Post Covid Riot Prime Manifest – Next Level (Part III)

Zwanzig weitere Anmerkungen (Part lll) zu den gegenwärtigen Konfliktualitäten und Perspektiven. (31-35) Der erste Teil des ‘Post Covid Riot Prime Manifest’ findet sich u.a. hier, bzw. kann in gedruckter Form als Broschüre hier bestellt werden. Der erste Teil vom ‘Post Covid Riot Prime Manifest – Next Level’ findet sich hier, der zweite Teil hier

Einunddreißig:Es geht nicht nur um die ebenfalls nicht zu vernachlässigende Tatsache, dass Kriege, wie Juristen und Politikwissenschaftler schon vor einiger Zeit festgestellt haben, nicht mehr formell erklärt werden und, in Polizeieinsätze umgewandelt, die Charakteristika annehmen, die üblicherweise Bürgerkriegen zugeschrieben wurden. Entscheidend ist heute, dass der Bürgerkrieg, indem er mit dem Ausnahmezustand eine Art Symbiose bildet, wie dieser in ein Herrschaftsinstrument verwandelt wird.” Ausnahmezustand und Bürgerkrieg – Giorgio Agamben. (1)

Wir sehen am “Großen Krieg” in der Ukraine wie Recht Agamben hat, die russische Führung hat die Invasion in der Ukraine als Operation zur “Entnazifizierung” und “Entmilitarisierung” deklariert. In dem absoluten Versagen der Linken eine Analyse der Intervention Russlands zu leisten, manifestiert sich erneut ihr historisches Scheitern. Ihr überkommener Antiimperialismus lässt sie sich entweder auf die Seite Russlands zu schlagen (ein Verteidigungskrieg, eine Reaktion auf die Provokationen der NATO, etc.), auf die Seite der Ukraine (legitimer Widerstand der Ukraine, Unterstützung von “anarchistischen Selbstverteidigungseinheiten”, etc.) oder zur Schaffung einer “neuen Friedensbewegung” (als wenn das Elend der “alten Friedensbewegung” nicht schon schlimm genug gewesen wäre) aufzurufen, bzw. geht sie mit der Parole ‘no war but classwar’ hausieren, als wenn sie in irgendeiner Form diesen Klassenkrieg zu repräsentieren, geschweige denn zu organisieren in der Lage wäre. Im Kern ist es ja sie selber es gewesen, die die Befähigung zur Führung des sozialen Bürgerkrieges seit Jahrzehnten sabotiert hat, sodass der Bürgerkrieg heute nur noch als Machtoption des Empire existiert. Wir sehen, der Krieg in der Ukraine ist im Kern der Katalysator in dem Prozeß der Etablierung des permanenten Ausnahmezustandes, mit dem die Macht die Wertschöpfungskette bis zum bitteren Ende verteidigen wird. Man könnte auch sagen, um auf die Thesen der sudanesischen Gefährt*innen zurückzukommen, das Empire steht am Abgrund und hat den Sprung gewagt, während alle Aufstände zögern.

Zweiunddreißig: “Von dieser Angewohnheit, dem Bürgerkrieg einen Anfang, ein Ende und einen beschränkten Raum zuzuweisen, das heißt in ihm eher eine Ausnahme vom normalen Lauf der Dinge zu sehen, als über die unendlichen Verwandlungen im Verlauf von Zeit und Raum nachzudenken, kann man sich erst lösen, wenn man das Manöver entlarvt, das sie verschleiert.” Anleitung zum Bürgerkrieg – Tiqqun (2)

Um es auf die gegenwärtige Situation herunterzubrechen, den Krieg in der Ukraine kann man nicht begreifen, wenn man nicht den Pandemie Ausnahmezustand der letzten 2 Jahre als Manöver im Klassenkampf begreift, bzw. als Operation im sozialen Bürgerkrieg von oben. Begriffen haben dies von Anfang jene, die unmittelbar diesem Angriff ausgesetzt waren und eine ungeschönte Begrifflichkeit ihrer realen Situation haben, die Knackis, die Jugendlichen der Vororte und die Wanderarbeiter in Afrika und auf dem indischen Subkontinent. Anders gesagt, wenn wir von der Notwendigkeit sprechen, die Imaginäre Partei aus dem Schatten treten zu lassen und in eine Kämpfende Partei zu verwandeln, sprechen wir von dem unmittelbaren Bewusstsein über die eigene Situation im sozialen Bürgerkrieg, der sowieso geführt (von oben) wird, als dringendste Voraussetzung. Das heißt, wir müssen ausgehen von dem stattgefundenen Widerstand gegen den Pandemie Ausnahmezustand, und von nichts anderem, weil dies das Schlachtfeld in der aktuellen Formierung des Empire in den letzten beiden Jahren war und alle Zukünftigkeiten auf diesen Prozeß fußen.

