Automation. Zu Jason E. Smiths “Smart Machines and Service Work” (3)

Im nächsten Kapitel bezieht sich Smith ausführlich auf den Ökonomen William Baumol, der davon ausgeht, dass die entwickelten industriellen Länder in zwei wichtige ökonomische Sektoren geteilt sind, nämlich in den technologisch progressiven Sektor, dessen Produktionsprozesse Innovationen, hohe Akkumulationsraten und large-scale Prozesse beinhalten, und den technologisch stagnierenden Sektor, dessen technologische Strukturen eine signifikante Erhöhung der Arbeitsproduktivität eher verhindern. Dabei ist es gerade die Dynamik des ersten Sektors, der den Fall der Produktivitätsraten im zweiten Sektor hervorruft, insofern im innovativen Sektor über bestimmte Zeiträume Maschinen eingesetzt werden, die einen höheren Output durch den Einsatz von immer weniger Arbeitskräften ermöglichen (wenn der Output konstant bleibt, dann werden durch den Einsatz neuer Maschinen definitiv weniger Arbeiter eingesetzt, die dann Beschäftigung in anderen Sektoren finden müssen). An dieser Stelle berücksichtigt Smith wiederum nur die Arbeitsproduktivität, ohne die Frage eines effizienteren Umgangs mit Maschinen, die sich in der Kapitalproduktivität niederschlägt, zu untersuchen. Weiter werden die Produktdes innovativen Sektors durch die Steigerung der Effizienz des Einsatzes von Arbeit immer billiger, sodass selbst wenn die Einkommen der Konsumenten konstant bleiben, ein geringerer Teil des Einkommens für den Kauf dieser Waren verwendet wird. Auch das führt dazu, dass mehr und mehr Arbeit in technologisch stagnierenden Sektoren eingesetzt wird.

So wird der stagnierende Sektor bezüglich der Beschäftigungszahlen tendenziell ansteigen, wobei hier die Einkommensverhältnisse relativ elastisch sind. Und weil die Produktivität in diesem Sektor niedrig bleibt, führt die Erhöhung des Outputs hier zu einem Anstieg in der Beschäftigung. Letztendlich führt diese Entwicklung, das heißt die Differenzierung in den Wachstumsraten der Produktivität, zu einer Schere, wobei die Produktivität im ersten Sektor immer weiter ansteigt, während sie im zweiten Sektor (Service) dahin tendiert, konstant zu bleiben, und dies führt wiederum dazu, dass die Jobs, die im dynamischen Sektor verloren gehen, im stagnierenden Sektor absorbiert werden. Für Baumol führt diese Entwicklung zu einer Wachstumsrate in der Ökonomie, die asymptotisch gegen Null geht. Solows Produktivitästparadoxon, das besagt, dass der Computer heute überall zu sehen ist, nur nicht in den Statistiken zur Produktivität, müsste nun dahingehend korrigiert werden, dass die schnelle Computerisierung des innovativen Sektors der Ökonomie zu sinkenden Wachstumsraten der Produktivität in der gesamten Ökonomie geführt hat.

In vielen arbeitsintensiven Bereichen wird die Qualität eines Produkts durch die Masse der eingesetzten Arbeit, das Wissen und die skills der Arbeitenden bestimmt. Smith führt hier das Beispiel der Lehrerberufs an, der gegenüber den zeitsparenden Methoden und technologischen Innovationen weitgehend resistent bleibt. Der Servicesektor ist ein äußerst heterogener Bereich, der ein große Auswahl an ökonomischen Aktivitäten inhäriert, die sich bezüglich der Arbeitseinkommen, der Qualifikation, der Lokalitäten und Größe der Unternehmen und schließlich der Arbeit-Kapital-Rate stark unterscheiden, sodass wir mit Smith von einer eher negativen Definition dieses Sektors ausgehen können, nämlich, dass der Servicesektor sämtliche ökonomische Aktivitäten beinhaltet, außer die der Industrie und der der Landwirtschaft. Hier drängt sich schon die Frage auf, ob die Finanzindustrie, wie Smith es vorschlägt, zum eher unproduktiven Servicesektor zugeschlagen werden kann, oder ob die Finanzindustrie, wie wir es vorschlagen, nicht sui generis produktiv für das Kapital ist. Wir kommen später darauf zurück.

