Klimakrise und Fossiles Kapital

Im Jahr 2012 lagen die globalen CO2 Emissionen um 58% höher als im Jahr 1990. Dies hatte unter anderem zur Folge, dass die Wirbelstürme aufgrund höherer Temperaturen in den Einzugsgebieten von Ozeanen stärker wurden und die arktischen Ökosysteme eine Reihe von Tipping Points erreichten. Die Grenze, bei dem die Eisdecke in Grönland irreversibel schmilzt und ein Anstieg des Meeresspiegels bis zu 6 Meter erreicht werden kann, liegt heute nicht bei einer weiteren Erderwärmung von 3,1 Grad, sondern von 1,6 Grad. Schließlich muss man von sinkenden natürlichen Ressourcen wie Wasser, Nahrungsmittel und Energie ausgehen. Der vom Kapital initiierte Klimawandel – Verringerung der Biodiversität, stratosphärische Abnahme des Ozons, Übersäuerung der Meere, extreme Wetterbedingungen, prekäre Trinkwasserversorgung, chemische Verschmutzung und die Veränderung der Bodenbedingungen, um nur einiges zu nennen, lässt sich längst nicht mehr leugnen. Das Ziel, die Erderwärmung unter 2 Grad Celsius zu halten, rückt heute in weite Ferne, während ständig in neue Ölfelder, durch Kohle angetriebene Fabriken, neue Flughäfen, neue Autobahnen etc. investiert wird. Im Jahr 1990 lag der jährliche Anstieg der Erwärmung bei einem Prozent, und seit dem Jahr 2000 haben wir es mit einer Rate von 3,1 Prozent zu tun. Es ist eine trostlose Tatsache: Je mehr Wissen über die Konsequenzen der Erderwärmung vorhanden ist, desto mehr fossile Brennstoffe werden verbrannt. Wetterbedingungen, Vegetationstypen, ganze Kollektive von Organismen und die Erwärmung der Ozeane sind ein Produkt der Verbrennung von fossilen Brennstoffen. Die Fakten sind also hinreichend bekannt und sie können nur in ihrer Totalität bewertet werden. Sie sind das Produkt einer fossilen Ökonomie. Der anthropogene Klimawandel hat seine Ursachen nicht im Bereich der Temperaturen oder des atmosphärischen Niederschlags, sondern in der Sphäre menschlicher Praktiken, die man, so Andreas Malm in seinem Buch Fossil Capital, mit dem Begriff »Arbeit« zusammenfassen kann. Dabei muss nicht nach dem Klimawandel in der Geschichte, sondern in der Geschichte des Klimas nach Antworten gesucht werden.

Automobile beruhen auf fossiler Energie (eine Hinterlassenschaft der Photosynthese, die Hunderte Millionen Jahren zurückliegt) und ihre Verbreitung wurde im 20. Jahrhundert in weiten Bereichen und Zonen der Erde durchgesetzt. Zudem beruht ihre Existenz auf einer Infrastruktur, die mit Ölterminals, Petroleum-Raffinerien, Netzwerken von Straßen, Lobbygruppen etc. ausgestattet ist, Faktoren, die nicht vom Himmel fielen, sondern in längeren Zeiträumen entstanden sind, indem beispielsweise andere Transportmethoden als wir sie heute vorfinden, an den Rand gedrängt oder eliminiert wurden.

Es ging bei der ersten industriellen Revolution unter anderem um die Durchsetzung und Zementierung einer auf fossilen Brennstoffen basierenden Technologie, eine bis heute vergiftete Frucht der Geschichte, so Malm. Das gegenwärtige Klima ist ein Produkt von andauernden CO2 Emissionen in der Vergangenheit. Wohin man beim Klimawandel schaut, man befindet sich im Würgegriff eines Zeitstroms. Der Transfer des Kohlenstoffs, der von geologischen Reserven ausging und zu Feuerstellen führte, um dann in die Atmosphäre emittiert zu werden, setzte den Prozess in Gang. Es braucht seine Zeit, bis eine bestimmte Quantität von CO2 Emissionen als Wärmeertrag erkannt wird und bevor dieser sich im planetarischen Ökosystem auswirkt. Mit jeder neuen Emission, die den Emissionen in der Vergangenheit hinzugefügt wird, steigt die Konzentration von CO2 in der Atmosphäre an (CO2 bleibt mehrere tausend Jahre in der Atmosphäre) und die Erderwärmung beschleunigt sich, das heißt, Emissionen sind kumulativ. Die Emission einer Tonne CO2 wäre nicht so gefährlich, wenn sich nicht schon Billionen Tonnen CO2 in der Atmosphäre befänden; es ist also die totale Akkumulation, welche die Temperaturen ansteigen lässt, und je mehr C02 ausgestoßen wird, umso geringer sind auch die Aussichten, den stattfindenden Anstieg überhaupt noch bremsen zu können. Neue Studien sagen, dass die Treibhausemissionen mit 40.6 Billionen Tonnen CO2, die in die Atmosphäre gepumpt wurden, ein neues Rekordhoch erreicht haben.

Wenn ein bestimmter Anstieg der Erderwärmung, sagen wir von 2 Grad Celsius eingehalten werden soll, dann kann logischerweise nur noch eine ganz bestimmte Menge CO2 ausgestoßen werden. Selbst wenn die fossile Ökonomie mit einem einzigen Schlag vernichtet werden würde, so würde sie dennoch weiterhin ihren dunklen Schatten in die Zukunft werfen. Und selbst wenn die Emissionen gegen Null gingen, würde der Meeresspiegel über mehrere hundert Jahre hinweg immer noch ansteigen. Ein erwärmtes Meer lässt das Eis der Antarktis schmelzen und die Permafrostböden bzw. das Methanhydrat destabilisieren, um weitere Feedback Mechanismen in Gang setzen – alles in allem ist der Klimawandel auch ein schmutziger Mix von Zeitskalen. Man darf also nicht vergessen, dass die 1.5 C Grenze, wie sie vom IPCC und der UN vorgegeben wurde, immer noch eine globale Erwärmung zulässt, die in intensiveren und häufigeren Hurrikans, Stürmen und anderen Wettereignissen resultiert, ansteigenden Überflutungen und Trockenperioden, reduzierten Ernteerträgen, sinkenden Fischbeständen, während der Meeresspiegel ansteigt, was die Migration von Menschen, die auf Inseln oder in niedrigen Regionen leben, forciert, und schließlich kommt es zu höheren Sterberaten und wachsender Verwüstung. Der Klimawandel erzeugt Zehntausende von Toten im Jahr, sodass man die 1.5C Grenze als ein »death sentence« für viele indigene Völker und Inselbewohner bezeichnen muss. 1.5C Erderwärmung ist also schon als eine Katastrophe und keineswegs als ein akzeptables Level der Klimaerwärmung zu verstehen.

Die Unternehmen und Personen, die andere Menschen durch die Verbrennung von fossilen Brennstoffen zu Schaden kommen lassen, können ihre Opfer nicht sehen, weil sie größtenteils noch nicht existieren. Man könnte diese Prozesse des Klimawandels als eine Gewalt in Slow Motion einstufen, die nicht instantan, sondern schrittweise, aber auch kaskadenhaft verläuft. Je länger im Klimabereich das business-as-usual verfolgt und der Klimawandel von den Staaten im Sinne einer neoliberalen Governance lediglich verwaltet wird, desto schwieriger wird es aus dem Trend der Erwärmung auszubrechen. Jede Runde neuer Pipelines, Straßen und Tanker belädt und belastet die Bevölkerungen in den nächsten Jahrzehnten mit einer schweren Masse Infrastruktur, in der massiv Kohlenstoff steckt. So steigt die kausale Macht der Vergangenheit unaufhaltsam an, vielleicht bis zu einem Punkt, an dem es wirklich zu spät ist.

