Notizen zu F.H. Pitts` Buch “Value” (1)

Frederick Harry Pitts unterteilt sei Buch Value in sechs Abschnitte: 1) Wert als Substanz (Ricardo und der exoterische Marx). 2) Wert als Relation (der esoterische Marx und Heinrich). 3) Wert als Nutzen (Neoklassik). 4) Wert und Institutionen (Bichler/Nitzan). 5) Wert als Kampf (Holloway). 6.) Wert in der Krise (Marazzi). Wir werden uns vor allem auf die Kapitel 2 und 4 konzentrieren.

Für die substanzialistischen Werttheoretiker wie Smith und Ricardo ist der Wert in den Dingen konserviert (er wird von der Produktion bis zum Tausch transportiert), entweder ist er intrinsisch in den Dingen selbst oder er wird durch Arbeit geschaffen. Der Wert besitzt hier einen invarianten Standard, gehört der produktiven gegenüber der unproduktiven Arbeit an und wird demnach also in der Produktion geschaffen. Das Geld besitzt hier einen epiphänomenalen Status. Diese Theorien beziehen sich auf den Stand der Physik im 17. Jahrhundert, man denke etwa an die Bemerkung von Descartes, dass die Bewegung eine verkörperte Substanz ist, die durch Kollisionen von Körper zu Körper getragen wird. Es waren die Merkantilisten und die Physiokraten, die den Wert in die ökonomische Theorie einführten, die Merkantilisten mit ihren Ideen vom Handel als Nullsummenspiel (wenn man irgendetwas bekommt, geht es anderswo verloren) und der Konservierung des Werts als nationale Währung, die Physiokraten mit ihrer Ansicht, dass der Wert von Dingen in der Menge der für eine Ware in der Produktion verausgabten Arbeitszeit bestehe, während das Geld nur das natürliche Gleichgewicht des Tauschs von Waren störe.

Smith und Ricardo entwickelten sich folgend zu den wichtigsten Theoretikern der substanzialistischen Werttheorie, wobei es bis heute die Linie einer ricardianischen Linken gibt, bei der der Begriff produktive Arbeit positiv besetzt ist, während vor allem die Finance als unproduktiv gilt und die industriellen Beziehungen sabotiert. Es gibt einige bis auf Ricardo zurückreichende Theorieansätze, die sich später auf Veblen, Hilferding und teilweise auch auf Keynes bis hin zu den heute heterodox genannten Positionen des Postkeynesianismus und des Akzelerationismus, des Postmarxismus (Negri/Hardt, Zizek, Lapavitsas etc.) und solchen Positionen wie die von Bichler/Nitzan erstrecken: Die Macht des Kapitals wird hier primär aus den Eigentumsverhältnissen abgeleitet, der Profit des Kapitals erscheint zum Teil als eine absolute Rente (siehe die Rede vom Finanzfeudalismus); das Finanzsystem organisiert die Sabotage der industriellen Beziehungen, die hauptsächlich von Technikern und Arbeitern gestaltet werden, und es basiert der Systemtheorie folgend auf einem System der Beobachtung zweiter Ordnung. Der Aufstieg des modernen Finanzsystems wird zusammenfassend als unrealistisch, hypertroph und dysfunktional begriffen, womöglich noch als das Zerrbild eines idealen Produktionskapitalismus. Dies ist eine dem Marxismus diametral entgegengesetzte Position.

Für Smith repräsentiert der Wert die Zeit, die Arbeiter benötigen, um ein Produkt herzustellen, in dem ihre Arbeit als eine produktive Arbeit realisiert ist. Unproduktiv ist die Arbeit, die nicht in einem Produkt resultiert, das für die Subsistenz des Arbeiters notwendig ist. Die Wertsubstanz, die im Produkt verkörpert ist, bezieht sich bei Smith aber nicht direkt auf die Arbeit, sondern auf die Kosten des Inputs, der für die Produktion des Produkts notwendig ist. Der Wert umfasst die natürliche Preise von Arbeit/Lohn, Land/Rente und Kapital/Profit. Diese drei Elemente sind Preise, die einen Wert ausdrücken, und sie müssen erklärt werden, was Smith nicht gelingt (die Wertstruktur „hinter“ den Kosten), weshalb er letztendlich nur Verteilungsfragen ansprechen, aber nicht die zugrundeliegende historisch spezifische Klassenstruktur im Kapitalismus erkennen kann und bei der Propaganda von einer ahistorischen harmonischen Ewigkeit verbleibt.

Demgegenüber erkennt Ricardo, obwohl er die Arbeit nach wie vor als die einzige Quelle für den Wert ansieht, die historische Spezifität der Surplusproduktion im industriellen Kapitalismus. Weil er aber von vornherein die Kosten der Produktion in Erwägung zieht, indem er die Kosten des Inputs zum Wert des Outputs in Beziehung setzt, benötigt Ricardo keine abstrakte Ordnung hinter dem Wert, sondern er rekurriert in Fragen der Kosten der Inputs und des Werts auf historische und politische Prozesse.

Ricardo geht strikt davon aus, dass der Wert der Ware proportional zur Menge der Arbeitszeit ist, die zu ihrer Produktion benötigt wird. Eine Ware besteht aus Gebrauchswert und Tauschwert. Ökonomisch interessant ist der Tauschwert, der unabhängig vom Gebrauchswert bestimmt wird. Der Tauschwert als die Relation des Warentausches drückt hierden Wert aus, der den Waren innewohnt. Der Wert einer Ware (als Eigenschaft des “Wirtschaftsgutes”) entsteht durch Arbeit und ist eben (quantitativ) proportional zu der Arbeitszeit, die für ihre Produktion aufgewendet wurde. Die relativen Werte, als Tauschbeziehungen zwischen den Waren, ergeben sich aus ihren (Eigen-)Werten, als Verhältnis (Quotient) ihrer Werte. Die Einkommen des Kapitalisten und des Grundbesitzers ergeben sich wiederum aus dem Wert der Gesamtheit der vom Arbeiter in einer bestimmten Zeitspanne produzierten Waren. Anders formuliert, die kapitalistischen Klassen eignen sich einen Teil des vom Arbeiter produzierten Wertes an.