Die Statistiken beziehen sich in den USA, so Smith, in Fragen der Beschäftigungszahlen nicht auf die individuellen Beschäftigungen, sondern auf Unternehmen. So konstatiert Smith, dass bei Apple, ein Unternehmen mit einer enorm hohen Marktkapitalisierung, das als Industrieunternehmen geführt werde, obwohl es gar keine Fabriken besäße und damit nur ein kleiner Teil seiner Kosten auf die Produktion in China und anderen Ländern zurückzuführen sei, in den US-Statistiken alle Arbeiter als industriell Beschäftigte subsumiert würden, sodass hier die Beschäftigtenzahl in den Statistiken ansteige. Diese irreführenden nationalen Statistiken bei Unternehmen, die ein Großteil ihrer produktiven ökonomischen Aktivitäten in andere Länder outsourcen, zeigen an, dass die Einordnung von Beschäftigungen in diesen oder jenen Sektor prekär bleibt. Zudem gibt es einen tiefen Zwiespalt zwischen zwei getrennten Servicesektoren, den Business-Sektoren, die oft intermediär tätig sind und Produkte an die Industrie liefern, also dieser zugehörig sind, und den Konsumenten-Sektoren, die Produkte an Individuen und Familien liefern. So gehören Bereiche wie Transport, Forschung und Design, die in den Statistiken dem Servicesektor zugerechnet werden, durchaus zum industriellen Sektor, wobei viele Unternehmen diese Bereiche im Zuge der Arbeitsteilung und Globalisierung tatsächlich outsourcen.

Andererseits werden Restaurants dem Foodservie zugerechnet, obgleich das Angebot der Speisen für Konsumenten an hocheffiziente Prozesse, die an industrielle Prozesse erinnern, gebunden ist. Smith lässt sich an dieser Stelle auf einen historischen Abriss des Begriffes „Dienstleistung“ ein, angefangen mit der Definition von Adam Smith, nach der es sich um eine Aktivität handelt, deren Produkt instantan während ihrer Performance verendet (z.B. der Friseur), also Produktion und Konsumtion koinzidieren. Weitergehend hat zum Beispiel der deutsche Ökonom Georg Quaas die Dienstleistung als eine durch Arbeit vollzogene Transformation eines stofflichen Dings definiert, das sich im Eigentum desjenigen befindet, der die Dienstleistung nachfragt, wobei der Dienst von Nicht-Eigentümern, den sog Dienstleistenden, geleistet wird. Dabei bleibt der Dienstleistende (Friseur, Schuhputzer, Kosmetikerin etc.) Eigentümer seiner wichtigsten Arbeitsmittel, die er für seine Tätigkeit benötigt, wobei er »Gegenstände« wie Haar, Gesicht oder Schuhe bearbeitet, die von vornherein als Eigentum eines anderen zu verstehen sind.

Dies setzt voraus, dass anders als in industriellen Produktionsprozessen mit dichter Arbeitsteilung die Produzenten meistens nur mit der Herstellung eines diskreten „Produkts“ beschäftigt sind, während heute doch in der industriellen Produktion eine dichte Arbeitsteilung vorherrscht, bei der nur wenige Arbeiter direkt mit der Herstellung, Gestaltung und dem Transport der Produkte beschäftigt sind, und ein Teil der Arbeitenden eben mit dem Monitoring der Produktion, unterstützt durch computergesteuerte Geräte, nur indirekt am Produktionsprozess teilhaben. Hier wird die strikte Unterscheidung zwischen Aktivitäten, die zur Produktion von Produkten führen, und solchen, die keinen direkten Bezug zur Herstellung von Gebrauchswerten haben, brüchig. Letztere bleiben wie selbst die der großen Reinigungsfirmen für die Produktionsprozesse dennoch essenziell für die Produktion und haben sicherlich einen Effekt auf die Arbeitsproduktivität der in der industriellen Produktion direkt beschäftigten Arbeiter. Man könnte sie selbst sogar als produktive Tätigkeiten begreifen.