Eines der beunruhigendsten Ergebnisse der Klimawissenschaften besteht darin, dass die Erderwärmung letztendlich doch nicht schrittweise, darstellbar als eine gleichmäßig aufsteigende Linie auf einem Graphen, erfolgen könnte, sondern als eine Serie von Beschleunigungen, bei der verschiedene Tipping Points erreicht und überschritten werden. Diese Tipping Points können die Form einer Kaskade annehmen. Eine neue Studie geht davon aus, dass Veränderungen in der Zirkulation in den Ozeanen, welche die Luft um die Welt bewegt und für Erwärmungen verantwortlich ist, solch ein Treiber einer Kaskade sein könnte. Das schmelzende Grönland-Eis in einer wärmeren Arktis ist eine Schlüsselkomponente der Zirkulationen in den Ozeanen. Eine weitere Beruhigung der Zirkulation könnte zu einem Shift in der Wärmeproduktion über den Globus hinweg sowie zu einem Kollaps des Regenwaldes in Amazonien führen, zu einer permanenten Trockenheit in Afrikas Sahelzone, sie könnte die asiatischen Monsume beeinflussen und den Südlichen Ozean rapide erwärmen, was wiederum einen akuten Anstieg des globalen Meeresspiegels nach sich ziehen könnte, während die westantarktische Eisdecke brechen und schließlich einen Shift hin zu einem neuen Klimaregime hervorbringen würde, das Forscher »Hothouse Earth« nennen. Dabei gilt es zu bedenken, dass der Anstieg des Meeresspiegels keineswegs in allen Regionen der Ozeane gleichmäßig verläuft, weil er mit der Zirkulation des Meeres, der Struktur der Küsten und zudem mit den Maßnahmen zum Küstenschutz variiert.

Es könnte sogar sein, dass die Linie, die die Kaskaden von aufeinander bezogenen Tipping Points anzeigt, schon überschritten wurde. Die potenziellen Tipping Points zeigen sich in drei Formen. Der Verlust an Eisdecke, der den Anstieg des Meeresspiegels beschleunigt; Wälder und andere natürliche Kohlenstoffspeicher geben die Speicher in die Atmosphäre als CO2 frei, was zu einer weiteren Erwärmung und zur Beeinflussung der Zirkulation der Ozeane führt. Vier der neun Tipping Points befördern das Auftauen des Eises. Das Eis der Arktis verschwindet rapide, und der Eisverlust betrifft alle größeren Landflächen, die auf Eis basieren, nämlich Grönland, West Antarktis, and the Wilkes Basin in East Antarctica. Das tangiert auch den Wetterverlauf in den mittleren Breiten, weil das Eis die Rückstrahlung der Sonnenenergie, den den Niederschlag, die Versorgung der Atmosphäre mit Wasserdampf und die Strömungsmuster der Luft in der atmosphärischen Zirkulation beeinflusst.

Der Amazonas leidet an wiederkehrender Trockenheit und Waldsterben. In den nördlichen Nadelwaldgürteln führen die steigenden Temperaturen zu markanten Waldbränden, Permatfrostböden tauen auf und setzen Methan frei; in den Tropen verschwinden Korallenriffe und beeinflussen dadurch die Ökosysteme der Ozeane. Längst werden in der Klimaforschung nicht alle physikalischen Wechselwirkungen verstanden und in den Klimamodellen abgebildet. Die globale Erderwärmung muss nicht unbedingt zu einem Anstieg der Temperaturen auf dem ganzen Globus führen. So ist die globale Mitteltemperatur ein Maß, dass sich auf die Bestimmung und Kommunikation des weiteren Verlaufs des Klimawandels bezieht, sie ist eine wissenschaftliche Konstruktion, die meistens mit der Wahrscheinlichkeitstheorie arbeitet. Dieses Maß beschreibt den Gesamtzuwachs an Wärmeenergie in bestimmten Schichten der Atmosphäre, wobei es damit keineswegs klar ist, wie die höhere Energie sich jahreszeitlich und lokal auswirkt, denn dies hängt von einer ganzen Reihe von Faktoren ab, wie etwa die spezifische Verteilung von Land, Eis und Meer, die Struktur der Gebirge und der großen Vegetationsflächen. Dies resultiert in der Entstehung bestimmter Strömungsmuster und Wetterereignisse, wobei die Erhöhung der Energiezufuhr, die durch die Wechselwirkungen an der Erd-, Wasser- oder Eisoberfläche unterschiedlich erfolgt, zu einer eine Destabilisierung der bekannten Strömungsmuster und Wetterprozesse führt.

Es ist weitgehend bekannt, dass 10% der Menschheit für die Hälfte all derjenigen gegenwärtigen Emissionen an CO2 verantwortlich sind, die von der Konsumtion herrühren. Dias reichste 1% hat einen CO2 Abdruck, der 175 mal größer ist als der der ärmsten 10% der Weltbevölkerung. Die Emissionen des 1% der reichsten Einwohner in den USA, Saudi Arabien und Luxemburg sind zweitausend mal höher als die der ärmsten Einwohner von Honduras, Mozambique oder Ruanda. Der größte Luftverschmutzer in der Welt ist aber das amerikanische Militär. Wenn es ein Land wäre, würde es durch den Verbrauch von fossilen Energien auf Platz 47 der größten Emittenten von Treibhausgasen in der Welt schaffen. Man denke an die weltgeschichtliche Ineffizienz des US-Militärs, des größten Ölverbrauchers des Planeten und, was nicht überraschend ist, auch des wichtigsten Ölpolizisten des Planeten. Das Pentagon ist ein buchhalterisches Schwarzes Loch, aus dem kein Licht hervorgeht.

Die meisten werden sagen, dass die Antwort auf all diese Probleme die Besteuerung von schmutziger Energie oder ein völliges Verbot der Emission von CO2 sowie die Subventionierung von sauberen Energien ist. Eine vernünftig angewandte CO2-Steuer könnte angeblich die Waage zugunsten der erneuerbaren Energien kippen, bis diese in der Lage sind, fossile Energieträger vollständig zu ersetzen. Neue fossile Quellen und Infrastrukturen könnten verboten werden, und die Einnahmen aus den Steuern können zur Finanzierung der Erforschung neuer Technologien, zur Effizienzsteigerung und zur Förderung der Verbraucher verwendet werden.

Aber bei jedem nur denkbaren Szenario dieses traurigen, erwärmten Planeten, scheitert auch jeder Green New Deal am Kapitalismus. Denn im Kapitalismus wird die Klasse von Eigentümern und Managern im Wettbewerb gezwungen, eine Reihe von Entscheidungen darüber zu treffen, wo und in was investiert werden soll, indem Preise, Löhne und andere grundlegende Determinanten der Wirtschaft festgelegt werden. Selbst wenn diese Eigentümer die untergehenden Städte und die Milliarden von Migranten bis zum Jahr 2070 mit hohen Investitionen in den Klimaschutz verhindern wollten, könnten sie es nicht. Ihnen sind also die Hände gebunden, ihre Entscheidungen sind durch die Tatsache eingeschränkt, dass sie bestimmte Waren zumindest zum aktuell existierenden Preis am Markt verkaufen müssen oder schlichtweg untergehen. Es ist die Klasse des Kapitals als Ganzes, die hier entscheidet, nicht ihre einzelnen Mitglieder.

Der Drive zu unerbittlichem Wachstum und damit zu steigendem Energieverbrauch wird nicht gewählt, sondern er ist strukturell erzwungen. Wenn man das Öl in einem Land besteuert, wird das Kapital es woanders verkaufen. Wenn die Nachfrage nach Rohstoffen sich erhöht, dann wird das Kapital die Preise für Rohstoffe in die Höhe treiben und die Materialien auf eine energieintensive Weise auf den Markt bringen. Wenn das Kapital Millionen von Quadratkilometern für Solarmodule, Windparks und Biokraftstoffpflanzen benötigt, wird es den Preis für Immobilien in die Höhe treiben. Wenn man Zölle auf notwendige Importe erhebt, wird das Kapital auf günstigere Märkte ausweichen.