Pitts weist an dieser Stelle auch wieder zu Recht darauf hin, dass die Trennung zwischen produktiver industrieller Produktion und der unproduktiven Finance, die Smith und Ricardo einführen, eine lange Spur der Verwüstung in den Wirtschaftswissenschaften nach sich gezogen habe. Man tappt ganz schnell in die Falle der Ontologie, in der sich die Wirtschaftswissenschaften auch heute noch größtenteils auch befinden, wenn das Wort “real” (oder Realität) im Sinne einer angeblich alles fundierenden Realökonomie im Gegensatz zur luftigen und „falschen“ Finanzökonomie gebraucht wird, von realen im Gegensatz zu finanziellen Assets, von realen im Gegensatz zu nominellen Preisen gesprochen wird. Wenn heute noch Arbeitswertmarxisten behaupten, dass es ein Ungleichgewicht zwischen finanziellem und realem Kapital gebe, dann folgt man im wesentlichen drei Aussagen: Erstens, dass es sich hier um zwei verschiedene Entitäten handelt, zweitens, dass diese Entitäten einander korrespondieren sollten, und drittens, dass sie dies in der aktuellen Welt nicht tun.

Die Kritik an Smiths und Ricardos substanzialistischer Werttheorie lässt sich mit Pitts leicht formulieren. So kann der Wert der Produkte nicht direkt aus der verausgabten Arbeitszeit, die für ihre Produktion notwendig ist, abgelesen werden, denn sonst würden die Kapitalisten, die am meisten Arbeiter einstellen und wenig Maschinen unterhalten, den größten Profit realisieren. Würden die Mengen konkreter Arbeiten bzw. gesamtgesellschaftliche Produktionen sich unmittelbar in abstrakter Wertsubstanz kristallisieren, dann zöge diese die absurde Konsequenz nach sich, dass das jeweils unproduktivste Unternehmen, in dem die arbeitsintensivsten Tätigkeiten stattfinden, den größten Wertbildungseffekt hätte (da hier eben der größte Anteil lebendiger Arbeit involviert ist), sodass das Kapital, wenn man seine Profitabilität rein unter dem Gesichtspunkt der stofflichen, konkreten, lebendigen Arbeit definieren würde, schnell in Stagnation verfiele, oder, um es polemisch mit Wolfgang Pohrt auszudrücken, eine Gebäudereinigungsfirma mit ein paar Hundert Mitarbeitern, die nur Arbeitsmittel wie Plastikeimer und Wischer benötigen, stünde gegenüber einem Unternehmen etwa zur Herstellung von Computerchips, dessen Kapitaleinsatz/Marktkapitalisierung ganz andere ökonomische Dimensionen besitzt, ökonomisch weitaus besser da.

Veblen hat zudem darauf hingewiesen, dass die Idee von der Substanz als einer Art ökonomischer Energie (die Relation zwischen Wert und Arbeit als Kraft, die Ordnung aufrechterhält) unberechtigterweise aus den Naturwissenschaften salopp auf die Ökonomie übertragen wurde, wobei in diesen das Prinzip der Energieerhaltung durch die Theorie eines relationalen Feldes, in dem die Energie zirkuliert, ersetzt wurde.

Substanzialisten gehen von der natürlichen Produktion eines reinen Gebrauchswerts aus, der zu den Marktplätzen für den Tausch gebracht wird, wo dann der realisierte Preis zeigt, dass die durch Arbeit angestiftete Ordnung aufrechterhalten worden ist. Aber gerade Verkauf und Kauf der Produkte zeigen, dass hier auf Umstände wie Knappheit der Nachfrage zu achten ist, die nicht direkt etwas mit der verausgabten Arbeit zu tun haben.

Pitts weist jedoch daraufhin, dass bestimmte Messmethoden zum Beispiel der Profitraten durchaus physikalische Komponenten besitzen, wobei der Wert der Waren durch physikalische Daten, die aus der Produktion kommen, determiniert wird, das heißt, von einer Determination des Werts anstatt einer Determination durch den Wert auszugehen ist.

Des Weiteren geht Pitts auf den exoterischen Marx ein, der durchaus einige substanzialistische Positionen übernimmt, wenn er etwa von der notwendigen Arbeitszeit in der Produktion spricht, die sich in der Ware unabhängig von Faktoren wie dem Handel und der Zirkulation kristallisiert. Für die substanzialistische Lesart des Kapitals beginnt Marx deshalb mit der Ware, weil sie ein Produkt der Arbeit ist, wobei, so wendet Pitts mit Rubin zu Recht ein, es doch für Marx gerade darauf ankommt, welche Form die Arbeit annimmt und entsprechend wendet sich Marx, nachdem er die Ware als Einheit von Gebrauchswert und Tauschwert bestimmt hat, der Untersuchung der Wertformen zu. In der Zirkulation werden die Waren durch den Tausch mit anderen Waren vergleichbar gemacht (Tauschwert) und differenziert in Bezug auf ihren Gebrauchswert. Tauschwert bedarf der Austauschbarkeit einer Ware mit einer anderen und dies bezüglich der Proportionen, in denn das stattfindet. Die substanzialistische Lesart rekurriert an dieser Stelle wieder darauf, dass zwei äquivalente Waren eben das Produkt menschlicher Arbeit seien.