Für Smith sind es jedoch nach wir vor die direkten industriellen Arbeitsprozesse (Automobil-, Stahl-. Ölindustrie etc.), die am stärkten mechanisiert und am kapitalintensivsten und eben auch am produktivsten sind, wobei sie in großen Fabrikräumen auf nationaler und internationaler Ebene stattfinden, obgleich, und so führen wiederum die Kritiker vor, es anscheinend doch keine zwingenden Gründe dafür gibt, den Umfang des hochpoduktiven Sektors nicht auf bestimmte Servicesektoren auszuweiten, in denen ständig Rationalisierungsprozesse durch den Einsatz von digitalen Techniken stattfinden, die Arbeitsplätze vernichten. Diesen Kritikern widerspricht Smith, weil es immer mehr Sektoren in der Ökonomie gäbe, in denen keine signifikante Erhöhung der Arbeitsproduktivität stattfände. So seinen viele Jobs im staatlichen Gesundheits- und Erziehungswesen doch viel weniger dem Druck des Wettbewerbs ausgesetzt als private ökonomische Tätigkeiten, insofern die privaten Unternehmen ihre Produktionsprozesse stärker effektivieren müssen, um billigere Produkte und Dienstleistungen auf dem Markt anzubieten. Hingegen unterliegen eine Vielzahl von arbeitsintensiven Beschäftigungen im Servicesektor weitaus weniger dem Wettbewerbsdruck oder dem Outsourcing in andere Länder, weil sie in der Nähe der Produktionsorte konsumiert werden müssen. Diese Jobs sind oft schlecht bezahlt, sodass für die Unternehmen oft kein Grund besteht, diese prekären Beschäftigungen durch den Einsatz neuer Maschinen zu ersetzen, die zudem Jahre brauchen, um amortisiert zu werden. Und schließlich können viele dieser Tätigkeiten selbst durch die intelligentesten AI-Maschinen (noch) nicht ersetzt werden, weil sie in ihrer operativen Struktur wie etwa in der Pflege eine intuitive Komplexität (von der Haptilität bis zur Affektion), emotionale Intelligenz und den Umgang mit der Ungewissheit benötigen. So hat sich, und das ist das erneute Resumee von Smith, in den letzten Jahrzehnten in den entwickelten Ländern eine Polarisierung zwischen einem hochmechanisierten, kapitalintensiven und produktiven Sektor und einem viel größeren Servicesektor mit geringen Produktivitätszuwächsen verfestigt.

Aber an dieser Stelle müsste man zumindest weiter differenzieren, sodass die Argumentation noch komplexer würde. Es stellt sich natürlich an dieser Stelle mit Tony Norfield sofort auch die Frage, ob diese Prozesse, die Smith anspricht, in den Standard-Statistiken überhaupt abgebildet werden.

Es muss noch auf Folgendes hinsichtlich der hohen Produktivitätsgrade in der industriellen Produktion hingewiesen werden: Die Intensivierung des Arbeitsprozesses durch Beschleunigungen und die Einführung von arbeitssparenden Techniken haben zweifelsohne ihren Beitrag zu den Produktivitätsfortschritten in der Industrie beigetragen, aber ein Teil des Anstiegs der Arbeitsproduktivität im verarbeitenden Gewerbe ist darauf zurückzuführen, dass Firmen in diesem Sektor die Externalisierung von Dienstleistungsaufgaben vornehmen. Wenn ein Industrieunternehmen arbeitsintensive Dienstleistungen wie Reinigung, Catering usw. auslagert, steigt die Produktivität der verbleibenden Mitarbeiter an, und zwar nach dem konventionellen und am weitesten verbreiteten Maß für die Produktivität.