Dreiunddreißig: Eine gescheiterte Linke kann sich, weil sie nur in der Lage ist, ihre erfolglosen Anläufe wieder und wieder zu reproduzieren, nichts anderes mehr vorstellen als zu unterliegen, bzw. selbst Teil der Macht zu werden. Ihre “Aktivisten” agieren heute noch als Bewegungsmanager, um morgen Beraterfunktionen in den Institutionen zu bekleiden, die die Macht verkörpern oder ziehen gleich, wie im Fall Chile, selbst in die Präsidentenpaläste ein. So oder so, der linke Horizont kennt nur die geschichtliche Niederlage.

Aber: Deserteure im Geiste gibt es überall. Es kommt darauf an, das soziale Eis zu brechen. Die Bedingungen für die Möglichkeit einer Kommunikation von Seele zu Seele zu schaffen. Es muss gelingen, eine Begegnung zu organisieren. Und so einen konspirativen Plan zu weben, der sich ausdehnt, verzweigt, komplexer und tiefgründiger wird…. Kühne Angriffe auf logische Ziele. Und die Gewissheit, dass wir das endlich siegreiche Leben sind.” Manifeste conspirationniste (3)

Die Partei, die den Sprung wagen wird, ist im Entstehen begriffen, die letzten Jahren haben eine unglaubliche Ausweitung der Qualitäten der Aufstandsbewegungen gesehen. Von den brillant geplant und durchgeführten Car Lootings in den USA (4) über die tief in den proletarischen Vierteln verwurzelten Revolten in Chile und Kolumbien hin zu der massenhaften Kaperung rechter Proteste gegen die Pandemie Maßnahmen wie in den Niederlanden (5). Wenn wir uns versuchen vorzustellen, wie Optionen gegen den Krieg in der Ukraine aussehen könnten, müssen wir uns davon lösen, dass der Gegner das Schlachtfeld dieser Auseinandersetzung definieren darf. Wir schlagen da zu, wo es am wenigsten erwartet wird, unser Widerstand nimmt Formen an, die überraschend sind, unsere Allianzen sind neu, wild und gewagt. “Wiederholen Sie nicht die Taktik, die Ihnen einen Sieg beschert hat, sondern lassen Sie Ihre Methoden durch die unendlichen Umstände regulieren.” – Sun Tzu

Vierunddreißig: Sich Verabschieden. Von allem. Gewissheiten. Sicherheiten. Normen. Regularien. Gewissen Vorstellungen. Falschen Freunden. Von allen Dünkeln. Vom Schmerz, der damit einhergeht, der aber Phantom bleibt, wenn wir etwas wagen. Wagen. Endlich etwas wagen. Atmen. Durchatmen. Fühlen. Leben. Der Tod ist sowieso gewiß. Kein Aber. Nie wieder.

Fünfunddreißig: Das Dringlichste. Austausch und Freundschaften. Im brennenden Haus, um erneut mit Agamben zu sprechen, bekommt alles Gesagte einen neuen Sinn, der dem der spricht, weder bewusst noch im Moment des Sprechens deutlich ist. Anders gesagt, wir erschaffen unsere eigenen Zukünftigkeiten. Wir erinnern uns an ein eigenes Genre, dem visionären Science Fiction, vielleicht kann dies hilfreich sein, sich überhaupt vorstellen zu können, dass es jenseits dem alles überlagernden Narrativ noch andere Wahrheiten gibt. Die genauso relativ sind, wie alle Wahrheiten, aber eben jenseits dieser einzigen universellen Wahrheit. Wir fragen uns, was eine Reise nach Solaris bei uns an Verdrängten und Unbewussten an die Oberfläche gespült hätte, wir fragen uns, was wir mit diesen Projektionen angefangen hätten. Wir stellen uns unserem Schatten, wir begegnen unser Angst. Wir begreifen die Dimension mit der wir manipuliert worden sind. Wir begreifen, dass wir für immer in Ohnmacht geworfen sind, wenn wir all dem alleine gegenübertreten. Wir werden reif für die Reife der Zeit und werden so in der Lage sein, uns einen Sieg überhaupt wieder vorstellen zu können. Denn dies ist ohne Zweifel die größte List unseres Gegners, uns einzureden wir seien nicht in der Lage wirklich frei zu sein. Denn was ist eine Revolution anderes, als die Verdinglichung unserer Sehnsüchte und unseres Begehrens nach Freiheit. Und wie lange haben wir uns schon mit seelischen Junk Food abspeisen lassen. “Reden wir dazu von uns, von unseren wunden, unserem hass, unserer freiheit. das ist unser blues. werden die brüder und schwestern schon hören und verstehen…” Gudrun Ensslin, Kassiber aus dem Knast 1973 (7)

to be continued…

Fußnoten:

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