Für den esoterischen Marx jedoch ist der Wert eine „Eigenschaft“, die sich auf dem Markt durch die Austauschbarkeit jedes Arbeitsprodukts mit jedem anderen qua Geld aktualisiert, d.h. durch die Relation als Waren, die auf dem Markt einen bestimmten Preis haben. Es sind dabei nicht die einzelnen Warenbesitzer, die sich auf einem Markt zusammenfinden, sondern es sind die Unternehmen als Eigentümer an Produktionsmitteln mit dem Potenzial Lohnarbeiter einzustellen, die ihre Produkte in die Zirkulation werfen. Es sind dann immer auch die Klassenkämpfe, die bestimmte Fragen der normativen und politischen Bewertungen auf Basis bestimmter „substanzieller Bedingungen“ ins Spiel bringen.

Auch wenn die Lohnarbeit in den entwickelten Ländern essenziell bleibt, gibt es eine Vielfalt der Lohnarbeitsverhältnisse, die deklassierende bzw. prekäre Tendenzen inhärieren (Vertragsarbeit, Honorararbeit, Minijobs, Zeitarbeit, Scheinselbständigkeit, Leiharbeit etc.). Zudem spricht Pitts zu Recht an, dass die „Befreiung“ der Arbeit von seinen feudalen Schranken gleichzeitig mit der Existenz unfreier Arbeit, im speziellen rassistisch konnotierter Sklavenarbeit, verbunden war, und diese bis heute auch fort dauert. Jason W. Moore hat in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass das Kapital historisch die Produktion billiger Natur benötigt, billige Lebensmittel, billige Energie, billige Arbeitskräfte und billige Rohstoffe. Billige Natur wird dann produziert, wenn es Agencies wie dem Kapital, den Wissenschaften und dem Empire im Zusammenspiel gelingt, billige Quellen in und aus der Natur für die Kapitalproduktion freizusetzen, billig im historischen Sinn, insofern die vier billigen „Cheaps“ dazu beitragen, die sozial notwendige abstrakte Arbeitszeit zu reduzieren.

Pitts führt dann noch einmal den Mehrwertbegriff bei Marx aus. Mit der Erfindung des Mehrwertbegriffs, der Differenz zwischen dem Lohn des Arbeiters und des durch die Anwendung seiner Arbeitskraft in der Arbeit geschaffenen Waren-Werts, muss Marx zunächst die Zirkulation als Ebene der Entstehung des Mehrwerts ausschließen, was entgegen vielfacher Aussagen von Marx nur durch die Verschiebung des Äquivalenzprinzips möglich ist, was er selbst auch affirmiert, wenn er auf der Ebene des Kapitals im Allgemeinen die Arbeitskraft als eine ekstatisierende Kraft vorstellt, der das Potenzial eignet (Gebrauchswert der Arbeitskraft) in einer Produktionsperiode Mehrarbeit zu leisten, die die zur Reproduktion der Arbeitskraft notwendige Arbeitszeit, die sich in einem Quantum von konsumierbaren Produkten vergegenständlicht, übersteigt. So liegt der Gebrauchswert der Arbeitskraft eben darin, mehr Wert zu erzeugen, als ihre Reproduktion kostet. Zwar wird laut Marx der Tauschwert der Arbeitskraft durch seine Reproduktionskosten »realisiert«, indem der Arbeiter mit dem Lohn ein Äquivalent erhält, aber in seiner Gebrauchswertfunktion muss die Arbeitskraft für das Kapital als angewandte Arbeit einfach ekstatisierend sein.

Das erste Kapitel abschließend verweist Pitts dankenswerter Weise auf eine Schrift von Baudrillard, in der dieser eine produktivistische Logik in der Geschichte des Marxismus ausmacht, die eine Mimesis an das Kapital herstellt, die jegliche Kontingenz, den Wunsch und die menschliche Arbeit der Finalität von Verwertung und Produktion unterstellt.

Den Schriften von Philipp Mirowski folgend beginnt Pitts das zweite Kapital „Wert als Relation“ mit dem Verweis auf die Feldtheorie des Werts (Feld von Präferenzen im Tausch), die sich auf die Wissenschaft von der Energie als eine Relation von Dingen, die konstitutiv für das Feld sind, bezieht. Das Konzept der Relationen löst das der Substanz auf (siehe Whitehead später Simmodon); Relationen verflechten sich nun beständig miteinander, um ein Netz der Ökonomie und ihren Kategorien zu entwerfen. (Thomas Nail hat neuerdings eine Theorie des Feldes der Zirkulation entwickelt, eine kinetische Bedingung für die geordnete Verteilung von Bewegung. Die Bewegung der Zirkulation durch das Feld sichert die Bedingungen, mit denen eine Relation oder Ordnung zwischen zwei oder mehreren Falten durch Wiederholung persistieren kann. Unabhängig von den flows, die sie konstituieren, haben die Felder keine transzendente Realität. Deshalb ist das Feld der Zirkulation immanent und kontinuierlich zu den Falten, die es auch konstituieren, i.e. die kinetische Bedingung ist immanent zu dem, was sie bedingt. Was das für eine Art Quanten-Marxismus heißen könnte, müsste erst noch ausgearbeitet werden).

Pitts erwähnt im Kontext der monetären Werttheorie, welche die neue Marx-Lektüre seit den 1970er Jahren ausgearbeitet hat, Autoren wie Backhaus, Reichelt und Heinrich, unerwähnt bleibt zum Beispiel John Milios, der m.E. am konsequentesten die monetäre Wert- und Kapitaltheorie weiterentwickelt hat.

