Zur Fuzzylogic der Bürgerlichen

cdu - koalieren ?

linke afd
1     1     nein
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Bekanntermassen stimmte die CDU bei der Wahl in Thüringen lieber gemeinsam mit der AFD ab, statt versuchsweise mit der Linken ins Gespräch zu kommen. Trotz allem Gerede um Brandmauern hat sie es sich zu Schulde kommen lassen, mitzuzündeln und es dabei riskiert, das Feuerchen zum Flächenbrand anzufachen. Diesen CDU-Clusterfuck lösten keine Internet-Trolle aus, auch nicht die Meinungsfreihet von Youtubern, sondern ein Systemfehler, ein Bug in der politischen Ausschlusslogik, der älter ist als die Partei selbst.

Diese Art von bürgerlic her Rechtslastigkeit dürfte in Thüringen ja wohl bekannt sein, aber selbst Großbürgertumssöhne wie Ramelow können es nicht verhindern, dass in vielen Köpfen noch Antifaschismus mit Kommunismus gleichgesetzt wird. So kommt es, dass aufs Neue die Lager der Bürgerlichen in den Verdacht kommen,lieber mit einem Faschisten zu paktieren, als zumindest versuchsweise sozialistischere Demokratieformen in Betracht zu ziehen, wie sie derzeit z.B. Bernie Sanders vertritt, und wie sie in skandinavischen Staaten längst üblich sind.

Der Unvereinbarkeitsbeschluss ist ein logischer Trugschluss (NOT (A NAND B)), denn es bedarf abseits der politischen Fuzzylogic einer weiteren Priorisierungs-Klausel. Osmotische Diffusionen zur extremen Rechten sind der Beginn eines oft erwähnten politischen Dammbruchs, das trotzige Jein zur Afd ist mit einem Nein nicht zu verwechseln. Türkisfarben leistete sich die Thüringer CDU Spindoctors mit rasendem Rechtsdrall- wie weit ist diese “Volkspartei” also noch vom “Völkischen” entfernt? Haben wir es mit einer neuen tribalistisch rechten “Folk politics” zu tun, als Antwort auf die “identity politics” der linksliberalen Mitte?

Eher nicht, denn die Wurzeln der amerikanischen Identity Politics sind nicht zu verwechseln mit neoliberal-narzistischer Subjektivierung in den ich-zentrierten Echokammern digitaler Plattformen. Kürzlich erinnerte eine der Begründerinnen an die Notwendigkeit von sinnvollen Koalitionen gegenüber dem Rückzug in homogenisierte Safe Zones. (Barbara Smith on Democracy Now)

Um zu verhindern, daß die Afd in Zukunft weiter Oberhand gewinnt und weitere Wahlen entscheidend beeinflussen kann, sollte jedwede Zusammenarbeit zwischen den anderen Parteien gesucht werden. Und dies muss genau umgekehrt herum geschehen, wie es in der Geschichte dieses Bundeslandes schon einmal passiert ist. Das Potential eine demokratische Wahl absichtlich zu “zerstören” besteht darin, diese mit Afd Stimmen zu “vergiften”. Das einzige Gegenmittel hierzu wäre, diese zu überstimmen, solange es noch möglich ist, oder sich geschlossen der Stimme zu enthalten.

1930 wäre die Wahl in Thüringen anders ausgegangen, hätten die Bürgerlichen nicht die Allianz mit den extrem Rechten gesucht, um die Linken und die Sozialdemokraten zu überstimmen. Es ist absurd die heutige Partei Die Linke mit verfassungsfeindlichen Linksextremisten gleichzusetzen. Dagegen ist durchaus anzunehmen, dass der deutsche Verfassungsschutz, mit NSU Affäre und einem Werteunionsvertreter an der Spitze, auf dem rechten Auge nicht nur blind war, sondern mitverantwortlich für den Auftrieb der Rechten.

Statt einem Einlenken ist überall dort eine aktive Bekämpfung der Ursachen notwendig, wo sich Afd Hochburgen ausbilden konnten. Antifaschistische Basisarbeit die friedliche Mittel nutzt wie z.b. investigativen Journalismus, Sozialarbeit in sozialen und lokalen Netzen und gewaltfreie Demonstrationen muss endlich förderfähig werden, ganz besonders in den strukturschwachen Randzonen..

Nur mit ausreichender Migration ist Xenophobie bekämpfbar. Oft ist es gerade die Homogenität der Bevölkerung gepaart mit dem Symptom des Abgehängtseins von der Versorgung durch grosstechnische Netze, welche als Brutstätte des Rechtsradikalismus dienen und wodurch sich solche Orte infrastrukturell von den nicht- oder weniger fremdenfeindlichen Ballungsräumen unterscheiden. Im Rahmen der Migrationsdebatte und der Infrastrukturförderung könnte eine Wohnungsbau- und Siedlungspolitik entwickelt werden, mit besonderen Programmen für strukturschwache Gebiete, die gezielt in den Gebieten, in denen Ausländerfeindlichkeit grassiert, den Anteil ausländischer Mitbürger und parallel auch den Anteil an Kreativen, Künstlern und Medienprojekten erhöht. Neue Modelle der Agrarbewirtschaftung, genossenschaftliches Wohneigentum und mittelständisch-technologische Klein-shenzhen-Zonen sind denkbar. Selbstverständlich muss bei entstehenden Spannungen eine institutionelle Betreuung und Bekämpfung intensiviert werden und besondere Aufgaben übernehmen, wobei die Unterstützung des zivilgesellschaftlichen Engagements Vorrang haben sollte. Ob ein solches Umdenken mit dem gegenwärtigen Bundesinnenmisterium möglich ist, wird sich zeigen.

