Automation, Netzwerke und Plattformen (2)

Entgegen einer in der Posthumanismus-Debatte weit verbreiteten Position sieht Becker das wirkliche Problem der Automation nicht in der Machtübernahme der Maschinen, sondern in der intensivierten, digitalisierten Kontrolle der Arbeitsprozesse durch das Management. Schon der Kybernetiker Oswald Wiener spricht hinsichtlich der kybernetischen Maschinensysteme von der Nutzanwendung des Menschen durch andere Menschen, aber eben auch durch den Automaten, den Aristoteles als ein selbsttätiges Werkzeug bezeichnet hat, wobei er die zweite Funktion noch nicht erwähnt, die viel später der Kybernetiker Georg Klaus aus der ehemaligen DDR als ein Gefüge beschreibt, das nach Aufhebung einer Hemmung bzw. eines Reizes einen Vorgang selbsttätig und möglichst mit gleichförmigen, immerwährenden Bewegungen ausführt, ohne dass ein Eingreifen des Menschen noch notwendig wird. In all den Beschreibungen über die Automation geht es um die Selbsttätigkeit der maschinellen Verfahren und um deren strukturelle Abkopplung vom Menschen, wobei die Selbsttätigkeit der Referent der Automaten ist, was jedoch mit der Beschreibung der Maschinen als Mittel und Organon konfligiert. Zudem stellt sich natürlich das Problem, ob durch die maschinelle Bewegung zusätzliche Energie erzeugt wird, die über diejenige hinaus geht, die vorher als Input in das System eingegeben wurde, oder, um es anders zu sagen, es geht nicht nur um eine immerwährende Bewegung ohne Bewegtes, sondern um eine sich intensivierende Zeitlichkeit, deren empirisches Bild der Automat ist, der sich nicht nur ohne äußeren Antrieb bewegt, sondern auch noch etwas antreibt. Hier kommt die dialektische Vernunft eines Hegel zum Einsatz, nämlich der Automat als Subjekt überhaupt, das sich als Maschine aber nicht unbedingt wissen kann und damit kommt gerade die Subjektivität wieder ins Spiel, nämlich als erfinderische Einbildungskraft.

Die Automation tangiert of course das Lohnarbeitsverhältnis, wobei Becker dankenswerter darauf hinweist, dass der Arbeiter seine Arbeitskraft am Markt nicht verkauft, sondern über einen befristeten Vertrag geregelt für eine gewisse Zeitfrist vermietet. Zwar ist die Arbeitszeit im Vertrag geregelt, aber die erbrachte Arbeitsleitung bzw. der zu produzierende Wert/Mehrwert bliebt bis zu einem gewissen Maß ungewiss, wobei die Maschine, die Marx als ein (fließendes) System der Maschinerie bestimmt (Antriebs-, Transport- und Werkzeugmaschine), exakt diese Ungewissheit eliminieren soll – dabei sind Faktoren wie Motivation und Qualifikation,  Qualität der Rohstoffe und einiges mehr auf der innerbetrieblichen Ebene sowie eine Reihe von Faktoren auf der makro-ökonomischen Ebene zu berücksichtigen. Die Steuerung dieser Ungewissheit bedarf verschiedener Kontrollmechanismen inklusive der Selbstkontrolle der Arbeiter. Becker zitiert immer wieder den marxistischen Arbeitssoziologen Harry Bravermann, der zur Automation resümiert, dass im Kapitalverhältnis die Kontrolle immer von den Kapitalisten ausgeführt wird, insofern das kapitalistische Unternehmen als ein sui generis preissetzendes und kostenreduzierendes Artefakt über die Konkurrenz vermittelt gezwungen ist, seine Produktionsprozesse zu optimieren, das heißt die Produktivität zu erhöhen, wobei das entscheidende Mittel hier die technologische Innovation bzw. die Rationalisierung (als Nachahmung der Erfindung) ist, um entweder Extraprofite zu erzielen oder zumindest die Durchschnittsprofitrate zu realisieren.