Als relationistischen Theoretiker erwähnt Pitts zunächst Samuel Bailey, mit dem sich Marx ausführlich in den Theorien des Mehrwerts auseinandergesetzt hat. Bailey erwägt zunächst, dass der Wert zumindest unmessbar sei (relevant sei aber der Preis und nicht der Wert). Der Wert sei weder positiv noch intrinsisch zu verstehen, sondern allenfalls als die Relation, in der zwei Dinge als austauschbare Waren zueinander stehen. Pitts sieht hier einen Bezug zur non-euklidischen Geometrie. (Hier wäre die Frage zu diskutieren, wie die Relation die Relata übersteigt). Für Bailey ist der Term absoluter Wert genauso unsinnig wie der Term absolute Distanz, vielmehr sei er eine reine Relation und Bailey versucht dies mit dem Begriff der Transitivität zu belegen: Wenn für jede beliebige Ware eine Relation zu zwei weiteren Waren (die als Tauschwerte quantitativ spezifizierbar sind) existiert, so ist für die Waren A,B,C das Axiom der Transitivität gewährleistet: Es gilt W(A,B), W(B,C) und W(A,C). Wenn man aber derart eine Ratio bzw. Relation zwischen den Waren annimmt, dann bleibt das Prinzip der Konservierung bestehen, so zunächst Pitts. Und Geld gilt hier nicht als invariant, sondern als kontingent, was wiederum die Frage aufwirft, warum Geld dann überhaupt existiert. Schließlich gibt es, da es auch keine ökonomische Invarianten gibt, für Bailey auch nicht so etwas wie einen Wert.

Gegen die Auffassung von Bailey, dass ein einziger Akt des Austauschs Äqivalenz zwischen den Produkten herstelle, argumentiert Marx, dass die Äquivalenz der Waren auf einer generellen Austauschbarkeit jeder Ware mit jeder anderen Ware auf dem Markt basiere, wofür das Geld zur Operationalisierbarkeit sui generis notwendig sei.

Marx wurde schon früh mit den Positionen von Bailey konfrontiert, der Ricardo schärfstens dafür kritisierte, die Arbeit bzw. die Arbeitszeit fälschlicherweise als Substanz des Werts begriffen und sie damit zu einer intrinsischen Eigenschaft von Dingen gemacht zu haben. Bailey argumentiert, wie schon gesehen, dahingehend, dass der Wert ein ausschließlich relationales Phänomen sei, heute würden wir sagen, dass der Wert nur als sog. Marker existiert, der anzeigt, wie Waren aufeinander bezogen und (in Geld) konvertierbar sind, um schließlich ausgetauscht zu werden. Während für Ricardo der Wert ganz einfach die Arbeit misst, die in den Waren vergegenständlicht ist, besitzt für Bailey der Wert eine rein relationale Implikation, wobei Bailey dem Geld als Medium/Form, in dem diese Relationen sich darstellen, kaum Beachtung schenkt – d. h., Bailey vergisst einfach das simple Faktum, dass Waren in größerem Stil historisch niemals direkt gegeneinander ausgetauscht wurden, etwa im Rahmen einer einfachen Warenproduktion, die im Anschluss an Engels viele Marxisten bis heute noch als eine realhistorische Etappe konzipieren. Im Falle von Bailey kommt nun noch erschwerend hinzu – vorausgesetzt man erfasst den Wert ausschließlich als Relation der Waren zueinander –, dass das System der Wertrelationen durch die Veränderung eines einzigen Postens beträchtlich affiziert werden könnte. Und es sieht so aus, als müsste Bailey zur Stützung seines synchronen Systems das Geld als ein Nullzeichen oder als abwesendes Zentrum aus rein taktischen Gründen doch wieder einführen, um so etwas wie Stabilität in der Ökonomie anzeigen oder fingieren zu können.

Wenn Pitts nun auf den esoterischen Marx zu sprechen kommt, dann weist er in der Folge von Michael Heinrich darauf hin, dass erst die Marx-Engels-Gesamtausgabe (MEGA) gezeigt habe, dass es sich bei den Marx`schen Schriften immer auch um ein Forschungsprogramm mit Brüchen und Inkonsistenzen handelt, oder, um mit Balibar zu sprechen, um eine Baustelle. Die neue Marx-Lektüre zeige, dass mit dem Geld zu beginnen sei, um zur Arbeit und zur Ware zu gelangen. Der Wert werde nicht durch die Verausgabung konkreter Arbeitszeit determiniert, sondern durch den sozialen notwendigen Standard, der durch den Kauf und Verkauf von Waren in der Zirkulation zustande kommt, wobei die relevante Form die abstrakte Arbeit sei, die durch das Geld im Tausch vermittelt wird. Dies komme einem Verständnis von einem Feld bzw. dem Wert als eine Relation von Dingen recht nahe.

