Finance und die Reproduktion des Kapitals (1)

Wir untersuchen hier das Verhältnis des finanziellen Kapitals (Finance) zur Reproduktion des Kapitals. In Abschnitt A klären wir den Begriff der erweiterten Reproduktion unter besonderer Berücksichtigung des Begriffs der Zirkulation. In Abschnitt B geht es vor allem um das bisher wenig beachtete Verhältnis der Finance zur kapitalistischen Produktion. In einem weiteren Abschnitt wäre das Verhältnis der Finance zur Zirkulation zu untersuchen.

A)

Es ist in der Analyse des Kapitals von vornherein von einer virtuellen Gleichzeitigkeit oder Superposition von Ware, Geld, Kapital (und Geldkapital) auszugehen, und dies bezogen auf das Apriori des Gesamtkapitals. Ware und Geld sind, wenn man sie als integrative Funktionen des Kapitalprozesses versteht, bei dem der Ausgangspunkt des Geldes zugleich der Punkt seiner um einen Surplus vermehrten Rückkehr ist, als Warenkapital und als Geldkapital zu verstehen. (MEW25: 335) Wenn das Geld in der Funktion des Zahlungsmittels den Prozess von Kapital vermittelt (Kredit), ist es Kapital. (Ebd.: 459) Auch bei den primären Geldfunktionen ist die Überlagerung/Superposition schon vorzufinden – sie überlagern sich und sie sind mit der Vermehrung des Kapitals verschränkt. Frank Engster schreibt dazu: »Geldfunktionen werden im Kapital zwar linear entwickelt, aber die erste Geldfunktion (Maß) tritt durch ihre zweite als Tauschmittel ein, und beide werden gleichsam übergriffen von der Kapitalbewegung G-W-G’ und sind in ihr inbegriffen.« (Engster 2016: 159) Die Einschränkung, die Marx ja wie jeder andere Schriftsteller machen muss – sieht man einmal von der Poetik ab, die ein nicht-lineares Schreiben ermöglicht -, zu bedenken, heißt, während des linearen Prozesses der Darstellung des Kapitalbegriffs Gleichzeitigkeit und Überlagerung immer mit zu denken, oder, um es noch weiter zuzuspitzen, die drei Bände des Kapital quasi von hinten her zu lesen und damit gerade nicht ausgehend von der Waren- oder der Geldform, die beide oft genug als Keimformen verstanden werden (der Aufstieg vom Abstrakten zum Konkreten), sondern ausgehend vom Gesamtkapital, dem quasi-transzendentalen Gesamtprozess der Reproduktion des Kapitals. In diesem Prozess müssen die Einzelkapitale unbedingt nachvollziehen, was objektiv von vornherein gegeben ist – sie müssen nämlich das Apriori der Mehrwertproduktion, das durch das Gesamtkapital gegeben ist, replizieren und gleichzeitig ihre gegenseitige Abhängigkeit und umfassende Vernetzung in der und durch die Konkurrenz affirmieren, und dies unter der exklusiven Bedingung, zumindest eine durchschnittliche Profitraten erzielen zu müssen.

Wenn das Kapital die Kapazität besitzt, sich in einer exzessiven, wachstumsorientierten und spiralförmigen Bewegung (der Kreis ist ein Sonderfall der logarithmischen Spirale, nämlich einer Spirale, deren Wachstum gleich null ist) als Selbstzweck zu setzen – der Ausgangspunkt ist hier in gewisser Weise der Endpunkt und umgekehrt -, dann beherrscht es als ein sui generis monetärer Prozess umfassend die Produktionssphäre, um diese in die primäre »monetäre Zirkulation und Distribution« G-W-G’ zu integrieren. (Vgl. Sotiropoulos//Milios/Lapatsioras 2013a: 43) Wir weisen an dieser Stelle darauf hin, dass wir das Kapital keineswegs als Subjekt bzw. als ein automatisches Subjekt verstehen (es tut nichts), aber diese Subjekthaftigkeit ist in die Grammatik der Sprache eingeschrieben, und es ist schwer sie zu überwinden. Die Produktion, die Allokation, die Distribution (die Verteilung der Profite), die Zirkulation und die produktive Konsumtion sind demnach hinsichtlich ihrer Integration (sowohl strukturell als auch temporär) unbedingt als Funktionen der monetären Ökonomie des Kapitals (und seiner Metamorphosen) zu betrachten, als deren Phasen, Aspekte und Momente. Dabei ist das wirtschaftliche Wachstum ein notwendiger, aber der Kapitalverwertung nachgeordneter Prozess.

