Badious “Black”. Die Brillianz einer Nicht-Farbe. (1)

In der Tat hat Badious neues Buch Black. The Brilliance of a non-color, das 21 Aphorismen zum „Thema“ Schwarz enthält, etwas von der persönlichen Philosophie eines Maurice Blanchot. Während aber Blanchot vom schwarzen Licht spricht, das – paradox genug – gleich einer Nacht ist, die von unten kommt, oder einem pausenlosen Überlappen von Wellen, stellt Badiou im Aphorismus „Dialectical Ambiguities“ im Gleichklang mit der Wissenschaft fest: Schwarz ist keine Farbe. Schwarz ist schlichtweg die Abwesenheit der Farbe und damit die Abwesenheit jeder Wellenlänge in einer Analyse, die zeigt, was das Schwarz zu negieren hat. Aber ist Abwesenheit überhaupt eine Negation, fragt Badiou, und antwortet; Nein, Schwarz negiert weder das Licht noch die Farben. Es ist reine Abwesenheit und damit allenfalls eine passive Negation; es indiziert die Abwesenheit seines extremen Gegenteils, Licht. Und ist es nicht zugleich die Abwesenheit des gloriosen Lichts, welches das reine Weiß ist? Womit man aber wieder im fatalen Schwarz-Weiß Kontinuum gefangen bliebe….

Und konsequenterweise schaut sich Badiou die Falle an, in die man mit dem Weiß tappen kann. Die Wissenschaftler sagen, Weiß sei ein komplexes, konstant wechselndes Resultat, eine flüchtige Kombination oder die zusammengesetzte Summe aller Farben. Schwarz ist die Leere der Farben, während Weiß alle Farben ist. Ein Phantom. Mit solch einer Kontrastierung werden aber die Farben des Realen nicht erreicht, das multifacettenreiche Flavour des sichtbaren, lebenden Universums. Was sowohl die Nacht als auch der Schnee vermissen lässt, das ist der Regenbogen, sagt Badiou. Deshalb sei für die Leute des Westens evident, dass schwarz die Farbe des Todes sei, während die Chinesen denken, die Farbe des Todes sei weiß. Aber Vorsicht, so Badiou, Macbeth`s schwarze Hexen und Christian Andersens Schneekönigin gehören derselben Welt an.

Seine Bemerkungen zur schwarzen Seele fasst Badiou in der Aussage zusammen, dass Schwarz die „Farbe“ der Seele nur insofern sei, als sie sich als ein unvorhergesehenes Ereignis offenbart, während die Reinheit des Weiß im Gegensatz zur Unreinheit des Schwarz eher ein Phantom der Ignoranz sei. Alles Wissen sei das Wissen vom Schwarz, das als Überraschung sich ereignet.

Die Frage des Ultraschwarz in seinem Verhältnis zum Schwarz erörtert Badiou an den Polyptychen des französischen Malers Pierre Soulages. Dieser proklamiert, dass seine schwarzen Werke weder ein Bild zeigten noch eine eine Sprache bedeuteten. Wie sollte dies auch sein, merkt Badiou an, wenn Schwarz als die Abwesenheit des Lichts keine Kopie oder Imitation von irgendetwas sein kann, und Schwarz ohne sein schreibendes Medium Weiß keine Inskription zustande bringt. Aber was heißt schwarz bei Soulages dann? Dieser verweist selbst auf die Höhlenmalern, die eine luminöse Verurteilung in schwarz auf die Wände geschrieben hatten. Die Nicht-Farbe Schwarz des Malens ist jetzt nicht mehr das Gegenteil zum Licht, sondern die Basis für ein Licht, das anders ist als das Licht. Soulanges verweist weiter auf das Dreieck aus gemaltem Ding (weder Bild noch Sprache ist es Ding an sich), Maler und Rezipient. Die Aufgabe des Malers besteht darin, dem Zuschauer die unendliche Leuchtkraft zu zeigen, die im Schwarz latent ist. Der Zuschauer wiederum kreiert mit seinen Bewegungen um das schwarze Gemälde von Augenblick zu Augenblick den Wechsel des Schwarz. Insofern sind die Grenzen des Werks nur ein Aspekt seiner eigenen Grenzenlosigkeit. Und in diesem Sinne ist das Schwarz die Basis für das Ultraschwarz. Nur das Schwarz kann diese Unvollkommenheit attestieren, die für Badiou dazu auffordert, weiter zu suchen, jenseits des Schwarz das Ultraschwarz des Schwarz zu suchen. Die komplette Essenz des Schwarz ist Unvollständigkeit oder Unendlichkeit, und dies verweist, ohne dass Badiou es an dieser Stelle anspricht, auf Zukunft. Das Ultraschwarz wäre dann, gehen wir mit Laruelle davon aus, dass die Zukunft abgeschlossen und schwarz ist, eine Öffnung in zweierlei Hinsicht: als Revolution, die die Lebenden in der Gegenwart zu leisten haben und als Kultivierung eines Gefühls von der Bedrohung zukünftig Lebender, die zu behandeln wären, als zählten sie zu den in der Gegenwart Lebenden. Damit ist ein Faden in Badious kurzem Buch gesponnen, nur einer.

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