Im Gegensatz zur ricardianischen Werttheorie ist die marxistische Werttheorie eine Geld- und Kapitaltheorie. Der Wert einer Ware kann weder in der einzelnen Ware gemessen noch isoliert definiert werden, sondern ausschließlich im Verhältnis zu allen anderen Waren, ja zum Geld, im Prozess des Austauschs bestimmt werden. So konstituiert die Zirkulation, so Pitts, das Verhältnis zwischen Wert und Arbeit. In ihr materialisiert sich der Wert im Geld. Wert sei damit das Resultat eines sozialen Prozesses, der die konkrete Arbeit als Teil der totalen sozialen Arbeit validiert. Der Vergleich der Arbeiten als homogene, abstrakte Arbeit findet im Akt des Austauschs statt, einer Menge gegebener Arbeit mit Geld. Das Konzept der abstrakten Arbeit ist allerdings unserer Meinung nach nur eine Hilfskonstruktion, die Marx nach den ersten Kapiteln im Kapital aufgibt. Es ist das Geld, das an den Märkten die “abstrakte Arbeit” misst. Man kann die abstrakte Arbeit letztendlich gar nicht in Zeit messen, sondern nur in ihrer Gleichsetzung mit konkreter Arbeit, womit vom Abstrakten der abstrakten Arbeit abstrahiert wird. Im Tausch drückt das Geld die unendliche Austauschbarkeit aller Waren gegen alle aus, wobei diese unabhängig von den einzelnen Tauschakten ist, aber nichtsdestotrotz das ungeplante Ergebnis aller autonomen Austauschakte bleibt. Wert ist dann die Relation zwischen allen Dingen, ausgedrückt in Geld. Oder genauer gesagt, der Wert ist die Beziehung zwischen den Begriffen Geld und Ware. Ware und Geld (als Form) können also nicht unabhängig vom Wert existieren. Außerhalb dieser Relation der Waren untereinander in Beziehung zum Geld, so Pitts mit Heinrich, besitzen die Waren keinen objektiven Wert. i.e. der Wert ist eine Relation, die im gegenseitigen Austausch der Waren qua Geld hergestellt wird. In der Zirkulation sind die Waren je schon einander gleichgesetzt, und weil sie das sind und um die mit ihrer Gleichwertigkeit gegebene Austauschbarkeit zu realisieren, muss das Geld die Vermittlung generieren. Wenn Marx an dieser Stelle sagt, Geld misst den Wert der Waren, dann meint er ihre Homogenisierung und Vergleichbarkeit. Das reale Maß-Nehmen geschieht durch die Konstitution des Preises. Dabei könnte man jetzt, was Pitts nicht unternimmt, die Bedingungen der Möglichkeit der Austauschbarkeit von Waren und Geld überhaupt analysieren, d. h., die Austauschbarkeit des Geldes muss sich als von der Austauschbarkeit selbst verschiedene Form der Austauschbarkeit erweisen. Damit könnte nun die potenzielle Austauschbarkeit des Geldes gegen jedes Ding auf symbolischer Ebene angesprochen sein, die wiederum auf das nicht-repräsentierbare Dritte, das des Werts, verweist, der rein virtuell die Austauschbarkeit konstituiert.

Für John Milios ist der Wert hingegen nicht die Relation selbst, sondern er steht für eine Relation (zwischen Ware und Geld), charakteristisch einzig für die kapitalistische Produktionsweise. Der Wert registriert das Austauschverhältnis zwischen jeder Ware und allen anderen Waren und im speziellen zum Geld, wobei dieses die Waren erst homogenisiert und in ein Verhältnis der allgemeinen Austauschbarkeit setzt. Die Expression des Werts der Waren benötigt das Geld. Geld ist die notwendige Form des Werts, das heißt, der Wert hat ohne Geld keine Existenz. (Später wird Milios hinsichtlich der Kapitaltheorie schreiben, dass der gesamte Kreislauf des Kapitals der Kreislauf des Geldkapitals sei, insofern dieser die Kreislaufbewegungen, exakter die Spiralbewegungen des Kapitals umfassend strukturiere, repräsentiere und integriere, wie er auch Störungen innerhalb der Kreisläufe impliziere, insofern er selbst als ein je sich verschiebendes Zentrum fungiere. Die Formel der monetären Kapitalzirkulation ist der primäre Mechanismus der Kapitalökonomie, der die Warenproduktion als Produktion-für-den-Profit und als Produktion-für-die-Zirkulation konstant begleitet und einschließt.)

Oder wie Chris Arthur zum Wert schreibt: Anstatt dass die Waren als Werte gegeben und in Geld gemessen werden, ist das Geld das, was es den Waren überhaupt erst ermöglicht, als Werte erkannt zu werden, indem es die Warenvielfalt transzendental synthetisiert. Geld ist nicht einfach die Bereitstellung eines Vergleichsstandards für Waren, die bereits in die Wertdimension eingefügt sind, es konstituiert vielmehr real die Wertdimension. Geld macht die Wertdimension kohärent, indem es die Waren in eine gemeinsame Beziehung zu einem einzigen Gesichtspunkt auf sie setzt, der noch nicht unter ihnen ist, da er von ihnen ausgeschlossen wurde. Die Geldform ist die Bedingung der Möglichkeit einer einheitlichen Sphäre von Wertbeziehungen. Das Geld, das als universelle Äquivalentform des Wertes postuliert wird, ist selbst wesentlich für die Aktualität des Werts.

Zum Term Ausdruck lässt sich hier Folgendes sagen: Die Gleichung x Ware A = y Ware B will Marx als Wertausdruck »x Ware A ist y Ware B wert« lesen, als Ausdruck, der anzeigt, dass Waren a) bestimmte Mengen verschiedener Gebrauchsgegenstände sind (die Parameter x und y bedeuten Mengenangaben, während A und B spezifische Warenarten symbolisieren), b) in ganz spezifischer Form gleichgesetzt sind, insofern die vom Zeichen »=« gesetzte Identität eine Differenz verhüllt. Gleichzeitig könnte man auch sagen, dass im Wertausdruck analog zur Bedeutung des philosophischen Terms »Ausdruck« der Ausdruck das Ausgedrückte umhüllt, solange es nicht außerhalb des Ausdrucks existiert. Dabei gilt es zu hier aber schon zu beachten, dass Marx ökonomische Ausdrücke immer auch auf ihre Möglichkeit hin analysiert, womit er anzeigt, dass sie sich im Zuge der Darstellung der Selbstähnlichkeit der Wertformen verschieben, bis sie schließlich dem Bruch ausgesetzt sind (im »Übergang« von allgemeiner Wertform und Geld), um die Ausdrücke schließlich ganz dem Zerfall anheimzugeben, was als ein Verfahren der Kritik je schon über die Darstellung der verschiedenen Begriffe hinausweist. Im Ausdruck selbst ist somit selbst der Bruch nachgezeichnet, von dem er gekennzeichnet ist.