Marx geht im Kapital Bd. 2 von drei Kreisläufen des industriellen Kapitals aus, nämlich des Geldkapitals, des produktiven Kapitals (konstantes und variables Kapital) und des Warenkapitals, wobei er den gesamten Kreislauf des Kapitals in der Prozessformel G – W (PM, AK) … P … W’ – G’ fasst. Neben der Produktionszeit (P) umfasst dieser Kreislauf zwei Phasen der Zirkulation, nämlich die Vorbereitungszeit (G-W) und die Realisierungszeit (W`-G`), den gesamten Prozess nennt Marx in zeitlicher Hinsicht die Umschlagszeit. Marx verwendet den Begriff der Zirkulation also nicht nur für die beiden Phasen des Verkaufs und Verkaufs von Waren, sondern auch für die gesamte Dauer des Kapitalumschlags, der damit auch die Produktion integriert. Marx spricht dann von der gesamten Zirkulationszeit eines gegebenen Kapitals. (MEW 24: 154) Der gesamte Kreislauf des Kapitals ist der Kreislauf des Geldkapitals, insofern dieser die Kreislaufbewegungen, exakter die Spiralbewegungen des Kapitals umfassend strukturiert, repräsentiert und integriert, wie er auch Störungen innerhalb der Kreisläufe impliziert, insofern er selbst als ein je sich verschiebendes Zentrum fungiert. (MEW 24: 31ff.) Diese Formel der monetären Kapitalzirkulation ist der primäre Mechanismus der Kapitalökonomie, der die Warenproduktion als Produktion-für-den-Profit und als Produktion-für-die-Zirkulation konstant begleitet und einschließt. Zwar ist auch das Geldkapital ein Durchgangsmoment des gesamten Reproduktionsprozesses des Kapitals, wie Marx anmerkt (MEW 25: 406), aber ist erst einmal die Kapitalisierung als Bildung des fiktiven Kapitals, i. e. für Marx die entwickeltste Form des Kapitals, gesetzt, dann sind im Verhältnis zu ihm jegliche qualitativen Unterschiede der industriellen und kommerziellen Einzelkapitale, ihrer Produktionsprozesse und ihrer Waren gelöscht. Marx schreibt: »…Und alles Kapital ist seinem Wertausdruck nach Geldkapital.« (Ebd.: 406) Fremdes oder eigenes Geldkapital ist der Motor für industrielle Unternehmen, die Waren (Produktionsmittel, Gebäude, Energie, Rohstoffe, Software etc.) kaufen und Arbeitskräfte mieten, damit mit Mehrwert angereicherte Produkte produziert und auch realisiert werden können,sodass es zur Neubildung von Geldkapital kommt. Maschinerie, Energie, Produkte oder Produktionsprozesse sind eben an sich kein Kapital.1 Marx hat gezeigt, dass die obige Formel der entscheidende Ausdruck aller dem Kapital gemäßen ökonomischen Relationen ist und darin ist selbstverständlich die Produktion mit eingeschlossen, die als ein rein funktionaler Prozess, ein Prozess zur Herstellung des Profits fungiert. Das Kapital bindet den Produktionsprozess je schon an seine monetären Metamorphosen bzw. an die (monetäre) Gesamt-Zirkulation, i. e. die Produktion ist als eine Funktion und Phase der Zirkulation des Kapitals (im zweiten umfassenden Sinne) zu verstehen, dessen allgemeine Form sich in folgender Formel anschreiben lässt: G-W-P-W’-G’.

Demgemäß gilt die Logik des Kapitals apriori für jedes Einzelkapital. Und damit hat jedes kapitalistische Unternehmen als gleichwertig gegenüber jedem anderen zu gelten, und diese Gleichwertigkeit bezieht sich auf das Unternehmen als einem struktural-funktionalen »Ort« des Kapitals, wobei jeder Kapitalist einerseits strukturell als eine Art Händler, der mit geliehenem Geld oder als Geldeigentümer Waren einkauft (Input des Unternehmens), um einen produzierten Output mit Profit zu verkaufen, und andererseits als ein Manager fungiert, der die Produktionsprozesse bilanziert, überwacht und koordiniert, um sie zu effektivieren. Und die Preise werden in einem Unternehmen nicht nur deswegen bestimmt, um einen monetären Output, der höher als der monetäre Input einer gegeben Periode ist, zu erzielen, sondern um zumindest eine durchschnittliche Profitrate an den Märkten zu realisieren.

Wenn man nun den wichtigsten Kreislauf aus den permanent verlaufenden Kapitalmetamorphosen des Geld-, Waren- und Produktivkapitals extrahiert, nämlich die Bewegung des Geldkapitals selbst, dann sind darin mindestens zwei Kapital-Subjekte anwesend. Der Platz des Kapitals ist doppelt besetzt, und zwar vom Geldkapitalisten und dem fungierenden Kapitalisten, sodass man bei der Kapitalanalyse von vornherein nicht von der Existenz des zinstragenden Kapitals bzw. des Kredits abstrahieren kann.

B)

Schon für Marx besteht eine wichtige Konsequenz bezüglich der Extraktion des Mehrwerts in der Warenproduktion darin, dass der Mehrwert in das transformiert wird, was wir heute ein Asset bzw. einen Vermögenswert nennen. Das Asset ist in diesem Zusammenhang ein Mittel, mit dem der Mehrwert einerseits bewahrt und andererseits akkumuliert werden kann. Wäre das nicht so, würde dieser erst gar nicht produziert werden. Finance ist der Name, dem man heute dem Kapital gibt, wenn es um einen Investor geht, für den die leichte Konvertabilität eines Assets in Geld, die man Liquidität nennt, schon rein logisch unterschieden von einem Gebrauchswert, den das Asset haben mag oder auch nicht. Viele Marxisten bemängeln gerade den Verlust des Gebrauchswerts bei finanziellen Instrumenten wie den Derivaten, die zum Zweck der Liquiditätsbeschaffung hergestellt werden und heute Teil des allgemeinen Reichtums sind.