Die Technik, die Becker leger als Werkzeuge, Maschinen und Wissen definiert, erfordert immer ein System der Kontrollen, das sich in den Maschinen nicht nur materialisiert, um die Produktivität zu erhöhen, sondern eben auch die Arbeiter diszipliniert. Becker reduziert dabei die Technik auf Instrumente, auf das, was Kapitalisten und/oder Arbeiter mit ihnen tun, eine Position, die wir an andere Stelle ausführlich kritisiert haben. In der Tat geht es nicht darum, die Technik und ihre Potenziale (Einsparung von Arbeitszeit) mit den realen Arbeitsprozessen, in die die Maschinen integriert sind, gleichzusetzen, aber dies schützt nicht davor, einen nur mangelhaften Technik- und Maschinenbegriff anzuwenden.

In dem modernen Produktionsprozessen erscheinen die menschlichen Akteure weniger als ein Anhängsel der maschine, sondern sie sind als Dividuen (geteilte Akteure) in die Mensch-Maschinen Systeme integriert. Dazu muss das Management und seine Controllingsysteme, wenn man die Prdoduktion optimieren will, die Lohnarbeit ständig kontrollieren; es bedarf der Systeme der persönlichen Kontrolle (Vorarbeiter und Kontrolleure), der technischen Kontrolle durch das Fließband, das über die gleichförmige Bewegung die Adaption der Bewegungen des Arbeiters einfordert, und es bedarf der Einführung von Anreiz- und gestaffelten Lohnsystemen. Das Fließband ist heute eine spezifische Weise der Betriebsorganisation, eine zeitliche und räumliche Anordnung von Maschinen, Handlungen, Computern, Menschen und Funkanlagen, eine Prozessinnovation, bei der die Materialitäten (Arbeitsmittel), die Arbeitsabläufe und die Akteure im Rahmen einer bestimmten Arbeitsteilung (fließend, egalitär, hierarchisch und die Mischungen) eine Rolle spielen. Die Automation führt meistens zur Vereinfachung der Arbeiten und zur Einsparung von Zeit durch die Verdichtung der Arbeit, wobei der entscheidende Punkt jedoch nicht die technische Komponente, sondern die finanzielle ist, die auf den Profit ausgerichtete Kapital-Produktion, die die Arbeitsteilung innerhalb eines Unternehmens ganz auf die Senkung der Kosten ausrichtet. Dabei kann der Einsatz billiger Arbeitskräfte durchaus auch kostengünstiger als der Kauf neuer Techniken sein, aber das ist nicht der Regelfall.

Schließlich stellt Becker dankenswerter Weise fest, dass die Technik der Arbeitsteilung folgt und nicht umgekehrt. Zudem forcieren die Maschinen die Kontrolle der Arbeitenden, insofern die Arbeitsabläufe standardisiert und die Tätigkeiten dokumentiert werden. Auf die innerbetrieblichen Kontrollsystemen wirken wiederum externe Marktmechanismen bzw. die Konkurrenz und ihre Korrekturmechanismen ein – sie determinieren in der letzten Instanz die innerbetrieblichen Kontrollsysteme, die eine Governance von sozialen, technischen und organisatorischen Maßnahmen bündeln, um die Produktion nicht nur regelgerecht laufen zu lassen, sondern sie über technische Rationalisierungen auch andauernd zu optimieren.

Die verschiedenen Systeme der digitalen Automation und ihre verschiedenen Komponenten (Roboter, Künstliche Intelligenz, Drohnen, Sensor-Funknetze, Internet etc.) instruieren bestimmte Muster der Arbeits- und Lebenskontrolle, die sich durch Dividuierung (Becker schreibt Individualisierung, was falsch ist), Standardisierung, Taktung und Transparenz sowie durch Marketingstrategien auszeichnen, ja sie erfassen längst auch das Denken, das Wissen und das Fühlen der Menschen, wobei umgekehrt die Maschinen anfangen sollen zu denken, man denke hier etwa an den Einsatz der Sensorik und Robotik, an das Maschinenlernen und die Mustererkennung.