Es gibt 1,5 Billionen Barrel nachgewiesener Ölreserven auf dem Planeten, mit einem Wert von etwa 50 Billionen Dollar, wenn man von sehr niedrigen durchschnittlichen Kosten pro Barrel von 35 Dollar ausgeht. Das ist ein Wert, den die Ölgesellschaften bereits in ihren mathematischen Berechnungen berücksichtigt haben. Wenn CO2 Steuern oder -verbote diese Zahl verzehnfachen, werden die fossilen Kapitalisten alles tun, um die Steuer zu vermeiden, zu untergraben und aufzuheben. Zum Vergleich: Es gibt etwa 300 Billionen Dollar an Gesamtvermögen auf dem Planeten, das meiste davon in den Händen der kapitalistischen Eigentümerklasse. Das globale Bruttoinlandsprodukt, der Wert aller in einem Jahr produzierten Waren und Dienstleistungen, liegt bei rund 80 Billionen Dollar. Wenn jemand vorschlägt, 50 Billionen Dollar, ein Sechstel des Reichtums auf dem Planeten, was zwei Dritteln des globalen BIP entspricht, zu eliminieren, sollte man erwarten, dass die Eigentümer dieses Reichtums diese Kraft mit allem bekämpfen, was sie haben. Während beispielsweise der New Deal nur zur Wiederherstellung des Wachstums diente, muss der Green New Deal Wachstum generieren und Emissionen reduzieren. Das Problem ist, dass Wachstum und Emissionen in fast allen Bereichen stark positiv korreliert sind. Der Green New Deal droht also zu einer Art Sisyphusreform zu werden, indem er jeden Tag den Stein der Emissionsreduzierung den Hügel hinaufrollt, nur um von einer wachsenden, energiehungrigen Wirtschaft jede Nacht wieder auf den Boden der Tatsachen gebracht zu werden.

In Zeiten globaler Erwärmung forcieren die eisernen Gesetze der Ökonomie und der Geophysik die Wirkung der Schäden, die in der Vergangenheit angerichtet wurden. Dabei handelt es sich sicherlich um mehr als nur eine graduelle Progression, so intensivieren extreme Wetterereignisse abrupt die langsame Gewalt des Klimas und erzeugen zudem ein fotogenes Spektakel für die Massen in den Wohlfühloasen: Man denke an die Wasserfluten in Pakistan oder die Brände im Amazonasgebiet. Der Punkt des »Es ist zu spät« rückt von Tag zu Tag näher, und je näher er rückt, desto schärfer und umfassender müssen die Einschnitte in die Emissionen sein.

Andreas Malm stellt in diesen Kontexten die für sein Buch Fossil Capital entscheidende Frage: Was muss man unter einer fossilen Ökonomie verstehen? Eine erste einfache Antwort wäre: Eine Ökonomie mit nachhaltigem strukturbedingtem Wachstum, das auf einem steigendem Konsum von fossilen Brennstoffen beruht und deshalb einen fortgesetzten Anstieg von CO2 in der Atmosphäre erzeugt. Der hauptsächliche Antrieb dieser »business as usual Ökonomie« entstand während der ersten industriellen Revolution, die zum ersten Mal in der Menschheitsgeschichte ein nachhaltiges ökonomisches Wachstum, das nicht episodisch war, erzeugte. Und im Zuge der Gesetze der Thermodynamik weiß man, dass kein Wachstum sich selbst füttern kann, es beruht immer auf der Dissipation von natürlichen Ressourcen. Das Feuer des modernen Wachstums reproduzierte ein ökonomisches Gas, das nach einem Mehr an Wachstum verlangte, welches das Feedback – und in dieser Hinsicht war es nachhaltig – auf eine immer höhere Stufenleiter setzte. Die fossile Ökonomie war geboren, als dieses Feuer durch das Material fossiler Energien forciert wurde.

Die fossile Energie ist aber nur ein Grund für die globale Erwärmung; die Abholzung von Wäldern zeichnet in der Geschichte für ein Viertel des CO2 Ausstoßes seit 1870 verantwortlich und steht derzeit für 8% der Emissionen, während die fossilen Energien für den Rest verantwortlich zu machen sind. Es gibt zudem andere Treibhausgase – Methan, Sulfur, Ozon, Dioxide etc. -, deren Geschichte auch noch geschrieben werden müsste. Wenn der Anstieg der CO2 Emissionen gestoppt würde und der Ausstoß konstant bliebe, würde die Konzentration in der Atmosphäre dennoch ansteigen, denn für das Klima zählen die absoluten Mengen an CO2 in der Atmosphäre. Letzten Endes ist es die ökonomische Expansion und die damit einhergehende Konsumtion fossiler Energien, welche für die Emissionen bis heute hauptsächlich verantwortlich sind, und dies auf immer noch steigenden Levels.

Andreas Malm übersetzt die Marx`sche These von der steigenden organischen Zusammensetzung des Kapitals (die Rate zwischen toter und lebendiger Arbeit) in eine ansteigende fossile Zusammensetzung des Kapitals. Über eine längere Zeitperiode hinweg lässt sich also die Tendenz des Kapitals, den Anteil menschlicher Arbeit gegenüber dem der Maschinen zu reduzieren, in das Gesetz der steigenden Konzentration von CO2 in der Atmosphäre übersetzen. Diese Dynamik wurde zuallererst in England im 19. Jahrhundert während der Konsumtion von Kohle, die für den Textilhandel und -produktion notwendig war, vorgefunden.

Die Tendenz des Kapitals seine Mobilität und Flexibilität zu erhöhen, endet paradoxerweise auch immer damit, mehr fixes Kapital in Produktionsmittel, Infrastrukturen und Transportmittel anzulegen, Strukturen, die keineswegs klimafreundlich sind. Wenn das Kapital neues fixes Kapital einsetzt, dann will es dieses auch gebrauchen, bis sein Wert völlig aufgebraucht und übertragen wurde. Die Grundlage für den kontinuierlichen Verbrauch von fossilen Brennstoffen hat zudem auch mit den geographischen Bedingungen des fixen Kapitals zu tun, was sich beispielsweise daran zeigt, dass 2/3 der amerikanischen Kraftwerke, die seit 1890 geschaffen wurden, immer noch im Gebrauch sind.

Die fossile Ökonomie besitzt die Gewalt einer Totalität, einer unteilbaren Einheit: Es handelt sich um eine sozio-ökologische Struktur, in die ein bestimmter ökonomischer Prozess und eine bestimmte Form der Energie ineinander gewebt sind. Ab einem gewissen Zeitpunkt im 19. Jahrhundert besorgten sich die Unternehmer in England die Energie für ihre Unternehmen vom nächsten Braunkohlenfeld und bauten eben keine weiteren Wassermühlen, sie transportierten ihre Produkte auf Handels- und eben nicht auf Segelschiffen und später bevorzugte man das Auto und das Flugzeug als Option für Reisen und den Transport. Alles in allem ist die fossile Energie eine historische Substanz. Womit soll man also beginnen?

Die fossile Ökonomie hat unbestreitbar ihren Geburtsort in England: Das Land war im Jahr 1825 für 80% der globalen CO2 Emissionen und für 62% im Jahr 1850 verantwortlich. So ist die industrielle Revolution das Archiv für dieses historische Faktum. Zuerst gestaltete sich der Übergang von natürlichen Ressourcen (Wasser) zu den fossilen Energien (Kohle) noch langsam. Des Weiteren benötigte der Übergang vom Wasser zur Kohle eine neue Technologie, Arbeitskräfte, wissenschaftliche Forschung etc. Es waren zuerst die Profitmotive der kleinen und mittleren Unternehmen, welche die Innovationen im Energiebereich vorantrieben. Die fossilen Brennstoffe gewannen gegenüber dem Wasser das Rennen, weil sie im Endeffekt die billigsten waren und nicht anders sieht es heute hinsichtlich der Preise mit den erneuerbaren Energien aus, wenn sie gegenüber den fossilen Energien das Rennen gewinnen wollen.