Es bleibt engagierten und experimentierfreudigen Bürgerinnen überlassen, jungen Familien, Künstler-Kollektiven, Startups usw., sich zu überlegen, ob es möglich ist, wie Tesla es vormacht, in die Fläche zu gehen und die kulturellen “safe zones” der linksgrünen Kieze zu verlassen um gerade in die Gebiete umzusiedeln, die als Hochburgen der völkischen Reichs- und Wutbürger gelten.

Bei der Siedlungspolitik hatten die Rechten geschichtlich die Nase vorne, da sie nahtlos an die Methoden der Ostkolonialisierung anschliessen können, um ihre rassistischen Kleinfamilien zellenhaft in der Fläche zu verteilen, Verlage zu gründen um so Jahr für Jahr den politischen Umkipppunkt voranzutreiben.

Die politische Mengenlehre westlich geprägter Bürgerlichkeit ist dabei, ihre Schnittmengenfunktion neu zu justieren. Grossbürgerlicher Globalismus, Kleinbürgerlicher Provinzialismus, Netzbürgerlich – neoliberalisierte Durchdigitalisierung und als Ausweg die schildbürgerliche Barbarisierung. In wessen Machtinteresse könnte sich der gegenwärtige Rechtsruck vollziehen, bzw. mit der Angst vor diesem die gebildeten Mittelschichten in Schach halten auf deren Kollaboration die Wertschöpfungsketten angewiesen sind?

Zoom out. Das durch die Nullzinspolitik weiter auseinandergezogene Feld zwischen Arm und Reich, macht den Vektor der Rentier-Klasse, des “unearned income”, die durch Steuererleichterungen, Bailouts und zinslose Dahrlehen ihr Vermögen in den letzten 12 Jahren noch vergrössert haben, durch Rückkauf von Aktien, Immobilienankauf usw. ohne die erhofften Trickle-Down Effekte, zum Motor einer neuen Massenbewegung der Prekarisierten, die nach links oder rechts ausbrechen kann. Wenn es zu einem grossen Meltdown kommt, einer globalen Bankrotterklaerung und Vernichtung von Vermögen, braucht es einerseits starke Demokratien und Institutionen, andererseits einen grünen ökologischen Plan B zum Wiederaufbau, welcher den technologischen Determinismus der Klimakrise zum Ausgangspunkt nimmt, und statt Kriegsökonomie und Atomwaffenaufrüstung eine friedliche Transformation der Grundlagen unserer Infrastrukturen in Angriff nimmt. Die überkommmenen industriell geprägten Schichten des 19. Jahrhunderts betreffen nicht nur die fossile Brennstoffversorgung, die durch Wasserstoff ablösbar wäre, sondern auch institutionelle Architekturen der Universitäten bis hin zu den Dogmen klassischer Ökonomie, oder habitueller Massenkultur wie beispielsweise den Invidualverkehr, die unter den Bedingungen vernetzter Digitalität grundlegenden Transformationen unterliegt.

Gestützt durch eine zweite digitale Revolution im Bereich machine learning, welche nur synergetische Effekte haben kann, wenn diese nach opensource/opendata Prinzipien ohne die Redundanzen kapitalistischen Wettbwerbs nach Art eines globalen Manhattan Projekts koordinierbar sind, mit dem Ziel, einen Abstraktions- und Komplexitätsgrad zu erreichen welcher für eine neue algorithmische Regulierung von Wallstreet und Weltmärkten einsatzfähig wird. Dass hierfür westliche Philosophien und Kultur nicht ganz ausreichen, muss kein Problem darstellen, da der globale Süden und Osten eine neue, fordernde Intelligenz bereitstellt, die dabei helfen kann den Systemwechsel global umzusetzen. Die Rolle von Grosstechnischen Netzen, ob Transport, Gas, Wasser, Strom oder Kommunikation ist dabei von zentraler Bedeutung. Die Strukturprinzipien des Internets werden sich rückwirkend auf die anderen Netzwerke ausdehnen sofern man der Priorisierung überholter neoliberaler Zentralisierung nicht nachgibt. Netzneutralität wie eine Reihe von anderen Prinzipien sind in Standards und Regulierungsvorschriften weltweit technisch realisierbar, wenn die Notwendigkeit hierfür erkannt wird. Diese Umsetzung bedarf keiner konzeptueller Krücken wie in Branchen sektorierte “Datenräume”, sondern entschiedener materieller Umsetzung in der Fläche, was die Prinzipien der Grundversorgung auch der vermeintlch kleineren Knotenpunkte in der Peripherie betrifft.

Da diese Entwicklung alles andere als vorgegeben und linear ist, braucht es lokale, überschaubare und kommunzierbare Optionen jeweilige Lebenswege zu ändern und aktiv an den Transformationsprozessen auf positive Weise mitzuwirken.

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