Becker beschreibt eine idealtypische Fabrik, die man unter den Begriff Industrie 4.0 erfassen kann. In den ultracleanen Fabrikhallen sind die menschlichen Akteure zumeist mit der Behebung von Störungen und der Installation der Anlagen und ihrer Einstellung beschäftigt, ja mit der Konfiguration der Maschinensysteme via Mouseclick und Tastatur.  Marx spricht davon, dass der Arbeiter neben die Maschine tritt, eine Formulierung die ungenau ist, insofern nicht nur die Arbeitenden in unqualifizierte Kräfte, die den Status eines Arbeitsmannequins besitzen, und in Experten, die die Maschinen steuern. geteilt werden, sondern diese Teilung findet selbst bei den höher qualifizierten Arbeitskräften statt. Der Anteil der Löhne gegenüber den Kosten insgesamt ist in diesen Fabriken ständig im Sinken begriffen. Das Management setzt neue Informationstechniken ein, um die Zeitspanne, die zwischen der Entwicklung eines Produkts über seine Produktion bis hin zur Vermarktung liegt, zu reduzieren und zugleich die Anzahl der Varianten des Produkts zu steigern. Insgesamt sollen die Maschinen die Daten erheben, zusammenführen und bewerten, wobei bei Störungen des Betriebsablaufs den Beschäftigten Anweisungen gegeben werden, wo das Problem liegt und wie es zu beheben ist; dazu benötigt es umfassende Datenbanken, die ihre Daten sowohl über über die Sensoren, Bedienungsanleitungen und Steuerungseinheiten der Maschinen als auch über die Zeitpläne und Qualifikationen der Beschäftigten beziehen.

Die Rationalisierung ist keines neues Phänomen in der Entwicklungsgeschichte des Kapitals; jeder neue technologische Innovationsschub und -schock führt zur Effektivierung der Produktion und zur Reduzierung der Arbeitskräfte zumindest in der Organisationseinheit Fabrik, wobei bei der Automatisierung die digitale Vernetzung der wesentliche Faktor ist, um die Erhöhung der Produktivität voranzutreiben. Die digitalen Maschinen sind heute mit leistungsstarken Prozessoren und Speichern bestückt, während ihre Steuerungsprogramme immer mehr Daten produzieren und zugleich bewerten, um sie regelkonform in die Datenbanken einzuspeisen. Um die Daten zu erheben bedarf es leistungsstarker elektronischer Sensoren bzw. Messgeräte, die permanent Faktoren wie Luftfeuchtigkeit, Druck und Temperatur erfassen und sie in maschinenlesbare Signale umwandeln, es bedarf digitaler Kameras, die optische Daten aufnehmen und über die Laserstrahlen Räume vermessen, und schließlich bedarf es der Funknetze, die die Räume abtasten und Maschinen und Produkte erkennen und deren Positionen in digitale Diagramme der Fabrik übertragen. In der Tendenz wachsen nun die Produktionsmaschinen, i.e. Transport und Werkzeug, und die Informationsmaschinen zusammen (Cyber-Physisches System – CPS). Mit Strichetiketten und Funkcodes werden die Vor- und Endprodukte durchnummeriert, während die Manufacturing Exekution Systems (MES) die Maschinendaten auf der Betriebsebene bündeln, um diese in Datenbanken, die den Lagerbestand, Inputs und Outputs und Schichtenpläne anzeigen, zu übertragen. Auch externe Informationen nimmt man in das betriebsinterne Informationssystem auf, man denke an Indikatoren wie Preisschwankungen, Kredite, Derivate, Absatzmärkte etc. Damit kommt es zur Integration der finanziellen und preislichen Parameter und Indikatoren mit den Daten der Produktion (Durchlaufgeschwindigkeiten der Produkte, Maschinenlaufzeiten und Geschwindigkeiten des Transports etc.) sowie mit den Schichtplänen der Mitarbeiter. Das Unternehmen ist insgesamt ein Integrationssystem für Daten, was die Arbeitsteilung innerhalb des Unternehmens unmittelbar beeinflusst, wobei Bereiche wie Einkauf, Lagerung, Produktion, und Personalwesen auch für andere Einheiten transparent werden und sich gegenseitig vermischen.

