Kurze Bemerkung zum Non-

Die aufkeimende Diskussion um einen schwarzen Deleuze verweist darauf, dass einige Präfixe der Differenz, des Werdens und der Transformation wie a-, in-, non- und de- durchaus mit Negativität imprägniert sind. Wenn wir hingegen Non- schreiben, dann geht uns selbst jenes Einschreiben der Negativität/Kritik in Deleuze nicht weit genug.

Non- impliziert eine „totale” oder radikale Kritik, die es ablehnt, das kritisierte Objekt in einen affirmierbaren Kern und einen abgelehnten Rest aufzuspalten. Solch eine kritische Strategie mischt immer noch eine selektive Identifikation mit einer partiellen Verweigerung. Das Wesen der Philosophie, i.e.  Kritik-und-Identifikation-mit-der-Tradition, erzeugt ein ständige Selbstüberbietung, die kreativ, kritisch und konservativ in einem ist. Im Gegensatz dazu involviert die “totale” Kritik einen kompletten Bruch mit dem Objekt der Kritik, einen Bruch, der so radikal ist, dass er nicht einmal mehr als Diskontinuität repräsentiert werden kann. Das Problem besteht darin, dass die Metapher des Bruchs die Idee der Kontinuität immer wieder neu einführt, selbst wenn das auf ansteigenden Spiralen geschieht. Man kann nicht mit etwas brechen, ohne etwas anderes in einem gemeinsamen Raum wiedereinzusetzen, einem Raum, indem die Kontinuität gebrochen wird. Sich in dieser Art und Weise vom Objekt der Kritik zu unterscheiden, heißt schon in Relation zu ihm zu verbleiben. Aus diesem Grund muss eine radikale Kritik, die im Non- expliziert und kristallisiert ist, die paradoxale Form einer Trennung und einer ungeteilten Identität annehmen. (Sie muss sich von der Philosophie der Differenz trennen und radikal vom Real-Einen ausgehen.)

Wo alle Philosophien der Differenz die Form der Kritik in einen Modus der Auto-Kritik übersetzen, reproduziert die in-differente Form der Kritik, die das Non- ausdrückt, sein Objekt nicht länger durch eine Operation, die es noch hervorbringt. Im Gegenteil, die radikale Kritik durchdringt und überschreitet die Grenzen eines Objekts ohne zur gleichen Zeit solche Grenzen noch zu durchbrechen. Auf einem rein formalen Level zeigt dies auch an, warum die Nicht-Standard-Philosophie oder der Nicht-Marxismus weniger als die Negation der Philosophie oder oder des Marxismus verstanden werden sollten, sondern eher als eine Generalisierung (siehe das Verhältnis von euklidischer und nicht-euklidischer Geometrie). Wenn es im Marxismus ein Problem gab und gibt, dann ist es der Mangel an anti-kapitalistischer Radikalität der bisherigen Positionen und Definitionen des Marxismus (als real, als theoretisch und als Objekt), dem es nicht gelingt, eine komplett nicht-kapitalistische Kritik des Kapitals oder eine nicht-weltliche Kritik der Ideenwelt zu installieren.

(Nicht-Standard-Philosophie ist weder eine Philosophie noch ein Bruch mit ihr, sondern instruiert die Generalisierung des philosophischen Denkens, insofen es streng anders als philosophisch ist. Kategorien wie Macht, Sprache, Logik, Sein, Welt, Politik, Ökonomie  etc. sind als Symptome der die Philosophie konstituierenden Strukturen zu verstehen, und dies erfordert für die radikale Kritik eine neue Haltung des Denkens in-Einem, in dem solche Kategorien eben nicht länger operativ werden können (als Austausch des Denkens mit der Welt/Repräsentation), sondern in Daten für die Analyse und für Experimente transformiert werden.)

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