Gilets Jaunes – Hinter den blumigen Etikettierungen stehen unsere Kämpfe gegen das Elend!

Brennende Barrikaden auf den Champs Elysées, Luxusautos stehen in Flammen, Luxusläden zerstört und geplündert, “die schönste Allee der Welt” brannte aus dem Bedürfnis zu leben und nicht mehr zu überleben. “Die Stadt des Lichts” war um einiges heller, als es die Meister je wollten. Und die Feuer der Revolte brennen seit drei Wochen auch an anderen Orten – in Frankreich und auch in Belgien – und erwärmen unsere Herzen und Seelen.

Haben wir nicht gerade ein Medikament gegen den Burn Out am Arbeitsplatz entdeckt? Für den Herbstblues? Für dieses Gefühl, dass unser Leben verblasst, vergeudet wird bei der Arbeit für einen lausigen Lohn oder in der Schule, um nur ein weiterer Arbeitsloser zu werden? Dass wir nie etwas anderes erleben werden als dieses Elend des Lebens unter der Diktatur des Geldes?

Das sind die wichtigsten Aspekte, die unsere Hoffnung geweckt haben, dass dies alles kein Schicksal ist, dass ein radikaler Wandel der Gesellschaft möglich ist.

– Die Bewegung hat sich außerhalb und in gewisser Weise auch gegen traditionelle Strukturen (Parteien, Gewerkschaften, Medien….) entwickelt, mit denen sich der Kapitalismus ausgerüstet hat, um jede praktische Kritik unschädlich zu machen.

– Bisher gab es keine ” konstruktiven ” Forderungen, keine Redner, keine Sprecher, keine Verhandlungsführer, oder sie vertraten nur eine winzige (und teilweise nicht sehr geschätzte, oder sogar von den meisten Radikalen bedrohte) Minderheit der Bewegung. Auch wenn die Medien versuchen, die Demonstranten im Rahmen des “Kampfes gegen die Steuern” zu verorten, ist das allgemeine Motto eher “Kampf gegen die Armut im Allgemeinen” in all seiner Komplexität (niedrige Löhne, hohe Preise, Verschwendung unseres Lebens bei der Arbeit, Entfremdung…) und stellt daher in letzter Konsequenz die kapitalistische Ordnung als solche in Frage.

– Die Bewegung ist regional organisiert und überwindet die üblichen gewerkschaftlichen Einteilungen nach Produktionsbereichen. Es sind Nachbarn, Freunde oder Kollegen, die sich auf den Blockaden oder Barrikaden treffen, und was sie gemeinsam haben, ist nicht ein besonderes Interesse an diesem oder jenem Berufszweig, sondern ein allgemeines Interesse an dem Elend unseres Lebens, das implizit von der gesamten Arbeiterklasse geteilt wird.

Es gibt natürlich Versuche, die Bewegung so umzugestalten, dass sie in den Rahmen kapitalistischer Strukturen passt – Forderungen, ” eindeutige und positive Forderungen ” zu stellen, mit Behörden zu diskutieren, vernünftig zu bleiben … Aber bisher hatten sie nicht viel Erfolg. Im Gegenteil, die Bewegung hat keine Angst, den sogenannten Gemäßigten zu zeigen, dass dies keine Möglichkeit ist, dass sie ihren Radikalismus nicht aufgeben werden und dass sie denjenigen, die die Bewegung mit dieser Axt teilen wollen, dies nicht gestatten werden, und nicht zulassen werden, dass diese Bewegung zerstört wird.

– Die Bewegung, oder ihr größter Teil, ist radikal und daher gewalttätig und führt sie an. Nicht nur, dass die “Gilets Jaunes” keine Angst vor der Konfrontation mit der Polizei haben, viele haben keine Angst vor dem Exzess, der Brandstiftung, der Entwurzelung; sie haben keinen Respekt vor Privateigentum, sie plündern … Aber was noch wichtiger ist, sie bekennen sich auch dazu – einige implizit, andere offen, was die übliche Taktik der Bourgeoisie, die Bewegung in “gute Demonstranten” und “schlechte Randalierer” zu spalten, schwierig zu handhaben macht. Nicht jeder hat Lust, an den Unruhen teilzunehmen, aber viele betrachten den Aufstand als legitimen Ausdruck der Bewegung.

– Nicht nur, dass die Bewegung nicht aufhört, den Rest der Arbeiterklasse zum Mitmachen aufzufordern, sondern sie versucht auch, sich auszuweiten und zu verallgemeinern (…die Proteste die sich auf dem Sektor der Oberschulen entwickeln). Immer mehr Forderungen nach Verbrüderung mit den Repressionskräften kommen hinzu. Es gibt Leute, die auf die CRS reagieren, indem sie sich über ihr hartes Vorgehen beschweren, sagen dass sie einfach ihre Waffen niederlegen und sich den Demonstranten anschließen können. Es gibt diejenigen, die sie einladen, darüber nachzudenken, wer ihr wahrer Feind ist. Und es gibt andere, die die Soldaten auffordern, ihren Herren nicht zu gehorchen, falls sie gegen die Bewegung eingesetzt würden.

– Nichts ist für die Bewegung heilig, keine Symbole, keine Legenden, keine Identität, keine Ideologie, die nicht niedergebrannt, vernichtet oder zerstört werden könnte. Das beste Beispiel vom vergangenen Wochenende – der Arc de Triumph, das Symbol ihrer bürgerlichen Republik und ihrer warmen Allmacht, wurde getagged, sein Museum geplündert und Proletarier tanzten vor Freude auf seinem Dach.

Das sind die Punkte, die im weiteren Kampf entwickelt und bewältigt werden müssen. Lasst uns gemeinsam kämpfen, um eine Beruhigung der Bewegung durch politische Parteien oder Gewerkschaften zu verhindern, lasst uns gemeinsam gegen den Rahmen von Wahlen, Reformen und Forderungen kämpfen, die einige uns aufzwingen wollen.

Gehen wir weiter bis zu den letzten Konsequenzen unserer Kritik!

Lasst uns organisieren, diskutieren und das Feuer der Revolte zusammen nähren!

Wir sind ungeduldig zu erleben, das nächste Mal zu leben …

6. Dezember 2018

nosotros.proletarios

Anmerkung:

Der Text erschien am 24.01.2019 bei den Genoss*innen von libcom

( https://libcom.org/news/gilets-jaunes-communards-sans-culottes-va-nu-pieds-wrecked-earth-07122018) und wurde von mir sinngemäß übersetzt.

Sebastian Lotzer, 25.Januar 2019

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