Die Liquidität definieren wir als die nominale Relation zwischen der Fristigkeit und dem Wert eines Assets. Wenn die Liquidität Geld bedeutet, das zunächst nur virtuell in einem finanziellen Asset gebunden ist, so geht das nur, wenn das Asset aktuell sich nicht in der monetären Form befindet. Wenn die Liquidität sich aktualisiert bzw. zu Geld wird, dann ist damit die Liquidität des Assets beseitigt. Demzufolge kann die Anlage niemals perfekt in ihrer Liquidität bleiben, und in diesem Sinne erscheint die Liquidität als eine intensive Konsequenz der extensiven Eigenschaft des Wertpapiers, die im Geld denotiert wird. Bei der Liquidität handelt es sich um eine funktionale Relation zwischen der Zeit der Verzögerung und dem Zeitpunkt der Realisierung des Assets. Die Liquidität ist damit als ein endogenes Moment des finanziellen Systems selbst zu verstehen. Das Geld misst schließlich die Kluft zwischen der Liquidität bzw. dem Preis eines Assets und seinem Liquidationswert (Monetarisierbarkeit). Das Finanzsystem macht die Kapitalbeziehungen damit generell effektiver, aber diese sind nun selbst stark von der Liquidität abhängig, die durch den Handel von Assets andauernd gesteigert wird. Marx hat die Liquidität rein als ein Realisierungsproblem – entweder als monetären Rückfluss aus der Investition oder als die Rückzahlung eines Kredits – behandelt, wobei ihm die Möglichkeit, dass ein Unternehmensrisiko gehedgt und genau damit die Liquidität an den Finanzmärkten gesteigert werden würde, nicht in den Blick kommen konnte.

Der Fakt, dass finanzielle Produkte nicht nur Instrumente der Zirkulation sind (das sind sie auch), sondern auch Mittel für die Akkumulation realen, allgemeinen Reichtums bereitstellen, ist das Problem, das Marx zumindest anreißt. Es muss heute gezeigt werden, welche Rolle das finanzielle Kapital und die Finanzmärkte für die kapitalistische Reproduktion spielen, und zwar zunächst für die laufende Reproduktion der Warenmärkte. Heute ist das Kapital ein System, dessen akkumulierter realer Reichtum von der Bereitstellung und Organisation des Kredits und der Liquidität durch das Finanzsystem und seinen Finanzmärkten abhängig ist, an denen die Preissummen der finanziellen Assets in gewisser Unabhängigkeit vom Output der Gebrauchsgüter und weit über deren Wachstumsraten hinaus steigen können. Die kapitalistische Produktion muss je schon vorfinanziert werden und die Tatsache, dass die Asset-Märkte schneller wachsen als der materielle Output der Industrieproduktion ist eine logische Konsequenz der Kapitalisierung, zugleich aber auch immer an bestimmte historische Bedingungen gebunden.

Marx hat die finanziellen Instrumente der Zirkulationssphäre zugeordnet und ihre Funktion abgetrennt von physikalischen Produktionsmittel analysiert, die den vergangenen Reichtum aufbewahren und durch ihren künftigen Einsatz in der Produktion zugleich eine zukünftige Nachfrage nach den produzierten Gütern ermöglichen sollen. Bei Marx scheint es, wenn es um den Wert geht (analog zur Energie und zur Materie), meistens eine Art Erhaltungsprinzip zu geben, wobei das Wachstum des real akkumulierten Reichtums nie größer sein kann als die Profite, die in der Industrieproduktion in einer gegebenen Periode produziert und realisiert werden (multipliziert mit der Mehrwertrate, die durch die Investmentrate diskontiert wird), sodass jede Vergrößerung des Werts des physischen Kapitals bzw. des konstanten Kapitals in Form der finanziellen Instrumente bei ihm gar nicht vorkommt oder als rein fiktiver Reichtum gilt. (Vgl. dazu Meister 2016: Kindle-Edition: 2702ff.) Für Marx kann das reale Wachstum einer Ökonomie demnach niemals größer als der industriell produzierte Profit sein. Das ist Marx`exoterische Argumentation. Dies kann aber nicht mehr für das zeitgemäße Kapital, das Finanzsystem und seine Finanzinstrumente gelten, weil die Assets selbst Finanzierungsmittel sind, um die Investitionen in der »Realindustrie« in Gang zu setzen und zu erweitern. Marx` esoterisches Argument hinsichtlich des Reproduktionszyklus des Kapitals lautet hingegen, dass gemäß der Formel G-W-G` der angestiegene Wert G` erhalten wird, indem nämölich neue Produktionsmittel gekauft werden, die nicht nur dazu dienen den Output zu erhöhen, sondern auch als Assets, welche auch verhindern, dass das Geld, das durch den letzten Zyklus der Produktion realisiert wurde, nur als Schatz gehalten wird. Zudem kreiert die Produktion von klassischen Waren und Dienstleistungen immer auch eine Nachfrage der Investoren, und zwar nach finanziellen Mitteln, die der Erhaltung, der Akkumulation und der Vergrößerung des Mehrwerts dienen, wobei finanziellen Mittel im selben Prozess wie die Herstellung von Waren und Dienstleistungen produziert werden. Die Produktion der Waren muss heute also mit der physischen Produktion und der Akkumulation der Werte der Assets zwangsläufig verbunden sein.