Die Konvergenz von Datenerfassung und Datendokumentation, die sich ursprünglich auf finanzielle Transaktionen an den Märkten beschränkt hat, wird heute mit immer neuen Indikatoren angereichert, wofür man die integrierte Unternehmenssoftware benötigt, wobei schon seit den 1970er Jahren die doppelte Buchführung in den Unternehmen mit relationalen Datenbanken und den entsprechenden Programmen operationalisiert wird. Zudem verknüpft man die Produktion der Produkte mit den kommerziellen und finanziellen Abläufe, wie dies im MES-System der Fall ist (linearer Ablauf der Fertigungsschritte, Materialverbrauch und Abnutzung der Maschinen). Die Erfassung und Auswertung der anfallenden Daten erfordert hohe Investitionen, wenn beispielsweise Werkstücke und Teile identifiziert und digital abgebildet, das heißt mittels Radiofrequenzen und Bilderkennung lesbar werden. Information ist andauernd in Tätigkeit zu übersetzen. Während beim linearen Fließband die Reihenfolge der Arbeitsschritte festgelegt ist, sein Einsatz sich nur bei hohen Produktionsmengen lohnt und Störungen immer wieder zu langen Ausfällen führen, will man mit der digitalen Automation gerade dieses starre Gefüge umgehen, ohne gleichzeitig die Geschwindigkeit der Produktionsabläufe insgesamt zu senken oder die Kontrolle über die Abläufe zu vermindern.

An dieser Stelle kommt die Modularität ins Spiel, die dazu dient, die Fertigung zu flexibilisieren und die Geschwindigkeit der Abläufe weiter zu erhöhen. So versucht man in Unternehmen wie BMW die linearen Fließketten durch den Einsatz von digitalen Netzwerktechniken bzw. durch sich verschiebende, reproduzierbare und variable Inseln, sog. modulare Fertigungsstationen, zu ersetzen, wobei die führerlosen Transportsysteme die Teile zu Montageinseln befördern, und diesen Prozess steuern wiederum Computerprogramme, die auf die Wegoptimierung ausgerichtet sind. Eine digitalisierte Fabrik soll sowohl die Arbeitskräfte als auch die Maschinen der optimalen Auslastung zuführen. Im Kontext des Robots Framing konfigurieren und steuern immer weniger Arbeitskräfte die äußerst flexiblen Produktionsvorgänge. Die Modularität inkludiert unbedingt das Netzwerk, innerhalb dessen die Maschinensysteme nicht zu linearen Fertigungsstraßen erstarren, vielmehr sollen die zum Teil unsichtbaren Fließbänder sich je nach Auftragslage wie Schlangen durch die Fabrikhallen winden, störungsfrei und reibungslos und doch flexibel, wenn es bspw. darum geht, kleine Stückzahlen herzustellen. Allerdings entspricht dieser Idealtypus noch lange nicht der Realität der gegenwärtigen Produktionssysteme, in denen schon die Ramp-Up Phase – die Zeitspanne, in der die Maschinen für neue Serien eingerichtet werden – insofern ein Problem darstellt, als Störungen und lange Anlaufzeiten nicht ausgeschlossen sind. Dabei kommen immer neue Externalitäten hinzu, weil die Lebenszyklen der Produkte immer kürzer und die Produktangebote immer breiter werden, was unter dem Stichwort kundenindividuelle Massenproduktion firmiert.

Angestrebt wird eine automatisierte Produktion, in der sich die Maschinen gegenseitig konfigurieren und informieren, was die Sensorik, Mechanik und Software betrifft, wobei als Bausteine hier die CPS-Systeme dienen, das heißt vernetzte und über das Internet steuerbare Produktionseinheiten, die über IP-Adressen in die Systeme integriert und gesteuert werden. Die Unternehmen sind in Zukunft als Produktionsnetzwerke zu verstehen, wobei die zentrale Steuereinheit sämtliche Aktionen der Produktion, der Stofftransformation und des Transports kontrolliert und reguliert. Die Software erzeugt über die Computersimulation auch die Wahrscheinlichkeit von Störungen, sodass es im Idealfall zu einem reibungslosen Ablauf eines total überwachten Gesamtprozesses kommend soll – die Fabrik als lernende und sich selbst optimierende Maschine.

