Fossiles Kapital (4)

Kommen wir zum Gesetz der steigenden atmosphärischen Konzentration von C02. Der Fluss der chinesischen Wanderarbeiter vom Land in die Städte hat die Lohnkosten für eine Zeitperiode niedrig gehalten, aber nicht nur in China, sondern in der ganzen Welt, sodass die chinesische Reservearmee zu einer weltweiten Reservearmee mutierte. Zugleich kam man sagen, wo das Kapital hin fließt, dort gibt es Klassenauseinandersetzungen. Und dort wo das Kapital hinfließt, da werden höhere C02 Emissionen folgen. Oder, je stärker das Kapital wird, desto ungezügelter die C02 Produktion. Von 1870 bis zum Jahr 2014 sind ein Viertel aller kumulativen C02 Emissionen in den letzten 15 Jahren der Periode angefallen.

Malm stellt in aller Kürze den Zusammenhang von technischer Zusammensetzung (Verhältnis von Arbeitskraft zu Materialien und Maschinen), organischer Zusammensetzung (der wertmäßige Ausdruck der technischen Zusammensetzung) und Profitrate (m/c+v) her. Dabei kann die technische Zusammensetzung des Kapitals ansteigen, selbst wenn die organische Zusammensetzung nicht ansteigt, und dies führt zu einem höheren Materialverbrauch. Aus einer ökologischen Perspektive zählt nur letzteres, denn der Materialverbrauch geht mit einem steigendem Verbrauch von Energie einher, womit die fossile Zusammensetzung des Kapitals auch awächst. Bis heute steigt die Kohlenstoffintensität an. Die fallende Rate des Profits mag eine Tendenz sein, aber die steigende Konzentration von CO2 ist unveränderlich. Das fossile Kapital ist die treibende Kraft einer fossilen Ökonomie und muss deshalb im Fall einer Durchsetzung klimaschützender Maßnahmen angegriffen werden, was auf kommende Klassenauseinandersetzungen verweist.

So führte die Macht der Arbeiter in den Kohleminen zusammen mit der der Arbeiterschaft am Hafen und im Transport immer wieder zu Generalstreiks, worauf die Kapitalisten in the long run mit dem Reswitching, dem Verbrauch von Öl aus dem mittleren Osten reagierten. Eben auch um die Macht der Kohlearbeiter entscheidend zu schwächen. Die Extraktion des Öls im 20. Jahrhundert bedurfte nur einer geringen Arbeiterschaft, die zudem unter permanenter Aufsicht des Managements stand. Aufgrund seiner Liquidität bedurfte auch der Transport des Öls nur einen relativ geringen Einsatz von menschlicher Arbeitskraft. Ab Mitte des zwanzigsten Jahrhunderts lag der Schwerpunkt der Ölproduktion im Mittleren Osten, womit ein neuer spatial fix geschaffen wurde. Aber die Problematik des Widerstands hielt an, als palästinensische Guerillakämpfer Ölleitungen in die Luft jagten und es zu weiteren Generalstreiks der Arbeiter kam, an denke an den Iran im Jahr 1979. In keinem Fall aber führte der Wechsel von einem Brennstoff zum anderen und von einem Gebiet in ein anderes zu einem absoluten Fall des Verbrauchs von fossilen Energien. Und Kohle verschwand bis heute noch nicht von der Bildfläche, vielmehr ist Kohle verantwortlich für mehr C02 Emissionen als die jedes anderen fossilen Brennstoffs. Wo immer das fossile Kapital auftaucht, kommt es beim Abbau der Kohle zu kontaminierten Wasser, vertrockneten Flüssen, reduzierter Vegetation und dem Ausstoß toxischer Chemikalien.

Und der Verbrauch von Öl benötigt eine Infrastruktur (Raffinerien, Pipelines etc.), die dauerhaft zu sein hat. Und so endet die Suche nach Mobilität in der Fixierung ultraschwerer Produktions- und Transportmittel für eine längere Zeitperiode hinweg. Heute haben wir es mit einem extensiven Netz von Infrastrukturen zu tun, Öl- und Gasfelder, riesige Öltanker, Pipelines, Kohlezüge und Raffinerien – tausende von Kilometern lange Transportwege, und das Kapital hat ein unmittelbares Interesse an der Aufrechterhaltung von Landschaften, in denen fossile Brennstoffe abgebaut werden. Um eine Begrenzung des Temperaturanstiegs auf 2 Grad Celsius zu erreichen, müsste man die Infrastruktur schneller eliminieren als neue Infrastruktur auf- und ausebaut wird. Aber das Gegenteil ist der Fall. In den ersten zehn Jahren des neuen Jahrtausends wurden mehr durch Kohle angetriebene Kraftwerke gebaut als in jeder vorherigen Dekade.

Und bei jedem Widerstand hat man es mit einer mächtigen Gruppe von Unternehmen zu tun: In der Liste von Fortunes 500 größten Unternehmen der Welt steht auf Platz 1 Royal Dutch Shell, auf Platz 3 Exxon Mobil, Sinopec auf Platz 4, BP auf Platz 6. Nur drei Unternehmen unter den ersten zehn Unternehmen haben ihre Geschäftsbasis außerhalb der primitiven Akkumulation von fossilen Brennstoffen: Walmart, VW und Toyota. Finanzielle Investitionen sind heute für die Extraktion von Kohle notwendig. Als im Jahr 2010 der Klimawandel ganz oben auf der politischen Agenda stand, verdoppelte sich das Investment der Banken in Minen und mit Kohle erzeugter Energie. JP Morgan Chase, Citigroup, Bank of America, Morgan Stanley und Barclays warfen hohe Summen in den fossilen Kreislauf.

Foto: Stefan Paulus

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