Das Material für den Anstieg der Nutzung von fossilen Energien war zuerst die Kohle, die allerdings in Britannien seit Hunderten von Jahren verbrannt wurde, aber es war die industrielle Revolution, bei der es zu einem rasanten Anstieg in der Verbrennung von Kohle in den Fabriken kam, und zwar durch die Transformation von Hitze in Bewegung bzw. die Konversion von thermaler in mechanische Energie, und dies mittels des Produktionsmittels Dampfmaschine. In den ersten Dampfmaschinen wurde Kohle verbrannt, um den Kolben in vertikaler Bewegung auf und ab zu bewegen. In einem Dampferzeuger, der Bestandteil der Maschine ist, wird durch Verbrennung Energie erzeugt, wobei die im Dampf enthaltene Wärmeenergie mittels Kolben in mechanische Arbeit umgewandelt wird. Eine andere Antriebsquelle war die kontinuierliche Rotation von Rädern. Es war James Watts, der die Nutzbarkeit der Verbrennung von Kohle für Räder entdeckte. Der Kolben produzierte eine kontinuierliche zirkuläre Bewegung und machte damit den Motor brauchbar für die Herstellung von allen möglichen Produkten. Der rotierende Motor konnte nun eine Maschine antreiben, die der erste Dreh- und Angelpunkt eines nachhaltigen ökonomischen Wachstums war, das den Output per capita erhöhte, i. e. die Produktivität der Arbeit verbesserte.

Als eine Quelle thermaler Energie war die Kohle brauchbar für eine ganze Anzahl von Prozessen, aber nur als Quelle rotierender mechanischer Energie konnte sie die Produktion aller Sorten von Produkten vorantreiben. Eine rotierende Maschine konnte auch ein Fahrzeug antreiben – das zweite Moment eines nachhaltigen Wachstums – das durch die Bewegung der Räder, Fahrten über Land und See ermöglichte, um Waren von und zur Mühle zu transportieren. Die Hitze konnte auf Materialien mit gewissen chemischen Eigenschaften einwirken, Pumpen konnten Flüssigkeiten bewegen, Maschinen und Fahrzeuge konnten eine Reihe von Waren erzeugen und transportieren und angetrieben von der Verbrennung von Kohle war es eben die Dampfmaschine, die fossile Brennstoffe zur Produktion von Waren ubiquitär machte. Dabei gilt es zu bedenken, dass die thermodynamische Kraft und die soziale Macht keine getrennten Bereiche sind. (Die Kraft ist eine Rate des Energiestroms oder W=J/s, J für Joule, s für Sekunde und W für Watt, die Einheit der Kraft.) So war die Kraft, die von fossilen Brennstoffen ausging, in ihrer Bedeutung und Natur vom ersten Moment an dual; die beiden Bereiche konstituierten sich in einer Einheit, indem sie sich interpenetrierten.

Die globale Erwärmung hat keine natürlichen Ursachen, wie etwa Vulkanausbrüche, verstärkte Sonneneinstrahlung oder andere natürlichen Phänomene. Fossile Brennstoffe sind in erster Linie eine Materialisierung von sozialen Beziehungen. Und die fossilen Brennstoffe benötigen menschliche Arbeit als Bedingung ihrer Existenz. Es ist die Arbeit, bei der Menschen und die Natur aufeinander treffen und mit der die biophysikalischen Ressourcen in die Kreisläufe des sozialen Metabolismus einfließen, wo Kohle, Erdgas und Öl extrahiert und transportiert werden und durch Verbrennung mit den Maschinen in Berührung kommen. Die Arbeiter sind das erste Interface zwischen Ökonomie und Natur.

Kommen wir nun zur industriellen Revolution in England. Es war zuerst das Wasser, das für die Produktion von Baumwolle genutzt wurde, bevor die Dampfmaschine in den Fabriken für die Produktion von Textilien eingesetzt wurde. Malm versucht eine historische Erklärung dafür zu liefern, warum und wie die Dampfkraft das Wasser als »prime mover« des aufkommenden Industriezeitalters ersetzt hat. Er unterscheidet dabei drei Formen der Energie: a) Ströme von Energie, die nicht durch Photosynthese eingefangen werden und als Wind und Wasser für den konzentrierten Gebrauch der Maschinerie geeignet sind, aber abhängig von den Landschaften und dem Wetter bleiben, b) die Lebenskraft referiert auf Energiequellen, die in lebenden Kreaturen verkörpert und durch die Imperative des Metabolismus geprägt sind, und c) Energie als Bestand besteht aus den Relikten der gespeicherten solaren Energie aus der Vergangenheit, die vom Menschen aus dem Boden extrahiert werden muss. Die Geschichte der industriellen Revolution ist die Ersetzung der ersten beiden Energieformen durch letztere, und zwar unter ganz bestimmten ökonomischen Bedingungen und Phasen von Klassenkämpfen. Die frühe Industrialisierung in England beruhte hinsichtlich der Energien noch auf Lebenskraft und Wasser, im speziellen auf Wassermühlen, während die Verbrennung von Kohle während dieser Periode lediglich darin bestand, Wärme für die Fabriken und Wohnungen bereitzustellen.

Während der ersten industriellen Revolution stand die Wassermühle im fundamentalen Gegensatz zu den für das Kapital notwendigen Bedingungen, insofern die natürlichen Eigenschaften wie Wetterbedingungen und Landschaft nicht die urbane Konzentration und Disziplinierung der Arbeit in der Fabrik ermöglichten. Anstatt weiter den Bedingungen der Natur ausgesetzt zu sein, schuf das Kapital eine eigene Matrix mit Punkten und Arterien, die einen Kreislauf in Gang setzten: den abstrakten Raum, der die Möglichkeit der Ansammlung an einem Punkt und die Möglichkeit zur Akkumulation von Kapital in sich barg. Aber selbst der abstrakte Raum beruht auf natürlichen Ressourcen und es sind immer noch die fossilen Brennstoffe, die die Eigenschaften besitzen, die für diesen abstrakten Raum notwendig sind. Sie diffundieren nicht auf der Oberfläche einer Landschaft, sondern sind in Depots im Boden konzentriert. Ihre konkrete Eigenschaft als Rohmaterial ist zugleich ihre Abstraktheit. Kohle war das optimale Rohmaterial für die räumliche Abstraktion, konnte fragmentiert Stück für Stück zirkulieren, verbrannt werden und somit die Kräfte der Akkumulation befeuern.

Analog bekommen wir es mit einer abstrakten Zeitlichkeit zu tun, mit dem Recht des Kapitalisten für eine bestimmte Zeitperiode die Arbeitskraft in der Produktion einzusetzen. In dieser Zeitperiode soll der Arbeiter für das Einzelkapital soviel wie möglich arbeiten, zumindest soviel wie die Arbeiter der Konkurrenten, um die Produktivität möglichst noch weiter zu steigern (der Output gemessen innerhalb einer fixen Zeiteinheit.) Abstrakte Zeit inhäriert die Zeit als unabhängige Variable bzw. als mathematische Einheit, als ein unkörperliches Ereignis, das nicht auf natürlichen Schwankungen oder wechselndem Wetter basiert. Sie gilt als das Maß einer Aktivität. Wenn die Arbeit schneller und intensiver ausgeführt wurde, so musste das auch mit dem »prime mover« (Dampfmaschine) geschehen und alle Poren der Unterbrechung der Produktion mussten eliminiert werden. Die höhere Arbeitsproduktivität beruhte daher auf der Dampfmaschine, und dies ging konform mit den Notwendigkeiten des Kapitals, dass die Maschine ad hoc ein- und ausgeschaltet werden und bei Bedarf in der Geschwindigkeit erhöht werden konnte. Solche Eigenschaften waren die Konsequenz der Essenz fossiler Brennstoffe, ihrer Entfernung von sichtbaren natürlichen Rhythmen, da sie im Boden lagen. Eingefroren in der Zeit, war die Kohle kongenial für die abstrakte Zeit der kapitalistischen Eigentumsbeziehungen und die kapitalistische Aufsicht der Arbeiter in den Fabriken.

Abstrakter Raum und abstrakte Zeit formen zusammen dass, was Malm eine distinktive Raumzeit des kapitalistischen Modus der Produktion nennt. Das Kapital zirkuliert nicht im Raum und durch die Zeit, als ob es zwei fixierte Axen gäbe, entlang derer es sich entwickelt, vielmehr produziert es seine eigene abstrakte Raumzeit. Die eine Dimension ist untrennbar von der anderen und zusammen konstituieren sie eine singuläre Raumzeit. Das notwendige Substratum für diese Raumzeit sind die fossilen Brennstoffe. Sie repräsentieren die geologische Kompression der Zeit und des Raumes, ihre dichte Energie erlaubt es dem Kapital seine eigene Raumzeit zu produzieren, um den Surplus der Natur zu extrahieren. Und die Raumzeit begann mit dem Abbau der Kohle nachhaltig die Atmosphäre zu beeinflussen. Die Tiefe der Abhängigkeit des Kapitals von der Natur ist dann voll entwickelt, wenn das CO2, das durch die Verbrennung von fossilen Brennstoffen entsteht, mit einer transformativen Kraft wie keine andere anthropogene Substanz ausgestattet ist.

