Asymmetrische Aktion

Inhaltsverzeichnis
Einleitung…………………………………………………………………………………………………..2
Asymmetrische Aktion…………………………………………………………………………………2
1. Kapitel……………………………………………………………………………………………………6
Aktionsziel………………………………………………………………………………………………….6
2. Kapitel……………………………………………………………………………………………………7
Truppe……………………………………………………………………………………………………….7
Ausbildung…………………………………………………………………………………………………8
3. Kapitel……………………………………………………………………………………………………8
Waffe…………………………………………………………………………………………………………9
Enteignung…………………………………………………………………………………………………9
Schuss…………………………………………………………………………………………………….10
Literatur……………………………………………………………………………………………………11
Einleitung

Die asymmetrische Aktion wird hier anhand der Guerilla beschrieben. Die asymmetrische Aktion zeigt Elemente der Guerilla. Somit sind die Guerilla als Kriegstheorie ein Beispiel der asymmetrischen Aktion. Ihr Zusammenhang ist die Aktion und die ihr entsprechende Notwendigkeit.

ASYMMETRISCHE AKTION

Andrew Culp:

Power is now diffuse, and the antagonism of Marx’s class war has been drowned in an overwhelming sea of difference. This development calls for a reorientation that entails learning how to become contrary.

Learning how to become contrary ist die Arbeit, die die asymmetrische Aktion leistet. Die asymmetrische Aktion lässt die Asymmetrie deutlich werden. Die Aktualität der Asymmetrie wird dabei von der asymmetrischen Aktion geprüft. Die asymmetrische Aktion als Praxis ist nicht gleich mit dem Aktionsziel/ Feind. Die Asymmetrie und die asymmetrische Aktion stehen somit in Verbindung.

Asymmetry works to impede reciprocal relations and prevent reversibility. It diagrammatically starts by constituting two formally distinct terms as contrary asymmetry. It is maintained by concretely establishing a relationship of incommensurability between their sets of forces.

Die Verschwörung bildet die Differenz in der asymmetrischen Praxis. Eine reziproke Relation ist mit dem Aktionsziel unmöglich geworden. Mit der Asymmetrie ist es möglich, die Verschwörung als flächendeckende asymmetrische Bewegung zu verstehen. Die Dauer der asymmetrischen Bewegung ist nach dem Vorhandensein von Nicht-/Asymmetrie zu bestimmen.

Each contrary is a forking path, an alternate route for every instance one is tempted by affirmation.

Die Durchführung der asymmetrischen Aktion affirmiert das Verhältnis zur Asymmetrie:

Gilles Deleuze:

Curie bemerkte, daß es bequem aber fatal wäre, von der Asymmetrie in negativen Begriffen – als Mangel an Symmetrie – zu sprechen, ohne positive Ausdrücke zu erfinden, die die Unendlichkeit der Operationen von Nicht-Überdeckung zu bezeichnen vermögen.

Die Asymmetrie ist nicht Mangel an Symmetrie, sondern stellt in der Aktion durch Nicht-Überdeckungen in sich Produktionen her. Bei den Nicht-Überdeckungen und Zerstörungen wird die asymmetrische Aktion hergestellt. In der asymmetrischen Aktion entsteht eine Unabhängigkeit zum Aktionsziel/ Feind.

Die hybride Kriegsführung von gleichzeitiger Symmetrie und Asymmetrie verhindert dabei die Produktionen der Asymmetrie. Es verhindert das konträr werden und bleibt in der Komplexität.

Andrew Culp:

(…) opposites imply a “golden mean” whereby the optimal place is found somewhere in between each extreme. Such middling compromise is the greatest tragedy of Deleuze and Guattari’s rhetorical presentation of what appear to be dualisms (smooth/striated, molar/molecular, arborescent/rhizomatic) in „A Thousand Plateaus“.

Die Gleichzeitigkeit beider ist somit keine Subversion. Sie verhindert die Verschwörung und Eigenständigkeit. Die Subversion befindet sich innerhalb der asymmetrischen Aktion, in dem es die Asymmetrie kenntlich macht.

Das Asymmetrische in der asymmetrischen Aktion ist ähnlich zu verstehen wie das Irreguläre von Carl Schmitt:

Carl Schmitt:

Hier ist die Unterscheidung von regulär und irregulär rein militär-technisch gedacht und keineswegs gleichbedeutend mit legal und illegal.

Die asymmetrische Aktion kann illegal oder legal sein. Das Irreguläre ist dabei von Wichtigkeit und nicht das Illegale. Zum Teil ist nur in der Legalität eine asymmetrische Aktion möglich. Das Irreguläre beschreibt die Subversion. Es scheint dadurch als eigenständige Strategie, obwohl es nur aus den Elementen der Asymmetrie gebildet wird.