Im Kapitalismus wird die Ware nicht als bloßes nützliches Ding, also als Gebrauchswert, produziert, sondern als Wertträger, als ein Ding, das einen Preis besitzt. Schon bevor es auf den Markt kommt, besitzt jedes Produkt potenziell einen Preis, der allerdings im Tauschprozess realisiert (validiert) werden muss, ansonsten sind die Waren einfach Müll. Die Preise, so John Milios. werden einerseits im Prozess der kapitalistischen Produktion bestimmt, d.h. in einem historisch einmaligen Prozess der (kapitalistischen) Produktion-für-den-Austausch-und-für-den-Gewinn, andererseits mit und in der Zirkulation, die erst die Validierung qua Geld ermöglicht. Marx definiert den Vorgang der gesellschaftlichen Homogenisierung der einzelnen Arbeitsvorgänge und Produktionsprozesse durch die Einführung des Begriffs der abstrakten Arbeit. Die Arbeit hat in der kapitalistischen Produktionsweise einen doppelten Charakter: Einerseits ist sie konkrete Arbeit, die einen konkreten Gebrauchswert produziert und auf der anderen Seite ist sie zugleich abstrakte Arbeit (Arbeit im Allgemeinen). Daraus ergibt sich die allgemeine Messbarkeit und Austauschbarkeit der Arbeitsprodukte, d.h. ihre Konstitution als Waren. (Die abstrakte Arbeit und folglich die “abstrakte Arbeitszeit” ist keine einfache (empirisch überprüfbare) Eigenschaft der Arbeit, sondern eine “Abstraktion”, d.h. eine soziale Form, die die soziale Homogenisierung der Arbeit in der kapitalistischen Produktionsweise ausdrückt. Marx’ Begriff der abstrakten Arbeit macht also genau diesen Prozess der sozialen Homogenisierung der Arbeit unter der kapitalistischen Produktionsweise verständlich: “Die universelle Arbeitszeit selbst ist eine Abstraktion, die als solche für die Waren nicht existiert” (Marx). Das, was empirisch existiert, sind lediglich die spezifischen Waren, die auf dem Markt gekauft und verkauft (und mit Geld ausgetauscht) werden. Die abstrakte Arbeit als der Begriff, der den spezifisch gesellschaftlichen (kapitalistischen) Charakter des Arbeitsprozesses vermittelt, hat nichts mit einzelnen Produktionsvorgängen zu tun, sondern mit dem ökonomischen Zusammenhang aller einzelnen, institutionell unverbundenen kapitalistischen Produktionsprozesse, wie er sich auf dem Markt offenbart: “Die gesellschaftliche Arbeitszeit ist in diesen Waren sozusagen latent vorhanden und wird erst im Laufe ihres Austausches offenbar […]. Universelle gesellschaftliche Arbeit ist folglich keine fertige Voraussetzung, sondern ein entstehendes Resultat” (Marx). Milios resümiert: Der Wert ist eine Manifestation der strukturellen Merkmale der kapitalistischen Produktionsweise und nicht eine Manifestation der Arbeit im Allgemeinen.. Für Milios macht die gesamte Analyse von Marx deutlich, dass sich der Begriff der abstrakten Arbeit nicht in erster Linie auf einen Prozess der subjektiven Aneignung der Wirklichkeit bezieht, sondern auf einen objektiven Prozess, die typische Konfiguration bestimmter Elemente dieser Wirklichkeit. Der Wert stellt das Verhältnis der allgemeinen Austauschbarkeit der Waren dar und wird durch das Geld ausgedrückt. Pitts sieht dies nuancierter und kommt darauf später im Kapitel Marx und der Marginalismus zu sprechen.

Marx setzt also auf das Axiom „abstrakte Arbeit“ oder „abstrakte Arbeitszeit“, für das er aber wiederum keinen objektives Maß anbietet (was heißt abstrakte Arbeit als immanentes Wertmaß im Gegensatz zum äußere Maß des Geldes?), weshalb man bei Marx selbst einen infiniten Regress eröffnet sehen kann. Es stellt sich die Frage, wie sich denn überhaupt Vergleichbarkeit mittels des Geldes als einem äußerem Maß, das auf das Konstituens von Vergleichbarkeit, nämlich auf abstrakte Arbeit als immanentes Wertmaß bezogen ist, herstellen lässt. Dies wird dann meistens damit beantwortet, dass wir es beim Geld wiederum mit einer notwendigen Erscheinungsform des immanenten Werts zu tun hätten, womit die Entäußerung von Arbeit sich immer schon im Geltungsbereich des Geldes vollziehe. Damit stellt sich zwangsläufig in aller Schärfe das Problem des Werts, das Marx, wenn z. B. von Kugelmann auf das Wesen des Werts rekurriert wird, ja nicht rein zufällig nicht beantworten will, ja Marx reagiert sogar mit äußerster Gereiztheit auf die Frage nach der Herkunft des Werts (in der Arbeit), führt sie ihn doch gefährlich nahe an Hegels Theorie vom absoluten Geist heran, der in seiner Kreisbewegung der Theorie nichts schuldig bleibt, weil alte Schulden immer schon getilgt sind, wenn man etwa neue aufnimmt, die jedoch stets als die alten ausgegeben werden. Hingegen gibt für die allseitige Beziehung, die die Waren als Produkte privater Arbeit im Tausch zueinander annehmen, der Wert allenfalls so etwas wie einen ideellen „Horizont“ ab, vor dem die heterogenen Produkte unweigerlich einen Tauschwert annehmen, und jede Zurechnung zu Werten vollzieht sich zunächst ex post, und insofern repräsentiert der Tauschwert eine nicht-gegenwärtige Gegenwart des Wertes, die sich geltend macht, indem sie sich a posteriori als Spiel von Preisen entspinnt.