Eine stärkere Nachfrage für Dampfkraft seitens der Industrie entstand erst während einer Überproduktionskrise in den 1820er Jahren. Ure sah in ihr die Möglichkeit einer Befreiung der Produktion von der Abhängigkeit von Arbeitern. Als die Spinnereien nach und nach mechanisiert wurden, blieb das Weben zunächst noch Teil einer weit verstreuten Heimindustrie, wobei die Arbeiter niedrige Löhne erhielten und schwer zu disziplinieren waren. Die Ersetzung von Wassermühlen durch Dampfkraft erlaubte hingegen die Kreation einer kombinierten Fabrik, einen integrierten Produktionsprozess unter einem Dach, wobei die Disziplinlosigkeit der Arbeiter nachhaltig eingeschränkt wurde. Dampfkraft war von daher gesehen eine Manifestation der Klassenmacht des Kapitals.

Orthodoxe Positionen, die sich auf die Schriften von Ricardo und Malthus beziehen, nehmen den Shift vom Wasser zur Kohle als eine Bewegung an, welche die Knappheit des für die Industrie brauchbaren Wassers reflektiert und zudem die fallenden Kosten von Kohle als Brennstoff, und all dies geschieht als das Resultat des Wirkens von Marktkräften. Jedoch zeigt Malm dezidiert, dass es während der ersten industriellen Revolution weder eine Knappheit an Wasser gab, und Wasser auch nicht teurer als die Dampfkraft oder technisch ihr unterlegen war. Motoren, die auf Dampfkraft beruhten, benötigten zu dieser Zeit noch die teure Kohle und waren wegen desaströser Zusammenbrüche oft unberechenbar. Jedoch besaß die Dampfkraft gegenüber Wasser auch ihre Vorteile, insofern das Management der Wasserkraft von der Kooperation zwischen konkurrierenden Eigentümern von Mühlen abhängig war, während Dampfmaschinen, obgleich sie zu dieser Zeit noch teurer als Wassermühlen waren, unabhängig voneinander operieren konnten. Die Eigentümer von Mühlen, die durch den Dampf angetrieben wurden, waren zudem unabhängig von geographischen Bedingungen und dies erlaubte die Konzentration der Produktion in den Städten, wo sich zu dieser Zeit auch ein ausreichendes Kontingent an verfügbaren billigen Arbeitern befand. Die Existenz einer voll integrierten Fabrik benötigte also eine große Konzentration von Arbeitern, während die Städte die Arbeiter gerade wegen der Verfügbarkeit von »unskilled jobs« anzogen. Zudem konnte in den Städten ein halbwegs funktionierende Infrastruktur zur Verfügung gestellt werden. Die Städte drückten eine räumliche Kristallisation der Lohnbeziehung aus. Und in diesem Kontext wurde von den Kapitalisten Dampf aufgrund seiner Mobilität im Raum gegenüber der Wassermühle bevorzugt.

Das rasche Wachstum von Manchester, das »Cottonopolis« der damaligen Zeit, war Ausdruck dieser Entwicklung. Das erste Mal in der Geschichte waren Maschine und Energiequelle – Motor und Minen – räumlich getrennt voneinander und erlaubten gleichzeitig die hohe Konzentration von Fabriken in den Städten, oder, um es anders zu sagen, der Strom war stationär und der Bestand war in Bewegung. Die schlechten Bedingungen der Produktion weckten den Widerstand der Arbeiterklasse, insbesondere beim Generalstreik von 1842, bei dem Mühlen und Minen mit den Parolen »Stop the Smoke« angegriffen wurden. Die Emission von Kohlenstoff war also untrennbar mit der Durchsetzung spezifischer ökonomischer Bedingungen verbunden, sie war Ausdruck der Bewegungen eines fossilen Kapitals.

Bevor wir auf weitere Einzelheiten dieses Übergangs der Technologien eingehen, beschäftigen wir uns mit dem Marx`schen Reproduktionsmodell und seiner Erweiterung, die sui generis auch eines des fossilen Kapitals ist.

Marx geht im Kapital Bd. 2 von drei Kreisläufen des industriellen Kapitals aus, nämlich des Geldkapitals, des produktiven Kapitals (konstantes und variables Kapital) und des Warenkapitals, wobei er den gesamten Kreislauf des Kapitals in der Prozessformel G – W (PM, AK) … P … W’ – G’ fasst (G für Geld, W für Waren und P für Produktion; AK für Arbeitskraft, PM für Produktionsmittel). Fremdes oder eigenes Geldkapital ist der Motor für industrielle Unternehmen, die Waren (Produktionsmittel, Gebäude, Energie, Rohstoffe, Software etc.) kaufen und Arbeitskräfte mieten, damit mit Mehrwert angereicherte Produkte produziert und auch realisiert werden können,sodass es zur Neubildung von Geldkapital kommt. Maschinerie, Energie, Produkte oder Produktionsprozesse sind eben an sich kein Kapital. Marx hat gezeigt, dass die obige Formel der entscheidende Ausdruck aller dem Kapital gemäßen ökonomischen Relationen ist und darin ist selbstverständlich die Produktion mit eingeschlossen, die als ein rein funktionaler Prozess, ein Prozess zur Herstellung des Profits fungiert. Das Kapital bindet den Produktionsprozess je schon an seine monetären Metamorphosen bzw. an die (monetäre) Gesamt-Zirkulation, i. e. die Produktion ist als eine Funktion und Phase der Zirkulation des Kapitals (im zweiten umfassenden Sinne) zu verstehen, dessen allgemeine Form sich in folgender Formel anschreiben lässt: G-W-P-W’-G’.

Hierin spannt sich auch die begriffliche Differenz zwischen Arbeitskraft und Arbeit zur Erklärung des Mehrwerts auf. Nicht die Arbeit, sondern die Arbeitskraft werde gekauft und verkauft, schreibt Marx, und Arbeitskraft werde zu ihrem Wert gekauft und deren Gebrauch im Produktionsprozess als Arbeit resultiere in einem größeren Wert, als sie selbst sei. Dies hält Marx für den springenden Punkt seiner ökonomischen Analysen, die zum Begriff des Mehrwerts führen. Und Arbeit transformiert zur dynamis oder lebendigen Potenzialität bezüglich der Produktion des Surplus erst, wo eine kapitalistische techne oder Technologie u. a. als Verwandlung von Arbeitskraft in Arbeit auf sie zugreift. Und die Ökonomie der Zeit schlägt zu, wenn im Produktionsprozess der Gebrauch der Arbeitskraft größeren Wert erzeugt, als sie selbst kostet. Als Zeit über jene Zeit hinaus, die ihre Reproduktion erfordert, leistet die Arbeitskraft unbezahlte Arbeit, deren Resultat sich in Mehrwert darstellt. Von vornherein ist der Mehrwert daher als das Resultat der Gleichzeitigkeit einer Ungleichzeitigkeit zu verstehen, insofern sich Tausch und Gebrauch der Arbeitskraft als Symmetrie und Asymmetrie verzahnen; Mehrwert entsteht aus der Asymmetrie-in-der-Symmetrie.

Kommen wir nun zu den Formeln. Die Kapitalproduktion ist Produktion von Tauschwerten mittels der Natur, einem Substratum, das unter die Logik des Quantitativen subsumiert wird. Das P steht für die Produktion bzw. für den Stoffwechsel zwischen dem Arbeiter und der Natur. Für das Kapital ist die Produktion eine einfache Vermittlung, eine üble Notwendigkeit, die hinzunehmen ist. Und die Kreisläufe des Kapitals sind maßlos, sodass nach der Rückkehr des Profits der Kreislauf auf erweiterter Stufenleiter erneut vollzogen werden muss:

G-W-G`- G`-W`-G“-G“-W“-G“` usw.