Je mehr man den regulären, uniformierten Gegner als Feind respektiert und ihn auch im blutigsten Kampf nicht mit einem Verbrecher verwechselt, um so erbitterter wird der irreguläre Kämpfer als Verbrecher behandelt. Das alles ergibt sich von selbst aus der Logik des klassischen europäischen Kriegsrechts, das Militär und Zivil, Kombatanten und nicht-Kombatanten unterscheidetet,(…)

Der Abschnitt beschreibt die Radikalität der asymmetrischen Aktion. Er macht deutlich, welche asymmetrische Funktionen durch eine irreguläre Aktion möglich sind. Die Uniformierung des Partisanen würde dabei als symmetrische Aktion zum Aktionsziel verstanden. Die asymmetrische Aktion ist also notwendigerweise je nach Aktion variabel.

Der Guerilla-Krieg wird als Bewegungskrieg benannt: Die asymmetrische Aktion benötigt mehrere taktische Elemente für den Kontakt. Die asymmetrischen Bewegungen des Kontakts sind von Mao Tse-Tung wie folgend strukturiert:

Mao Tse-Tung:

Feind geht vor, wir weichen; Feind bleibt stehn, wir stören; Feind wird müd, wir schlagen; Feind entweicht, wir folgen.

Umschrieben:

Rückt der Feind vor, ziehen wir uns zurück; macht er halt, umschwärmen wir ihn; ist er ermattet, schlagen wir zu; weicht er, verfolgen wir ihn; im Partisanenkrieg sind wir siegessicher. Mit Riesenschritten marschieren wir vorwärts und ziehen wir uns zurück; lockt den Feind in die Tiefe des eigenen Gebietes; konzentrieren wir die Kräfte, um die Feinde einzeln zu schlagen; im Bewegungskrieg vernichten wir die Feinde.

Diese Bewegung ist die zentrale Bewegung zum Aktionsziel. Es erhält die Bewegung des Aktionsziels, solange das Aktionsziel in Bewegung ist. Die Guerilla-Truppe bleibt dabei als Truppe unsichtbar und fordert die Bewegung des Aktionsziels heraus. Dies wird solange durchgeführt, bis die Verausgabung des Aktionsziels die entsprechende Größe hat.

Die asymmetrische Aktion lässt den Schuss der Aktionsziele nicht zu. Der entscheidende Schuss wird von der beschriebenen Bewegung der Guerilla unterbunden.

Henry Kissinger:

In the process we lost sight of one of the cardinal maxims of guerrilla war: the guerrilla wins if he does not lose. The conventional army loses if it does not win.

Das Aktionsziel verliert, wenn es nicht siegt. Die asymmetrische Aktion siegt, wenn  sie nicht verliert. Es erhält die Bewegung und verzögert somit den Sieg des Aktionsziels. Der Sieg ist für das Aktionsziel das Schießen. Die asymmetrische Aktion ist variabel zum Aktionsziel, indem es nicht in dessen Aktion integriert wird. Das Moment des Schusses auf das Aktionsziel ergibt sich bei der entsprechenden Größe der Verausgabung. Das Zurückschießen ist dabei keine Stärke, sondern fördert lediglich der Asymmetrie. Der Schuss ist die Zerstörung der Komplexität.

Die Guerilla bewegt sich asymmetrisch zum Feind. Der Asymmetrie ist es nicht möglich, von einem Sieg auszugehen, weil lediglich das Verlieren der Anderen der Sieg ist. Die Guerilla macht somit immer die Asymmetrie deutlich, egal wie undeutlich es ist. Das ist der Grund, warum die asymmetrische Aktion auch als eine weiche Kriegsführung benannt wird.

Die zwei zentralen Elemente der asymmetrischen Bewegung in den jeweiligen Aktionen zitiert von Tse-Tung und Kissinger haben eine gemeinsame Voraussetzung: Die Asymmetrie hat nichts zu verteidigen oder zu erhalten. Die asymmetrische Bewegung muss somit fähig sein, zu sterben, um zu leben.

1. Kapitel

Die Aktion ist der Kontakt. Es wird bei der Aktion ein Ziel/ Feind zur Kontaktierung anvisiert und somit ist das Ziel/ Feind der Aktion das Aktionsziel (Aktionsfeind). Die Aktion kontaktiert das jeweilige Aktionsziel.