Der Prozess »Dienstleistung« ist unserer Einsicht nach genau dann in das Geflecht der »produktiven« Geldkapitalkreisläufe eingespannt (die ihn natürlich zu einem Prozess der potenziellen Mehrwertproduktion werden lassen), wenn es sich a) um einen sog. investiven Einsatz und eben nicht nur um einen rein konsumtiven Verbrauch der Dienstleistung handelt, und wenn man b) erwarten kann, dass mit dem Preis des Produkts der Dienstleistung ein Profit realisiert wird. Es sollte also auch hier nicht der wie immer begründete Rückbezug auf die Stofflichkeit oder die skills sein, der letztendlich nur mehrwertschaffende bzw. produktive Arbeit definiert, vielmehr finden Dienstleistungen als investive und damit potenziell mehrwerterzeugende Produktionsprozesse nach durchaus marxistischer Lesart genau dann statt, wenn die entsprechenden Leistungen in die kapitalisierte Produktion und die Realisierung von deren Waren eingehen, bspw., wenn ein Malerbetrieb den Bau einer Fabrikhalle mit dem Design der Fassaden beendet, womit Wertschöpfung stattgefunden, der Wert des Produkts „Design“ sich im Wert der Fabrikhalle vergegenständlicht hat, der in den folgenden Jahren sukzessive durch Abschreibung auf den Wert der in der Fabrikhalle hergestellten Produkte übertragen wird. Oder man kauft das gesamte Material einer Fabrikhalle in Einzelteilen und beauftragt ein Dienstleistungsunternehmen zum Bau bzw. zur Zusammensetzung der Teile, wobei das Resultat eine installierte Fabrikhalle ist, die sicherlich ein paar Jahre zur Produktion von profitbringenden Waren stehen bleibt. Und zum Begriff der Informationsarbeit lässt sich in ähnlicher Weise sagen, dass allein die Stofflichkeit des hergestellten Produkts kaum als entscheidender Bestimmungsfaktor für die Mehrwertproduktion gelten kann; zunächst besitzen Informationen ja immer einen materiellen Träger, seien es, etwa nach Brown, sich bewegende Gasmoleküle, in Wasser, Beton oder sonstigem Material sich ausbreitende Schallwellen, elektromagnetische Felder, Festplatten oder andere Speicher. Nun lassen sich bestimmte Arten der Information schwerlich profitabel einsetzen, wobei man andererseits Informationen auch knapp halten bzw. andere von der Verwendung des Wissens/Information ausschließen und damit Information gewinnbringend verkaufen kann, und dies dürfte z. B. im Falle von Microsoft niemand bestreiten, allenfalls stände hier noch zur Debatte, ob es sich bei dieser Art der Informationalisierung um die Extraktion von Mehrwert oder um ein Abschöpfen von Informationsrente handelt. Und in der Tat sollte man u. U. auch soziale Werte, wie Wahrheit, Macht, Recht und Schönheit als objektiven Reichtum, d. h., als Tauschwert tragend betrachten. Straßen als Teile der Infrastruktur fungieren als kollektive Produktionsmittel für das Kapital und haben deshalb als produktive Staatsausgaben zu gelten, Universitäten oder Krankenhäuser als produktive Unternehmen, wenn sie profitbringende Medikamente, Technologien und Apparaturen erfinden.

Folgen wie nun Smith weiter in der äußerst spannenden Diskussion über die Frage, wie die Produktivität bzw. die Arbeitsproduktivität in den Terms des Wertes, des Preises und der Stofflichkeit überhaupt definiert werden kann. Smith erwähnt zunächst die durchaus gängige Definition Baumols, nach der die Rate der Produktivität die Division eines gegebenen Outputs eines Unternehmens ausgedrückt in Geld (wobei dann hier Smith zwischen Wert und Preis unterscheiden müsste) durch die für diesen Output eingesetzte Arbeitsmenge in Geld beinhaltet (man nimmt hier üblicherweise Marktpreise an). Man kann allerdings die Produktivität auch messen, wenn man den monetären Output durch den Output physischer Einheiten (eines gegebenen Produkts) ersetzt. Smith erwähnt dies zunächst in Hinsicht auf „universelle“ Messmethoden einer postkapitalistischen (Plan)Wirtschaft. In denen die sozialen Ressourcen von Arbeit, Rohstoffen und Maschinen ohne die Dazwischenkunft von Preisen, Markt und Profit angewendet und verteilt werden sollten.

Allerdings gestaltet sich die Beziehung zwischen zwischen diesen beiden Messmethoden der Arbeitsproduktivität nicht ganz so einfach; so muss ein Anstieg in der stofflichen Messung der Arbeitsproduktivität nicht unbedingt zu einer Erhöhung der Arbeitsproduktivität führen, die in Geld gemessen wird. Fallen die Preise stärker als die Produktivität ansteigt (infolge von technologischen Innovationen), dann führt dies zu einem Fall des Netto-Produkts der Produktivität, die in Geld gemessen wird. Ein Unternehmen wiederum, dass die Preise eines Produkts von 100 auf 50 Euro setzen kann, während es die Produktion dieses Produkts von 50 000 auf 100 000 erhöht, hat denselben Output, nämlich 5 Millionen Euro. In monetären Terms wäre selbst durch den Einsatz neuer Maschinen, der zu einer Verdopplung der Produktion führt, kein Wachstum der Produktivität festzustellen. Bisher gilt die monetäre Produktivität nur für den Numerator, während der Denominator die Messung von Einheiten in Arbeitszeit beinhaltet, womit die Dynamik der kapitalistischen Produktion nicht voll zum Ausdruck gebracht werden kann, insofern die Unternehmen vor allem an der Relation zwischen dem Preis des Outputs und den Kosten des Inputs, oft vor allem auch die des Inputs an Arbeit interessiert sind. Wenn man nun die Arbeitszeit durch Arbeitskosten ersetzt, dann kommen weitere Probleme auf uns zu. Man kann den Preis des Outputs entweder durch den Anstieg des physischen Outputs pro Stunde (bei gleichbleibendem Lohn) erhöhen (was oft zu einem fallenden Preis pro Einheit führt), oder man senkt die Kosten, während der Output in physischen und monetären Terms gleich bleibt. Dies geht zum einen durch durch Verringerung der Anzahl der Arbeiter und gleichzeitiger Erhöhung der Arbeitsintensität, oder man senkt bei gleichbleibender Anzahl der Arbeiter die Löhne. Während im ersten Fall die Produktivität durch eine Erhöhung des Outputs qua einer gegebenen Einheit von Arbeit, die in Zeit gemessen wird, gesteigert wurde, wurde die Menge des Outputs im zweiten Fall relativ zu den Arbeitskosten erhöht (nicht in physischen Einheiten). Wenn man Output und Input in Geld ausdrückt, kann hier die Arbeitsproduktivität anscheinend ohne eine Veränderung der Produktionsprozesse in der der technologischen Struktur ansteigen, und zwar einfach durch die Reduzierung der Lohnkosten.