Das Geld muss andauernd neu reinvestiert werden, um die Kapitalakkumulation bzw. die erweiterte Reproduktion aufrechtzuerhalten. Dies erfordert auch eine Produktion auf höherer Stufenleiter, sodass von der Kapitalproduktion als einer Spirale auszugehen ist. Für jeden weiteren Kreislauf benötigt das Kapital auch eine größere Menge an Naturstoffen, oder, um es anders zu auszudrücken, die Akkumulation des Kapitals wird durch eine Erhöhung der produktiven Konsumtion des Materials realisiert, das heißt durch höhere Reserven und Ressourcen von biophysikalischen Stoffen, die der Natur entzogen werden, um am Ende des Kreislaufs als Müll auf die Müllhalden der Welt zurückzukehren. Und diese Spirale ist sozusagen nachhaltig: Je mehr biophysikalische Ressourcen der Erde entzogen werden, desto mehr Ressourcen erfordert die nächste Runde der Produktion. Wenn der Output fixiert wäre, dann könnte nicht in neue Maschinen und Arbeiter reinvestiert werden. Die kapitalistischen Eigentumsverhältnisse sind also durch folgende Faktoren charakterisiert: a) die unendliche Potenz zur Profitproduktion, b), der Zwang, diese unaufhörlich zu betreiben, und c) die Notwendigkeit der produktiven Konsumtion von immer mehr natürlichen Materialien. Das Kapital registriert auf der Suche nach den billigen vier (Arbeit, Rohstoffe, Energie, Lebensmittel; siehe Moore) keine Grenzen in der Natur, vielmehr zirkuliert es wie ein aufsteigendes perpetuum mobile.

Der geeignete Ort für die räumliche Konzentration der kapitalistischen Eigentumsbeziehungen ist die Fabrik, die aber zugleich auf etwas anderes hinweist, nämlich darauf, dass jedes Unternehmen eine geeignete Infrastruktur benötigt, die nur die Stadt zur Verfügung stellen kann. Die Konzentration der Proletarier in der Stadt ist die Kehrseite der Entleerung der Bevölkerung von dem Land. Sie ist zudem eine notwendige Bedingung für die Mehrwertproduktion. Und wenn es keine unbeschäftigten Arbeiter gibt, die an die Fabriktore klopfen, dann befindet sich die Arbeiterklasse in einer starken Verhandlungsposition. Also muss das tote Gewicht der industriellen Reservearmee vorhanden sein, und zwar in Form eines großen, dichten Marktes für Arbeitskräfte, die ohne Eigentum, außer des Eigentums an der eigenen Arbeitskraft, an ein diszipliniertes Leben gewöhnt werden müssen, sodass Lohnarbeit der normale Modus ihres Alltagslebens wird. Die Stadt ist der Ort für all diese Prozesse.

Malm kommt an dieser Stelle dann zur Darstellung der allgemeinen Formel des fossilen Kapitals. Auf einer bestimmten Stufe der Entwicklung der Kapitalakkumulation werden die fossilen Brennstoffe ein notwendiges materielles Substratum für die Mehrwertproduktion, das heißt, sie werden über die gesamte Bandbreite der Warenproduktion als Material eingesetzt, das etwas in Bewegung setzt. Sie werden der allgemeine Hebel für die Mehrwertproduktion. Wenn F für fossile Brennstoffe als ein Teil der Produktionsmittel steht, dann lässt sich anschreiben:

G–W…P…F-G`

Fossile Brennstoffe befinden sich nun innerhalb des Stoffwechsels der produktiven Konsumtion in immer höheren Mengen im Umlauf, und dies mit einem notwendigen Nebenprodukt, dessen Existenz sich auch schon Marx und Engels bewusst waren: Höhere Mengen von CO2 in der Atmosphäre sind Teil der Produktion. Die Formel lautet nun:

G-W…P (CO2)…G`

Da die fossile Energie nun das perpetuum mobile der Kapitalakkumulation füttert, ein Rohmaterial, das scheinbar niemals ausgeht, lautet die Formel auf erweiterter Stufenleiter:

G-W…P (CO2)…G`- G`-W`…P`(CO2´)…G“ usw.

Das fossile Kapital ist ein erweiterter Wert, der die Metamorphose von fossilen Brennstoffen in CO2 nach sich zieht. Es handelt sich um die triangulare Relation zwischen Kapital, Arbeit und außermenschlicher Natur, und zudem um einen Prozess, der auf jeder Stufe die produktive Konsumtion von höheren Mengen fossiler Brennstoffe beinhaltet.

Der Kreislauf der individuellen Konsumtion von fossilen Brennstofffen, beispielsweise des Autofahrens, lautet hingegen:

W-G-W(F/CO2)

Das F in den Formeln muss natürlich auch von irgendwo her kommen, es muss sozusagen als totes Ding von einem Kapitalisten am Markt angeboten werden, einem Kapitalisten, für den die fossilen Brennstoffe kein Input, sondern ein Output sind. Das betrifft das Geschäft mit dem Extrahieren von Gas, Öl und Kohle. Die Formel für diese primitive Akkumulation von fossilem Kapital lautet:

G-W…P… G` (F)

Um die fossilen Brennstoffe als industrieller Kapitalist produktiv zu konsumieren, oder die private Konsumtion der Brennstoffe zu betreiben, bedarf es also eines Kapitalisten, der auf die Herstellung dieser Brennstoffe spezialisiert ist und für den dies ein Prozess der Profitproduktion ist, wenn er denn sein Angebot auf den Märkten realisiert. Innerhalb einer fossilen Ökonomie sind die Kreisläufe der produktiven und individuellen Konsumtion der fossilen Brennstoffe mit ihrer primitiven Akkumulation untrennbar ineinander verwebt. Wichtiger Teil der allgemeinen Bedingungen der Akkumulation von Kapital ist also die primitive Akkumulation von fossilen Brennstoffen, das heißt, für das Kapital ist die Verbrennung von fossilen Brennstoffen abhängig von demjenigen Kapital, das auf die Produktion der fossilen Brennstoffe spezialisiert ist, und wenn das erstere Kapital mehr Kohle verbrennt, muss das letztere Kapital die fossilen Brennstoffe in größeren Quantitäten liefern, das heißt, dass die beiden Kreisläufe müssen eng miteinander verflochten sind.

Malm kommt in seinem Text auf die Emissions-Explosion von CO2 nach dem Jahr 2000 zu sprechen, die vor allem von einem Land ausging, nämlich der VR China. Zwischen den Jahren 2000 und 2006 war China für 55% der globalen Emissionen von CO2 verantwortlich. Im Jahr 2002 wurde China der größte Förderer von fossilen Brennstoffen. Diese Explosion stand eindeutig im Zusammenhang mit der Globalisierung. Von den Jahren 1980 bis 2008 wuchs nämlich der Welthandel um 8% pro Jahr, aber die wirkliche Neuheit lag im Boom der ausländischen Direktinvestitionen, die nach China flossen. Im Jahr 2008 flossen nach China doppelt so viele Direktinvestitionen wie Russland und Indien zusammen zu verzeichnen hatten, zwei Jahre später löste China Deutschland als den größten Exporteur auf der Welt ab.

In diesem Kontext geht es bei den CO2 Emissionen sowohl um die individuelle Konsumtion als auch um den Prozess der Produktion, bei dem CO2 ausgestoßen wird. Ein Deutscher, der ein T-Shirt aus Bangladesh trägt, stößt kein CO2 aus, vielmehr war der CO2 Ausstoß während der Produktion des T-Shirts in Bangladesh zu verzeichnen, als die Kraftwerke Elektrizität bereitstellten; es entstand hier eine unsichtbare Kette, die schließlich in der Ware verkörpert war. Das aktuelle Volumen des CO2 Ausstoßes der Konsumenten von individuellen Waren geht also weit über die Grenzen ihres Heimatlandes hinaus. Was geschieht wenn Bangladesh für den Ausstoß von C02 verantwortlich gemacht wird, wobei der Nutzen der T-Shirt Träger in den Kernländern des Kapitals bei deren Individuen liegt? Viele Forscher, Aktivisten und Politiker nehmen diesbezüglich eine Relokalisierung der Verantwortlichkeit für C02 Emissionen vor, ein Shift von Zählungen, die auf der Produktion beruhen, hin zu Zählungen, die auf der Konsumtion beruhen, was zumindest etwas realistischer darstellt, wie und warum Menschen für den C02 Ausstoß verantwortlich zu machen sind. Auch hier spielt China ein zentrale Rolle; während in den Jahren 1990 bis 2002 ein Drittel des Anstiegs des C02 Ausstoßes auf den Export zurückzuführen war, stieg die Rate von 2002 bis 2008 auf die Hälfte an.