Die Automatisierung der Fertigung bezieht sich schließlich auf kleine und anpassungsfähige Serien von Maschinen, wobei der menschliche Akteur die Prozesse am Laufen halten soll, und dies gerade auch angesichts der Tatsache, dass sich Fehler und Störungen oft genug im Computercode selbst befinden, zu deren Eliminierung es sog. Assistenzsysteme bedarf. Informationen werden über mobile Endgeräte bspw. Smart Watches, die in der Kleidung befestigt sind, oder 3D-Datenbrillen direkt an den Arbeiter weitergeleitet, sog. Wearables, bei dem der Arbeiter dann die Hände für weitere Tätigkeiten frei hat.

Bei vollständiger Vernetzung und größtmöglicher Transparenz soll die Produktion möglichst detailliert und lückenlos in Realtime digital abgebildet werden, und zwar mittels digitalisierter datenverarbeitender Werkzeugmaschinen, die Anweisungen an technische Anlagen geben und deren Zustände in Daten übersetzen, das heißt eine Handlung ausführen und zugleich speichern und dokumentieren, man denke an die Scanner in den Supermärkten, die nicht nur den Bezahlvorgang beschleunigen, sondern auch Daten liefern, die für Marktanalysen, Lagerhaltung, Inputs und Outputs genutzt werden können. Die Handlungen menschlicher Akteure mit und an digitalen Maschinen hinterlassen immer Datenspuren. Die Intelligenz einer digitalisierten Fabrik besteht aus der Sicht des Managements hauptsächlich in der Vernetzung und der digitalen Speicherung, wofür sämtliche Produktionselemente in ein flüssiges Zusammenspiel zu bringen sind, um Unterbrechungen, Informationsverluste und Störungen möglichst auszuschließen. Hier sieht Becker die wirklichen Produktivitätspotenziale der Automation, das heißt die sich selbst optimierenden Systeme bedürfen der Transparenz und Zusammenführung von bisher getrennten Bereichen. Es geht hier um den Keystroke-Kapitalismus, die Kapitalisierung und Kreditierung via eines Tastendrucks, sowie um ein beliebig skalierbare Produktion, welche die Verbilligung einer Produktionseinheit bei gegebener Produktionszeit und die Erhöhung des Outputs der Produktionseinheiten intendiert.

Digitale Maschinen bleiben kybernetische Maschinen, die sich über Feedback-Loops (hydraulisch, mechanisch, elektronisch) regulieren, sie sind in gewisser lernfähig (sie können im Prozess selbst Korrekturen durchführen) und zugleich zur Adaption an äußere Umstände fähig – Selbsttätigkeit und Adaption. Roboter verbinden Atorik und automatische Datenverarbeitung, sie führen über ihre Sensoren Messungen durch, übersetzen diese in Daten, die Computerprogramme auswerten, um zu mechanischen Aktionen zu führen. Die Rückkopplung vom Ist- und Sollwerten kann heute nahezu in Realtime durchgeführt werden, wobei die durch Signalaufnahme eingehende Datenmenge und die flexiblen Reaktionsweisen zu beachten sind, die aber in ihrer Reihenfolge immer auch festgelegt bleiben, wenn ein bestimmter Pfad gewählt wurde. Immer mehr Daten sollen im Rahmen der Programmsteuerung aufgenommen und zugleich sollen immer mehr Daten verarbeitet werden, um die Aktionsmöglichkeiten der Maschinen zu erweitern, sodass die Anzahl der Rückkopplungen vergrößert werden kann.