Bei der Messung der Produktivität durch physische Outputs stellt sich wiederum die Frage, ob verschiedene Typen des Outputs miteinander verglichen werden können, weshalb in den Statistiken, wenn die Produktivität in verschiedenen Sektoren gemessen und mit einander verglichen wird, monetäre Terms Anwendung finden. Dabei werden wiederum bestimmte Aktivitäten, die einen Output produzieren, der konsumiert wird, allerdings ohne einen Marktpreis zu besitzen wie die Reproduktionsarbeit der Frauen in der Familie, nicht in den Statistiken als ökonomische Aktivitäten geführt. Andererseits gibt es wieder eine Produktion von Serviceleistungen ohne Gebrauchswertproduktion wie z.B. Sicherheitskräfte. die den Verkauf und Kauf von anderen Waren erleichtern.

Smith berücksichtigt hier keine Produktionsmethoden, bei denen es mit jeder Produktivitätssteigerung gerade nicht zu einer noch höheren Steigerung der technischen Zusammensetzung des Kapitals kommt, die mit einem Ansteigen der Sparquote der Kapitalisten einhergeht; im Gegenteil wird hier die Wachstumsrate der Produktivität tatsächlich stärker als die prozentuale Erhöhung der technischen Kapitalzusammensetzung ansteigen, wobei die Zusammensetzung der eingesetzten Arbeit konstant bleibt oder fällt. Es ist nun möglich, dass selbst bei konstanter oder fallender Wertzusammensetzung des Kapitals die Produktivität steigt, und dies nicht in erster Linie als Produktivität der Arbeit, sondern dies ist eher dem Grad der Effizienz in der Anwendung des konstanten Kapitals geschuldet, die man als Kapitalproduktivität bezeichnet.

Als einen unproduktiven Sektor führt Smith das Finanzwesen an, das engeblich schon existierendes Kapital reallokiere. Dagegen werden wir vor allem im nächsten Abschnitt einige Einwände formulieren. Zunächst zu unserer eigenen Definition der Produktivität. Wir können hier nur in aller Kürze anmerken, dass im Verständnis von Marx durchaus nicht jede Form der Lohnarbeit als “produktiv” gilt, sondern nur diejenige, die tatsächlich auch Mehrwert produziert. Marx schrieb dazu in den Theorien über den Mehrwert folgendes: “Ein Schauspieler, z. B., selbst ein Clown, ist hiernach ein produktiver Arbeiter, wenn er im Dienst eines Kapitalisten arbeitet (des entrepreneur), dem er mehr Arbeit zurückgibt, als er in der Form des Salairs von ihm erhält, während ein Flickschneider, der zu dem Kapitalisten ins Haus kommt und ihm seine Hosen flickt, ihm einen bloßen Gebrauchswert schafft, ein unproduktiver Arbeiter ist. Die Arbeit des ersteren tauscht sich gegen Kapital aus, die des zweiten gegen Revenue. Die erstre schafft einen Mehrwert; in der zweiten verzehrt sich eine Revenue.” (MEW 26.1: 127) So ist die Arbeit eines Clowns, der für das Privatvergnügen des Kapitalisten arbeitet und aus dessen Revenue bezahlt wird, in der Tat als unproduktiv einzuschätzen, und erst wenn der Clown bspw. im Cirkus Sarrasani vor Zuschauern arbeitet und diese Eintritt bezahlen, der dem Eigentümer einen Gewinn einbringt, erst dann transformiert die Arbeit des Clowns, ohne dass sich auch nur irgendetwas Konkretes oder Qualitatives gegenüber der Arbeit des Clowns, der für das Privatvergnügen des Kapitalisten arbeitet, geändert hätte, zu Mehrwert erzeugender und damit produktiver Arbeit. Unproduktive Arbeit trägt dagegen nicht zur Mehrwertproduktion bei, sondern wird aus dem Mehrwert als sog. Revenue bezahlt und verringert somit die Potenz der kapitalistischen Akkumulation. Marx warf in diesem Zusammenhang z. B. Adam Smith vor, er würde ständig die »stofflichen Bestimmungen der Arbeit« mit deren gesellschaftlichen Formbestimmungen vermischen. (Ebd.: 122/127)

