Communiqué zum Gedenken an den Genossen Lorenzo Orsetti | Tekoşîna Anarşîst
veröffentlicht auf twitter https://twitter.com/TA_Anarsist/status/1504762371042127882
Ş. Tekoşer, Lorenzo Orsetti
Dies sind die Worte eines bestimmten revolutionären Geistes, der diejenigen, die ihm begegnen, aufklärt, inspiriert und ermutigt. Dieser Geist wurde in vielerlei Hinsicht von unserem Freund und Genossen Lorenzo Orsetti, şehîd (Märtyrer) Tekoşer Piling, verkörpert. Ein Geist, der sich der Unterdrückung nicht beugt, der nach Freiheit schreit und der sich renitent erhebt, wenn andere schweigen. Es war dieser Geist, der ş. Tekoşer antrieb, das Leben in Unterwerfung und Knechtschaft abzulehnen, die Freiheit aufzuspüren und diejenigen, die dafür kämpfen.
In diesen Zeiten, in denen Systeme der Unterdrückung und Herrschaft – sowohl unterschwellig wie offenkundig – darauf abzielen, Menschen zu isolieren und in Unsicherheit und vermeintlicher Schwäche gefangen zu halten, müssen wir uns auf das Beispiel von Märtyrern wie şehîd Tekoşer besinnen, die uns anhalten, Kraft in der Kameradschaft zu finden und die Grenzen des Möglichen zu erweitern. Diese Worte von ihm, in denen er uns auffordert, der Tropfen zu sein, der den Sturm bringt, sind eine perfekte Metapher für den Willen in ihm, an der Spitze des Kampfes zu stehen, der sein letzter sein würde – der Kampf, die Überreste des Kalifats des Islamischen Staates an den Ufern des Euphrat in Baghuz zu vernichten. Als der Feind einen letzten verzweifelten Angriff startete und ihre Einheit überrannte, hielten Lorenzo und der Kommandant der Einheit, şehîd Şamî, hartnäckig und tapfer die Stellung, sie so lange wie möglich behauptend bis Verstärkung kommen würde. Sie gesellten sich zu den mehr als 12.000 Freunden, die hier im revolutionären Kampf gefallen sind.
Als echter Internationalist sah şehîd Tekoşer den Kampf der Völker Nord- und Ostsyriens als Teil des selben Kampfes für Freiheit überall auf der Welt und machte ihn sich zu eigen. Er kämpfte an der Seite kurdischer und arabischer Genoss*innen in den Reihen der Volksschutzeinheiten (YPG) und der Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF), an der Seite von Genoss*innen der revolutionären Partei TIKKO aus der Türkei und förderte den Aufbau einer organisierten internationalistischen anarchistischen Bewegung in Tekoşîna Anarşîst. Die Entschlossenheit und der Internationalismus, wie sie von Ş. Tekoşer veranschaulicht wurden, erinnert uns auch daran, dass dieser Sturm über die ganze Welt hinwegfegen wird. Der Kampf findet bereits überall statt, und wir müssen in uns selbst die gleiche Fähigkeit suchen, den Sturm herbeizuführen, wie es Orso tat. Wir können es in den Menschen sehen, die sich organisieren, um sich gegenseitig zu unterstützen, um sich angesichts des blutigen imperialistischen Krieges zu verteidigen, wie beim Widerstandskomitee und der Operation Solidarität in der Ukraine. Wir sehen es an den Aktionen der Russischen Menschen, die sich weigern, in Russland untätig zu bleiben, und die gegen die Kriegsanstrengungen des Putin-Regimes Maßnahmen ergreifen
Als Internationalisten müssen wir die vermeintlich freie Welt in ihrer Heuchelei entlarven. Während sie herzzerreißendes Mitgefühl für die Ukraine bekunden, schweigen sie, oder schlimmer noch, sie gehen aktiv gegen viele Freiheitskämpfe in der Welt vor und verfolgen diejenigen, die diese unterstützen. Vielen Genoss*innen drohen jetzt wegen ihrer Teilnahme an diesen Kämpfen lange Haftstrafen. Während der italienische Staat Lorenzo als Held und modernen Partisanen ehrt, werden Genoss*innen dafür kriminalisiert, dass sie sich an der Revolution im Nordosten Syriens beteiligt haben, werden mit Einreiseverbot in die Länder der Europäischen Union belegt und inhaftiert. Libre Flot, Freiwilliger in der YPG, sitzt in Isolationshaft und wird des Terrorismus beschuldigt, während die wahren Terroristen in den Regierungsbüros sitzen und Wehrpflichtige zum Sterben in grausame Operationen zu Besatzung und Völkermord schicken, in Kurdistan und jetzt auch in der Ukraine. Unsere inhaftierten Genossinnen und Genossen brauchen uns, um die gleiche Kühnheit zu verkörpern wie Märtyrer wie Orso, um ihre Isolation zu durchbrechen – sei es Dimitri Hatzivassiliadis, Michael Kimble oder Libre Flot, der sich seit 21 Tagen im Hungerstreik befindet* [https://solidaritytodecember8.wordpress.com/], oder Abdullah Öcalan, der seit über 23 Jahren in Imrali inhaftiert ist und dessen Ideen die revolutionäre Bewegung in Kurdistan inspirierten.
Märtyrer sterben nicht, und zwar nicht wegen irgendeinem göttlichen Eingreifen, sondern durch unser konkretes Handeln, indem wir ihren Geist im Kampf weitertragen. In diesen Zeiten ist der Boden fruchtbar für eine neue Welt, die aus den Trümmern der alten wächste, die Welt, die wir bereits in unseren Herzen tragen.
Alles, was es braucht, ist ein wenig Regen. Şehîd namirin!
Tekoşîna Anarşîst | März 2022