AKTIONSZIEL

Die asymmetrische Aktion ist asymmetrisch zur Aktion des Aktionsziels. Die Aktionsziele sind viele und benötigen für ihre eigenen Aktionen je nach Aktionsziel unterschiedliche Waffen, Schüsse, Ausbildung etc. Das Aktionsziel bietet die Möglichkeit für eine Aktion.
Eine Aktion des Aktionsziels ist die Komplexität. Die Aktion des Aktionsziels soll dabei die Symmetrie herstellen. Die Symmetrie bedeutet dabei die Herstellung von Polen die sich gegenseitig ergänzen. Die Komplexität “uniformiert die Vielfalt” und zögert somit die Entscheidungen hinaus, welche der kapitalistischen Zeit nicht entgegentreten kann.

Andrew Culp:

The trouble with deferral is its collusion with capitalist time, which delays the arrival of the proletarian revolution.(Balibar, Philosophy of Marx, 101). Just ask complexity progenitor Stuart Kauffman, who now speaks in a mixture of religious mysticism and computational entrepreneurship (Reinventing the Sacred; Kauffman et al., “Economic Opportunity”).

Die verzögerte Entscheidung als Aktion ist dabei die Verteidigung des Aktionsziels. Es macht den Kampf unmöglich. Das Aktionsziel verteidigt im Angriff und der Verteidigung. Die Komplexität ist dafür eine Waffe, um die Asymmetrie nicht zur Aktion werden zu lassen. In asymmetrischen Aktionen besteht die Möglichkeit, zum Verteidigungsmittel zu werden. Um nicht zum Verteidigungsmittel zu werden, muss eine Entgegnung der Aktion des Aktionsziels stattfinden.

The necessity of weapons should be clear. Even the most terrifying nomadic war machine is overshadowed by the state, which calls its operations “keeping the peace” (as documented by Foucault in his “Society Must Be Defended” lectures and beyond).

Die Guerilla-Truppe produziert in sich ebenfalls Aktionsziele, zu deren sie sich asymmetrisch verhalten muss. Solange zu Aktionszielen die asymmetrische Bewegung vollzogen wird, verhindert es Komplexitäten in der Aktion.

2. Kapitel

Die Truppe und Ausbildung werden als Vorbereitungen von asymmetrischen Aktionen lokalisiert.

TRUPPE

Die Truppe führt die asymmetrische Aktion durch. Diese Truppe ist aufgeteilt zu den entsprechenden Aktionszielen. Die eine/einzige Kriegsfront kann je nach Aktualität und Praxis des Aktionsziels eintreten. Die Truppe/n haben eine Ausbildung für ein oder mehrere Aktionsziel/e erhalten. Je nach Aktionsziel gibt es unmittelbare Verbindungen zwischen einzelne Truppen. Die Truppe wird als Aktionsziel der Truppe verstanden sobald es verteidigt. Die Organisation der Variabilität in der Truppe zeigt ihre Eigenständigkeit. Sie bildet die Notwendigkeit der Initiative.

Carlos Marighella:

Es ist nicht möglich, alle Situationen vorauszusehen; trotzdem darf es nicht vorkommen, daß der Stadtguerillero nicht weiß, was zu tun ist, nur weil ihm entsprechende Anweisungen fehlen. Eine “Feuergruppe” (Truppe) darf nie in Erwartung von Befehlen passiv bleiben. Ihre Pflicht ist es, zu handeln.

AUSBILDUNG

Die Asymmetrie wird bei der asymmetrischen Aktion erlernt. Die Bildung an operativen Waffen usw. ist bei den einzelnen Truppen schon vorhanden (Siehe WAFFE). Die Bildung bedeutet auch, die Elemente der Aktion (bspw. Waffe und Aktionsziel) vor und nach der Aktion zu analysieren. Das Verständnis der Asymmetrie dient der Analyse. Dabei ist das Verhältnis zum Aktionsziel durch die Aktion des Aktionsziels ebenso wichtig. Ein weiteres Beispiel für das Verständnis von Bewegung und Variabilität der asymmetrischen Aktion.

Die von der Sonne ausgehenden Strahlen erreichen uns als Lichtwellen, die von den Rundfunkstationen gesendeten Wellen heißen Radiowellen, was Laut verbreitet, nennt man Schallwellen. In gewissem Sinne geht auch das Gehen in Wellen vor sich, jeder Schritt eine Welle. (…) Das ist die Wellenartigkeit der Bewegung der allen Dingen innewohnenden Widersprüche.

3. Kapitel

Die Durchführung der einzelnen Handlungen der Bewegung der asymmetrischen Aktion sind anhand des Beispiels der Waffe zu erfassen. Für einen asymmetrischen Kontakt mit dem Aktionsziel, wird die Waffe und der Umgang der asymmetrischen Aktion mit der Waffe relevant.