Wir stellen nun hinsichtlich der Funktionsweise des Finanzsystems folgende Frage: Welche neuen Typen von finanziellen Assets müssen heute entstehen, um die kapitalistische Reproduktion insgesamt abzusichern und gleichzeitig zu erweitern, und wie bringt das variable Verhältnis zwischen den Asset-Märkten und den Konsumgütermärkten Bedingungen hervor, auf die neue Bewegungen in sozialen Konflikten antworten? Marx sieht im Kapital, dass die neuen Typen von finanziellen Assets, die zum Zweck der Beschleunigung der Kapitalakkumulation benutzt werden, vom Geld zu unterscheiden sind. Die allgemeine Formel des Kapitals kann für Marx nicht einfach nur G-G` sein – Geld, das zu MehrGeld führt, sondern es muss zunächst, um den realen Reichtum erzeugen zu können, ein monetäres Investment geben, das anders als das Geld im Warentausch funktioniert. Marx sieht, dass durch Lohnarbeit Mehrwert produziert wird, der wiederum die Funktion besitzt, die effektive Nachfrage für die von den Arbeitern produzierten Güter zu steigern. Marx sieht allerdings nicht, dass der Mehrwert erhalten und akkumuliert wird, indem Produktionsmittel gekauft werden, die nicht nur als Mittel zur Produktion (konstantes Kapital) dienen, sondern auch als Assets fungieren, welche wiederum als ein Hedge gegen die Gefahr dienen, dass Geld, das aus dem Verkauf von waren entspringt, gehortet oder Teile der produzierten Waren nicht realisiert werden und es deswegen zu Insolvenzen kommt. Der Kauf der Produktionsgüter (konstantes Kapital) in der erweiterten Reproduktion stellt eine partielle Lösung für das Problem dar, wie der reale Reichtum erhalten und akkumuliert werden kann, ohne Geld zu horten. Das konstante Kapital muss also auch als ein relativ liquides Asset begriffen werden, insofern die kapitalistische Produktion vorfinanziert und der aus ihr resultierende Surplus in neue Produktionsmittel reinvestiert werden muss. Das Kollateral/Sicherheit durch ein Asset erlaubt es uns weiter zu denken, wie die Produktion finanziert wird. Es gibt dafür einen Strom von Geldsummen und einen Strom von Sicherheiten, die Liquidität für die Produktion von Gütern und Dienstleistungen bereitstellen. Die Liquidität des allgemeinen Reichtums ist eine Resultat der Finance.

Die Produktion von finanziellen Instrumenten ist definitiv als eine Alternative zum Sparen des Geldes zu begreifen, indem sie den realen Reichtum erhält und akkumuliert. Für einen finanziellen Investor bedeutet dies, dass der Kauf von finanziellen Assets als eine Version der Formel G-W-G` mit der Formel G-G` verglichen werden muss – erstere nun als eine Strategie des Hedgens des Werts begriffen. In der Formel G-W-G` gibt es nämlich zwei Substitute für W (Ware), nämlich das Geldkapital, das in Arbeitskräfte (W) investiert wird, und das Geldkapital, das in Produktionsgüter investiert wird, die, und das ist nun der springende Punkt, zum einen als Produktionsmittel, zum anderen aber als mehr oder weniger liquide Sicherheiten fungieren, die benutzt werden, um neuen Cash zu generieren.

Für Robert Meister (ebd.) führt der Modus der relativen Mehrwertproduktion2 sofort die Logik des Finanzsystems in den Modus der Produktion ein, wobei es ihm in seiner Analyse unter anderem auch darum geht, zu untersuchen, welche Effekte die Operationen und Methoden des Finanzsystems auf die ordnungsgemäße Reproduktion der sozialen Beziehungen zwischen Arbeit und Kapital haben. (Lee/Martin 2016: Kindle-Edition: 6801f.) Machen wir einen ersten Erklärungsversuch: Das Produkte, die als Produktionsmittel dienen, auch als Vehikel der Kapitalakkumulation zu begreifen sind, ist auf das finanzielle Prinzip zurückzuführen, dass jede identische Einheit eines Outputs zum selben Preis verkauft werden müssen, egal wie hoch jeweils die Produktionskosten sind. Diese Prinzip begünstigt Unternehmen, die eine höhere Anzahl von Produkten in einer bestimmten Arbeitszeitperiode produzieren können als andere, was vor allem durch die Investition in arbeitsplatzsparende, produktive Technologien ermöglicht wird, die wiederum zu einem höheren Output führen. Die Senkung der Arbeitskosten und einen effektivere Anwendung des Rohmaterials führen auch zur Erhöhung des relativen Mehrwerts. Mehrwert wird jetzt nicht durch die Anwendung von mehr lebendiger Arbeitskraft produziert, sondern dadurch, dass dieselbe Menge von Rohmaterial, die in einem fertigen Produkt vorhanden ist, bei niedrigen Kosten per Kosten verkauft werden kann. Es geht hier um die Arbitrage des konstanten Kapitals. Aus der Perspektive der Finanztheorie ist diese Art der Investition ein Beispiel dafür, wie man eine Möglichkeit zur Arbitrage kreiert, indem man den Spread auf die Returns des Investment erhöht, um Produkte zu produzieren, die nach wir vor einen einheitlichen Preis per Einheit erzielen, egal wie viel Arbeitskosten in sie eingegangen sind. Es geht darum, wie Technologie dazu dienen kann, einen Spread zu kreieren und zu messen, mit dem Arbitrage betrieben werden kann, indem man in eine Art Asset investiert, das dazu dient Reichtum zu akkumulieren. Das Vehikel den Spread zu finanzialisieren, besteht in diesem Fall einfach darin, die Investition in Produktionsmittel und Produktionsmittel zu erhöhen, wobei Maschinen hier einerseits Produktionsmittel, andererseits finanzielle Assets sind.