Für Oliver Schlaudt zum Beispiel konstituiert abstrakte Arbeit als immanentes Maß eine quantitative Vergleichbarkeit, wobei es aber des Geldes als äußerem Maß bedarf, um Größen realiter messen zu können. Trotz der enormen Unklarheiten, die die Übersetzung von immanentem und äußerem Maß beinhaltet, ist hier zumindest reflektiert, dass das ökonomische Mathem nicht mit den jeweiligen besonderen Arbeiten rechnet, sondern mit den Geld-Zeichen, die stets den gesellschaftlichen Durchschnitt, unsinnliche abstrakte Arbeit, ausdrücken. Vergessen bleibt aber weitgehend das von Marx selbst angeschriebene Paradox, dass (abstrakte) Arbeit das immanente Maß der Werte sei, aber wie das Geld (äußeres Maß) selbst keinen Wert besäße. Die Syntax des ökonomischen Mathems als Code wird bei Autoren wie Heinrich oder Schlaudt kaum thematisiert, und was eben noch schwerer wiegt, es gilt hier doch zu bedenken, dass die Signifikanz von Geld/Preis generell nicht zum Signifikat führt, sei dieses als abstrakte Arbeit oder abstrakte Arbeitszeit angeschrieben. Deswegen ist es vielleicht notwendig nicht nur die Form jener nicht-inhaltlichen Un-Substanz Wert, wie Eske Bockelmann schreibt, an Geld und Preis gedanklich zu explizieren, sondern die Un-Substanz Wert selbst genauer unter die Lupe zu nehmen

Das in der Rezeptionsgeschichte des Marxismus viel diskutierte Transformationsproblem, mit dem vor allem die Art und Weise der Verwandlung der Werte in Produktionspreise diskutiert wird, die nicht zuletzt auch mathematisch darstellbar sein soll, kann aus dem einfachen Grunde gar nicht auftauchen, weil Werte sich sui generis nicht in Preise übersetzen lassen (Virtualität, und wir bestimmen den Wert als eine relationale Virtualität, und nicht als Relation selbst, übersetzt sich nicht ein-eindeutig in Empirie bzw. aktualisiert sich eben nur qua Differenzierung im Aktuellen). Somit erweist sich das Problem der Transformation von Werten in Produktionspreise in gewisser Weise als ein (objektives) Scheinproblem. Harald Strauß spricht in diesem Kontext von der Inskription des Differenzianten Wert, von der rein zeitlichen Verausgabung ohne jede Qualität/Quantität, die sich als virtuelle Verteilbarkeit von Produkten immer aktualisieren muss. Unter der Rigidität des jeweiligen Angebots bleibt die Verteilbarkeit von Produktmengen von virtueller Realität, insofern der Verkauf von Produkten stets offen bleibt. Und es gibt eine zweite Inskription, insofern die Preisform die Verteilbarkeit der Produktmengen in Geldform aktualisiert Erst der Kauf-Verkauf von (klassischen) Waren schaltet Verteilbarkeit in die Quantität Preisform, anders gesagt, Preise aktualisieren die virtuelle Verteilbarkeit von Produkten, und zwar als Geld, und dies erfolgt an Märkten, an denen Preisanpassung sich durch die Konkurrenz der Kapitale hindurch vollzieht.

Dass der Wertausdruck als unsinnliche Eigenschaft der Relata in der Relation der Gleichheit zu verstehen sei (womit er keine externe Relation gegenüber den Relata impliziert, sondern eine interne Relation expliziert), das rechtfertigt Schlaudt mit dem Rückgriff auf eine scholastisch inspirierte Abstraktionsdefinition: Die Wertabstraktion verweise als Verhältnisbestimmung immer auf ein Begriffspaar, wobei dasjenige, das abstrahiert wird, nämlich Wert, und dasjenige, wovon abstrahiert wird, aufeinander bezogen seien. Folgerichtig beschreibt Schlaudt den Wert dann in rein begrifflicher Manier als Differenz von Erscheinendem – was von vornherein auf so etwas wie einen »dahinter liegenden« Zusammenhang (abstrakte Arbeit) verweist – und Erscheinung bzw. Tauschwert, der wiederum als Pluralität der je schon äquivalent anerkannten Tauschwerte auftritt. Wert und Wertgröße fundieren hier auf abstrakter Arbeit – diese Bestimmung, die Marx angeblich vornimmt, lässt sich aber sicherlich nicht ausdifferenzieren, indem man die altbekannte Unterscheidung zwischen Erscheinung/Tauschwert und Erscheinendem/Wesen/Wert wieder einführt. Auch Michael Heinrich greift in diesem Kontext auf bewusstseinsphilosophische Reflexionsbestimmungen zurück, um seine eigene Position zu untermauern: So sei der Wert der Waren als gegenständliche Reflexion eines bestimmten gesellschaftlichen Verhältnisses ihrer Produzenten zu verstehen, wobei dieses Verhältnis nur in der Beziehung von Ware auf Geld erscheinen könne. Letztendlich fungiert der Wertbegriff hier als ein reflexiver Bestimmungsgrund. Der Wert ist als gegenständliche Reflexion eines Verhältnisses (in der Zirkulation) zu verstehen, das sich zudem als Wertgröße plus ihrem numerischen Ausdruck (Tauschwert) anschreiben lässt, wobei Heinrich tatsächlich auch vom Ausdruck der Wertgröße im Preis spricht, sodassan dieser Stelle eine quantifizierte Wertbestimmung vorgenommen wird. Wenn Werte aber erst in der Zirkulation zu solchen werden, dann lässt sich bei ihnen jenseits der Realisierung im Kaufakt überhaupt auch nicht von Quantität sprechen. Es handelt sich für Heinrich hinsichtlich der Problematik des reflexiven Bestimmungsgrunds des Werts und seinen Erscheinungen (Beziehung von Waren auf Geld, Preis) vor allem um zwei differente begriffliche Abstraktionsebenen, wobei der Preis den Wert/Wertgröße zwar ausdrückt, obgleich es eben doch zwischen Wert und Preis kein begriffliches Adäquationsverhältnis gibt. Für Heinrich sind die Kategorien Wert und Mehrwert begriffslogisch Voraussetzungen für das Verständnis der Kategorien Profit und Produktionspreis. Nun dürfe eine »monetäre Werttheorie« nicht ignorieren, so wird von Büttner als Korrektur an Heinrich hinzugefügt, dass in der Zirkulation nur erscheinen könne, was vorher an Arbeitszeit in den Waren vergegenständlicht worden sei, wobei die objektive Geltung der verausgabten Arbeitszeit eben nur durch die Realisierung von Waren zustande käme und damit jedes Produkt nur als potenzieller Wert zu verstehen sei. Es besteht für Büttner eine logische Verbindung zwischen Produktions- und Zirkulationssphäre, die sich nicht zugunsten der einen oder der anderen Seite aufheben lässt.