WAFFE

Die operative Waffe der Guerilla ist die Waffe des Aktionsziels. Sie steht in unmittelbarer Verbindung mit dem Aktionsziel und nicht mit der Guerilla. Das, was die Verbindung zwischen Waffe und Guerilla bildet, ist die Asymmetrie. Eine andere Waffe zu nutzen als die, die mit dem Aktionsziel in Verbindung steht, würde nicht die Asymmetrie durchführen. Die Asymmetrie würde stattdessen verlagert werden auf ein der Waffe entsprechendes anderes Aktionsziel. Die Asymmetrie ist in der Aktion der Waffe enthalten und nicht in der Waffe selbst.

Waffen sind nach Tse-Tung “im Krieg ein wichtiger Faktor, jedoch nicht der entscheidende”; “der entscheidende sind die Menschen, nicht die Dinge”. “Menschen” sind hier als die Durchführung der Aktion zu verstehen.

Durch die asymmetrische Aktion mit der Waffe wird die Waffe vom Aktionsziel entfremdet. Die Waffe unterscheidet sich in der asymmetrischen Aktion. Je nach Aktionsziel/ Waffe unterscheidet sich das Verhältnis der Guerilla-Aktion zur Irregularität und Illegalität.

ENTEIGNUNG
Die Waffen des Aktionsziels müssen enteignet werden. Für Truppe ist die Enteignung die entsprechende Handlung. Die Enteignung weicht und folgt dem Aktionsziel. Sie setzt den Kontakt von Guerilla und Aktionsziel instand. Bei der Enteignung erhält die Guerilla erst die benötigten Mittel, um zu schlagen und zu stören.

Carlos Marighella:

Am wichtigsten und entscheidend für den Stadtguerillero ist aber, daß er mit der Waffe kämpft, was ihm oft nicht ermöglicht, seinem normalem Beruf nachzugehen, ohne identifiziert zu werden. In diesem Zusammenhang wird die Rolle der Enteignung deutlich.

Jede  Enteignung muss für eine Aktion an dem enteigneten Aktionsziel sein. Ohne die Bindung von Enteignung und Aktion wird es zu einer Plünderung. Es ist dann die Verteidigung der Ordnung von Eigentum. Die Guerilla kann nicht für Erhalt und Selbsterhalt in Aktion treten.

SCHUSS

Der Schuss ist die Unterbrechung der ausgeführten Funktion. Die asymmetrische Funktion der Aktion tritt an diese Stelle. Der Schuss und die Sabotage usw. sind dabei ähnliche Elemente. Im Beispiel der Guerilla nutzt der Terror die Vernichtung als Vernichtung und ist daher dieselbe Praxis zu welcher sich die Guerilla asymmetrisch verhält. Was bei dem Schuss enteignet wird, benötigt das Verhältnis zur Asymmetrie. Das Aktionsziel muss dafür vorhanden sein und verdeutlicht somit auch die jeweilige Funktion.

 

Literatur

Culp, Andrew: Dark Deleuze. Forerunners: Ideas First from the University of Minnesota Press Juni 2016

Deleuze, Gilles: Differenz und Wiederholung. Fink, Wilhelm. München 2.Auflage 2010 (Erstauflage 1968)

Ernesto Che Guevara, On Guerrilla Warfare. Monthly Review Press New York, 1961

Kissinger, Henry: The Vietnam Negotiations.  Foreign Affairs, Vol. 48, No. 2 , 1969

Marighella, Carlos: Minihandbuch des Stadtguerilleros. Erschienen in: Sozialistische Politik Hrsg: Otto Suhr Institut Berlin. 2.Jg.,Nr.6/7, 1970, S.143-166
http://www.socialhistoryportal.org/sites/default/files/raf/0019701200_2.pdf
(5.04.2017)

Schmitt, Carl: Theorie des Partisanen, Zwischenbemerkung zum Begriff des Politischen. Zweite Auflage 1975 Duncker & Humblot, Berlin Unveränderter Nachdruck der 1. Auflage 1963

Schickel ,Joachim: Guerrilleros, Partisanen, Theorie und Praxis, Hanser, 1. Aufl. 1970.

Tse-Tung, Mao: Ausgewählte Werke. Hrsg Kommision des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas für die Herausgabe der Ausgewählten Werke Mao Zedongs. Verlag Beijing 1968, Bd.I und II; 1969 Bd.III und IV; 1978 Bd.V

Lin Boyie, Han Peiji, Shen Ze, Zhang Wunxun: Neue Betrachtung der Militärdialektik von Mao Zedong. Beijing 1987.

 

Foto: Bernhard Weber

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