Für Lohoff/Trenkle ist spätestens ab den 1980er Jahren das finanzielle Kapital der Motor für die Ausdehnung der globalen Warenproduktion, die schon seit den 1960er Jahren auf hohem Produktivitätsniveau und fortschreitender Prozessautomation stattfand. Die Autoren sprechen von „induzierter Wertproduktion“ oder von „inversem Kapital“, weil die Wertproduktion nicht auf der Extraktion des Mehrwerts durch den Gebrauch der Arbeitskraft beruhe, sondern von der wachsenden Akkumulation von fiktivem Kapital angetrieben werde, ja die gesamte weltweite Wertproduktion sei heute durch das fiktive Kapital induziert. Denn ohne das fiktive Kapital hätte das fungierende Kapital (das in der »Realwirtschaft» investierte Kapital) in einen sich verstärkenden Kreislauf der massenhaften Entwertung eintreten müssen.

Lohoff/Trenkle haben auch den Versuch unternommen, ihre Thesen empirisch abzusichern. Zunächst weisen sie auf die bekannten Zahlen hin. Der Global Wealth Report bezifferte im Jahr 2010 die Finanzvermögen (ohne Derivate) auf 231 Billionen Dollar und damit auf das Vierfache des aktuellen globalen BIP. Das Gesamtvolumen der Derivate wuchs zwischen den Jahren 1998 und 2008 von 72 auf 673 Billionen Dollar – und erreichte damit das Zwölffache des weltweiten BIP. Ein wichtiger Indikator, der auf die Hegemonie des finanziellen Kapitals hinweist, finden Lohoff/Trenkle in den Wirtschaftsbeziehungen zwischen den USA und China, die man gemeinhin auch als »Chimerica» bezeichnet. Dem seit den 1980er Jahren stetig wachsenden Handels- und Leistungsbilanzdefizit der USA (höherer Import von Waren und Diestleistungen als ihr Export), das durch den Zufluss von Kapital aus dem Ausland finanziert wurde, korrespondiert ein Überschuss in der Kapitalbilanz (Zunahme von Kapitalimporten). Dabei haben die USA zunehmend Waren, insbesondere aus China, eingeführt, während an ihren Finanzmärkten immer stärker Wertpapiere und Derivate an ausländische Kapitalanleger verkauft wurden (fiktives/spekulatives Kapital). Industrieprodukte aus China, aber natürlich auch auch aus anderen exportorientierten Ländern (wie der BRD) wurden in die USA verkauft, während es in den USA gleichzeitig zum Kauf von Wertpapieren aller Art kam. Auch chinesische Privatanleger und chinesische Staatsfonds legten ihre Gewinne vor allem bis zur Finanzkrise von 2008 an den US-Kapitalmärkten an, das heißt, sie kauften in den USA »produzierte« Wertpapiere und Derivate, und dies vor allem seit Ende der 1990er Jahre, zu einem Zeitpunkt, an dem China bezüglich seiner ökonomischen Wachstumsraten noch einmal einen großen Sprung nach vorne machte. Auch an den eigenen Märkten hat China die Finanzialisierung vorangetrieben; so wuchs die Gesamtverschuldung (Staat, Finanz-, Industrie- und Privatsektor) von 153 Prozent des BIP im Jahr 2008 auf heute 282 Prozent, wobei das Kapital vor allem in die Bauindustrie und den Ausbau der Infrastruktur geflossen ist. IM nächsten Abschnitt führen wir diese Diskussion fort.

Teil 1 hier und Teil 2 hier

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