Hier könnte man an die Analyse von Kojin Karatani denken, den Pitts auch anführt. Nach Auffassung von Karatani hat Marx sein eigenes Konzept der Wertform als eine Art Transkritik ausgearbeitet, die sich zwischen den Polen Bailey und Ricardo ansiedelt. Karatani argumentiert, dass Marx seine Kritik der politischen Ökonomie implizit an eine parallaktische Sichtweise heranführt, und zwar bezüglich der Antinomie, die sich zwischen Baileys subjektiver, relationistischer Werttheorie und Ricardos objektiver Arbeitswerttheorie auftut. Dabei sieht Karatani Marxens Lösung der an Kant orientierten Antinomieproblematik nicht in der Reduktion der einen Theorie auf die andere oder etwa in einer dialektischen Synthese der beiden Theorien, vielmehr sei, wie bei Marx eben geschehen, die Antinomie selbst als irreduzibel zu begreifen, als irreduzible Lücke zwischen beiden theoretischen Positionen, die strukturelle Spalte dazwischen. (Parallaxe ist gleich dem Winkel zwischen zwei Geraden, die von den sich verschiebenden Standorten eines Subjekts auf denselben Punkt – ein Objekt vor einem Hintergrund – gerichtet sind. Dabei bleiben Subjekt und Objekt so aufeinander bezogen, dass eine Verschiebung der epistemologischen Sichtweise des Subjekts eine ontologische Veränderung des Objekts beinhaltet, das in gewisser Weise einen Blick erwidert, der das Subjekt übersteigt – das Auge ist immer schon die Leinwand und nicht die Kamera.)

,Wir gehen in Kapitalisierung Bd.1 davon aus, dass es sich beim Wert um ein paradoxales Un-jekt handelt, insofern dieses Un-jekt die Eigenschaft besitzt keine Eigenschaft zu haben. Somit lässt sich dem Wert auch kein Wesen, Subjekt oder Objekt andichten und deshalb darf er nur als unbestimmter Bestimmungsgrund gelten. Er ist in der Relation zwischen Ware und Geld (und Kapital) an/abwesend (bestimmend), zugleich aber unbestimmt: Bockelmann schreibt dazu: “Wert ist vorausgesetzt als der identisch eine, ohne sich als eines
ihrer qualitativen Merkmale in den Waren zu finden, und daher selbst ohne jede qualitative Unterscheidung. Also kann Wert in sich nur
quantitativ bestimmt und nur zahlenmäßiger Unterscheidung fähig sein. In virtuell allen unterschiedlichen Waren soll sich Wert jeweils
einzig und allein als eine bestimmte Menge finden, als reines, qualitätsloses Quantum, und da in beliebig allen Waren, auch als ein Quantum von jeder beliebigen Größe. Also muss Wert in sämtlichen möglichen Zahlenwerten auftreten können: Wert muss als die reine Menge – wie ein Zahlenstrahl – frei skalierbar sein.” Wenn der Wert aber ein reines Quantum und frei skalierbar ist, dann ist er gerade nicht Geld, wie Böckelmann annimmt, sondern reine Virtualität. Geld wiederum, so Böckelmann richtig, vermittelt virtuell alle Waren mit virtuell allen anderen. Böckelmann spricht vom Wert als einer Form des Geldes, wie eher vom Geld als einer Form des Werts. Er schreibt: “Geld als reines Tauschmittel ist unmittelbar Wert, Wert im Tausch gegen Waren.” Mit Heinrich müsste man klarstellen, dass Geld nicht unmittelbar Wert ist, sondern die Relation von Geld und Waren ist Wert, aber eben als abwesende Ursache, virtuell, und Wert aktualisiert sich in der Relation zwischen Geld und Waren.

Genauso wird mit dem Wert als Un-jekt radikal jede Zweiwertigkeit von Sein/Nicht-Sein eliminiert. Der unbestimmte Grund lässt sich tatsächlich als das große Problem aller neuzeitlichen Ontologien beschreiben, das u. a. von Hegel, Schelling, Wittgenstein, Heidegger und Badiou nicht zufriedenstellend diskursiviert wurde. Hier fügt sich der Verweis auf eine virtuelle Wertsphäre, deren Eintritt in Prozesse der Verzeitlichung als instantane Transformation erfolgen soll, wobei der Wert in der Zeit nie ankommt, sondern in den zeitlichen Prozessen still steht, in diese Problematik nahtlos ein. Der unbestimmte Grund, Wert ist weder Sein noch Nichts, er ist vielmehr die unbestimmte und als solche doch Bestimmungen gebende »Kraft«, indem er auf das reine Verhältnis von Waren, Geld und Kapital verweist.

Wird fortgesetzt.

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