Der Mehrwert, der in einer gegebenen Produktionsphase produziert wird, kann (wenn er nicht einfach als Geld gehortet wird) in der nächsten Phase nur durch ein erweitertes Reinvestment in Produktionsmittel und Rohmaterialien einerseits erhalten und andererseits vergrößert werden. Ohne die Vermehrung gibt es keine Erhaltung von Kapital. Das Kapital investiert bei der Erweiterung der Produktionskapazitäten zunächst in Arbeitskräfte, weil es auf einen Spread zwischen der Arbeitskraft des Geldes (der Beitrag der Arbeiter zum BIP) und dem Geldwert der Arbeitskraft (Lohn) hofft. Es gibt jedoch für Unternehmen verschiedene Arbitrage-Möglichkeiten zur Erhöhung der Profite, insbesondere wenn sie mit verschiedenen Technologien und unterschiedlichen Produktivitäten operieren, aber diese Arbitrage-Möglichkeiten werden im Zuge der Ausgleichsbewegungen zu Durchschnittsprofitraten auch wieder eliminiert, ansonsten wäre für ein dominantes Unternehmen die Erhaltung und Erweiterung des Extraprofits endlos möglich, was letztendlich in einer Monopolstellung enden würde. Es gibt bei Marx zwei verschiedene Argumente, die in seiner Analyse und Kritik der allgemeinen Formel G-W-G` eine Rolle spielen. Bezüglich des absoluten Mehrwerts besteht das Argument zunächst darin, dass die Anwendung der Arbeitskraft die Produktion eines Mehrwerts ermöglicht, der von den Arbeitern geschaffen wird, denen ein geringerer Anteil als Lohn gegenüber dem insgesamt von ihnen produzierten Wert ausbezahlt wird, mit dem sie diejenigen Konsumwaren kaufen können, die sie als Klasse selbst produzieren.

Um es noch einaml zu wiederholen, im Fall des relativen Mehrwerts verläuft die Argumentation anders: Am nächsten kommt Marx dem Problem der Darstellung der Relation zwischen der Warenproduktion und der Produktion von Assets in seiner Analyse der relativen Mehrwertproduktion im Kapital Bd.1. Die relative Mehrwertproduktion basiert, wenn es um das Finanzsystem geht, auf dessen erster Maxime, dem Gesetz des einheitlichen Preises. Dieses besagt, dass zwei identische Wareneinheiten unabhängig von den jeweiligen Kosten der Unternehmen zum selben Preis verkauft werden sollten, was immer die Formen der Produktion sind, bei denen Rohmaterialien mit Hilfe von Maschinen und Arbeitskräften in fertige Produkte verwandelt werden. Dem Unternehmen ist jedoch eine positive Arbitrage-Möglichkeit hinsichtlich seines Investments in Produktionsmittel gegeben, wenn es in der Lage ist, mehr Wareneinheiten in einer gegebenen Arbeitszeit produzieren zu lassen als die Konkurrenten. Die Kreation der Arbitrage via der effektiveren Transformation des Rohmaterials (als ein Teil des konstanten Kapitals) durch Maschinen ist Teil der Erhöhung der Produktivität. Der Mehrwert wird hier nicht durch die Anstellung neuer Arbeiter oder etwa durch die Arbeitsintensivierung generiert, sondern dadurch, dass das fertige Produkt zum selben oder sogar neidrigeren Preis (per Einheit) als dasselbe Produkt der Konkurrenz verkauft werden kann. Diese Akkumulation des Reichtums durch die relative Mehrwertproduktion ist ganz real und materiell, insofern sie von der Arbitrage bezüglich des konstanten Kapitals herrührt, und nicht vom absoluten Mehrwert, dem eine Erhöhung der Arbeitszeit oder eine wachsende Anzahl von Jobs entspricht.3 Das esoterische Marx`sche Argument bleibt zudem auf die Notwendigkeit bezogen, dass das Endprodukt am Markt realisiert werden muss, was wiederum vom Konsumgütersektor und vom finanziellen Sektor (Konsumentenkredite) abhängig bleibt, wobei letzterer den ersteren beeinflusst. Das Marx`sche Konzept der relativen Mehrwertproduktion führt zu Fragen der realen Akkumulation, wobei es in der letzten Instanz die Logik der Finanzialisierung ist, die sich in der relativen Mehrwertproduktion ausdrückt und schließlich auch zum allgemeinen Gesetz der kapitalistischen Akkumulation führt. Dieses Gesetz beschreibt die Kreation einer erhöhten Produktionskapazität (des konstanten Kapitals) durch arbeitssparende Technologie bei gleichzeitigem Wachstum der Surplusbevölkerung, die aufgrund des Einsatzes der arbeitssparenden Techniken überhaupt nicht mehr an die Lohnarbeit herangeführt werden kann.

