Inhuman Power / Review (4)

Wenn es um die langfristigen Tendenzen der AI geht, werden die Autoren in ihren Bewertungen vorsichtig, wobei durchaus ein Kapitalismus ohne Menschen vorstellbar ist, andererseits ist es auch denkbar, dass intelligente maschinelle Netze ihren Input und Output autonom darstellen und zudem fähig sind, das Kalkulationsproblem zu lösen und demokratische Planungsprozesse zu begleiten. Alberto Toscano hat das Unsichtbare Komitee dafür kritisiert, dass dieses die Logistik lediglich ein Anlass zur Sabotage vorführe, ohne eine langfristige Perspektive zu besitzen, wie man diese Technologien umfunktioniert und einer sozialistischen Ökonomie bereitstellt. Japser Bernes hat darauf geantwortet, dass die Logistik heute mit einer Verbilligung der Arbeitskräfte einhergehe, die oft genug lediglich darauf warten einen Button zu drücken. Um die Kontrolle über die Logistik in der planetaren Fabrik durch kleinen Kommunen zu gewärleisten, müssten sich die Arbeiter eine Technologie aneignen, die ihnen wesentlich fremd ist. Toscano wiederum glaubt, dass eine derart hochentwickelte Technologie nicht nur in kleinen Kommunen funktionieren könne und hält derartige Ideen für romantisch. Im Hinblick auf den linken Akzelerationismus, der für einen voll automatisierten Sozialismus schwärmt und einen pragmatischen Umgang mit den vorhandenen Technologie fordert, kritisiert Bernes, dass sich Technologien nicht in böse (Nuklearwaffen) und gute Technologien (Antibiotika) unterscheiden lassen. Solch eine Herangehensweise begreift die Technologie als diskretes Tool anstatt als ein komplizierte Netzwerksystem. Der linke Akzelerationismus entwickelt ein Denken, das davon ausgeht, dass je weiter entwickelt die Technologie ist, desto einfacher ist es zum Kommunismus zu gelangen. Aber was, wenn diese Technologie den Weg zum Kommunismus eher versperrt?

Wenn es an dieser Stelle um die AI geht, dann nicht im Sinn einer Rekonfiguration von Algorithmen oder der Automatisierung von Jobs, vielmehr um die Trajektoren eines universellen technologischen Projekts, das zunächst ein kapitalistisches Projekt ist. Dennoch ist die Entwicklung offen, hin zum besten oder zum schlechtesten für die Menschheit. AI eröffnet den Menschen einen Weg aus der Ausbeutung durch das Kapital, aber zugleich die Freiheit des Kapitals den Menschen auf eine billige Abstraktion zu reduzieren. Diese Widersprüchlichkeit kennt der linke Akzelerationismus nicht, weil er blind ist für den Sachverhalt, dass AI im Kapitalismus die Arbeit intensiviert, die Produktion von Waren und die Zirkulation beschleunigt und die Umwelt immer weiter zerstört, bis hin zu einem dramatischen Limit, das für die Menschen gefährlich werden kann. Die Antwort der AI-Enthusiasten ist die, dass gerade AI Systeme die Apokalypse abwenden könnten. Aber AI-Systeme benötigen sehr viel Energie und tragen mit ihren großen Datenzentren zur Erwärmung des Planeten bei. Auch Nick Lands Vision einer nicht mehr zu stoppenden AI, eine fatale Dynamik, die ohne jeden Ausweg zu Cyberwars führt, welche die Ausmaße von nuklearen Kriegen annehmen können, huldigt der Apokalypse. Für Land ist die AI der Kulminationspunkt eines kybernetischen Prozesses, in dem das Kapital immer neue Feedback-Kreisläufe der Technologie hervorbringt, wobei Land diesen Fatalismus abfeiert.

Für die Autoren besteht das kommunistische Moment in der AI weder in den Beschleunigungsphantasien des linken Akzelerationismus noch in den spontanen Aktionen des Luddhismus, sondern darin, die Dynamik des Kapitals zu unterbrechen, das heißt, den Imperativ des Kapitals die Kosten zu senken und die Zirkulation von Waren zu beschleunigen außer Kraft zu setzen. Und es gibt zudem ein kommunistisches Moment in der AI-Forschung, das weniger in der Automation der Produktion besteht, sondern die Enteignung des AI-Kapitals, um Formen eines kollektiven Besitzes und die Applikation für andere Sektoren herzustellen. Die von der AI durchzogenen Infrastrukturen sollten einen allgemeinen Nutzen besitzen. Die Arbeitszeiten würden substanziell verkürzt und ausreichend freie Zeit zur Verfügung gestellt, dennoch würde die Arbeit als Teil einer freien kollektiven Assoziation nicht ganz verschwinden. Für den Autonomen Theoretiker Raniero Panzieri ist die Zerstörung des Kapitals eine Negation, die eine komplette Neu-Organisation der Infrastruktur und der Technologie betrifft, um letztere ganz von der Produktivität abzukoppeln. Dabei sind die Grenzen zwischen Verweigerung/Ablehnung und Aneignung der AI sowie zwischen dem Saboteur/Hacker und dem Verteidiger fluider als man denkt.

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