vernetzten Computer und den Weltcomputer. Ersetzt man Marx’ Ware “W” durch I-C-I′, dann registrieren wir die Sublimierung der Warenform durch die Matrix der Information. In der Formel G-I-C-I′-G′ repräsentiert die erweiterte Schreibweise I-C-I′ die integrierte produktive Tätigkeit, die früher mit “W” bezeichnet wurde. Der Bild-Code der Netzwerk-Ware ersetzt das, was früher als Ware verstanden wurde. In einer Erweiterung und Marxifizierung von Flussers Begriff des Universums der technischen Bilder zeigt Beller, dass in der Digitalen Kultur 2.0 die Warenproduktion, durch Bilder vermittelt wird; Daten-Visualisierung ist eine Transaktion in der Bewegung vom Geld zum Bild-Code und zurück. Es ist ein vernetzter Prozess von vektoriellen Verbindungen.

In der Realität kann I-C-I′ viele Iterationen und Bestimmungen nach sich ziehen, es sind permanente Änderungen, die durch aufmerksamkeitsbezogene, kognitive, metabolische oder andere Arten von Eingaben initiiert werden. Wenn wir diese Arten von Eingaben für einen Moment festhalten, scheint es, dass die Verwertung überall im Schaltkreis oder Netzwerk stattfinden kann, wenn sie zwischen Mund M′ und dem Intervall, das früher durch die Ware “W” angezeigt wurde, prozessiert. Das heißt, in jedem Moment entlang des Kreislaufs von der monetarisierten Kapitalinvestition zum monetarisierten Gewinn ist eine wertproduzierende Transaktion möglich, jede Bewegung oder Veränderung generiert neue Daten und jeder neue Zustand ist eine potenzielle Schnittstelle mit der produktiven Arbeit, Affekt und Aufmerksamkeit. Der Zugang zu diesen Daten kann bepreist werden. Automatisierte “Arbeit”, d. h. Arbeit, die nur von Computermaschinen (oder sogar gewöhnlichen Maschinen) verrichtet wird, ist stets Maschinen-Amortisation. Maschinelle Amortisation ist ebenfalls ein Produktionskostenfaktor, aber sie ist für Beller keine Quelle für Gewinn. Hier weicht der Beller der Frage eines maschinellen Mehrwerts aus.

Die Produktion ist heute oft über mehrere Standorte verteilt: zum Beispiel über Hunderttausende von Software Autoren, zig Millionen von historisch abgewerteten (meist weiblichen, meist asiatischen) Händen, Milliarden von Bildschirmen, die von Milliarden von Operator-Funktionären bedient werden. Auf den Punkt gebracht, ist darin die Innovation lediglich eine Arbitrage auf die Arbeitskosten pro informatischem Bit. Waren, die nun vollständig algorithmisch sind, werden nahtlos als Gebrauchswerte und Tauschwerte und als die Realisierung von Gebrauchswerten als Mittel zur Produktion weiterer Tauschwerte durch die juristische und praktische Organisation von proprietären Wege entlang der riesigen Datenbank des Weltcomputers miteinander verbunden.

In der Bewegung von der Fabrik zur sozialen Fabrik müssen die Waren nicht mehr in Objektform materialisiert werden (diese “Waren” sind jetzt Kombinate von Marken, Bildern, Franchising und anderen finanzialisierten informatisch-semiotischen Vektoren); sie existieren und werden als integrierte Preis-Assembalagen produziert. Einiges von dem, was (von uns) gekauf und mit unserer Bildschirmarbeit getan wird, ist die Nutzung der Plattformen selbst (ihr Nutzen ist unsere Bezahlung, unsere soziale Währung), aber, wie das gebrandete Selbst und die fraktale Berühmtheit zeigen, gehen der Nutzen und die Logik über die Domäne einer bestimmten Plattform eine gemeinsame Verbindung ein und komponieren zusammen die kulturelle Logik des Rechnens. Das gebrandete Selbst, die fraktale Berühmtheit und andere Plattform-Affordanzen sind Teil der Kontrolle, die durch die durch “Digitalität als kulturelle Logik” ausgeübt wird. Der Rest unserer Arbeit, jenseits dessen, wofür wir eine gewisse Gegenleistung in sozialer Währung erhalten, wird ebenfalls als Daten sedimentiert. Sie wird absorbiert, gesammelt, eingefangen, abgekratzt, akkumuliert – kurz gesagt, gestohlen durch die primitive Akkumulation von Metadaten – und dann gebündelt und an Investoren, Aktionäre oder Werbekunden verkauft, oder von Regierungen, Polizei und Geheimdiensten beschlagnahmt. Unsere Modifikation des diskreten Zustands des globalen Computers wird entlohnt durch Arbeit oder unentgeltlich als verstreute Lebensaktivität in “weicher” sozialer Währung geleistet: Lebensfähigkeit, Know-how, Verblüffung, Verbindungen, Likes etc. – generiert Modifikationen dessen, was Beller den Code nennt, generiert durch unsere Nutzung, ja durch unser Bewohnen von vernetzten Medienmaschinen. .

Für Beller ist die technologische Logik eine karzerale Logik der Einschließung, eine siedler-koloniale Logik, die das Bewusstsein als stehendes Reservat postuliert. Kommunikation ist Diebstahl. Die Institution des Bewusstseins ist ein Produkt des Diebstahls und eine Form des Diebstahls.

Die Anzahl und Art der Intervalle von M bis M′ haben eine exponentielle Ausdehnung. Die völlige Neuverdrahtung von Raum-Zeit und Semiotik – auf allen operativen Ebenen, und zwar durch den prägnanten Stil der Protokolle eines einheitlichen Betriebssystems mit den unendlichen Ziffern von AI, vertreibt die altmodische Metaphysik (wie auch die alte Welt selbst), indem sie Methoden der Verzweigung und Inkorporation durch Aufzählung, die Zuweisung von Zahlen zu jeder beliebigen Qualität einsetzt. Die rechnergestützte Produktionsweise hat sich tief in die Welt eingemischt. Das allgemeine Verfahren, das erforderlich ist, um von M nach M′ zu gelangen, ist nun die rekursive Schleife des Bild-Codes des Rechnens. Das Bild als Daten-Visualisierung wird sowohl verarbeitet als auch bearbeitet – es ist eine Baustelle für die Modifikation von Code. Obwohl man vielleicht sagen sollte, dass die Information aus dem Bild der Ware hervorgegangen ist, können wir jetzt sagen, dass das Bild ein Aspekt der Information ist. Das Lesen eines Textes, sehr wahrscheinlich auf einem Bildschirm, ist ein Spezialfall der Bildverarbeitung, und selbst wenn man auf Papier liest, wird der Charakter des Mediums Papier und das, was auf ihm erscheint, durch die Medienökologie, in der es sich heute befindet, radikal verändert. Wir verbinden uns mit Bildern und werden als Bilder wahrgenommen, sowohl von psychischen als auch maschinellen Technologien.

Teil 1 hier

Foto: Sylvia John

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