Zwei Argumente spielen also eine wichtige Rolle in der Darstellung und Kritik der allgemeinen Formel des Kapitals G-W-G`. Neben der absoluten Mehrwertproduktion gibt es eben die relative Mehrwertproduktion, wobei es zuallererst die Finanzialisierung der Produktionsgüter den Kapitalisten erlaubt, in der Produktion den materiellen Output zu erhöhen. Das geschieht durch das Investment in Maschinen, Rohstoffe, Energie, Software etc. sowie dem simultanen Versuch, die Lohnkosten und die Anzahl der Arbeitskräfte zu senken. Das daraus zwangsläufig folgende Realisierungsproblem beinhaltet die Frage, wie es überhaupt möglich ist, die produzierten Waren als Preise zu aktualisieren und zu monetarisieren und damit weitere monetäre Fonds zu erzeugen. Marx behandelt dieses Problem im Kapital Bd.2, das oft so verstanden wird, als gehe es hier nur um die Frage des Gleichgewichts der Reproduktionsprozesse in und zwischen den beiden Sektoren der Produktions- und der Konsumgüter. Die potenzielle Möglichkeit, dass Warenwerte nicht realisiert werden, tritt hier zu Tage und daraus folgt, dass dann auch keine weiteren monetären Fonds erzeugt oder in Geld realisiert werden können (die Nicht-Realisierung ist auch den finanziellen Assets immanent, anders als beim Geld, dessen Geheimnis darin liegt, dass es nicht ausgegeben werden muss).

Daraus ergibt sich folgender Schluss: Der mittlere Term W, der das konstante Kapital betrifft (Maschinen) der Formel G-W-G` kann nicht einfach nur als eine Ware, die im Produktionsprozess produktiv angewandt wird, verstanden werden, sondern muss auch als ein gehedgtes Portfolio begriffen werden, das als Kapital ausgepreist wird. Konstantes Kapital dient als nicht nur zur Herstellung des Mehrwerts, sondern ist auch ein Vehikel für die reale Akkumulation von Kapital (qua Arbitrage und Finance). Das von Marx benannte Realisierungsproblem (Waren müssen auf Märkten angeboten und verkauft werden, um Geldfonds anzulegen), muss immer auch die Frage der Liquidität einbeziehen, und dies betrifft auch finanzielle Instrumente, die ja auch in Geld realisiert werden müssen. Der Nicht-Verkauf von Waren als auch die Nicht-Realisierung von finanziellen Assets führt zu fehlender Anhäufung von Geldfonds und damit zu Insolvenzen und Krisen. Die Realisierung kann jedoch gehedgt werden, indem der Wert des Investments in konstantes Kapital während der zeit, in der es in eine Endprodukt verwandelt wird, erhalten bleibt. Auch der fluktuierende Preis des Endprodukts kann mittels Optionen manipuliert werden.

Marx zeigt im Kapital Bd. 3, dass es für die Unternehmen je schon ein Realisierungsproblem gibt, unter anderem eben auch dann, wenn sie qua Kredit in Produktionsmittel investieren, die während der Produktionszeit an Wert verlieren können, sodass die hergestellten Produkte zu dem historischen Durchschnittspreis am Markt nicht mehr verkauft werden können und der Kredit dann eventuell auch nicht mehr bedient werden kann. (Ebd.: 6801f.) Der Kapitalist besitzt ein Portfolio mit Eigentum (sein Netto-Investment in konstantes Kapital) und Schulden, aber sein Portfolio besitzt zunächst keinen Hedge (Versicherung) gegen den Wertverlust seines Investments (Maschinen und Rohstoffe), der aber bis zum Zeitpunkt des Verkaufs neu hergestellter Produkte durchaus eintreten kann. Es handelt sich hier um das Problem der Realisierung seiner bereits hergestellten Produkte an den Märkten. Und wenn die Investments in Maschinen an Wert verlieren und als als Sicherheit bzw. Kollateral für aufgenommene Kredite nicht mehr dienen, dann kann es auch zu Zusammenbrüchen an den Finanzmärkten kommen. Dies ist ein Problem, das anzeigt, dass das Investment unbedingt gehedgt werden muss.

Es ist bekannt, dass bei großen Konzernen wie etwa General Motors die Produktionsgüter Teil des eigenen Portfolios sind, das natürlich auch Anleihen oder Optionen auf die Produktionsgüter enthält. Randy Martin registriert an dieser Stelle einen Shift von G-W-G` zu G-D-G`, wobei D für das Derivat steht, das nun den produktiv konsumierten Waren wesensgleich sei und die Selbstbewegung des Kapitals zudem auch antreibe. (Ebd.: 347) So kann beispielsweise ein Unternehmen durch den Kauf von Optionen auf einen Rohstoff, den es für seine Produktionsprozesse benötigt, die eigene Kreditwürdigkeit steigern, insofern sie etwa durch das Risiko steigender Rohstoffpreise beeinträchtigt und deswegen durch die Option versichert wird. Gleichzeitig werden die Operationen einer ganzen Reihe weiterer Akteure vom Kursindex dieses Rohstoffes beeinflusst. Dabei werden Risiken dupliziert, multipliziert und in andere Räume transferiert.