Dabei führt die Automation in bestimmten Produktionszweigen zur Ersetzung der menschlichen Arbeitskraft, die aber keineswegs ganz verschwindet, vielmehr können die Experten ihre Macht steigern, insofern sie im Produktionsprozess Schlüsselpositionen besetzen und Steuerungsfunktionen übernehmen, Probleme eruieren und Lösungen finden sowie das Verhalten der Maschinen korrigieren, um Störungen zu eliminieren, während allerdings ein größerer Teil der Beschäftigten dequalifiziert ist. Die reibungslose Ablauf ist bei extrem kapitalintensiven Maschinenparks von höchster Notwendigkeit. Während das Fließband Arbeitsabläufe standardisiert und sichtbar macht, machen digitale Arbeitsmaschinen die Abläufe lesbar, ohne unbedingt die Tätigkeiten zu standardisieren. ,

Digitale Speichertechniken und die Methoden der Datenübertragung implizieren die zielgenaue Überwachung im Kontext von Feedback-Systemen, die nicht nur Daten innerhalb der Computerkreisläufe empfangen, sondern auch Anweisungen geben, um die Arbeitsabläufe zu organisieren, zu evaluieren und zu bewerten. Anweisungen, Bewertungen und Disziplinierung sind die wesentlichen Merkmale solcher Systeme, wobei der Rückfluss der Informationen innerhalb der Systeme die Vorgänge intensiviert, das heißt neue Potenziale zur Kontrolle der Arbeit freisetzt und diese auch realisiert – jedoch gilt es zu beachten, dass die Effizienz der Überwachung und die Planbarkeit der betrieblichen Abläufe nie ohne Reibungen verläuft, insofern die Arbeitenden immer wieder Möglichkeiten finden, sich diesen Mechanismen zu widersetzen, sodass die digitale Kontrolle durch persönliche Überwachungsmaßnahmen immer wieder ergänzt werden muss. Es lässt sich generell sagen, dass je enger das Verhältnis von digitaler Funktion und realen Abläufen ist, desto höher sind die Potenziale eines unsichtbaren digitalen Fließbandes, das über bestimmte Codes feste Routen und Fertigungsabläufe vorgibt, wobei in den industriellen Produktionsprozessen bisher nur Annäherungen an dieses Ideal zu beobachten sind, während das Crowdworking im Internet schon rigide Kontrollen zulässt. Das System der Datensteuerung und -analyse, dessen Steuerungsprinzipien in der Blackbox (Algorithmen des Programmcodes) verdichtet sind, integriert stumpfsinnige Arbeiten in Kreisläufe, bei denen die Standardisierung und Reduktion der Fehlertoleranzen, die Mechanisierung des Transports der Produktionselemente, der Materialfluss und der Verbund der Maschinen eine wichtige Rolle spielen. Es bedarf in Zukunft der Steuerung intelligenter Maschinen, die eigenständig kooperieren, das heißt eine flexible Anordnung und Verschaltung der Maschinen (leicht und sich eigenständig bewegende Roboter), eine effiziente Interaktion zwischen den Arbeitenden und den Robotern, mit der das Verhalten der Akteure von den Maschinen erfasst wird, und es bedarf einer effizienten Planung, sodass es zu einer strengen Taktung der Produktionsabläufe kommen kann, die algorithmisch gesteuert werden.