Die Warenberge aus China endeten zumeist in den kapitalistischen Kernländern. Während China der größte Exporteur war, war die USA der größte Importeur von Waren im Sinne von schon verkörperten Emissionen. Die Argumentation könnte nun so lauten: Der Anteil der Emissionen, der vom Warenexport herrührt, ist groß und signifikant, was sich darin zeigt, dass China im internationalen Handel immer noch als Weltfabrik gilt. Und diejenigen, welche die Waren aus China konsumieren, sollten auch Verantwortung tragen, wenn es um die C02 Emissionen geht. Aber, und das gilt es hier einzuwenden, es waren nicht die konsumierenden Arbeiter aus den USA oder die aus den anderen westlichen Ländern, welche die Entscheidung fassten, im Ausland zu investieren und die Produktion outzusourcen.

Das globale mobile Kapital wird Fabriken immer an Orte verlegen, wo billige Arbeitskräfte zu finden sind, wo also die Profitrate am höchsten sein wird, und dies geschieht mit dem produktiven Konsum von Produktionsmitteln, die einen massiven Verbrauch von fossilen Brennstoffen benötigen. Solche Mobilität macht einen tiefen Schnitt in den abstrakten Raum: Im Zuge maximaler Profitabilität plündert das Kapital ohne Verbote Ressourcen in der ganzen Welt aus wie nie zuvor, während die Arbeiter stets an bestimmte Plätze gebunden sind. Die Mobilität ist für das Kapital kein Luxus, sondern eine schlichte Notwendigkeit, wobei der abstrakte Raum nicht nur ein Produkt des Kapitals, sondern auch eine Folge von Klassenrelationen und -kämpfen ist. Wenn das Kapital an den Weltmärkten zirkuliert, muss es dringend die Arbeitsbedingungen in den einzelnen Ländern berücksichtigen. Es sucht nach billigen und disziplinierten Arbeitskräften, denn der einfachste Indikator für hohe Profitraten sind niedrige Lohnkosten. Die industrielle Revolution tendiert deshalb von Ländern mit hohem durchschnittlichen Einkommen in Länder mit niedrigen Einkommen zu wandern und damit einen Prozess der relativen Relokalisierung des Kapitals auf globaler Ebene einzuleiten. Aber ganz so einfach sind die Dinge nicht, denn die ausländischen Direktinvestitionen werden neben den Löhnen auch noch von weiteren Faktoren determiniert, beispielsweise von den einheimischen Konsumenten, die genügend Kaufkraft für den Konsum besitzen.

Im abstrakten Raum der globalen Ökonomie können die Kunden praktisch von überall her bedient werden; die Bereiche der Produktion können von den Bereichen der Konsumtion getrennt werden. Es gibt mehrere Faktoren, welche die Mobilität des Kapitals mit den Energiebeständen verbinden. Eine notwendige Bedingung für billige Arbeit ist die Existenz einer industriellen Reservearmee von Arbeitern, wobei die Expansion des Verbrauchs von fossiler Energie oft die Relokalisierung durch das Kapital begleitet. Das CO2 wird auch von Fabriken ausgestoßen, die auf ausländischen Direktinvestitionen basieren, und dafür muss das ausländische Kapital die Entwicklung umfassender Infrastrukturen im Gastgeberland stimulieren. Niemals wird das Kapital in einem Land ohne ausreichende Infrastruktur investieren. Es müssen einfach Kraftwerke, Minen und Elektrizitätsleitungen vorhanden sein, die brauchbare und billige Energie liefern. Malm nennt diese Prozesse die Expansion der Effekte. Dabei haben arme Länder eine höhere Emissionsintensität als reiche Länder. Es wird also mehr CO2 bei der Produktion eines T-Shirts in Bangladesh als bei der Produktion des Shirts in Deutschland ausgestoßen. Wir bekommen es hier nicht mit einer Verknappung, sondern mit einem erhöhten Kohlenstoffanstieg zu tun und damit mit einer erhöhten Konzentration von C02 in der Atmosphäre. Wir haben es also mit dem Intensitätseffekt zu tun.

Für die notwendige Infrastruktur muss zudem ein Netz von Straßen, Schienen, Häfen und Warenlagern vorhanden sein – Flughäfen, um fertige Waren, Manager und CEOs zu transportieren, und zwar zwischen den Fabriken, Märkten und den Firmensitzen. Da moderne Transportsysteme fast komplett vom Öl abhängig sind, haben wir es auch hier mit einem steigenden Ausstoß von CO2 zu tun. Malm nennt dies den Integrationseffekt.

Wenn man die drei Effekte miteinander kombiniert, bekommt man einen besseren Eindruck für die These, dass das Kapital auf der Suche nach Mehrwert eine höhere Konsumtion von fossiler Energie betreibt.

Von den Jahren 1990 bis 2008 hat China den industriellen Output um einen Faktor von 26 erhöht, während die Direktinvestitionen ausländischen Unternehmen mit einem Faktor von 332 zunahmen. Das Wachstum des Exports hat also mehr mit ausländischen Firmen zu tun, die ihre Produktionsstätten in China ansiedeln als mit Chinas Unterbietung der Preise anderer Firmen auf dem Weltmarkt. Nach dem Jahr 2000 reduzierten der Handel, die Landwirtschaft und andere Dienstleistungsunternehmen den Part der Kohle in ihrem Energiemix, während die Industrie in China für mehr als 90% des Kohleverbrauchs verantwortlich war, wobei 3/4 in die Generierung von Hitze und Kraft gingen. Kohle – Elektrizität – Warenproduktion für den Export, so lautet die Kette. Es gilt keineswegs, dass die industrielle Produktion heute weniger Bedeutung für das Kapital besitzt, im internationalen Maßstab wiegt sie schwerer als je zuvor.

Aufgrund seines Energiehungers musste China seit dem Jahr 2000 Kohle sogar importieren, und 2002 konsumierten nur die USA mehr Öl als China; 2007 wurde die Hälfte des Öls importiert. Gleichzeitig wurde massiv die Infrastruktur ausgebaut, siehe Transport, Kommunikation, und das Angebot an Wasser, Elektrizität und Erdgas war für das Kapital ausreichend vorhanden.

Ungefähr 18% der globalen CO2 Konzentration in der Atmosphäre stammte in den Jahren 2002 bis 2006 von der steigenden Kohlenstoffintensität der globalen Ökonomie, im Zentrum stand wie wir sahen China. Kohle ist die dreckigste und die produktivste Energie, wenn es um den Ausstoß von CO2 geht. China ist reich an Kohle, arm an Ölvorräten und es fehlt an Erdgas. China hatte niedrige Löhne und eine hohe Kohlenstoffintensität, andere Länder hohe Löhne und eine niedrige Kohlenstoffintensität, sodass das Kapital von den letzteren Länder nach China floss. Und es flossen hohe Summen in den Ausbau einer industriefreundlichen Infrastruktur in China. Hohe Mengen von CO2 wurden weltweit seit den 1990er Jahren durch den Transport von Rohstoffen und anderen Materialien ausgestoßen, durch den Transport von Endprodukten war es wesentlich weniger. Wenn Manchester der Schornstein der Welt während der ersten industriellen Revolution war, dann war es China im 21.Jahrhundert, weil das Kapital China nach wie vor als seine universelle Fabrik benutzt. Nach dem Jahr 2010 kam es allerdings in China zu Lohnanstiegen, worauf China mit steigender Automation in der Produktion reagierte.