Die Assets sind hier auf produzierte Produktionsmittel bezogen und dienen nicht allein als finanzielle Vehikel der Akkumulation. Insofern jene Assets einen Gebrauchswert besitzen, der über ihre reine Liquidität hinausgeht, sind sie keine rein finanziellen Produkte, deren Gebrauchswert allein darin besteht, in einer differenziell-immanenten Bewegung einen Preis zu realisieren, der Renditen an den Finanzmärkten generiert. Die Nicht-Realisierung des Marktpreises für ein Endprodukt oder dessen Verkauf unter dem Durchschnittspreis resultiert für das Unternehmen in einem Rückgang der monetären Fonds und einer reduzierten Möglichkeit, alle Rohmaterialien zu benutzen und die Kapazitäten/Maschinerie auszulasten, um damit neue, größere monetäre Fonds zu erzeugen. Das Realisierungsproblem kann aber gelöst werden, wenn das Portfolio des Unternehmens nicht nur Schulden und Eigentum, sondern auch Puts und Calls enthält. Der Preis eines Puts oder Calls wird gewöhnlich als die Kosten seines Hedges (die Produktion von Risikofreiheit) definiert. Die Existenz eines Marktes für Puts und Calls (die kontinuierliche Möglichkeit sie auszupreisen und zu monetarisieren) kreiert Liquidität für die unterliegenden Märkte von klassischen Waren und Produktionsmitteln, um das Realisierungsproblem zumindest partiell zu lösen. Der Wert wird nun in Form von finanziellen Assets erhalten und akkumuliert, und zwar durch den Spread zwischen dem Marktwert des Assets, insofern es erhalten bleibt, und dem Liquidationswert, wenn es in Geld realisiert wird. Dabei ist ein voll liquides Asset so gut wie Cash und gilt es als Alternative zum Sparen, weil es eben sofort am markt verkauft werden kann,.

Was nun Marx nicht wissen konnte, das besteht einfach darin, dass die Realisierung der produzierten Waren durch die Fabrikation von Puts und Calls auf Optionen, die auf die Produktionsmittel und Rohstoffe bezogen sind, gehedged bzw. versichert werden kann; sie bewahren damit in der Tendenz zumindest den Wert des Investments in Maschinen und in Rohmaterial während der Zeitperiode, in der sie in Endprodukte transformiert werden. Noch konnte Marx wissen, dass mit der Fabrikation von Optionen in den am Markt fluktuierenden Preis eines fertigen Produkts interveniert werden kann. Die Existenz eines Marktes für Puts und Calls, die kontinuierliche Möglichkeit die Option permanent auszupreisen und zu monetarisieren, erzeugt heute meistens genügend Liquidität für den unterliegenden Markt der Produktions- und Konsumgüter, um die Risiken für deren Realisierung tendenziell zu beseitigen. Der Wert der Produkte wird nun immer stärker in Form von finanziellen Assets bewahrt und zugleich akkumuliert, indem mit dem Spread zwischen dem Marktwert des Assets, wenn es denn liquide bleibt, und dem Liquidationswert des Assets gehandelt wird.4 Ein voll liquides Asset ist zudem, wie schon gesagt, so gut wie Cash und dann auch eine Alternative zur Wertaufbewahrung durch Geld, wobei es hier kaum Risiken gibt, dass das Asset nicht sofort zu seinem Marktpreis realisiert werden kann. Um ein Asset zu finanzieren, das nicht voll liquide ist, muss dann eine Liquiditätsprämie gezahlt werden, indem man entweder einen Hedge ausführt oder eine Sicherheit kauft, die liquider als das Asset selbst ist. Der Liquidationswert des Assets wird wiederum das Geld sein, das man bekommt, wenn man die verpfändete Sicherheit verkauft, und die Liquiditätsprämie wird das Ausmaß reflektieren, in dem der ursprüngliche Wert der Sicherheit den Wert des finanziellen Assets, das benutzt wurde, um es abzusichern, übersteigt.

Das kapitalistische Portfolio eines Unternehmens besteht also nicht nur aus Anleihen und Schulden, sondern auch aus den Puts und Calls der Optionen, mit denen man Hedgings vornimmt. Ohne die korrekte Ausgestaltung der Preisbewegung der Puts und Calls kann es kein robustes Recycling der Anleihen und Schulden geben. Ein Call wird hier als das Recht gefasst, sich einen potenziell unendlichen Surplus anzueignen, und ein Put ist ein Instrument, um den Verlust zu begrenzen. Es sind beides derivative Mittel, die anzeigen, ob sich für ein Unternehmen das Investment in einen neuen Kapitalstock lohnt, um seinen Kapitalspeicher und seinen Profit zu vermehren, wobei der Kapitalstock bzw. die Maschinen eben nur eines der Mittel zur Vermehrung des Profits sind, womit die relative Mehrwertproduktion nur eine Möglichkeit darstellt, die Spreads in einem partikularen Markt auszunutzen, das heißt Profite zu erzielen. Ohne die Calls und Puts auszupreisen und sie an den Derivatmärkten zu handeln, lässt sich heute also kein gut gehedgtes Portfolio, das aus Schulden und Anleihen besteht, führen, wobei das Portfolio zu jeder Zeit Liquidität besitzen soll. In der Formel G-W-G` ist W deshalb immer auch als ein Portfolio zu definieren, das aus Schulden und Eigentum sowie aus Puts und Calls besteht. Diese sind anders als das Geld reine finanzielle Produkte (noch nicht in Gelde realisiert) und ihre Relation kann in einem finanziellen Formular fixiert werden, das die Parität von Schulden und Kapitalstock in Termen beschreibt, die wiederum auf die Parität von Puts und Calls bezogen sind. Das Investment in W muss deswegen laut Meister folgende Gleichung erfüllen:

Stock + Put=Schulden + Call. (Meister 2016: Kindle-Edition: 3044)

Diese Formel beinhaltet eine einfache Identität: Wenn man einen Kapitalstock und einen Put besitzt, der eine Absicherung nach unten enthält, dann lässt sich ein Return auf ein Investment replizieren, der gleich dem Besitz eines Calls ist, der die Möglichkeit der Partizipation an einem Mehr erfüllt, und zwar bezogen auf den Kapitalstock plus den gegenwärtigen Wert eines Kredits. Die Marktliquidität ist das, was die Finanzmärkte komplementär den Märkten für klassische Waren herstellen,

Man kann nun Puts oder Calls benutzen, um ein komplett gehedgtes Portfolio zu erhalten, das wiederum einen Return ermöglicht, der zumindest gleich der risikofreien Zinsrate ist. Die Spirale G-W-G` beinhaltet also eine doppelte Arbitrage-Möglichkeit, nämlich zum einen das Spiel mit den Spreads in der Bewertung der Maschinen und der Arbeitskraft, unter der Voraussetzung, dass der Lohn weder investiert noch versichert werden kann, und zum anderen ein voll gehedgtes Portfolio auf der Grundlage der Call-Put-Parität. Die Grundlage für das Hedging ist der Kredit sowie der Return auf das Investment. Wenn dieser Rückfluss an Geld, der stets auf den Kredit, den das Unternehmen aufnimmt, bezogen bleibt, das Paradigma der Portfolioseite von G-W-G´ darstellt und dieses auch in Bezug zu den Investments in die Löhne steht, dann sind die Effekte der Finanzsystems auf die Produktionsprozesse der Unternehmen weitaus komplizierter als Marx das ausgeführt hat.

An den Derivatmärkten werden die Waren nicht nach ihren Werten, sondern bezüglich eines unsicheren, auf die Zukunft bezogenen Werts ausgepreist. Wenn eine Ware (z.B. ein Haus), bevor sie physisch existiert, verkauft wird, dann unterstellen Derivate die Produktion der Zirkulation, in dem sie der Ware flottierende und kontingente Werte zuschreiben. Klassische Waren besitzen keine Liquidität, insofern in ihnen keine ökonomisch verwertbaren Optionen verkörpert sind. Deshalb kann der Lohnarbeiter auch nicht investieren, er muss sein Geld ganz für den Konsum ausgeben und muss deshalb seine Arbeitskraft kontinuierlich auf dem Arbeitsmarkt anbieten, um das Geld für seine Konsumtion zu verdienen. Jede andere Ware außer den Konsumgütern besitzt jedoch Liquidität und kann als ein Vehikel zur Bewahrung und zur Akkumulation des Kapitals dienen. Finanzielle Produkte wie die Krankenversicherung, Pensionsfonds und Studentendarlehen sind heute Teil der Lebenskosten eines Haushalts, aber anstatt sie als ein Investment in das eigene »Humankapital« zu begreifen, sollte man sie eher als ein Art Steuer verstehen, die man dem finanziellen Kapital zahlt.

Und selbst wenn die Profitraten auf klassisch hergestellt waren fallen, können die Profite aufgrund eines wachsenden Finanzmarktes steigen. Finanzinstrumente können alle möglichen Formen von Risiken (Kredit, Währung etc.), zur Illiquidität führen hedgen, aber nicht die Liquidität selbst. Dies kann nur der Staat, der eine Währung emittiert und bspw. schlecht private Bonds aufkauft, um die Liquidität auf den Märkten zu erhöhen.

1 Das Vermögen bzw. Kapital der Kapitalgesellschaften (nicht-finanzielle und finanzielle) besteht aus Sachvermögen (Anlagegüter und Immobilien) und Geldvermögen, denen Kredite und Anteilsrechte anderer Sektoren gegenüberstehen und aus der Differenz ergibt sich das Nettovermögen. In den letzten Jahren wuchsen das Geldvermögen schneller als die Anlagevermögen, insbesondere auch bei den nicht-finanziellen Kapitalgesellschaften, bei denen das Geldvermögen zeitweilig größer als das Sachvermögen war (eher ein Merkmal von Finanzgesellschaften). Die wachsende Bedeutung des Finanzvermögens zeigt sich am stärksten in der Vermögensstruktur der finanziellen Kapitalgesellschaften, deren Bruttovermögen sich verdreifachte, dem aber auch eine stark wachsende Verschuldung gegenüberstand, sodass die Reinvermögen deutlich weniger stark anwuchsen.

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