Becker geht davon aus, dass sich mit der Automation die Lohnarbeit zwar verdichten, aber nicht abschaffen lässt, man denke im Bereich der digitalen niedrig bezahlten Arbeit an Amazons Mechanical Turk (MT), eine Internetplattform, bei der die User sich anmelden und für kleine Geldbeträge Arbeiten übernehmen (Fotos identifizieren, Waren beschreiben, Übersetzungen anfertigen etc.) und damit Abstraktionsleistungen einbringen, die der Computer nicht leisten kann. In den Produktionsbereichen werden viele Arbeitsbereiche zerstückelt, geteilt und daraufhin mechanisiert, das heißt verdichtet und beschleunigt, wobei die Beschäftigten dann mehr vom Gleichen tun. Bisher verlangsamen die Roboter, auch die Leichtbauroboter, bestimmte Arbeitsprozesse eher als dass sie sie beschleunigen. Und es sind die Beschäftigten, die sich an die Roboter anpassen, wobei dies die sog. kooperativen Systeme (hybride Systeme zwischen Menschen und Maschine) noch nicht so recht voranbringen will, zumal, wenn Kompetenz von beiden Seiten gefordert wird, aber Mensch und Maschine sich nicht recht verstehen. Je mehr Autonomie die datenverarbeitenden Maschinen, was Datenaufnahme, Kognition und Ausführung angeht, gewinnen, desto schwieriger wird es für die Beschäftigten die Aktionen der Roboter einzuschätzen, insbesondere, wenn deren Bewegungen variabel sind, sodass die Roboter tatsächlich zur Blackbox geraten. Man versucht dann die Interfaces, zu korrigieren, wobei zugleich die Bewegungsabläufe der Roboter ergonomisch, das heißt den Bewegungen des Menschen angepasst werden. Digitale Assistenzsysteme, die die Fragen der Beschäftigten beantworten und Tipps geben, verringern die Kommunikation zwischen den Beschäftigten und steigern die zwischen Mensch und Maschine. Zugleich rücken die Maschine über Techniken wie Headsets, Sprachsteuerung und Wearables näher an die Beschäftigten heran. Sämtliche Prozesse innerhalb der Produktion sollen im Idealfall digital abbildbar und steuerbar werden, um die Abläufe weiter zu rationalisieren; die Rationaliserung soll im Dienst der Effizienzsteigerung automatisiert werden, wobei die Software in Echtzeit die Poren und die unproduktiven Intervalle innerhalb der Arbeitsabläufe erkennt, um daraufhin diejenigen Anweisungen zu geben, mit denen die Lücken geschlossen werden können.

Selbst optimierende Systeme suchen mit den Methoden der Mustererkennung insbesondere in der Logistikbranche (Versandhandel) nach optimalen Werten der vernetzten Anlagen und eben die einzelnen Arbeitsschritte vor, sodass alle Komponenten inklusive der menschlichen, die ein Parameter unter vielen is,t voll ausgelastet werden. Dabei errechnet die Software in einer Lagerhalle die günstigsten Routen, mit der die Waren zum Endpunkt gelangen. Über Navigationsgeräte bzw. das Headset (damit die Hand frei bliebt) erhält der Lagerarbeiter Anweisungen, die ihn dirigieren – eine neue Form der Standardisierung, die Fehler vermeiden und die Arbeitsschritte beschleunigen soll, indem die Lagerarbeiter so eng wie möglich in die Maschinengefüge und ihre Abläufe integriert werden, wobei die Arbeitenden jedoch immer wieder Lücken finden, um die Arbeitsabläufe zu verlangsamen. Schließlich bedarf es der Kompetenz der Computeroperateure, des Wartungs- und Instandsetzungspotenzials, ohne die die automatisierten Abläufe weiterhin nicht denkbar wären. Die Automatisierung trennt das Wissen vom Arbeiter und materialisiert es als Programm in der Maschine, während die Beschäftigten sich abzupassen haben, aber diese Adaption besitzt auch aktive Komponenten, und darüber hinaus müssen die Experten immer wieder ihr Wissen über die Maschinisierungsprozesse mobilisieren und eine Reihe von Komponenten im Kopf durchspielen, während ein Teil der Beschäftigten gezwungen ist, vollkommen dequalifizierte Arbeiten auszuführen. So kommt es innerhalb der Belegschaft zur Polarisierung zwischen hochqualifizierten Experten und dequalifizierten Arbeitern, die im Jahr 2007 immerhin 20 % aller Beschäftigten ausmachen. Schließlich gilt es zu sagen, dass die Automatisierung zur Ersetzung von Arbeitskräften führt, ohne dass unbedingt neue Jobs geschaffen werden, denn nicht für jeden Beschäftigten, der durch eine Maschine ersetzt wird, wird eine neue Stelle geschaffen.

 

Foto: Bernhard Weber

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