Kommen wir zum Gesetz der steigenden atmosphärischen Konzentration von C02. Der Fluss der chinesischen Wanderarbeiter vom Land in die Städte hat die Lohnkosten für eine Zeitperiode niedrig gehalten, aber dies nicht nur in China, sondern in der ganzen Welt, sodass die chinesische Reservearmee zu einer weltweiten Reservearmee mutierte. Zugleich kam man sagen, wo das Kapital hin fließt, dort gibt es Klassenauseinandersetzungen. Und dort wo das Kapital hinfließt, da werden höhere C02 Emissionen folgen. Oder, je stärker das Kapital wird, desto ungezügelter die C02 Produktion. Von 1870 bis zum Jahr 2014 sind ein Viertel aller kumulativen C02 Emissionen in den letzten 15 Jahren angefallen.

Malm stellt in aller Kürze den Zusammenhang von technischer Zusammensetzung des Kapitals (Verhältnis von Arbeitskraft zu Materialien und Maschinen), organischer Zusammensetzung des Kapitals (der wertmäßige Ausdruck der technischen Zusammensetzung) und Profitrate (m/c+v) her. Dabei kann die technische Zusammensetzung des Kapitals ansteigen, selbst wenn die organische Zusammensetzung nicht ansteigt, und dies führt zu einem höheren Materialverbrauch. Aus einer ökologischen Perspektive zählt nur letzteres, denn der Materialverbrauch geht mit einem steigendem Verbrauch von Energie einher, womit die fossile Zusammensetzung des Kapitals auch wächst. Bis heute steigt die Kohlenstoffintensität an. Die fallende Rate des Profits mag eine Tendenz sein, aber die steigende Konzentration von CO2 ist unveränderlich. Das fossile Kapital ist die treibende Kraft einer fossilen Ökonomie und muss deshalb im Fall einer Durchsetzung klimaschützender Maßnahmen angegriffen werden, was auf kommende Klassenauseinandersetzungen verweist.

So führte die Macht der Arbeiter in den Kohleminen zusammen mit der der Arbeiterschaft am Hafen und im Transport immer wieder zu Generalstreiks, worauf die Kapitalisten in the long run mit dem Reswitching, dem Verbrauch von Öl aus dem mittleren Osten reagierten. Eben auch um die Macht der Kohlearbeiter entscheidend zu schwächen. Die Extraktion des Öls im 20. Jahrhundert bedurfte nur einer geringen Arbeiterschaft, die zudem unter permanenter Aufsicht des Managements stand. Aufgrund seiner Liquidität bedurfte auch der Transport des Öls nur eines relativen geringen Einsatzes von menschlicher Arbeitskraft. Ab Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts lag der Schwerpunkt der Ölproduktion im Mittleren Osten, womit ein neuer spatial fix geschaffen wurde. Aber die Problematik des Widerstands hielt an, als palästinensische Guerillakämpfer Ölleitungen in die Luft jagten und es zu weiteren Generalstreiks der Arbeiter kam, an denke an den Iran im Jahr 1979. In keinem Fall aber führte der Wechsel von einem Brennstoff zum anderen und von einem Gebiet in ein anderes zu einem absoluten Fall des Verbrauchs von fossilen Energien. Und Kohle verschwand bis heute noch nicht von der Bildfläche, vielmehr ist Kohle verantwortlich für mehr C02 Emissionen als die jedes anderen fossilen Brennstoffs. Wo immer das fossile Kapital auftaucht, kommt es beim Abbau der Kohle zu kontaminierten Wasser, vertrockneten Flüssen, reduzierter Vegetation und dem Ausstoß toxischer Chemikalien.

Und auch der Verbrauch von Öl benötigt eine Infrastruktur (Raffinerien, Pipelines etc.), die dauerhaft zu sein hat. Und so endet die Suche nach Mobilität in der Fixierung ultraschwerer Produktions- und Transportmittel über eine längere Zeitperiode hinweg. Heute haben wir es mit einem extensiven Netz von Infrastrukturen zu tun, Öl- und Gasfelder, riesige Öltanker, Pipelines, Kohlezüge und Raffinerien – tausende von Kilometern lange Transportwege, und das Kapital hat ein unmittelbares Interesse an der Aufrechterhaltung von Landschaften, in denen fossile Brennstoffe abgebaut werden. Um eine Begrenzung des Temperaturanstiegs auf 2 Grad Celsius zu erreichen, müsste man die Infrastruktur schneller eliminieren als neue Infrastruktur auf- und ausgebaut wird. Aber das Gegenteil ist der Fall. In den ersten zehn Jahren des neuen Jahrtausends wurden mehr durch Kohle angetriebene Kraftwerke gebaut als in jeder vorherigen Dekade.

Und bei jedem Widerstand hat man es mit einer mächtigen Gruppe von Unternehmen zu tun: In der Liste von Fortunes 500 größten Unternehmen der Welt steht auf Platz 1 Royal Dutch Shell, auf Platz 3 Exxon Mobil, Sinopec auf Platz 4, BP auf Platz 6. Nur drei Unternehmen unter den ersten zehn Unternehmen haben ihre Geschäftsbasis außerhalb der primitiven Akkumulation von fossilen Brennstoffen: Walmart, VW und Toyota. Als im Jahr 21010 der Klimawandel ganz oben auf der politischen Agenda stand, verdoppelte sich das Investment der Banken in Minen und mit Kohle erzeugter Energie. JP Morgan Chase, Citigroup, Bank of America, Morgan Stanley und Barclays warfen hohe Summen in den fossilen Kreislauf. Zudem hat sich ein weiter klimatisch-industrieller Komplex entwickelt, der einen neuen globalen climate security market beinhaltet. Der Bau von Befestigungen, dessen Zweck darin besteht, den steigenden Meeresspiegel und die Migranten aufzuhalten, während diese gleichzeitig deportiert werden, hat zu einer der am schnellsten sich entwickelnden Industrien geführt, deren Höhe im Jahr 2023 $742 betragen soll. Der klimatisch-industrielle Komplex setzt sich aus privaten Unternehmen zusammen, die von klimatisch bedingten Ereignissen und der Migration profitieren, wenn Staaten ihre Sicherheitsindustrien einsetzen, um die Lage zu beruhigen. Diese Unternehmen profitieren auch dann, wenn die Sicherheitsbemühungen fehlschlagen und die Migranten ohne offiziellen Status als Kriminelle leben, die deportiert oder eingesperrt werden. Private Lager verdienen enorme Summen, wenn ihre Lobbyisten dafür sorgen, dass die Migranten so lange wie möglich in den Lagern bleiben.

Ein spezifischer Forderungskatalog könnte das Fossile Kapital entscheidend schwächen:

  1. Die Durchsetzung eines Moratoriums für alle neuen Einrichtungen, die Kohle, Erdgas oder Öl extrahieren.
  2. Die Schließung aller Kraftwerke, die auf der Basis von fossilen Brennstoffe produzieren.
  3. Die Erzeugung der Elektrizität durch nicht-fossile Quellen, vor allem Wind- und Solarenergie.
  4. Die Einschränkung des Flug-, See- und Straßenverkehrs. Der Umbau des Straßen- und Seeverkehrs auf Elektrizität und Wind. Die faire Verteilung des bleibenden Luftverkehrs, solange bis er durch andere Verkehrsformen ersetzt werden kann.
  5. Der Ausbau von öffentlichen Transitsystemen auf allen Ebenen, von den U-Bahnen bis hin zu den interkontinentalen High-Speed Zügen.
  6. Die Einschränkung des Transports von Nahrungsmitteln durch Schiffe und Flugzeuge und die Förderung des regionalen Anbaus.
  7. Die Beendigung des Abbrennens von tropischen Wäldern und die Initiierung eines umfangreichen Programms zur Wiederaufforstung.
  8. Die Renovierung alter Gebäude mit Wärmedämmung und die Ausstattung aller neuen Gebäude mit Materialien,die den Kohlenstoffausstoß auf Null reduzieren.
  9. Die Einschränkung der Fleischindustrie und die Ersetzung des menschlichen Protein Verbrauchs durch pflanzliche Quellen.
  10. Der Einsatz öffentlicher Investitionen für die Entwicklung und Diffusion der nachhaltigsten und effizientesten Technologien für den Verbrauch erneuerbarer Energien als auch für die Beseitigung von CO2.

Foto: Stefan Paulus

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